Gorleben-Castor 02 - Endlagerung der Grundrechte

imc wendland 09.11.2002 15:25 Themen: Atom
Die "Rückkehr zur Normalität" sollte es werden - wäre alles nach dem Willen von PolitikerInnen,Polizei und KraftwerksbetreiberInnen gegangen. Doch der bisher siebte Castortransport aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague in Frankreich insniedersächsische Gorleben war alles andere als ein normaler Betriebsvorgang. Wieder waren15.000PolizistInnen nötig, um den Transport durchzusetzen, wieder wurden elementare Grundrechte wieVersammlungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheitübergangen. Mindestens 13 Menschen wurden von der Polizei schwer verletztund ca. 180 weitere nach ihrerIngewahrsamnahme misshandelt. Nach wie vor können die umstrittenen Castortransporte nur durchgesetzt werden, indem das Wendland und zunehmend ganz Deutschland in einen Ausnahmezustand versetzt werden.

Die Antiatombewegung wertet die Aktionen gegen diesen Transport als Erfolg: Viele erfolgreiche Aktionen brachten den Zug an verschiedenen Orten auf der Strecke mindestens siebenmal insgesamt für mehrere Stunden zum Stehen, die weiterhin hohe Zahl der angereisten AktivistInnen und der ungebrochene Mut der WendInnen hielten den Preis für die kommenden Transporte hoch.
Das Echo in den kommerziellen Medien war enttäuschend wie nie: Falsche (im Nachhinein widerrufene) Polizeiberichte solltendie Bewegung kriminalisieren und delegetimieren - allzuvieles wurde von Vielenunhinterfragt übernommen. Für Aufregung sorgte ein ICE, der im Zusammenhang mit einerBlockade nördlich von Lüneburg gestoppt wurde. Die Aktion war angekündigt,weder für Fahrgäste noch für BlockiererInnen oder PolizeibeamtInnen bestandGefahr - Hier die Gegendarstellung!

Hintergründe |Vorberichterstattung |Samstag/Sonntag | Montag | Dienstag/Mittwoch
| Hier alle Berichte und viele Bilder zum langenStop-and-Go des Castors |

Zum Nachlesen: Gesicherte + aktuelle Infos gabs beimTag-X-Ticker,kurze News können immer noch hier verlinkt werden,so sah der Castorzug aus und das war derFahrplan.

Bilder: ganz viele hier, ein paar auchhier | Viele Fotos auch beiRandbild, Subkonturund Freemedia | Webcam-Bilder von der Castor-Couch vor'm Castor-Kran | seg-dannenberg.org
Audios: Viiiele Beiträge von Freien Radios: 1| 2 | 3 |4 | 5 | 6

Das lange Stop-and-Go des Castors
[Chronologischer
Kurz-Überblick der Aktionenzum Castor 11.-13.11.]
Der Castor passierte um 16.30 Uhr die Grenze. In Maximiliansau gelang es einigenAktivistInnen, auf die Gleise zu kommen.Aktiver Südwesten: In Mannheim hielt eineAnkett-Aktion den Zug über eine Stunde lang auf.Um 3:00 Uhr in Göttingen wird der Castor noch einmal für 20 Minuten blockiert[hier und hier].In Haßbergen bei Verden gibt es eine weitere Blockade in den frühen Morgenstunden. Kurz darauf ketten sich mehre Menschen bei Eyrstrup (Kreis Verden) an die Schienen und halten den Zug erneut auf - es muss ein Stück Schiene herausgetrennt werden. Der weitere Zeitplan konnte ebenfalls nicht eingehalten werden: Nach einer weiteren erfolgreichen Ankettaktion bei Hamburg-Maschen erreichte der Zug den Lüneburger West- und den Nordbahnhof, in der Stadt gelang es AtomkraftgegnerInnen, auf die Gleise zu kommen. Erfolgreich blockiert wurde der Castor dann wieder zwischen Göhrde und Leitstade, bei Harlingen/Hitzacker saßen ebenfalls Menschen auf den Schienen, auch in Meudelfitz musste er stoppen. Um 16.47 erreichte der Zug den Verladebahnhof Dannenberg.Das Wendland hatte sich vorbereitet: Auf der Strassenstrecke gab es eine nächtliche Sitzblockade mit 1200-2000 Menschen. Die Polizei räumte unter Einsatz von Zwangsmitteln - um 7.25 Uhr rollte der Castor ins Zwischenlager.


