Dossier zur Polizeirepression in Freiburg

Autonomes Medienkollektiv Freiburg 29.07.2007 07:17 Themen: Freiräume Medien Repression Soziale Kämpfe
 „Freiburg, grüne Polizeiburg“ schallte es in den 80er Jahren durch die stacheldrahtbewehrten Einkaufsstraßen der Stadt am Rande des Schwarzwalds. Doch die Zeiten änderten sich. In den 90er Jahren wurde Freiburg bekannt für seine deeskalierende Polizeitaktik, die sogenannte „Freiburger Linie“. Doch auch diese Ära der sozialen Befriedung ist Geschichte. Die konservative Landesregierung kündigte mit der Einsetzung von Heiner Amann als Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 28.04.04 den liberalen Konsens „sozialer Friede vor polizeilicher Strafverfolgung“ auf. Anders als von vielen Wählerinnen und Wählern erwartet, erwies sich Freiburgs 2002 gewählter Oberbürgermeister Dieter Salomon nicht als demokratisches Korrektiv, sondern als grünes Feigenblatt für die Etablierung staatlicher Repression.

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Anfang 2004 gab es nach Jahren zum ersten Mal wieder Hausbesetzungen in Freiburg. Kurz nach den Häuserkämpfen wurde im Februar dem Autonomen Zentrum KTS gekündigt. Die Kämpfe für die KTS erreichten ihren Höhepunkt im März mit der Love or Hate Parade 2004, als 2.500 Menschen für den Erhalt des Autonomen Zentrums demonstrierten. Im April wurde Amann als Polizeipräsident eingesetzt. Bereits im Juli wurde die neue Polizeistrategie mit der Zerschlagung des Southtek-Festivals 2004 der Öffentlichkeit präsentiert. Es folgte eine Repressionswelle gegen die Autonome Szene 2004 und eine Repressionswelle gegen die Schattenparker 2005.



Mit diesem Artikel dokumentieren wir die Repression gegen das D.I.Y.-Festival 2006 und die Love or Hate Parade 2007, sowie die noch andauernde Repressionswelle gegen die Strassenpunx. Außerdem haben wir eine Presseschau der letzten Polizeiskandale und etwas Provinzdiplomatie zusammengesucht. Für uns gilt weiterhin für den Umgang mit Polizei und Geheimdiensten:

        Kampf den Repressionsorganen!


        D.I.Y. against the state

        Mittwoch bis Freitag

Vom 26.-30.07.06 fand in Freiburg das D.I.Y.-Festival statt, eine Anarchist Convention against the state. Geplant als Ort des Austauschs von Fähigkeiten, des Selbermachens, aber auch des Protests, eskalierte die Polizei die Situation bereits in der Nacht auf den 28.07.06. Zwei Polizisten nahmen während eines Konzertes einen Sprayer direkt vor der KTS fest. Knapp hundert Autonome eilten dem Festgenommenen zur Hilfe, konnten seinen Abtransport aber nicht verhindern. Ein Polizist wurde am Auge verletzt, die Polizei setzte Hunde ein und umstellte die KTS die ganze Nacht lang. In der Nähe der KTS wurde der Privat-PKW einer Berliner Studierendendelegation zum Treffen des ABS (Aktionsbündnis gegen Studiengebühren) in deren Abwesenheit durchsucht. Am Nachmittag des 28.07.06 räumten mehrere Hundertschaften und ein Hubschrauber das zuvor bis Montag zugesagte Camp in der Haid. Die Polizei erteilte dabei Stadtverbote.


Vermummte Polizei in Freiburg


        Samstag und Sonntag

Mit dem Verdacht auf Verstöße gegen die erteilten Stadtverbote begründete die Polizei ihren Kessel um 300 TeilnehmerInnen der Reclaim the Streets-Demonstration am 29.07.06. Mit dem Ziel, sämtliche Aktionen in der Innenstadt zu unterbinden, wurden Demowägen stillgelegt, Transparente beschlagnahmt, Clowns verhaftet, Menschen geschlagen und getreten. Es gab mindestens 27 Ingewahrsamnahmen und über 300 Platzverweise. Eine Frau, die einen epileptischen Anfall erlitt, wurde am Boden fixiert, ihr wurde ärztliche Hilfe verweigert und sie wurde später sogar noch von der Polizei angezeigt. Später stellte der grüne Landtagsabgeordnete Reinhold Pix eine Anfrage (PDF) an den Landtag.

