Castortage/ICE-Stop in Lüneburg: Polizeispitzel und Lügenstory

Lüneburger mit Wut im Bauch 15.11.2002 23:14 Themen: Atom Repression
Die angeblich lebensgefährliche Aktion in Lüneburg nimmt eine ganz neue Wendung:
Die Polizei war bis ins Detail informiert und vorbereitet
Welchen Einfluß hatte der Verdeckte Ermittler?

Stasi-ähnliche Propaganda-Schau
Ich dokumentiere hier die Erklärung des Rechtsanwaltes der Lüneburger ICE-Demonstranten:

Pressemitteilung

zum Anhalten des ICE am 13.11.02 vor der Gruppe von Castorgegnern in Lüneburg


Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Polizei verbreitet eine offensichtlich falsche Darstellung über den Vorgang, die dazu dient, die Aktion als lebensgefährlich hinzustellen, was sie tatsächlich nicht gewesen ist, und die Castorgegner zu kriminalisieren. Als anwaltlicher Vertreter von Betroffenen sehe ich mich zu folgender Richtigstellung veranlasst:

1. Der ICE ist nicht, wie dargestellt wurde, in letzter Sekunde durch eine Notbremsung zum Stehen gekommen. Richtig ist, daß der Lokführer in ausreichendem Abstand vor der Örtlichkeit eine Betriebsbremsung vorgenommen hat. Der Zug kam ca. 400 m vor der Stelle zum Stehen, an der sich die Gruppe der Aktivisten befunden hatte.

2. Als der Zug herannahte, befand sich keiner der Demonstranten auf den Gleisen. Alle standen neben den Gleisen, weil sie den Zug natürlich gesehen hatten.

3. Das in der Presse veröffentliche Foto von auf dem Gleis sitzenden Demonstranten wurde erst aufgenommen, nachdem der Zug bereits eine Zeit stand.

4. Es waren von dem Bundesgrenzschutz bereits zwei Streckenposten an der passenden Stelle postiert, die rote Signaljacken trugen. Der Zug war aber bereits deutlich verlangsamt, als er sich dem ersten Posten, der etwa in 700 m Entfernung zu der Gruppe stand, sich näherte. Der Zug ist dann mit deutlich verlangsamter Geschwindigkeit an diesem Posten vorbeigefahren und kam zum Stehen. Es war weder von den Polizeiposten noch von den Demonstranten zu irgendeinem Zeitpunkt jemand konkret gefährdet.

5. Die Polizei hatte zunächst in einem Vermerk der Gefangenensammelstelle für das Gericht angegeben, der Zug sei aus einer Geschwindigkeit von 140 km/h mit einer Notbremsung zum Stehen gebracht worden. Gegenüber der Presse hatte die Polizei später angegeben, daß der Zug mit 110 km gefahren sei. Auch das wäre eine Geschwindigkeit, die deutlich unter der normalen Reisegeschwindigkeit eines ICE liegt. Daraus hervor, daß der Zug bereits verlangsamt war.

6. In seiner Presseerklärung vom 13.11.02 hat der Pressesprecher Frohns der Deutschen Bahn AG dementiert, daß der Zug die von der Polizei angegebene Notbremsung durchgeführt habe. Ferner hat der Sprecher erklärt, daß die Deutsche Bahn AG auf Störungen auf dieser Strecke an diesem Tag vorbereitet gewesen sei.

7. Schon als sich die Demonstranten zu Fuß auf die Gleise zu bewegten sind sie von Hubschraubern, die direkt über ihnen kreisten observiert worden. Den Fußgängern sind Einsatzfahrzeug der Polizei und des BGS mit Besetzung direkt gefolgt, ohne daß die Beamten eingegriffen hätten.

8. Als sie die Gleisanlagen erreichten, war kein Zug zu sehen. Die Strecke verläuft gradlinig und ist weit einsehbar. Es haben die Polizeibeamten, die hinzukamen auch nicht mit Einsatz massiver Mittel reagiert, um die Demonstranten vom Platz zu vertreiben. Die Angelegenheit verlief undramatisch.

9. Nach Auswertung der von den Betroffenen zusammengetragenen Beobachtungen und Recherchen hatte die Polizei einen verdeckten Ermittler (Deckname "Bruno Lohmann") angesetzt, der sich am Vorabend einer Gruppe angeschlossen hatte und sich bis zuletzt unter den Demonstranten befand. Er wurde auch zusammen mit den anderen Personen auf das Gelände der Polizei verbracht, ist dort aber als einziger nicht mehr in der Gefangenensammelstelle aufgetaucht, ohne daß es eine Erklärung dafür gab. Die Überprüfung ergab, daß die Angaben über seine Person einschließlich Adresse und Telefonnummer falsch waren.