Hintergründe:
Wer ist wofür zuständig? -Die Atomindustrie | Der letzte Gorleben-Castor, genauvor einem Jahr | Kampagne x1000malquer | Umfassende Linksammlung: Anti-Castor-News | Konfrontation mit dem Atomstaat | Atomausstieg von unten | Motivierende Rede | Uran-Transport während dem Castor | Kritik an den Aktionen | Schlussbetrachtung

Vorberichterstattung auf indymedia:


Die Polizei bereitet sich vor ... Castorcops im Kurörtchen Bad Bevensen | Einschüchterung in der Altmark | "Konfliktmanagement" in Lüchow | Camp in Hitzacker wurde verboten | Bahnhof Hitzacker wie eine Festung | Bahnanlagen in Nordniedersachsen massiv gesichert | Versammlungsverbot in Göttingen | Verkehrsüberwachung zwischen Lüneburg und Dannenberg

... und auch der Widerstand! Auftritt von New Kids OnThe Black Block? | Auftakt und Planung in Lüneburg(Infopark), Hitzacker,im Wendland und imRuhrgebiet.
Mobilisierungstrailer "Rocken, blocken, Hans Reime schocken"

"Den Castor stoppen, bevor er losfährt" - Tieflader in der Göhrde blockiert | Polizei-Broschüre gefälscht | Zug bei Karlsruhe gestoppt | Lastwagen mit Uranfässern aufgehalten | Xe auf Uelzener Ampeln | Treckerblockade in Quickborn, auch hier und hier.



Samstag/Sonntag 10./11.11.02:
Am
Samstag kamen über 4000 Menschen zur Auftaktdemo nach Gorleben [Fotos], anschliessend besuchten einige Trecker den Bahnhof Hitzacker, andere AktivistInnen vergnügten sich im Wald.
Ein Schwerpunkt des diesjährigen Widerstandes ist die StadtLüneburg - am Sonntag wurde ein ersterStadtspaziergang wurde unternommen.Auf Versammlungsverbote entlang der Transportstrecke reagierten AktistInnenmit Protestaktionen. Im Wendland kam es zuDorfneugründungen.

Montag 11.11.02:
Treckerblockade in Splietau |Kreuzungen in Lüneburg blockiert |Demo gegen Versammlungsverbote | Grosse Demo in Lüneburg mit Bildern | Faschingsdemo mit Stroheinsatz gegen PolizistInnen | "De Züch kütt" - Karnewall in Dannenberg | Proteste bei der Abfahrt in Frankreich mit Bildern

Dienstag/Mittwoch 12./13.11.02
Trotz
Polizeitechnik wurden schon vor dem Transporterfolgreich Castor-Gleise sabotiert. Am Dienstag wurde in Hitzacker demonstriert. Am Tag gab es dort schon eine Trecker-Aktion. Am Abend fand in Lüneburg ein atomkritischer Laternenumzug statt.
Lüneburger Frauen hatten für Mittwoch den Katzenjammer vor der Bezirksregierung Lüneburg vorbereitet, vor der Polizeikaserne gab es eine Spontandemo, in der Innenstadt Strassentheater. In Tageszeitungen wurden Anzeigen gefälscht. In Hessen scheiterte eine Blockade, in Hamburg wurden Banken und Energiewerke entglast

Unterstützung bekam der Protest durch Demos und Aktionen in ganz Deutschland, u.a. in Göttingen[hier und hier],Hamburgund Marburg, schon vorher gab es Aktionen auch invielen anderen Städten: Südwestdeutschland mit Schikanen | RTS in Bremen | Celle | Fährt er über Buchholz? | Brandanschläge auf Bahnschienen | Aktion in Jena | am Marburger Bahnhof