Am Stadtrand von Freiburg, in Wuppertal und in Heidelberg kam es zu spontanen Solidaritätskundgebung gegen Stadtverbote und Repression. Am 30.07.06 wurde die Anarchist Convention mit einem Umsonst & Draußen-Konzert im Eschholzpark beendet. Im Sedanviertel wurde eine Versammlung von rund 20 Menschen von einer Hundertschaft Polizei grundlos gekesselt, zehn Menschen mussten ihre Personalien zum wiederholten Male abgeben.

        In der Zwischenzeit

Nach dem D.I.Y.-Festival gaben Berliner Studierende eine Erklärung zu den Vorfällen heraus. In Freiburg gab es kreative Proteste und eine Antirepressionsdemo, die mal wieder im Wanderkessel stattfand. Für Indymedia wurde ein Rückblick mit einem kurzen Clip zum D.I.Y. geschrieben. Das Freiburger Medienkollektiv Cine Rebelde veröffentlichte ein Video und RDL sendete mehrere Radiobeiträge.


„Freiburger Kessel“ am 29.07.06

Binnen Jahresfrist wurde am 27.07.07 Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das polizeiliche Vorgehen im Rahmen des D.I.Y.-Festivals und insbesondere bei der RTS-Demonstration gegen den „Freiburger Kessel“ eingereicht. Individuelle Klagen gegen einzelne PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt wurden mit Gegenanzeigen seitens der Polizei gekontert. Andere RTS-TeilnehmerInnen wurden mit Strafverfahren überzogen und teilweise verurteilt. Mit der Klage gegen den Kessel stellen wir die Rechtmäßigkeit der Polizeimaßnahme als Ganzes in Frage.

Wir nutzen die juristischen Möglichkeiten, obwohl wir die Legitimität des Staates an sich in Frage stellen. Wir gehen dennoch auch diesen Weg, weil wir zeigen wollen, dass sie sich nicht einmal an ihre eigenen Regeln halten. Wir werden auch weiterhin den Verlauf des Verfahrens transparent machen, als Anregung zum Nach- und Bessermachen. Aber Vorsicht, es handelt sich bei der Klageschrift nicht um einen Musterentwurf, der kritiklos kopiert werden sollte!


        Klage gegen den Kessel

Freiburg, 26.07.2007

An das
Verwaltungsgericht Freiburg
Habsburgerstr. 103
79104 Freiburg

In der Verwaltungsrechtssache

XXX

- Kläger -

gegen

Land Baden-Württemberg

-Beklagte-


wegen Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes am 29.07.2006


erhebe ich

F o r t s e t z u n g s f e s t s t e l l u n g s k l a g e


und beantrage festzustellen:

1. Die polizeilichen Maßnahmen gegen den Kläger am 29.07.2006 während eines Polizeieinsatzes anlässlich einer Versammlung des D.I.Y.-Festivals
a) Festhalten über zwei Stunden
b) damit verbundene faktische Ingewahrsamnahme
c) Feststellung der Personalien
e) Erteilung eines Platzverweises
waren rechtswidrig.
2. Der Kläger wurde dadurch in seinen Rechten aus Art. 8 Abs. 1; Art. 11; Art. 2 Abs. 2 GG verletzt.

Begründung

Am 29.07.2006 sollte im Innenstadtbereich der Stadt Freiburg eine Demonstration stattfinden. Diese war als Abschlussveranstaltung des viertägigen Politik- und Kultur Festivals D.I.Y. (Do it yourself) angedacht.

