Polizei: ''Die Demokratie ist uns scheissegal''

weiter so!!!! 15.11.2002 23:02 Themen: Atom
Die Atiatombewegung wird weiter gebraucht! Es waren Tage, die viele so nicht erwartet haben. Es war schön sich wiederzusehen und jetzt müssen wir mit der Auswertung beginnen, hier meine ersten Einschätzungen zum Widerstand gegen den Castortransport nach Gorleben. P.S. das Zitat eines Bullen soll hier nicht weiter diskutiert werden, dennoch scheint es mir sehr passend zu sein.
Hier spricht „Ihre“ Polizei: „Die Demokratie ist mir schon immer scheiß egal gewesen“

Gesamteindruck:
Wir waren mehr, als in diversen Presseberichten stand.(Vielleicht 3000 bis 4000 Aktive)
Die Stimmung war meist gut und viele von auswärts kommende Menschen (Nichtwendländer) waren überrascht über die rege Beteiligung am Protest. Wer von Regionalisierung spricht, der verdrängt die Tatsache, dass viele Aktionen vor den letzten 70 km stattfanden und viele aus Berlin, den ostdeutschen Bundesländern und dem Süden der Republik auch dieses mal da waren. Klar waren es keine 10000 wie ´97, aber die Bewegung hatte und hat mit Rot/Grün auch keinen leichten Stand.
Viele Aktionen haben geklappt, der Zug hatte 10 Stunden Verspätung, es gab Sitzblockaden auf der Straße (über 1200 Leuten allein bei Laase) und es brauchte trotz angeblich nur 2000 AntiatomlerInnen (Zahl stimmt nicht) 16700 Polizeibeamte und das übliche schwere Gerät. In dieser Hinsicht ein echter Erfolg. Egal was andere dazu meinen, es gibt keine Normalität, es sei denn diese.

Der Protest im Wendland war auch eine Selbstvergewisserung, die wir alle brauchten: Es gibt uns noch. Und: es kamen erstaunlich viele junge Menschen. Es besteht weiterhin die Chance, das Thema im globalen Kontext und der Auseinandersetzung mit der Frage nach den Mitteln des Staates, weiterhin zum Schwerpunkt linker, ökologischer Kritik am bestehendem System/der herrschenden Politik zu nutzen und zu gestalten. Wer zu diesen Protesten fährt, vielleicht das erste mal, der/die bekommt eindrücklich gezeigt, was das heißt: Staatsgewalt. Diese Erfahrung kann Ausgangspunkt weiterer Politisierung sein. Wie ich selbst wieder erfahren durfte, ist das immer auch eine Bildungsveranstaltung in Sachen Freiheit, Rechte, Selbstbestimmung etc.
Das Totalitäre zeigt sich plötzlich und die Menschen haben vor allem eins: die Schnautze zu halten.... Auch deshalb war und ist der Protest wichtig und richtig: wir lassen uns nix verbieten.

Medien:
Die Berichte zu Hintergründen des Protestes und der Gesamtproblematik Scheinatomausstieg wurden dieses mal noch geringer. Die Presse war zeitweise ausschließlich durch die Bullizei informiert und berichtete entsprechend. Es war fatal, dass selbst die taz ziemlich schlecht berichtete und wir kaum gute Presse hatten. Noch schlimmer schien mir, dass die Medien den Ausnahmezustand und die Ausheblung sämtlicher Rechte kaum noch problematisiert, geschweige politisiert haben. Abgesehen von dem bisschen Gehäule, dass sie nicht immer da hinkamen wohin sie wollten (wir ja auch nicht), hatte mensch machmal den Eindruck, die Medien sind gleichgeschaltet und uninteressiert. Ohne kritische und eigenstädige Medien exestieren wir aber im öffentlichen Bewußtsein nicht. Löbliche Ausnahme waren die kleinen freien Radiosender in der Region.

Die Parteien:
Sie reagierten gar nicht. Die Grünen versuchen der Kritik an ihrer verlogenen Ausstiegspolitik, um alles aus der Welt aus dem Weg zu gehen. Hat es vor 5 Jahren nach einem solchen Transport immer eine parteienpolitische/parlamentarische und damit auch öffentlich wahrnehmbare Debatte gegeben, so ist heute Schweigen im Walde. Das macht es für uns nicht leichter.

Die Polizei:
war trotz manchmal gezeigter Zurückhaltung, letztlich doch wieder das ausführende Staatsorgan, das im Zweifel willkürlich jede Form des Rechtes außer Kraft setzte bzw. die Unrechtsgesetze(wie das Gefahreabwehrgesetz) mit ekligem Leben erfüllten. D.h. es gab wie immer unrechtmäßige Ingewahrsamahmen, tätlich Übergriffe auf friedfertige DemostrantInnen, Beleidigungen, Sachbeschädigungen und jede Menge Einschränkungen der Bewegungsfreiheit.

Ein besonders einprägsames Beispiel: zwei Leute, die fast sieben Stunden festgehalten wurden, weil sie mit Pappröhren auf der B 216 mit Fahrrädern unterwegs waren. Wohl gemerkt 7 Pappröhren(!!!!)- wie gefährlich. Zu dem Zeitpunkt befanden sie sich etwa 3 km von der Bahnstrecke entfernt und der Zug fuhr 20 Stunden später durch Lüneburg.... Die Pappröhren ließen die Phantasie der Bullen blühen(dass die überhaupt welche haben?) und es entstand ein Livetheater – nur leider ohne Zuschauer.. So wurde einem der festgehaltenen in Lüneburg von Polizeibeamten an den Haaren gezogen und in´s Gesicht gegriffen, weil er sich nicht fotografieren lassen wollte... Ihr könnt sicher noch zich Beispiele bringen, wie die Bullerei drauf war.
Das schärfste verbale war, als uns ein schweriner Bulle mit breiten Grinsen sagte: „Die Demokratie ist mir schon immer scheiß egal gewesen...“ – na da hat er wohl den richtigen Job, oder?

Die Diskussion ist eröffnet, würde mich über weitere Einschätzugen und kleine Augenzeugenberichte freuen.
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Ergänzungen

16.11.2002 - 06:18
Leute packt Eure Koffer, solange Ihr noch ausreisen könnt! Solange es noch möglich ist.

Siehe auch den heutigen Bericht in der FAZ über die richtige Vorsorge, die bei den Fluchtvorbereitungen aus dem rot-grün-Bolschewisten-Staat Deutschland zu beachten ist.

Parteien

Egon Krenz 16.11.2002 - 10:24
Die PDS war u.a. mit der Parteivorsitzenden Gabi Zimmer vor Ort und beteiligte sich an den Protestaktionen.

Siehe auch: www.sozialisten.de oder www.pds-nds.de.

Es ist schon traurig

Geilomat 16.11.2002 - 12:29
aber die Polizeitaktik und das Verhalten der Polizei gleicht doch sehr den Methoden der Nationalsozialisten. Befehlsmaschinen, die einen Schalter umlegen wenn die Anweisung dazu kommt. Es wird alles über den Haufen geworfen, was ein Lebewesen der Gattung Homo Sapiens ausmacht. Das handeln reduziert sich auf das Schwingen von Stöckern. Ich möchte aber keinesfalls den Beamten eine nicht zu unterschätzende Portion an Dummheit unterstellen um die Fähigkeit besitzen zu können derart zu handeln.