Für AktivistInnen: Südwesten | Norden: Camps und Infopunkte hier - Termine und Demos hier und hier
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Ergänzungen

Süddeutschland

antiatom 09.11.2002 - 18:02
Könnt ihr noch im Feature ergänzen, dass es auch in Süddeutschland entlang der Strecke Aktionen geben soll?

wo sind die infos ?

jan 12.11.2002 - 09:39
wir wollen hin nur: wo sind all die infos?
sprich: wo sind die infopunkte, wo sind die camps/scheunen, wo ist der vermeintliche zeitplan ? ahh, gleich gehts los und wir wissen von gar nix..

Heimatschutz?

trezor 13.11.2002 - 18:17
Ich halte es für sinnvoll gegen die ökologischen Auswirkungen einer kapitalistischen Wirtschaftsweise zu demonstrieren. Dennoch sollte man die Parolen vorsichtig wählen. Wer nur gegen den Castor demonstriert, ohne über gesellschaftliche Hintergründe nachdenken zu wollen, der kann sich in eine Reihe mit den Leuten stellen, die ein "sauberes Wendland" fordern. Beim Castor sollte es nicht um "Heimatschutz", sondern um eine klare Kritik an kapitalistischen Erscheinungen gehen. Dabei muss man eine zunehmende Vernichtung der Ökosphäre, wie einen um sich greifenden Antisemitismus mit einbeziehen

whoaa...ey.....

Hase 14.11.2002 - 22:58
..Ich war extra mit zwei Kumpels nochmal losgefahren (weil inne Nachrichten kam ja nix ?!!?) um zu gucken was denn nun WERKLICH los war. kam mir vor wie 'ne Wiederholung von KRIEG DER STERNE zweiter Teil. Ihr habt ja nicht nur n Problem in 800 Jahren midde Strahlen sondern auch n ganz aktuelles. Ich finde wir Deutschen sollten zueinander stehen wenn die HUNNEN kommen. Wieso berichten die Zeitungen so Doof? Das wär doch DIE STORY schlechthin. Man möchte fast meinen die stecken unter einer Decke. Ich hab von Politik nich so die Ahnung aber
das sieht doch jeder Trottel das da was faul is. Laternumzuch mit Hubschrauber- sowas machen bei uns in billstedt DREI Polizisten. Einer hinten, einer vorne und einer zun Kaffe holen. Jungs und Mädels Ich hoffe Ihr verkraftet das alles und das nexte mal bring ich meine beide kumpels wieder mit und dann kochen wir wat feines für euch denn IHR BRAUCHT KRAFT!!!
wie heppt dat og nich einfach hier in hambuich, könnt ihr samstach in der city sehen. also nich schlapp machen ( die nächsten 800 Jahre)

wozu das ganze?

steini, lübeck 15.11.2002 - 11:42
wozu das ganze? warum noch jahr für jahr dahin und den weg blockieren?

ich meine nicht den steuerlichen aspekt, der ist albern. sicher ist es teuer, aber es geht um ideale.

klar will man aufmerksamkeit, aber mittlerweile weiß man von der gefahr der atomkraft und wir hoffen mal, dass deutschland in den folgejahren wirklich aussteigt.

aber? es kann doch kein erfolg sein, wenn eine sprecherin der demonstranten meint, sie hätten den transport für 1,5 std. aufgehalten. und insgesamt mit anderen stellen wohl noch mehr.

wo ist das ein erfolg? was für ein erfolg ist das?