Das Treffen stand unter dem Motto „Mach es selbst“. Es sollte in erster Linie dem Austausch von Fähigkeiten, Informationen und Kultur dienen. Auf dem Programm waren Workshops (Schweißen, veganer Kochkurs, Aufnäher herstellen, Siebdruck, „Erste Hilfe“, Theater und Kleinkunst, Recycling, u.s.w.), Informationsveranstaltungen und Vorträge (z.B. zur aktuellen politischen Lage in Mexiko) und Konzerte mit verschiedenen Künstlern aus Europa vorgesehen.

Die Demonstration am Samstag sollte eine Öffentlichkeit für das Politikfestival schaffen und die zuvor diskutierte Konsumkritik nach außen tragen.

Zu der geplanten Veranstaltung kam es jedoch nicht, da die Beklagte die Teilnehmer bereits auf dem Weg zum Versammlungsort durch Kontrollen und einzelne Gewahrsamnahmen daran hinderte. Am Versammlungsort, dem Platz der Alten Synagoge, wurden ab 14.30 Uhr die Teilnehmer, unten denen sich der Kläger befand, am Versammeln durch ein massives Polizeiaufgebot gehindert. Gegen 15.00 Uhr erfolgte dann die vollständige Umschließung aller sich auf dem Platz befindenden Personen, wobei auch Unbeteiligte, die diesen Bereich lediglich passieren wollten, mit erfasst wurden.

Beweis: BZ vom 31.07.2006

Über 300 Personen wurden stundenlang bei glühender Hitze festgehalten. Einzeln wurden sie von Einsatzkräften zu den Einsatzfahrzeugen gebracht, wo ihre Personalien festgestellt wurden. Teilweise erfolgten auch erkennungsdienstliche Maßnahmen durch Fotografieren und die Verbringung in die Gewahrsamseinrichtungen der Reviere Nord und Süd. Mehrere Teilnehmer wurden mit Kabelbindern gefesselt.

Teilweise gingen die Einsatzkräfte dabei mit unverhältnismäßiger Härte gegen die Betroffenen vor.

Beweis: Video und Bilder von Verletzungen (liegen der Staatsanwaltschaft Freiburg vor)

Eine Androhung von unmittelbarem Zwang erfolgte gegenüber zahlreichen Betroffenen nicht. Medizinische Versorgung wurde einer Person, die einen epileptischen Anfall erlitt und dabei bewusstlos wurde, gefährliche Minuten lang verwehrt. Einem Arzt, der zufällig am Ort des Geschehens war und einem Sanitäter der Versammlung wurde der Zugang zu der Frau durch die Beamten verwehrt.

Beweis: BZ vom 05.08.2006
Zeugenvernehmung: XXX
Stadtrat Coinneach McCabe


Ich wollte ab 13.30 Uhr an der Versammlung teilnehmen. Ich befand mich am Platz der alten Synagoge und gehörte zu dem von der Einschließung betroffenen Personenkreis. Ich wurde an dem freiwilligen Verlassen des Platzes durch die Beklagte gehindert. Eine Begründung für die Einschließung konnten die anwesenden Beamten trotz wiederholten Nachfragen nicht geben. Nach über einer Stunde erfolgte eine Durchsage des Einsatzleiters, dass die Umschlossenen nach Feststellung der Personalien den Kessel verlassen können. Ich befand mich am Rand der Umschließung und wurde nach etwa zwei Stunden im Kessel zu den bereitstehenden Einsatzwagen abgeführt. Die mit der Maßnahme befassten Beamten fragten mich, ob ich freiwillig mitkäme oder mich wegtragen lassen wolle, worauf ich freiwillig und ohne Widerstand mit den Beamten den Kessel verließ und außerhalb der Umschließung meine Personalien festgestellt wurden. Mir wurde ein Platzverweis für den Platz der Alten Synagoge erteilt.

Eine Durchsage, dass es sich um eine nicht angemeldete Demonstration handelt, konnte ich nicht vernehmen. Ebenso wenig wurde die Versammlung durch die Beklagte aufgelöst.


Rechtliche Würdigung

I.

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 2 S. 4 VwGO analog zulässig.

