Infopark in Lüneburg!

ein Anmelder 07.11.2002 19:42 Themen: Atom
Das Ordnungsamt Lüneburg hat die Anmeldung der Dauermahnwache im Clamartpark in Form einer Infowiese bestätigt und die angemeldeten Rasen- und Wegeflächen zur Verfügung gestellt, allerdings mit einigen Auflagen und Einschränkungen. Zusätzlich wurde durch eine eigens konstruierte Gefahrenprognose die Hintertür zum Verbot offengehalten. Insbesondere haben die VertreterInnen von Ordnungsamt und Polizei bedenken, daß es sich doch um ein Camp handeln könnte. Auf einigen Flugblättern und Terminlisten wird er Clamartpark auch immer wieder als Camp geführt. Deswegen an dieser Stelle eine Richtigstellung: Im Clamartpark wird es kein Camp, sondern eine Infowiese geben! Es wird niemand im Clamartpark übernachten! Für Übernachtungen ist eine Bettenbörse eingerichtet, die Schlafplätze in Lüneburg vermittelt. Um eine gewisse Transparenz zu schaffen, veröffentlichen wir im Folgenden das Schreiben des Ordnungsamtes mit Auflagen, Begründungen und der Gefahrenprognose.
Das Ordnungsamt Lüneburg hat die Anmeldung der Dauermahnwache im Clamartpark in Form einer Infowiese bestätigt und die angemeldeten Rasen- und Wegeflächen zur Verfügung gestellt, allerdings mit einigen Auflagen und Einschränkungen. Zusätzlich wurde durch eine eigens konstruierte Gefahrenprognose die Hintertür zum Verbot offengehalten.
Insbesondere haben die VertreterInnen von Ordnungsamt und Polizei bedenken, daß es sich doch um ein Camp handeln könnte. Auf einigen Flugblättern und Terminlisten wird er Clamartpark auch immer wieder als Camp geführt. Deswegen an dieser Stelle eine Richtigstellung: Im Clamartpark wird es kein Camp, sondern eine Infowiese geben! Es wird niemand im Clamartpark übernachten! Für Übernachtungen ist eine Bettenbörse eingerichtet, die Schlafplätze in Lüneburg vermittelt.
Um eine gewisse Transparenz zu schaffen, veröffentlichen wir im Folgenden das Schreiben des Ordnungsamtes mit Auflagen, Begründungen und der Gefahrenprognose.


In dem Schreiben wird sehr deutlich, daß das Ordnungsamt und die Polizei nur auf irgend einen Vorwand warten, um den Infopark zu verbieten. Es werden der Anti-Atom-Bewegung mal wieder pauschal Gewaltbereitschaft und ein Hang zu strafbaren Handlungen unterstellt. Dazu gibt es dann ein paar aus dem Internet herausgesuchte Zitate, die obendrein auch noch in einen völlig falschen Zusammenhang gestellt werden. So wird der LigA unterstellt, ein "Aktionsmobil als rollenden Aktions- und Info-Wagen" mit Standpunkt im Clamartpark zu planen. Dies entspricht schlichtweg nicht der Wahrheit. Ganz prinzipiell werden Aufrufe anderer Gruppen dazu benutzt, um zu unterstellen, daß vom Infopark aus Straftaten geplant werden. Wir weisen solche Anschuldigungen weit von uns!

Vorläufiger Fahrplan für den Infopark:

Jeden Tag:
10.00 Orga-Plenum (für alle die Mithelfen wollen)
18.00 Info-Plenum

Samstag, 09.11.02:
17.00 der Infopark wird Eröffnet
20.00 Uhr Veranstaltung zur Reichspogromnacht

Sonntag, 10.11.02:
19.00 Live-Musik

Weitere Informationen:
Info-Kontakt/Bettenbörse: 0170 - 44 58 500
Info-Bandansage: 04131 - 48599
Weitere Infos im Internet: www.ligatomanlagen.de