10. Wenn die Polizei vorab unterrichtet wurde, war der Vorgang für sie eine bekannte Sache, über deren Verlauf sie bereits im Bilde war.

11. Aufgrund ihrer Aufk0lärungsarbeit wäre die Polizei in der Lage gewesen, die Aktion von Anfang an zu verhindern. Da sie das nicht tat, drängt sich der Eindruck auf, daß die Polizei die Aktion gewollt hat ablaufen lassen.

12. Die Öffentlichkeit hat gemeinhin den Eindruck gewonnen, daß sich hier Castorgegner verantwortungslos und unter Gefährdung des eigenen Lebens und des Lebens der Bahnreisenden in schwer vorwerfbarer Weise gehandelt hätten. Das ist falsch. Die Demonstranten haben in der Situation besonnen so gehandelt, daß eine Gefahr ausgeschlossen war. Auf der anderen Seite, waren ausreichend Einsatzkräfte vor Ort, die die Aktion sofort hätten unterbinden können. Die Polizisten haben sich jedoch der Situation angemessen zurückhaltend verhalten.

13. Da die Polizei die Beobachtungen aus der Luftaufklärung bereits 10 - 15 Minuten vor dem eigentlichen Vorfall gemacht hatte, die anrückenden Demonstranten zum Teil von Einsatzkräften begleitet wurde und zudem ein Warnanruf erfolgte, ist auch davon auszugehen, daß der Lokführer des ICE nicht nur generell auf Störungen vorbereitet, sondern konkret über die Situation durch den Streckenfunk informiert war, als er sich dem Einfahrtsbereich von Lüneburg näherte.

In Kenntnis dieser Umstände wirkt die Dramatisierung der Situation als abgekartetes Spiel und insbesondere die Belobigung der beiden Polizeibeamten, die durch ihren gefährlichen persönlichen Einsatz den ICE "in letzter Sekunde" zum Stehen gebracht haben sollen, als fragwürdig.


Mit freundlichen Grüßen




- Plener -
Rechtsanwalt
(ohne Unterschrift, da Computerfax)


Und als Ergänzung die Presseerklärung, der Polizei:
Bezirksregierung Lüneburg :



Gemeinsame Pressestelle
Polizei und Bundesgrenzschutz
zum CASTOR-Transport

Datum 13. November 2002

Presseinformation


Castorgegner zwingen ICE zum Nothalt unter Lebensgefahr für Beamte
Protestformen überschreiten alle Grenzen des Fassbaren


Die Polizeibeamten Holger Liszkowski und Frank Samland (Polizeiinspektion
Rotenburg/Wümme) rennen kurz vor dem Hauptsignal zur Einfahrt nach Lüneburg einem
Reisezug um 10.50 Uhr wild winkend entgegen. Die Geschwindigkeit des
Hochgeschwindigkeitszuges von Hamburg nach Zürich beträgt zu diesem Zeitpunkt rund 110
km/h. Ohrenbetäubendes Quietschen - qualmende Räder; als sich der Rauch lichtet ist das
traurige Ende einer Blockade Gewissheit:

Der ICE 71 "Helvetia" kommt in einem Abstand von etwa 150 Metern nur knapp vor der
Blockade von 27 Personen im Gleis zum Stehen. Beamte des Bundes-grenzschutzes und der
Landespolizei müssen die Protestgegner förmlich in letzter Sekunde von den Gleisen pflücken.
Die dramatische Rettungsaktion unter Einsatz des Lebens der Beamten war erfolgreich - aber
für welchen Preis?
Hier werden Menschenleben rücksichtslos - trotz zahlreicher Warnungen seitens des
Bundesgrenzschutzes - aufs Spiel gesetzt. Der Lokführer hätte überhaupt keine Chance mehr
gehabt, vor der Gruppe zum Stehen zu kommen, wenn die beiden Beamten nicht so selbstlos
und reaktionsschnell gehandelt hätten. Die etwa 150 Reisenden hatten wohl einen Schutzengel
- bisher wurden keine Verletzten festgestellt.

Befremdlich auch die Tatsache, dass eine Reporterin aus dem örtlichen Bereich mit den
Castorgegnern im Gleis stand. Die Demonstranten wurden festgenommen, die Personalien
festgestellt. Gegen alle Personen wird ermittelt wegen ge-fährlichen Eingriffs in den
Bahnverkehr. Bei der Qualität dieser Straftaten besteht sogar der Verdacht eines
Verbrechens.

Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiter der Gemeinsamen Pressestelle Polizei und
Bundesgrenzschutz zum CASTOR-Transport unter Tel. 04131 / 15-3333
( pressestelle.castor@br-lg.niedersachsen.de) zur Verfügung.