1. Eines Vorverfahrens bedarf es aufgrund der Erledigung nicht (vgl. BVerwG DVBl. 1989, S. 873, 874).

2. Das besondere schutzwürdige Interesse des Klägers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ergibt sich bereits aus der Intensität der Grundrechtsverletzung. Dieses ist bei Ingewahrsamnahmen angesichts der Schwere des Eingriffs in das verfassungsrechtlich geschützte Recht der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 (2) GG) indiziert (KG, NVwZ 2000, 468).

Der Kläger kann ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Das mehrstündige Eingeschlossensein unter Beobachtung durch die Öffentlichkeit, der massive Polizeieinsatz und das harte Vorgehen einzelner Beamter bei der Gewahrsamnahme sind geeignet, den Kläger zu diskreditieren und sich auf die politische Willensbildung nachhaltig negativ auszuwirken.

Weiterhin kann der Kläger ein Präjudizinteresse geltend machen, da ihm hinsichtlich der Freiheitsentzuges Schadensersatzansprüche zustehen (vgl. VG Hamburg 30. Oktober 1986, AZ VG 2442/86 „Hamburger Kessel“).

Auch besteht Wiederholungsgefahr, da der Kläger auch weiterhin an der öffentlichen politischen Willensbildung im Rahmen seines Rechts auf Versammlungsfreiheit teilhaben möchte und es ihm nicht zumutbar ist, vorher Erkundungen hinsichtlich der Anmeldung einer Versammlung einzuholen und eine erneute Hinnahme der Beschneidung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit hinzunehmen.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1. Sämtliche Maßnahmen der Beklagten gegenüber dem Kläger erfolgten im Rahmen der Veranstaltung des D.I.Y.-Festivals am 29.07.2006.

Diese ist als Versammlung gem. Art. 8 Abs. 1 GG zu qualifizieren. Eine Versammlung ist die Zusammenkunft mehrerer Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Inwiefern dies erst ab einer Mindestzahl von 7 Teilnehmern gilt, oder bereits 2, bzw. 3 Personen ausreichend sind, kann offen bleiben, da vorliegend über 300 Personen betroffen waren.

Für die Qualifikation als Versammlung ist es entgegen der Auffassung der Landeregierung (vgl. Anfrage S. 4) nicht entscheidend, ob Megaphone oder Transparente mitgeführt werden. Auch ist keine Meinungsäußerung in Form von Worten erforderlich, da die politische Willensbildung auch still erfolgen kann (Schweigemarsch).

Ferner umfasst der Schutz des Art. 8 GG bereits das sich versammeln, so dass der demonstrationstypische Charakter einer formierten Einheit nicht erforderlich ist (VG Hamburg NVwZ 1987, 430; BVerfG NJW 1985, 2395).

Im Übrigen wurden bereits auf dem Weg zur Versammlung Teilnehmer daran gehindert, den Ort zu erreichen. Dabei kam es auch zu Beschlagnahmen von Transparenten.

Weiterhin hatten die Teilnehmer auch durch optische Zeichen und Musikinstrumente eine nach außen eindeutig erkennbare Intention zur gemeinsamen Willensbildung gezeigt. Es wurden auch Flugblätter verteilt, soweit dies nach der Einschließung seitens der Polizei noch möglich war.

Auch konnte nicht der Schutz des Art. 8 GG für diese Versammlung wegen Unfriedlichkeit entfallen. Unfriedlichkeit liegt erst dann vor, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit durch aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeit stattfinden (BVerfGE 73, 206 (248f); 104, 92 (106); BVerfG Beschluss = NVwZ 2005, 80).

Die Maßnahmen der Beklagten sind deshalb allein nach Versammlungsrecht zu beurteilen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine angemeldete oder sogar verbotene Versammlung handelt.

Die Nichtanmeldung von Demonstrationen entspricht einem für Freiburg üblichen Vorgehen, welches in ständiger Verwaltungspraxis bisher akzeptiert wurde und auch bei Demonstrationen nach dem 28.07.2006 nicht beanstandet wurde.