Das Schreiben im original Wortlaut:


Anmeldung einer Dauermahnwache in Form einer Infowiese ab dem 09.11.2002
Ihre versammlungsrechtliche Anmeldung vom 10.40.2002 sowie gemeinsam mit Ihnen und Vertretern der Polizei geführtes Kooperationsgespräch am 28.10.2002


Sehr geehrter Herr M.,

ich bestätige zunächst die von Ihnen gemäß § 14 des Versammlungsgesetzes (VersG) in der zurzeit gültigen Fassung vorgenommene Anmeldung der o. g. Dauermahnwache.

Wie von Ihnen am 28.10.2002 hier im Hause erläutert, soll die Infowiese wie folgt gestaltet werden:

a) Für die Dauermahnwache ist die der Roten Straße zugewandte Teilfläche des Clamartparks vorgesehen. In einem Großzelt von 200 m² sollen u a. durch das Aufstellen von Informationstafeln und das Aufhängen vor Transparenten Informationen über den Castortransport weitergegeben werden. Die drei Rundzelte mit max. Durchmessern zwischen 6 und 10 m sind zum Aufwärmen und zum Schutz vor schlechtem Wetter gedacht Der öffentliche Zugang zu den aufgeführten Zelten wird zu allen Zeiten sichergestellt. Übernachtungen wird es - ausgenommen von den beiden im Campingwagen nächtigenden Anmeldern - im Clamartpark nicht geben. Die ordnungsgemäße Müllentsorgung stellen Sie sicher. Sie setzen sieh diesbezüglich mit der Gesellschaft für Abfallwirtschaft - GfA - in Verbindung. Bei der Dauermahnwache rechnen Sie in Spitzenzeiten mit ca. 300 Teilnehmern. Die Mahnwache wird spätestens 24 Stunden nach Einfahrt des Castortransportes ins Zwischenlager Gorleben beendet. Das von Ihnen im Rahmen der Dauermahnwache geplante kulturelle Programm beschränkt sich auf Sonntag, 10.11.2002, von 17.00 bis 22.00 Uhr, um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden. Für Durchsagen wird ein Megaphon benutzt.

b) Sie sehen innerhalb der Parkflächen der Haage- und Friedenstraße das Aufstellen eines Toilettenwagens nebst Zugfahrzeug, eines Bau- und Campingwagens sowie mehrerer weiterer Fahrzeuge, u.a. für die Presse, vor. Darüber hinaus beabsichtigen Sie im Clamartpark zwei Feuertonnen zu betreiben.

Anhand eines hier am 30.10.2002 eingereichten Planes haben Sie die einzelnen von ihnen vorgesehener Standorte eingezeichnet.

Die Gehwegflächen der Roten Straße sind entsprechend des Kooperationsgespräches am 28.10.2002 nicht mehr Bestandteil ihrer Anmeldung.

Sie haben die Dauermahnwache gemeinsam mit Herrn L. als Versammlungsleiter angemeldet. Herr L. erhält daher ebenfalls eine Ausfertigung dieser Verfügung (vorab per Fax); ebenso der von Ihrer benannte Verfahrensbevollmächtigte, Herr Rechtsanwalt P., Lüneburg.


Nach abschließender Prüfung Ihrer Anmeldung ergehen hinsichtlich der o.g. Kundgebung folgende versammlungsrechtliche Entscheidungen:

I. Für die unter a) beschriebene Dauermahnwache in Form einer Infowiese mit einer Kulturveranstaltung am Sonntag 10.11.2002, werden Ihnen die angemeldeten Rasen- und Wegeflächen des Clamartparks zur Verfügung gestellt

II. Die unter b) dargestellte Nutzung der Parkstreifen in der Haagestraße und in der Friedensstraße zum Aufstellen eines Toilettenwagens nebst Zugfahrzeug, eines Wohn- und Bauwagens sowie für weitere Fahrzeuge wird untersagt.