"Tolle Leistung"

15.11.2002 - 14:58
Auch ich Frage mich was all die Gegendemonstranten dort getan haben. Mehr als das sie alle blöd rumgestanden haben, ist mir nicht in Erinnerung geblieben. Selbst als der Castor vorbei rollte, kein Laut.... Wolltet Ihr denn nicht eine Meinung kundtun??? Ich habe nur Leute gesehen die rumstanden, von Protest kann man wohl nicht sprechen. Und das man den Zug 1,5 Stunden aufgehalten hat, also wer darauf noch stolz ist der kann mir nur leid tun.

menschmenschmensch

sozialist 15.11.2002 - 18:40
hier scheinen einige den sinn der aktion in den falschen rachen zu bekommen. warum atomkraft scheiße ist will ich hier nicht ausführen.
aber logo ist es ein erfolg den transport aufgehalten zu haben.
folgende effekte:
1. ind den medien (wie zum beispiel hier) wird wiedergegeben wie erfolgreich die "Störer" waren. das kann allen neuen mut und zuversicht geben und zeigen das die aktionen zusammen etwas gebracht haben.
2. aufmerksamkeit von menschen wird erregt, die sich noch nicht mit atomkraft ausainander gesetzt haben, und die vielleicht darüber nachdenken, warum sich leute an schienen ketten. und ich glaube es gibt in deutschland schon noch menschen die ohne springer denken können.
3. unter den "störern" selbst entsteht bei den aktionen solidarität und die erfahrenen leute können den anderen klarmachen dass anti- atom genauso anti- kapitalismus hinter sich ziehen muss wie eine fundamentale gesellschaftskritik die die anti atom bewegung mit der antikapitalistischen beweung zusammenbringen sollte.
Die revolution sagt:
ich war
ich bin
ich werde sein

15.11.2002 - 18:43
glaub nich rot grün

Kritische Berichte und Auswertung

Mehrere Menschen aus der Projektwerkstatt 16.11.2002 - 23:46
Kaum politische Vermittlung, widerliche Dominanzkämpfe bis hin zu Rauswürfen - das ist die hier bislang nicht dargestellte andere Seite des Castor-Widerstandes. In einer umfangreichen Zusammenstellung von Berichten und Auswertung unter  http://www.projektwerkstatt.de/aktuell/castor/castor_lueneborg.html ist mehr zu finden.

Euronews TV RealVideo: 'No Comment'

M02 17.11.2002 - 21:42

"Die" Antiatombewegung ...

Ziege 25.11.2002 - 21:40
Zitat aus dem Haupttext: "Die Antiatombewegung wertet die Aktionen gegen diesen Transport als Erfolg".

Gutes Beispiel für Eliten. Das steht einfach so da. Wer hat die Bewegung überhaupt gefragt und was soll die Bewegung überhaupt sein.

Also: Die Attac-Funktionäre Soeren Janssen und Rasmus Grobe fanden alles einen Erfolg. Sie sind von den X-1000malquer-Eliten zu Pressesprechern von X-1000 erkoren worden.
Beate Friedrich fand es einen Erfolg. Sie ist von den Eliten des intransparenten Aktionsbündnisses Heidewerkstatt auf dem ersten Plenum im Clamartpark als Pressesprecherin vorgestellt worden. Der Antrag, daß die JournalistInnen-Telefonnummern allen zugänglich sein sollten, wurde abgelehnt.
Und noch einige mehr (BI-Apparate, Jochen Stay ...) fanden es einen Erfolg.

Sie sind nicht "die Bewegung". Menschen aus den Teilen von Bewegung wird systematisch die Möglichkeit zum eigenen Handeln genommen, gleichzeitig organisieren sich die meisten auch nicht selbst und sind gern Schaf in einer Herde - ob nun irgendwo, auf der Straße oder auf den Schienen.

Was die Teile der Bewegung meinen, kann erst gesagt werden, wenn sich die vielen auch selbständig z.B. als Gruppe organisieren und sich äußern.

P.S. Die genannten Namen sind die nach außen auftretenden Pressefuzzies der Führungsgruppen im Castor-Widerstand. Die Behauptung, damit würde dem VS Material geliefert, ist absurd - die können auch tagesschau & co. empfangen. Keine Namen und Eliten zu benennen, sichert deren intransparente Existenz.