Beweis: Herr POR a.D. Hager
Frau PHK Schaller
(Beide zu laden über Polizeirevier Nord)

Ungeachtet dessen ist bereits aufgrund der Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts vorausgesetzt, dass eine Versammlung – unabhängig davon ob sie angemeldet, verboten oder spontan ist – zunächst gem. § 15 Abs. 3 VersG aufgelöst werden muss, bevor Maßnahmen nach dem PolG oder anderen Vorschriften getroffen werden. Vorliegend erfolgte weder durch öffentliche Bekanntgabe noch individuell gegenüber den Teilnehmern eine Auflösungserklärung. Insbesondere kommt auch keine konkludente Auflösung einer Versammlung in Betracht, da dieser gestaltende Verwaltungsakt stets ausdrücklich und eindeutig unter Nennung des jeweiligen einschlägigen Auflösungsgrundes erklärt werden muss (BVerfG = NVwZ 2005, 80; OVG Berlin = NVwZ-RR 2003, 896; OVG NRW = NVwZ 2001, 1315; VG Hamburg = NVwZ 1997, 831).

Die Rechtfertigung aufgrund vermeintlich begangener Straftaten oder zum Vollzug des am Tag zuvor erteilten Platzverweises gegen einzelne möglicherweise teilnehmende Personen, lässt nicht das Erfordernis der Auflösungsverfügung entfallen (VG Schleswig-Holstein Urt. 22.02.1005 - 3 A 338/01, juris). Das Ende einer Versammlung, deren Teilnehmer die Grenzen des Versammlungsrechts überschreiten, muss auf Grundlage des VersG, durch Auflösung gem. § 15 Abs. 3 VersG erfolgen (BVerfGE 104, 92; BVerwG = NVwZ 1988, 250 f; OVG Bremen = NVwZ 1989, 235/236).

Durch die Einschließung über mehrere Stunden, die Erteilung von weiteren Platzverweisen und die Personenfeststellung, wurden die Teilnehmer und so auch der Kläger am Vollzug ihrer grundrechtlichen Freiheit gehindert. Der Prozess der Meinungs- und Willensbildung hat jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich „staatsfrei“ zu bleiben. Ein Eingriff ist nur mit demokratischen Grundsätzen vereinbar, wenn er durch besondere, verfassungsrechtlich legitimierte Gründe gerechtfertigt ist (BVerfGE 20, 56ff; 99).

Solche Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

Weiterhin sieht das Versammlungsgesetz keine den ergriffenen entsprechende Maßnahme vor, so dass bereits daraus deren Rechtswidrigkeit folgt.

2. Nach Angaben der Landesregierung (vgl. Anfrage im LT) war die Rechtsgrundlage für die Einschließung jedoch nicht nach Versammlungsgesetz, sondern gem. §§ 1, 3, 26 Abs. 1 Nr. 1, 28 Abs. 1 PolG BW gegeben.

Diesbezüglich ist bereits unverständlich, worauf sich die Fehleinschätzung, es läge keine Versammlung vor, stützt. Sie ist angesichts der oben dargestellten Tatsachen rechtlich unhaltbar. Auch drängte sich der Versammlungscharakter jedem objektiven Beobachter förmlich auf.

Beweis: Videomaterial

Es verwundert, dass juristischen Laien von einer Demonstration (vgl. BZ vom 31.07.2006) sprechen, während dem fachkundigen Beamten dieser Eindruck verschlossen blieb.

Aber auch nach polizeiordnungsrechtlichem Vorgehen ist die Maßnahme rechtswidrig.

Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung gem. § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW und für die Gewahrsamnahme gem. § 28 Abs. 1 PolG BW lagen nicht vor.

Die Personenfeststellung ist dabei untrennbar mit der Gewahrsamnahme verbunden. Denn zur Durchsetzung der Identitätsfeststellung wurden die Betroffenen durch einen Polizeiring stundenlang eingeschlossen.