Der Toilettenwagen kam stattdessen im vorderen Teil des Clamartparks aufgestellt werden, da sich dort ein entsprechender Kanalanschluss befindet. Alternativ könnten Sie Toiletten-Kleincontainer ohne unmittelbaren Abwasseranschluss auf den Wegen im Clamartpark aufstellen. Für den Bau- und Wohnwagen kann als Stellfläche der aus Richtung Friedensstraße in den Clamartpark führende befestigte Weg genutzt werden Im übrigen sind die Aufbauten entsprechend Ihres eingereichten Planes vorzunehmen.

III. Das Aufstellen und Benutzen von Feuertonnen im Clamartpark wird untersagt

IV. Für der Fall, dass von den unter I bis III ergangenen versammlungsrechtlichen Grundentscheidungen oder den nachfolgenden Auflagen abgewichen wird kann die Versammlung aufgelöst bzw. verboten werden.


Für die Durchführung der Mahnwache werden gemäß § 15 Abs. 1 VersG folgende Auflagen erteilt, die unbedingt einzuhalten sind:

1. Während der Dauer der Mahnwache muss jeweils einer der vorgenannten verantwortlichen Leiter jederzeit für die Polizei erreichbar und ansprechbar sein.

2. Anweisungen der Polizei sind zu befolgen. Teilnehmer, die die Versammlung stören oder sich polizeilichen Anweisungen wiedersetzen, können durch die Polizei von der Versammlung ausgeschlossen werden.

3. Der Zugang zu den Zelten hat von den im Clamartpark gelegenen Wegen aus zu erfolgen. Der Eingangsbereich ist entsprechend auszurichten. Es ist sicherzustellen, dass der öffentliche Eintritt gewährleistet ist und die Zelte nicht verriegelt werden.

4. Behinderungen oder Gefährdungen des Straßenverkehrs dürfen durch Versammlungsteilnehmer nicht erfolgen.

5. Das Befahren des Clamartparks mit Kraftfahrzeugen wird untersagt. Besucher haben die zur Verfügung stehenden öffentlichen Parkflächen zu benutzen.

6. Aufgrabungen aller Art (z.B. Verlegung von Kabeln etc.) sind unzulässig.

7. Zur Unterstützung der Versammlungsleiter haben Sie je ca. 100 Teilnehmer einen Ordner - mindestens jedoch 4 Ordner - einzusetzen. Die Ordner müssen volljährig und durch weiße Armbinden mit der Aufschrift ,,Ordner" kenntlich gemacht sein. Der Einsatzleiter der Polizei ist berechtigt, die Zahl der zur Verfügung stehenden Ordner zu reduzieren, soweit die Teilnehmerzahl eine solche Maßnahme rechtfertigt

8. Bei Wortbeiträgen und Musikvorführungen darf die Lautstärke von 70 dB(A) nicht überschritten werden. Wortbeiträge und Musikvorführungen haben sich mit Ruhezeiten (also ohne Lautsprecherunterstützung) abzuwechseln. Innerhalb der gesetzlich geschützten Nachtruhe (täglich von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) dürfen keine Musikvorführungen stattfinden. Der Einsatz von Lautsprecheranlagen und Megaphonen ist während dieser Zeit unzulässig.


Begründung der Grundentscheidungen:

Die Verfügung beruht auf § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (VersG) in der zurzeit geltenden Fassung in Verbindung mit § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) des Bundes und § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Niedersachsen (Nds. VwVfG).

