Österreich

Linz: "Widerstand"-Berufungsverfahren ersatzlos gestrichen

Ein Aktivist aus Salzburg beteiligte sich an einer Protestaktion gegen die Leistungsschau des Bundesheers in der Salzburger Innenstadt im Oktober 2016. Während die anderen letztendlich ohne Strafe blieben, bekam er 15 Monate später eine gerichtliche Ladung und wenig später den Schuldspruch wegen des Vorwurfs auf Widerstand gegen die Staatsgewalt. Jetzt wurde sein Berufungsverfahren ersatzlos gestrichen, deswegen veröffentlichen wir hier sein Prozessstatement.

Wien Schaffen wir viele gesetzlose Zonen!

Als minimalen Beitrag zu den Kämpfen um die ZAD in Frankreich haben wir zwei Graffitis in Wien an einer Autobahn-Lärmschutzwand angebracht.

Wien: Sabotage an PORR-Baustelle in Solidarität mit der ZAD

Letzte Nacht haben wir eine PORR-Baustelle in Wien sabotiert. Dazu verteilten wir schwarze, klebrige Farbe auf den Scheiben von 3 Baumaschinen und auf deren Bedienfeldern. Die Farbe hat wohl auch ihren Weg in die Leitungen und Sensoren gefunden... Soviel zum sichtbaren Teil der Sabotage; mit Freude mussten wir jedoch feststellen, dass die Maschinen zwar heute Morgen provisorisch gereinigt wurden, dass sich PORR aber wohl nicht viel mehr dazu gedacht hat. Jedenfalls haben sie nicht bemerkt, dass wir die Tankdeckel der Fahrzeuge geöffnet, jeweils eine Packung Zucker hineingeleert und sie anschließend wieder verschlossen haben. Spätestens nach dem unvermeidbaren Motorschaden wird diese Baufirma das aber auch herausfinden.

Gedanken zum Widerstand gegen Schwarz/Türkis-Blau

Die Befürchtung, dass ich der Widerstand gegen die neue Regierung nur auf ein paar Aktionen rund um die Angelobung beschränken wird, bewahrheitete sich nicht. Im Gegenteil, es hat sich eine lebendige Widerstandsbewegung gebildet. So gab es in letzter Zeit mehrere Demos gegen das Überwachungspaket. Neben dem Parlament gab es ein kleines, aber feines dreitägiges Protestcamp gegen Abschiebungen und Kürzungen. Und an der letzten „Großdemo“ nahmen trotz Schlachtwetters und trotz massiven Streitereien innerhalb des Bündnisses (dazu unten mehr) circa 5000 Menschen teil. Und es ist zu erwarten, dass es bald zu mehr Protesten kommen wird. Ein guter Zeitpunkt also, um einen Blick auf den Stand der Bewegung zu werfen.

[Wien] Wir scheißen auf den allgemeinen Zustand der Gleichgültigkeit!

Es gibt viele anarchistische und libertäre Kämpfe weltweit, die uns berühren. Sie weiterzuführen bedeutet Solidarität für Individuen zu schaffen, die für Freiheit kämpfen. An dieser Freiheit hindern uns z.B. Regierungen, egal ob sie schwarz, blau oder andere Farben tragen. Ein Lebensrhythmus in dem wir tagtäglich beherrscht werden, hindert uns an einer selbstbestimmten Art zu leben und hindert viele andere Menschen am Überleben: Jeden Tag finden Abschiebungen statt, jeden Tag ertrinken Menschen im Mittelmeer, jeden Tag finden Vergewaltigungen statt, jeden Tag werden Ökosysteme zerstört, jeden Tag finden Zwangsräumungen statt und jeden Tag werden in Österreich Waffen produziert, welche in die ganze Welt exportiert werden. Diese Zustände bringen klar zum Ausdruck, dass jeder Tag ein Tag für Widerstand und tiefergehende Analyse ist. Viele Aktionsformen sind möglich, vieles muss versucht werden, z.B. Blockaden und Sabotage!

Am 10. November 2017 wurde in den Morgenstunden der Gürtel (bei der Nussdorfer Str.) mit Baustellenmaterial und g'schissenen App-Fahrrädern für kurze Zeit blockiert und der Arbeitsverkehr gestört. Es wurden Wurfzettel mit der Aufschrift „Weder Faschismus, noch Demokratie! Freiheit, Gleichheit, Anarchie!“ hinterlassen. Diese und ähnliche Aktionen sind leicht durchzuführen und vielfältige Materialien lassen sich dafür finden.

Wir scheißen auf den allgemeinen Zustand der Gleichgültigkeit!

Jeder Tag ist Tag X!

 

Wahldebakel und Widerstand

In Österreich haben die rechten und rechts-nationalistischen Kräfte spätestens bei den Nationalratswahlen am 15. Oktober gezeigt, dass sie auf dem Vormarsch sind. Hanna Lichtenberger und re:volt-Redakteurin Johanna Bröse sprechen über bisherige Strategien und Möglichkeiten des Widerstands.