Eine Einschließung ist eine gewollte freiheitsentziehende Ingewahrsamnahme, auch wenn sie nicht mit einem Verbringen in einen Arrestraum verbunden ist (OVG Münster, DVBl. 1979, 733).

Die Gewahrsamnahme kann gem. § 28 Abs. 1 PolG BW nur zur Beseitigung einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erfolgen. Unmittelbarkeit entspricht dem Begriff „gegenwärtig“ (AG Tiergarten NvWZ-RR 2005, 715) und liegt dann vor, wenn der Schadenseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Der Schadenseintritt muss nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sofort oder fast mit Gewissheit zu erwarten sein (BVerwGE 54, 51, 58).

Nach den Ausführungen der Landesregierung war als einzige in Betracht kommende Störung die Nichtanmeldung der Demonstration und „Nichtkooperation mit der Versammlungsbehörde“ gegeben (Anfrage LT S.3). Dies ist insbesondere widersprüchlich, da insoweit vorgetragen wird, dass gerade keine Demonstration - da nicht erkennbar - vorlag und so das Versammlungsgesetz gar nicht zur Anwendung kam. (vgl. zu 2. und zu 3., 4.).

Im Übrigen wäre jedoch die Nichtanmeldung gem. § 26 Nr. 2 VersG nur für den Veranstalter, bzw. Leiter der Versammlung strafbar. Eine Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration ist nicht einmal als Ordnungswidrigkeit sanktioniert.

Die Befürchtung, Kleingruppen hätten in der Innenstadt „randalieren“ können, beruht nicht auf objektiven Tatsachen. Zum einen waren trotz der Einschließung noch zahlreiche künstlerische und demonstrative Aktivitäten zeitgleich in der Innenstadt friedlich durchgeführt worden, wobei diese zeitweise ganz ohne Polizeipräsenz erfolgten. Zum anderen war für die Beklagte offensichtlich erkennbar, dass der Kläger sowie die anderen Teilnehmer weder über Gewaltpotential verfügten, noch in der Absicht der Störung der öffentlichen Sicherheit zusammengekommen waren. So wurden u.a. stundenlang eine Sambaband und auch gänzlich Unbeteiligte eingeschlossen.

Insbesondere waren vor Ort spezielle Einsatzeinheiten der Beklagten zugegen, die bei ihrer Beurteilung der Gefahrenprognose eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft. Der Gefahrenbegriff muss dabei auch während der Ausführung der Maßnahme geprüft werden. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringer, je höherwertiger die drohende Rechtsgutverletzung ist (VGH Mannheim VBl BW 1984, 21). Vorliegend hätte es demnach einer genaueren Prüfung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bedurft.

Sofern die Einschließung und Personenfeststellung zur Durchsetzung des Platzverweises vom Vortag erfolgte, ist bereits die Rechtmäßigkeit der Erteilung der Platz- bzw. Stadtverweise fraglich. Dies kann jedoch offen bleiben, da die Beklagte dann nur gegen Einzelne hätte vorgehen können und zwar nur aufgrund des LVwVG zum Vollzug des Verwaltungsaktes vom Vortag.

3. Die Feststellung der Identität von über 350 Personen ist auch mit den Grundsätzen der Polizeipflichtigkeit nicht zu vereinbaren. Maßnahmen dürfen demnach grundsätzlich nur gegen den Störer getroffen werden. Sofern sich die Beklagte auf die (fehlerhafte) Gefahrenprognose beruft, hätte sich ihr Einschreiten allenfalls auf einzelne Personen erstrecken dürfen.

Insbesondere waren jedoch von der Einschließung auch unbeteiligte Personen betroffen, wobei jedoch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nichtstörers, § 9 PolG BW nicht gegeben waren. Dafür bedarf es einer unmittelbar bevorstehenden Störung, die auf andere Weise nicht verhindert werden kann. Mit einem alsbaldigen Schadenseintritt musste die Beklagte jedoch nicht rechnen.

Die Personenfeststellung ist gem. § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW zulässig, um im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen.