Gemäß § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde die Versammlung untersagen oder von bestimmten Auflagen anhängig machen, wenn nach den zurzeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Bei Einschränkung der Versammlungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die grundlegende Bedeutung der Grundrechte im demokratischen Gemeinwesen zu beachten. Dabei hat die Versammlungsfreiheit nur dann und ausnahmsweise zurückzutreten, wenn eine Güterabwägung ergibt, dass dies zum Schutze gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist (BVerfGE 69, S.315 ff. 349 f)


Zu I bis III.:

Auch der Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs ist Bestandteil der Rechtsordnung und damit Schutzgut der öffentlichen Sicherheit. Hier ist konkret abzuwägen, welche Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu Gunsten der Versammlungsfreiheit und welche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zu Gunsten des Straßenverkehrs als angemessen hingenommen werden müssen. Gegenübergestellt werden darf die Zahl der durch eine Versammlung beeinträchtigten Verkehrsteilnehmer und die Zahl der Demonstranten, die durch die behördlichen Maßnahme betroffen sind.

Nach Ihrer Anmeldung und den Ausführungen im Gespräch am 28.10.2002 beabsichtigten Sie Sperrungen der öffentlichen Parkflächen sowohl in der Haagestraße als auch in der Friedenstraße.

Da sich die Versammlung im Gegensatz zu vorherigen Kundgebungen voraussichtlich über vier bis fünf Tage erstrecken wird, wurden hier sowohl die aufgrund von kostenpflichtigen Ausnahmegenehmigungen zum Parken berechtigten Bewohner der beiden Straßen als auch die große Zahl der hier zum Parken anfahrenden Verkehrsteilnehmer erheblich beeinträchtigt, zumal es sich bei den maßgeblichen Plätzen um die ohnehin nur im geringen Maße zur Verfügung stehenden zentraler Parkflächen in unmittelbarer Nähe zu der Fußgängerzonen der Innenstadt handelt.

In der Vergangenheit (1997 und 2001) wurde der Park aus Anlass von Anti-Castor-Demonstrationen für von den jeweiligen Anmeldern geschätzte Teilnehmerzahlen von 10.000 Personen zur Verfügung gestellt. Sie hingegen gehen bei der Dauermahnwache von einer Teilnehmerzahl von ca. 300 Personen aus Für diese Personenanzahl und den von Ihnen angemeldeten Aufbauten sind die Grün- und Gehwegflächen des Clamartparks zur Durchführung vollkommen ausreichend.

Hingegen wären weitergehende Absperrmaßnahmen im Hinblick auf die Größe der Versammlung aus folgenden Gründen im Rahmen der durchzuführenden Abwägung als unver-hältnismäßig anzusehen:

Wie ein Ortstermin im Clamartpark am 31.10.2002 gezeigt hat, ist der von Ihnen angedachte Stellplatz für einen Toilettenwagen in der Haagestraße schon deshalb nicht akzeptabel weil sich der Anschluss in der Mitte der Straße befindet und somit neben den Parkflächen weitergehende Sperrungen im Straßenbereich durchgeführt werden müssten. Bei dem geplanten Zeitrahmen von mehreren Tagen kann eine so erhebliche Beeinträchtigung für den Straßenverkehr in der viel frequentierten Haagestraße nicht hingenommen werden, zumal im Park selbst gute Aufstellmöglichkeiten vorhanden sind.

Sowohl der Bau- und Campingwagen. als auch ein Toilettenwagen bzw. alternativ Toiletten-Kleincontainer können neben der vorgesehenen Zelten problemlos zusätzlich im Clamartpark untergebracht werden. Ein Kanalanschluss befindet sich im vorderen Teil des Parks und ist über einen befestigten Weg aus der Roten Straße anfahrbar. Sofern Sie für eine ausreichende Absicherung Sorge tragen bestehen seitens der zuständigen Abwassergesellschaft Lüneburg gegen diese Nutzung keine Bedenken Lediglich eines der von Ihnen in dem am 30.10.2002 eingereichten Plan skizzieren Rundzelte muss hierfür im Park einen anderen Standort erhalten. Des Weiterer ist auf den ca. vier Meter breiten. gepflasterten Wegen sowohl für den Bau- als auch für den Campingwagen oder aber auch für Toiletten-Kleincontainer genügend Abstellfläche vorhanden.

