Mit seiner Philosophie der symbolischen Formen legte Cassirer in den 1920er Jahren den systematischen Entwurf einer Kulturphilosophie vor, die als eine bedeutungstheoretische Lehre von der Gestaltung der Wirklichkeit durch den Menschen verstanden wird. Diese Kulturphilosophie war eine wissenschaftlich ausgearbeitete allgemeine philosophische Anthropologie auf symboltheoretischer Grundlage. Cassirer nannte die regelmäßig vorkommenden, typischen Weisen der Symbolisierung, die sich zu einem eigenständigen Sachgebiet oder einer eigenständigen Methode gleichsam institutionalisieren „symbolische Formen“.
Der Mythos war für Cassirer Ursprungsphänomen aller menschlichen Kultur. Für Cassirer war das mythische Denken und Wahrnehmen die grundlegende symbolische Form, aus welcher alle anderen erst hervorgehen. Die mythische Welt steht für eine synthetische Lebensauffassung, welche die Grenze von Menschen, Tieren sowie der Natur überschreitet und das Leben als einen allumfassenden Prozess auffasst. Die Mythos gilt über den Tod und das Jenseits hinaus und bildet ein einigendes Band aller Menschen.
Nach Cassirer bildet die Kultur die ganze Wirklichkeit des Menschen ab. Dabei geht er von einer Komplexität und Pluralisierung aus, in der Kultur immer schon besteht und bestanden hat. Er vertrat die These, dass die Sinntätigkeit der Symbolisierung nicht auf eine einzige Gestaltungsweise zurückzuführen ist, sondern sich in einer Pluralität von Gestaltungsweisen offenbart, die in einem gegliederten, systematischen Zusammenhang existiert. Kultur ist demnach keine Einzigartigkeit, sondern prägt sich aus in einer Vielfalt und ein System von Gestaltungsbereichen.
Er betont dabei die notwendige Differenz menschlichen Daseins und lehnt homogenisierende Darstellungen ab.
Er vertritt die These von der strukturellen Vergleichbarkeit aller menschlichen Weltaneignungen in interkultureller Perspektive. Kulturelle Bedeutungszuweisungen stellen demnach die Dimension der menschlichen Orientierung in der Welt dar. Mit der strukturellen Vergleichbarkeit auf der angesprochenen Ebene können starke Inkommensurabilitätsthesen, also Behauptungen über die prinzipielle Unvergleichbarkeit der Kulturen, entkräftet werden.
Zudem lässt sich mit der These von der grundlegenden Kulturalität auf eine faktisch immer schon vorliegende Multi- und Interkulturalität aller existiernden Kulturen hinweisen. Jede halbwegs entwickelte Kultur weist eine interne Differenzierung, zumindest eine Dimensionierung auf.
Es existiert keine Geschlossenheit der eigenen Kultur, weil Identität schon immer als individueller Rekombinationsprozess abläuft, der durchaus Brüche oder Umdeutungen auch der eigenen Lebensgeschichte beinhalten kann. Kulturen stellen keine homogenen Gebilde dar, sondern sind immer schon plural und durchaus teils widersprüchlich dimensioniert.