[krise17] Über Zäune springen, Grenzen überwinden!

Über Zäune springen, Grenzen überwinden! Texte zur Rassismuskrise von no-racism.net

no-racism.net hat eine 64seitigen Reader erstellt (zum PDF).  Dieser versammelt auf 64 Seiten Texte der letzten zweieinhalb Jahre. Es geht um Widerstand gegen Grenzen und Grenzregime und den mehr und mehr um sich greifenden Rassismus. Dazu kommt, dass im gerade statt findenden Nationalratswahlkampf in Österreich die rassistische Hetze durch Politik und Medien und die breite Zustimmung in der Bevölkerung noch deutlicher ans Tageslicht kommen. Europa steckt in einer Rassismuskrise.

Der Begriff Rassismuskrise bedeutet nicht, dass der Rassismus in einer Krise steckt, vielmehr geht es darum, dass der Rassismus Ursache ist für eine Krise von Solidarität, Gerechtigkeit und Fairness in den europäischen Gesellschaften.

Graz: Angriff auf Verdrängung und Technologisierung

Als Teil des Kampfes gegen das Murkraftwerk in Graz wurde ein Gebäude der Energie Steiermark angegriffen. Im Zuge des Kraftwerksbaus wurden in der Innenstadt bereits großflächig Bäume gerodet, wogegen es seit Februar massiven Widerstand gibt. Neue Rodungen stehen kurz bevor. Das Kraftwerk steht auch für die Neugestaltung der Stadt und Verdrängung. Das machte ein Gebäude des Kraftwerkserbauers, Energie Steiermark, zum Ziel für einen Angriff.

Casa Wien – Die Identitären und Österreich. Rückblick & Ausblick

Die Identitären in Österreich. Was war und wie könnte es weitergehen? Eine Bilanz der Militanz. 

Die "Identitären" und ihre letzten Aktionen in Österreich: Warum auch der mit Farbe um sich schüttende Faschist letztlich immer ein Faschist bleibt

Ist das Kunst oder kann das weg?
Warum auch der mit Farbe um sich schüttende Faschist letztlich immer ein Faschist bleibt

 

 

Martin Sellner und die Akteuer*innen der „Identitären“ in Österreich wollen gerne intellektuell und provokant wirken. Und da in Wien das Wort Provokation kaum erwähnt werden kann, ohne im Nachgang die Namen Brus, Nitsch, Schwarzkongler und Wiener Aktionismus zumindest gedanklich zu assoziieren, war es klar, dass die „Identitären“ irgendwann bei den genannten landen mussten.

 

So besetzten sie erst in Graz erst das Dach der „Grünen“ und übergossen es mit roter Farbe, dann stürmten sie eine Veranstaltung in den Räumen der Universität Wien und schütten auch hier wieder mit roter Farbe in geistiger Umnachtung um sich.

Anschließend wurden die dargebotenen Aktionen groß in Verbindung mit den Begriffen „Aktionskunst“, „Wiener Aktionismus“ und einer starken Bezugnahme auf die Schüttbilder Herman Nitschs in unzähligen Social-Media-Posts angepriesen.

 

Was vordergründig wie eine neue Form der durchdachten Provokation wirkt, zeigt bei näherer Betrachtung wiederum nur eines, nämlich, dass die intellektuelle Auseinandersetzung von Seiten der „Identitären“ mit Phänomenen jeglicher Art, in diesem Fall dem Wiener Aktionismus, niemals mehr als die Lektüre der ersten drei Zeilen der Wikipedia-Zusammenfassungen umfasst.1

 

Gerade der Versuch der Vereinnahmung der Wiener Aktionist*innen nun aber zeugt von so perfider Dummheit und Ignoranz, dass es schon fast wieder überrascht. Da solche Selbstzuschreibungen aber leider allzu schnell durch Medien unreflektiert Verbreitung finden, möchte ich an dieser Stelle drei Argumente darlegen, warum die Wortpaare „Identitäre Bewegung“ und „Wiener Aktionismus“ gar nicht in einem Satz zusammen genannt werden sollten. Und warum nicht jeder mit Kunstblut schüttende Faschist ein Künstler ist, immer aber doch ein Faschist.

 

Es sei mir entschuldigt, dass ich im Folgenden zwischen den verschiedenen Künstlern des Wiener Aktionismus wenig differenziere und sie auf eher verbindende, denn trennende Kriterien reduziere.

 

  1. Wenn es ein bestimmendes Thema bei allen Akteuren des Wiener Aktionismus gab, dann war und ist dies die extreme Bearbeitung der eigenen Körperlichkeit und die drastische Zurschaustellung des Aufbrechens dieser Körperlichkeit, damit einhergehender Verletzlichkeit und die Integration von Artefakten dieser Verletzungen (Blut, Speichel, Kot, Erbrochenes) in das performativ Dargestellte.