Spezielle Absperrungen für Pressefahrzeuge sind nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Hierfür können. wie auch für die von Ihnen genannte Zugmaschine. reguläre Parkflächen be-nutzt werden. Es kann Ihnen insbesondere zugemutet werden die Zugmaschine bei Bedarf beispielsweise von dem kostenlosen Parkplatz "Sülzwiesen" zum Versammlungsgelände zu holen

Durch die genannten Änderungen wird der Zweck der Mahnwache nicht unzumutbar beeinträchtigt, da auf den öffentlichen Parkflächen letztendlich nur funktionelle Hilfsmittel Platz finden sollten. Im Rahmen der Abwägung sind daher zu Gunsten der übrigen Verkehrsteilnehmer die Parkflächen freizuhalten.

Die Nutzung von Feuertonnen ist abzulehnen, da der mit Hecken und Bäumen bewachsene Clamartpark von Wohnhäusern und mehreren Geschäften umrandet wird und sich zudem in unmittelbarer Nähe einer Grundschule befindet. Neben den sich ergebenen Brandgefahren ist hier insbesondere aufgrund der Witterungsverhältnisse mit erheblichen Geruchsbelästigungen der umliegenden Anwohner zu rechnen. Dieses kann über die Dauer von mehreren Tagen nicht hingenommen werden Zudem ist es schon gemäß § 7 C) der Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in der Stadt Lüneburg (insbesondere auf Straßen sowie in Grünanlagen -GefAVO-) verboten, in Grünanlagen außerhalb spezieller Plätze Feuer zu entfachen Soweit Sie den Versammlungsteilnehmern die Möglichkeit einräumen wollen sich aufzuwärmen, stehen mehrere Zelte zur Verfügung Darüber hinaus könnten als Ersatz für offene Feuerstellen ggf. die in Gastronomiebetrieben genutzten Soge-nannter Party-Stahler angeschafft werden. Derartige Aufwärmvorrichtungen sind hinsichtlich ihrer Energieausnutzung grundsätzlich effizienter zu betreiben und verringern zugleich etwaige Brandgefahren und insbesondere die sonst zu befürchtenden Geruchsbelästigungen der umliegenden Anwohner.



Zu IV:

Das Bundesverfassungsgericht hat die Einschränkung bzw. Auflösung ganzer Versammlungen unter zwei Voraussetzungen zugelassen:

a) Zum Schutz andere mit dem Versammlungsrecht gleichwertiger Rechtsgüter bei einer unmittelbar aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter

oder

b) wenn zu befürchten steht dass die Versammlung oder der Aufzug im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf nimmt oder dass der Veranstalter oder sein Anhang einen solchen Verlauf anstrebt oder zumindest billigt (kollektive Unfriedlichkeit der gesamten Veranstaltung)

Die Behörden haben grundsätzlich die Pflicht, Versammlungen zu schützen Nur in nicht auflösbarer Konfliktfällen und bei polizeilichen Notstandssituationen kann eine Versammlung untersagt werden, um Schaden von gleichwertigen Rechtsgütern abzuwenden.

Da es bereits im Zusammenhang mit den zurückliegenden Anti-Castorkundgebungen in Lüneburg zu Gleisbesetzungen kam, die polizeilich aufgelöst werden mussten, ist davon auszugehen, dass sich solches auch anlässlich des bevorstehenden Transportes wiederholen kann. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben wiederholt gezeigt, dass auch zunächst friedlichen Versammlungen heraus, immer wieder Kollektiv-Straftaten, insbesondere gegen die Gleisanlagen der Deutschen Bahn AG, verübt werden sollen Dem steht es rechtlich gleich, wenn eine Versammlung offiziell beendet wird, unmittelbar danach aber eine augenscheinlich bereits vorbereitete Aktion mit Gewalt folgt. Wer die Störung der öffentlichen Sicherheit zwar nicht selbst begeht, sie aber durchaus bezweckt, bleibt als sog. Zweckveranlasser verantwortlich. Die Gewaltbereitschaft bei Demonstranten nahm in der Vergangenheit trotz teils geringerer Teilnehmerzahlen nicht ab Gewaltbereite Störer fühlen sich nach wie vor vom Spektrum der Aktivitäten angesprochen.