Vorliegend mangelt es zum einen an einer konkreten Gefahr, noch liegt ein Einzelfall vor. Letzteres schon allein deshalb, weil nach Angaben der Landesregierung insgesamt 359 Personen festgehalten und deren Identität festgestellt wurde.

Hier liegt bereits hinsichtlich des Entschließungsermessens Fehlgebrauch vor.

Die Personenfeststellung war auch nicht verhältnismäßig.

Zwar ist sie grundsätzlich ein zulässiges Mittel der Gefahrenabwehr. Die Verhinderung von „unkontrolliertem Randalieren“ oder „in entsprechender Kleingruppentaktik agierender“ einzelner Personen (vgl. Begründung LR zu 3. und 4.; S. 4) wäre auf diese Weise jedoch nicht erreicht worden. Demnach lag darin kein geeignetes Mittel. So kam es zu keinem der als Gründe angeführten Vorfälle. Dies jedoch nicht, weil sämtliche Personen eingeschlossen waren. Vielmehr fanden zeitgleich in der Innenstadt ohne Polizeipräsenz zahlreiche künstlerische und demonstrative Aktivitäten statt, bei denen es zu keiner Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit kam. Die befürchteten Kleingruppen und Randalierer hätten, sofern es sie überhaupt gegeben hätte, trotz der Einkesselung in der Innenstadt agieren können.
(vgl. ähnlich entschieden VG Hamburg 30. Oktober 1986, AZ VG 2442/86 „Hamburger Kessel“)

Auch wäre es der Beklagten möglich und zumutbar gewesen, ein milderes Mittel anzuwenden. Die Identitätsfeststellung, sofern sie gegen Einzelne überhaupt tatbestandsmäßig gewesen wäre, wäre allein im Einzelfall noch erforderlich.

Mildere Mittel standen der Beklagten von Anfang an zur Verfügung. So hätte die Beklagte die Menschenmenge nicht einschließen, sonder auch begleiten können, um gegebenenfalls bei einer gegenwärtigen Gefahr entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die im Einsatz stehende Spezialeinheit der Beklagten verfügte gerade über die für diese Situation angemessenen Möglichkeiten. So war bereits durch den massiven Kameraeinsatz eine geeignete und mildere präventive Maßnahme geschaffen. Weiterhin wäre es den mit Kampfanzug, Helmen, Handschuhen und Schlagstöcken ausgerüsteten Einheiten ohne weiteres möglich gewesen, gegen Einzelne vorzugehen, ohne mit einer ernsthaften Gefahr für die eigene Sicherheit oder der von Unbeteiligten rechnen zu müssen. Angesichts des friedlichen Verhaltens und des von Anfang an offensichtlich deeskalierenden Auftretens der Betroffenen war dies auch für die Einsatzleitung erkennbar.

Zumindest hätte die Beklagte den Verlauf der Ereignisse am Platz der alten Synagoge und an anderen Orten der Innenstadt registrieren müssen und daran die Tauglichkeit der von ihnen ergriffenen Maßnahme überdenken müssen.

Vor allem jedoch hinsichtlich der Abwägung der vermeintlich bedrohten Rechtsgüter und des massiven Eingriffs in Versammlungs- und Bewegungsfreiheit der Betroffenen war die Maßnahme nicht verhältnismäßig.

Im Übrigen kann die Beklagte die Maßnahme (Personenfeststellung und Ingewahrsamnahme) nicht zugleich auf die polizeiliche Generalklausel §§ 1, 3 PolG BW stützen. Sofern eine spezielle Ermächtigungsgrundlage - wie die Standardmaßnahmen des §§ 26 ff PolG BW - einschlägig ist, kommt ein Rückgriff auf die Generalklausel nicht in Betracht (vgl. Anfrage LT). Dies ist auch gar nicht nötig, da ja bereits § 26 Abs. 2 PolG BW die „erforderlichen Maßnahmen“ zur Identitätsfeststellung erlaubt.

4. Hinsichtlich des Platzverweises, der sich in Baden-Württemberg auf die polizeiliche Generalklausel §§ 1, 3 PolG stützt, gelten für die Voraussetzung der Gefahr die obigen Ausführungen entsprechend. Auch hier lag eine Gefahr zu keinem Zeitpunkt vor.