    Der Wiener Aktionismus konfrontierte hierbei spiegelbildlich die sie umgebende und als extrem reaktionär definierte österreichische Nachkriegsgesellschaft mit ihren eigenen Körperpanzern und den tiefliegenden versteckten Wunden, die sie sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges versuchten hinter der biederen Fassade der Strenge zu verbregen.

    Opfer wollten damals wie heute alle sein, aber die Wiener Aktionisten zeigten, dass die sich als Opfer genierenden immer noch Täter waren, indem sie schwiegen und versteckten.

    Es ging hierbei nie um das reine Aufzeigen, denn vielmehr eine Katharsis des immer noch vorhandenen innerlichen Faschismus und seiner Zwänge, die sich existenziell in den Körpern der Menschen verdichteten. Der Wiener Aktionismus war auch deswegen eine Art antifaschistische Selbstwerdung, indem die Künstler ihre eigenen Körper von den Körpern der Täter gewaltsam, nicht nur symbolisch, sondern ganz konkret, abtrennten. Ein Exkludieren aus der kollektiven Identität, um zur eigenen finden zu können.

     

    Wie also könnt ihr „Identitären“ nun diese Künstler in eure Reihen einreihen, wo doch eure Körperlichkeit eine ganz und gar Faschistische ist? Wie passt der am Boden liegende und mit Blut überströmte leidende Brus zu euch, die ihr doch sonst nur die cartoonesquen Spartaner aus „300“ als Männer anerkennt?

     

  2. Die Gesichte des Wiener Aktionismus ist eine der Konfrontation zwischen Österreichischer Gesellschaft und den Künstler*innen. Sie ist letztlich eine Gesichte juristischer Verurteilung, des jahrelangen Ignorierens der Kunstwerke und der gesellschaftlichen Exklusion ihrer Akteur*innen.

    Gerade weil der Wiener Aktionismus Symbole des Staats (zum Beispiel Nationalfahne und Nationalhymne der Bundesrepublik Österreich) mit in seine performativen Akte inkludierte, zogen die Künstler sich den Zorn des Staates und seine juristische Verfolgung zu. Sich als „Identitärer“ auf Kunst zu beziehen, die dafür verfolgt wurde, weil sie auf die Fahne des Staates, der euch so heilig ist, kotzten und kackten, ist an Dummheit kaum mehr zu überbieten.

     

  3. So sehr die Aktionist*innen immer ihre eignen Körper traktierten, so sehr achteten sie die Körper der Menschen, mit denen sie sich künstlerisch ausdrückten. Der Wiener Aktionismus ist eine der wenigen Formen der künstlerischen Aktion überhaupt, die andere Menschen und nicht nur sich selbst in die Performance integriert. Immer aber erfolgt/e diese Integration der anderen auf dem Moment der Freiwilligkeit. In Wort und Schrift betont Herman Nitsch immer wieder wie wichtig ihm um das Wohlergehen seiner Akteuer*innen ist. Gerade auch deswegen, weil die Künstler aus eigenen Erfahrung wissen, was die symbolischen Aktionen konkret in den Menschen auslösen können: Angst, Schmerz, Wut, Verzweiflung und vieles mehr.

    Und nun kommt ihr, ihr „Identitären“, die ihr weder Ahnung von Kunst noch von den Auswirkungen performativer Kunst auf den Körper oder seine Akteuer*innen habt, und schüttet im Hass auf die Anwesenden ungefragt Kunstblut über die Menschen und entlarvt euch damit letztlich doch nur selbst als Knechte, die zwar vorgeben aus Liebe zu handeln, doch eigentlich nur Leid und Angst schüren wollen.

 

Egal ob früher Expressionismus, Dada oder Wiener Aktionismus. Es ging der Kunst nie um kollektive „Identität“, sondern vielfach um die schrecklichen Auswirkungen von Rassismus, Hass, ungezügeltem Kapitalismus und dem industriellen Töten auf den Körper der Menschen. Die Leidenden, die Verkrüppelten, die, die den Hass der Herrschenden in den Gräben der Schlachtfelder erdulden und umsetzen mussten, das waren die Objekte dieser Kunst.

Nie der Pathos, nie die Verherrlichung der ideologisierten Körper, nie die Glorifizierung des Leids und der Leidenden.

„Identitäre“, wenn ihr „Kunst“ machen wollt, dann hört den Pathos-Kitsch des Neofolk, geilt euch auf an Breker und schwelgt gedanklich in den Stahlgewittern eures imaginierten „Untergangs des Abendlandes“, aber hört auf von Dingen zu reden, von denen ihr nichts wisst. Am Ende zeigt ihr immer nur, dass ihr dumme pubertäre Schläger seid, die Propaganda nie von Kunst differenzieren werden können.

 

 

Weitere Infos zur Identitären Bewegung in Östereich: http://vonnichtsgewusst.blogsport.eu

 

 

 

 

 

1 Herzlichen Glückwunsch Martin Sellner, zumindest rudimentäre Fähigkeiten des Lesens können dir also nicht abgesprochen werden. Ganz im Gegensatz zu so manch anderem Kameraden.

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