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Ergänzungen

Stasi ist schon längst normal

Ich kotz auf (je)den staat 15.11.2002 - 23:38
na das ist doch klar gewesen, die Bullen arbeiten der Pesse die Scheiße schön nach ihrer Meinung und Gutdunken auf und alle welt glaubt den Mist. Die Stasimethoden der BRD und die Maipulierfreudigkeit der ach so kritischen Presse ist echt zum kotzen. Leider interessiert sich später niemand für die Wirklichkeit und die inszenierte Aufregung. Dieser Staat ist doch wie alle anderen Diktaturen auch, wennn es an´s Eingemachte geht, sind fast alle Mittel recht...
Damit möchte ich nicht leugen, dass ich im Iran scheller mein Leben verlieren würde

dir verlogenheit und manipulation dieser herr

bak 16.11.2002 - 05:40
macht euch doch keine illusionen wenn es heute dem kapital an den kragen gehen sollte, würde dieser demokratische staat euch ohne skrupel mit allen mitteln fertigmachen!
dieser machtapparat von euch finanziert über direkte und indirekte steuern existiert doch nur für die interessen des kapitals. kuschen lohnt nicht, arbeit wird ausgelagert ,
der staat kassiert und gibt nichts an die ab, die diesen staat am leben halten mit ihrer arbeit und steuer ,die lohnabhängigen und kleine selbständigen!
wer sich das gefallen läßt ist selber schuld, wer sich wehrt macht meiner meinung nach selbstverteidigung mit allen mitteln!

ehrlich gesagt was geht uns "Anarchist"eigent

bak 16.11.2002 - 06:12
wir brauchen diese bürgerliche parlamentarische bude,namens REICHSTAG nicht!!
Respekt vor wem,wir sind uns im endeffekt selbstverantwortlich und keinem korrupten politiker oder globalplayer
@bak

Hat der ICE gar auf die Blockierer gewartet?

Nachdenker 16.11.2002 - 13:08
Also ich fasse mal Zusammen:
1. Es war geplant vor dem Castor auf der Schiene zu demonstrierren ("blockieren")

2. Die Sache war bis ins Detail durch den Spitzel "Bruno Lohmann" der Polizei bekannt.

3. Die Demogruppe ist auch bei der Annäherung an die Gleisen ständig beobachtet worden.

4. Offensichtlich gab es schon vor Beginn der Aktion den Plan bei der Polizei, die Sache als Hirnlos-Aktion zu konstruieren und öffenlichkeitswirksam zu verkaufen.

5. Daher hat man die relativ kleine Gruppe ungestört an die Gleisen gelassen.

6. Laut Auskunft der Bahn (Frohns) wurde der ICE "aus Sicherheitsgründen" "vor Lüneburg" durch die Fahrdienstleitung gestoppt.

7. Nach Beobachtungen fuhr der ICE schon ab Winsen (ca 20km vor Lüneburg) sehr langsam.

Nach all dem stelle ich mir die obige Frage.
Was ja noch mal eine ganz neue Qualität der Propagandaaktivität wäre, die doch stark an die "operativen Vorgänge" der Stasi erinnert.

Für diese These würde sprechen, wenn z.b. in der "Blockadegruppe", die Zeit des Aktionsbeginns vorher festgelegt worden wäre, was die Polizei dann ja auch wusste.

Eher dagegen würde sprechen, wenn die Gruppe sich in der Nähe treffen wollte, und keinen genauen Beginn festgelegt hatte, wenn die Polizei also keine Zeitpunkt hätte wissen können.

Es müsste sich auch überprüfen lassen, ob der ICE ohne Verlangsamung und Halt Lüneburg schon vor dem geplantem Aktionsbeginn druchfahren hätte.

Und schließlich, um noch weitgehendere Verschwörungstheorien abzuklären, wären einige interne Worte zur Rolle des Bruno Lohmann recht hilfreich.

solidarische Grüsse

vorsicht mit details

maul halten 16.11.2002 - 14:26
Vorsicht mit Details zu der Sache, insbesondere was Planung etc. angeht - wie viel über den Spitzel schon durchgekommen ist kann mensch nicht wissen, aber zumindest sollten "eingeweihte" nicht in dem glauben, die pozilei wüsste eh' alles auch noch den rest ausplaudern!

propagandamaschine

. 18.11.2002 - 12:43
das ist sie nun, die militarisierung der polizeipropaganda. hierzu ein theoretischer text:  http://www.de.indymedia.org/2002/09/29767.shtml

Ist möglich...

DB_smasher 18.11.2002 - 13:34
Ist es möglich, dass einer der Betroffenen versucht den beteiligten Zugführer zu kontaktieren, falls dessen Name hereausgefunden werden kann, und seine Aussage zu der Sache hier zu posten. Würde mich echt mal interessieren.