Zu dem bevorstehender Transport stellt die LIgA im Internet dar. dass es vielfältige Castor-Aktionen entlang der Strecke und in Lüneburg geben wird. Gezielt wird auf die sich in der Stadt befindenden Institutionen hingewiesen Zudem plant die LIgA ein "Aktionsmobil als rollenden Aktions- und lnfo-Wagen", um von dem Standort Clamartpark "ab und zu wegzufahren als Info-Stand in der Stadt oder bei Aktionen als Bühne/Sound-System".

Die Zeitung "Entgleisung" sieht am 09.11.2002 eine Veranstaltung zur Reichspogromnacht in Lüneburg vor. die hier nicht angemeldet wurde. Am 10.11.2002 soll ein "Warmlaufen für die kommenden Tage mit Stadtrundgängen zu den Castor-Brennpunkten" stattfinden, ebenso am 11.11.2O02. Das Ziel wird klar definiert:"Castor stoppen! Herrschaft und Verwertung beenden! Demokratie und alle anderen Herrschaftsformen runterfahren. Selbstbestimmung neu starten!"

Darüber hinaus gibt es Aufrufe zur einer "Widerstandsbaustelle" in Lüneburg. Das Anti-Atom-Plenum Berlin weist im Zusammenhang mit dem Clamartpark auf "warme Schlafplätze" hin und sieht Aktionen, wie "Frühsport auf Straßen und Plätzen" und "Zirkeltraining im Berufsverkehr" vor. Immer wieder wird Lüneburg als Aktionsschwerpunkt genannt. Zitat der Seite Heidewerkstatt: "Hier wird auch unser Widerstand ansetzen" Konkret wird das Ziel genannt "die in Lüneburg mehr als reichlich vorhandene Infrastruktur ... nachhaltig zu stören - vor dem Transport, während des Transportes, nach denn Transport.. Es gibt hier mehrere Regierungsgebäude, einige Straßenkreuzungen, Plätze, Kreisel, Einkaufspassagen, Banken, das LKA, eine Kaserne der Bundeswehr, eine Uni. einen Hauptbahnhof, eine ICE-strecke und viele Fluchtwege. Überlegt Euch Aktionen, heckt tolle Pläne aus."

Je näher der Tag des Transportes rückt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jede Versammlung auf der Transportstrecke zu kollektiven Unfriedlichkeiten führen wird und auch als friedlich angekündigte Demonstrationen das Ziel erkennen lassen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, den Transport letztendlich zu verhindern oder ihn zumindest zu erschweren und zu verzögern. Dabei folgt aus der Zielrichtung, den Castor-Transport zu verhindern, jedenfalls so lange zu blockieren, dass die Kosten unverhältnismäßige ansteigen, mindestens eine zustimmende Duldung rechtswidriger und strafbarer Handlungen. Dem müsste ein Versammlungsleiter, der sich Störungen der öffentlichen Sicherheit nicht zurechnen lassen will, mit deutlichen Signalen entgegentreten. Daran fehlte es bisher durchgehend.

Die von Ihnen angemeldete Dauermahnwache hat entsprechend des Gespräches am 28.10.2002 friedlichen Charakter und soll dem lnformationsaustausch dienen. Die Planung rechtswidriger Aktionen wurde von Ihnen im Rahmen des Gespräches entschieden zurückgewiesen, so dass Ihnen trotz der oben genannten Gefahrenprognose Ihr versammlungsrechtliches Vorhaben mit nur wenigen Einschränkungen bestätigt wird.

