Libyen

Mittelmeer: Hetzjagd auf NGO‘s auf vollen Touren!

Was sich gerade im Zentralen Mittelmeer, einer der Hauptfluchtrouten nach Europa, abspielt ist alarmierend. In der vergangenen Woche sind vor der libyschen Küste mindestens 400 Refugees auf ihrer Flucht ertrunken. In einem Fall konnte die „Libysche Küstenwache“ nur noch tote Babys von einem havariertem Schlauchboot bergen. Gleichzeitig werden gerade sämtliche Seenotrettungsorganisationen kriminalisiert. Dieser Text soll einen kurzen Überblick über die Lage geben.

Es folgt eine kurze Einleitung in die Thematik, wer mit der generellen Situation im Mittelmeer vertraut ist, kann im nächsten Absatz weiterlesen.

Tatsächlich ist es selbst für uns Linke zu einer Randnotiz verkommen, dass quasi jede Woche Refugees vor den Toren Europas sterben. Wenn man nicht noch im Heimatland eingesperrt und kriminalisiert wird, wartet der gefährliche Weg durch die Sahara und die libyschen Foltergefängnisse ehe man letztendes auf instabilen und seeuntüchtigen Booten versucht in internationale Gewässer zu kommen. Die Fluchtroute zählt nicht umsonst zur tödlichsten Grenze der Welt. Die Boote haben keine Chance europäisches Festland zu erreichen und sind per se Seenotfälle und bedürfen Rettung. Weil die Staaten nach Einstellung der Mare Nostrum Rettungsmission Italiens 2015 den Fokus auf den Grenzschutz setzten, stiegen die Todeszahlen rapide an. Private Seenotrettungsorganisationen traten an die Stelle der ausgebildeten Marine und haben mit Freiwilligen humanitäre Arbeit geleistet, die auf Grund des europäischen Asyl und Grenzsystems leider nötig war. Um in Europa Asyl zu beantragen muss man sich auf europäischem Boden befinden. Diesen kann man legal aber nicht erreichen. Die Grenzen zu schützen heißt nur den Leuten ihre letzte Chance auf Asyl in Europa zu nehmen. Europa geht in dem Vorhaben eine Festung gegenüber Geflüchteten zu werden sogar den Schritt, eben diese Seenotrettungsorganisationen zu kriminalisieren. Zunächst mit Beschlagnahmung der Iuventa, dem Rettungsschiff der Berliner Organisation Jugend Rettet, begann eine regelrecht Hetztjagd auf die NGO‘s, die gerade ihren Höhepunkt findet.

Was aktuell los ist:

Es zeichnete sich schon länger und spätestens nach Wahlsieg der Lega X in Italien ab, dass Italien und die EU alles daran setzen werden, die Grenzpolitik dahingehend auszurichten keine Geflüchteten mehr den europäischen Kontinent erreichen zu lassen. Der Fokus liegt darauf die Libysche Küstenwache, welche nach dem Bürgerkrieg quasi nur aus ein paar Milizen ohne Uniform und alten Booten bestand, aufzurüsten, auszubilden und die dreckige Arbeit der EU Abschottungspolitik machen zu lassen. Erst letzte Woche sicherte Italien weitere 13 Patrouillierenboote für das Bürgerkriegsland zu. Auch Deutschland beteiligte sich in der Vergangenheit mehrfach finanziell an der Aufrüstung der LYCG (libysche Küstenwache). Trotz mangelnder Infrastruktur und absolut unprofessionellem Agierens, tritt Italien gerade die Verantwortung zur Durchführung und Koordinierung von Seenotfällen an die Libyer ab. Während sich das Italienische MRCC (Marine Rescue Coordination Center) für den Küstenabschnitt vor Libyen zuständig sah und nach dem internationalen Seerecht und dem Grundsatz Gerettete von Seenotfällen schnellstmöglich in den nächsten sicheren Hafen zu bringen (was im Mittelmeer Malta/Lampedusa/Sizilien sind) handelte, gibt es aktuell einen massiven Wandel.
Zunächst beauftragt das MRCC selten Schiffe, etwa von NGO‘s oder europäischer Marine mit der Rettung von Schiffbrüchigen, sondern setzt die LYCG ein. Diese bringt die Leute natürlich nicht nach Seerecht in ein sicheres Land, sondern verschleppt die Leute zurück in die Libysche Hölle, wie Geflüchtete das Land nennen. Zeitweise haben Refugees mehrere Anläufe gebraucht um von einem der wenigen „Guten“ Schiffe in der Gegend gerettet zu werden.
Doch damit scheint nun gänzlich Schluss zu sein. Italien nimmt keinerlei Schiffe mehr im Hafen an und Malta sieht sich schon seit Jahren „nicht zuständig“. Resultat sind Irrfahrten der Schiffe Aquarius und Lifeline von NGO‘s, aber auch Containerschiffen der Reedereie Mearsk und sogar einem amerikanischen Kriegsschiff wurde die Einfahrt in einen Italienischen Hafen lange Zeit verweigert.
Was aktuell folgt ist die nächste Stufe der Abschottung. Die Lifeline wurde nach ihrer Tagelangen Irrfahrt mit 224 Geretteten an Board in Malta festgesetzt und der Captain verhaftet. Am Donnerstag muss er sich erneut vor Gericht verantworten. Das Schiff Open Arms der spanischen NGO Proactiva Open Arms, ist gerade mit etwa 60 Geretteten auf dem langen Weg nach Spanien. Dem Schiff Seefuchs der NGO Sea Eye wurde spontan die Flagge, unter der seit Beginn der Rettungseinsätze fährt, spontan entzogen. Überall hat sich die EU mittels Bürokratie versucht die unliebsamen NGO‘s mittels fadenscheiniger Vorwürfe aus dem Weg zu räumen.
Nun geht es noch einen Schritt weiter und selbst der Sea Watch 3, dem letzten Rettungsschiff, was aktuell in der Lage und bereit ist in das Einsatzgebiet vor Libyen zu fahren, wurde die Erlaubnis zur Ausfahrt aus Malta nicht erteilt.
Die dreckige Abschottungspolitik Europas mündet gerade in einer regelrechten Hetzjagd auf die Seenotschiffe. Und während die Schiffe festgehalten werden, sterben im Mittelmeer Woche um Woche hunderte von Menschen.

Unterstützt die Organisationen! Lasst ihnen Solidarität und Öffentlichkeit für ihre Sache zukommen! Gegen die Festung Europa und gegen das Sterben im Mittelmeer!

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