Sollte die Dauermahnwache abweichend von Ihrer Anmeldung und dem Gespräch vorn 26.10.2002 einen völlig anderen, nämlich etwa aus dem Schutzbereich von Zeiten heraus rechtswidrige bzw. strafbare Handlung einschließenden, Verlauf nehmen, ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 15 VersG eine Auflösung bzw. ein Verbot zulässig. Dies gilt im übrigen auch dann, wenn die Voraussetzungen für ein Verbot nachträglich eintreten. Hierauf wird - nicht zuletzt auch In Ihrem Interesse als verantwortlicher Versammlungsleiter - vorsorglich hingewiesen.


Gemäß § 80 Abs. 2 Nr.4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) wird
Vollziehung der unter I - IV getroffenen Regelungen einschließlich der
Auflagen angeordnet.


Begründung der Auflagen:

Zu 1 und 2.:

Nach § 18 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 VersG muss jede öffentliche Versammlung unter freiem Himmel und jeder Aufzug einen Versammlungsleiter haben dessen Rechte und Pflichten ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen (§18 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 VersG); alle Versammlungsteilnehmer sind verpflichtet, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anweisungen des Leiters oder der von ihm bestellten Ordner zu befolgen (§ 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 VersG). Da die Versammlungsleiter auch Gesprächspartner der polizeilichen Einsatzleitung für Fragen des Ablaufs und des Schutzes der Versammlung sind, muss die notwendige Kommunikation zwischen denn Einsatzleiter der Polizei und dem Versammlungsleiter sichergestellt sein. Eine Abweichung von den in der Anmeldung der Versammlung genannter Daten würde einen Straftatbestand bzw., eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Da die Teilnehmer der Versammlung in aller Regel die Details der Anmeldung nicht kennen, ist es erforderlich, die Versammlungsteilnehmer in geeigneter Weise über die Auflagen in Kenntnis zu setzen, damit sich die Versammlungsteilnehmer entsprechend verhalten können. Darüber hinaus ist es für der ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung auf der einer Seite und zur Vermeidung von unzulässigen Beeinträchtigungen der übrigen Bevölkerung auf der anderen Seite erforderlich, dass die Auflagen allen Versammlungsteilnehmern bekannt sind. Dies ist durch den Versammlungsleiter sicherzustellen.


Zu 3. bis 5.:

Die Auflage, die zu errichtenden Zelte offen zu halten, entspricht den Vorgaben des VersG, da die Öffentlichkeit gewährleistet werden muss.

Um Behinderungen des Verkehrs auf den Geh- und Radwegen. aber auch auf der Roten Straße selbst zu vermeiden, ist es erforderlich, dass der Zugang zu den Zelten jeweils von den im Clamartpark vorhandenen Wegen bzw. Flächen aus erfolgt Hiermit wird dem Sicherheitsbedürfnis der Verkehrsteilnehmer, insbesondere hier der Fußgänger, Rechnung getragen.

Beim Clamartpark handelt es sich um eine Grünanlage, die zum Befahren mit Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist. Im Falle des Befahrens wäre mit erheblichen Schäden zu rechnen,

Die allgemeiner und besonderen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind selbstverständlich auch im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit von den Teilnehmern eigenverantwortlich zu beachten.


Zu 6.:

Die Auflage dient neben der Abwendung materieller Schäden auch zum Schutz der Kundgebungsteilnehmer da andernfalls Unebenheiten im Gelände auch zu Stolper- und damit zu Verletzungsgefahren führen können. Im Übrigen ergibt sich das Verbot aus § 7 der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt Lüneburg.


Zu 7.:

Die präzise Anzahl der Versammlungsteilnehmer ist nicht vorhersehbar. Nach Ihren eigenen Einschätzungen dürfte mit ca. 300 Teilnehmern zu rechnen sein, Folglich wären die Versammlungsleiter nicht allein in der Lage, für die Dauer von voraussichtlich fünf Tagen. Ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und den geordneten Verlauf der Mahnwache sicherzustellen Zusätzlich ist in diesem besonderen Fall die Versammlung auf mehrere Teilbereiche, nämlich insgesamt vier Zelte unterteilt, Den Versammlungsleitern wird es daher kaum möglich sein, in allen Zelten gleichzeitig für Ordnung zu sorgen Aus diesem Grunde sind zusätzliche Ordner erforderlich; die Ihnen aufgegebene Anzahl entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zu 8.:

Gemäß Ziffer 4.1 Buchstabe c) der Freizeitlärmrichtlinie beträgt der lmmissionsrichtwert in Kern- Dorf- und Mischgebieten tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten 60 dB(A). Bei seltener Veranstaltungen kann in der genannten Gebieten der Höchstwert bei 70 dB(A) gesetzt werden. Oberhalb dieser Schwelle liegende Werte stellen in der Regel eine erhebliche Belästigung dar- Zum Schutze der Anlieger und im öffentlichen Interesse darf der genannte Höchstwert nicht überschritten werden, Insbesondere wird der Versammlungszweck durch diese Auflage nicht übermäßig eingeschränkt.


Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Auflagen ist aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich, weil ein Widerspruch gegen diese Verfügung gemäß §50 Abs. 1 VWGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung hätte und in solch einem Fall die getroffenen Regelungen nebst Auflagen nicht durchgesetzt werden könnten, Das aber würde zu erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und ggf. zu einem nicht ordnungsgemäßen Verlauf der Versammlung führen Das überwiegende öffentliche Interesse macht es daher erforderlich, dass die Dauermahnwache unter Beachtung der Auflagen durchgeführt und das grundsätzlich anerkannte Versammlungsrecht der Teilnehmer in dem dargestellten Umfang eingeschränkt wird. Der Zweck der Versammlung ist dadurch nicht unzulässig oder unzumutbar eingeschränkt.


Hinweise:

1. Gemäß § 17 a VersG ist es verboten Schusswaffen oder Gegenstände, die als Schusswaffen geeignet sind, mitzuführen.

2. Gemäß § 17 a VersG sind Aufmachungen, die die ldentitätsfeststellung verhindern sollen (sogenannte "Vermummungen") verboten.

3. Soweit sich im Verlauf der Versammlung die Notwendigkeit weiterer nachträglicher Auflagen ergeben sollte, ist die Polizei nach dem Versammlungsgesetz berechtigt, diese ggf. auch mündlich zu erteilen.

4. Die Genehmigung zum Einsatz von Handmegaphonen im öffentlichen Verkehrsraum gilt - ausgenommen der täglicher Ruhezeiten von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr - als erteilt.


Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben- Der Widerspruch ist schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadt Lüneburg in Lüneburg einzulegen. Die Frist wird auch gewahrt. wenn der Widerspruch unmittelbar bei der Bezirksregierung Lüneburg, Auf der Hude 2, 21339 Lüneburg, eingelegt wird.

Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann gemäß § 80 Abs. 6 VwGO ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines gegen diese Verfügung zulässigen Widerspruches beim Verwaltungsgericht Lüneburg, AdoIph-Kolping-Str.16, 21337 Lüneburg, beantragt werden.

Mit freundlichem Gruß
Im Auftrag

H.
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Ergänzungen

Gefahrenprognose teilweise wiederrufen

LIgA 08.11.2002 - 01:49
Moin und schöne Grüsse aus Lüneburg
Das Ordnungsamt hat in einem Schreiben gegenüber der LIgA
(Lüneburger Initiative gegen Atomanlagen, Mit-Organisatorin der Auftakt-Demos der vergangenen Jahre in Lüneburg) zugegeben und eingeräumt falsche Behauptungen in der Gefahrenprognose aufgestellt zu haben.
Weiter hat das Ornungsamt erklärt, diese falschen Behauptungen auch gegenüber der Polizei und der Bezirksregierung richtigzustellen.

Gruss aus Lüneburg, und Solidariche Grüsse an die Landstrassen im Wendland und an die Freunde in Gronau.