5. Die Maßnahmen der Beklagten sind rechtswidrig, der Kläger in seinen Rechten aus Art. 8 Abs. 1; Art. 11; Art. 2 Abs. 2 GG verletzt.



        Kämpfe um Freiräume

        Ponyhof

Die Geschichte der Freiburger Strassenpunx ist geprägt von Bevormundungen, Vertreibungen und Enteignungen. Am 01.07.06 besetzten die Strassenpunx den Ponyhof im Industriegebiet Nord. Trotz einer angedrohten, aber verhinderten Räumung am 05.07.06, lebten sie dort bis die Polizei sie am 01.08.06 im Auftrag der Stadtverwaltung im Anschluss an das D.I.Y.-Festival räumte. Die Strassenpunx durften nur mitnehmen, was sie tragen konnten. Ihr restliches Hab und Gut wurde zerstört.


Sachbeschädigung am 01.08.06: Video


        Innenstadtverbote

Im Herbst 2006 versuchten das Amt für öffentliche Ordnung und die Polizei vermehrt die Strassenpunx aus dem Straßenbild der Freiburger (Innen-)stadt zu vertreiben. Sie durften sich nicht als Gruppe an einem Platz aufhalten, für Betteln gab es Platzverweise, ein nicht angeleinter Hund wurde schon mal beschlagnahmt. Die folgerichtige dritte vorweihnachtliche Antirepressionsdemo am 16.12.2007 wurde per Allgemeinverfügung vom 14.12.06 und auf Druck des Einzelhandels verboten.


„Was haben wir euch getan?“


        Schlägerbulle

Trotz des Verbots versammelten sich am 16.12.06 gut 150 Linke, um für ein Ende der Angriffe auf die Strassenpunx zu demonstrieren. Schon im Vorfeld war die Polizei nicht zimperlich: Sie kontrollierten Menschen, die nicht ins gewünschte Adventsbild passten, bezeichneten diese als „Tiere“ und verteilte 77 Platzverweise. Als sich die Demo am Bertoldsbrunnen versammelte, kesselte die Polizei sofort.

Unter Tritten und Schlägen wurde die Demonstration die Bertoldstrasse heruntergedrängt. Kurz vor dem Platz der Alten Synagoge wurde unter den Augen mehrerer Kameras und des operativen Einsatzleiters, Polizeihauptkommisar Zeller vom Revier Süd, ein Demonstrant von einem Bullen mit der Faust fünfmal ins Gesicht geschlagen. Obwohl Zeller den brutalen Übergriff genau beobachtete – nach dem vierten Schlag griff Zeller auch verbal ein – leugnete und vertuschte die Polizei die Tat bis die Badische Zeitung am 18.12.06 über die Körperverletzung im Amt berichtete (vgl. erste Ergänzung zu Antirepdemo aus Freiburg geprügelt).

Polizeisprecher Brecht sagte in einem RDL-Interview: „Wir waren selbst überrascht, als wir das am Montag in der Badischen Zeitung gesehen haben.“ Trotz der Veröffentlichung der Schlägerfotos und später auch des gesamten Videos, sind die Ermittlungen noch immer zu keinem Ergebnis gekommen. Weder der Schlägerbulle, noch sein zögerlicher Chef Zeller oder sein eloquenter Pressesprecher Brecht mussten bisher Konsequenzen fürchten – von Amann wollen wir auch nicht schweigen.


Antirepressionsdemo in der Bertoldstraße am 16.12.06
Oben » Der Schlägerbulle: linksmitterechts
Mitte » Zeller sieht alles: linksmitterechts
Unten » Die Kamera auch: linksmitterechts


        Fake-Demo

Auch am darauffolgenden Samstag, den 16.12.06, hätte es leicht zu Gewalttätigkeiten kommen können, denn erneut waren mehrere Hundertschaften der Polizei im Einsatz, um angekündigte Aktionen zum Thema „Bargeldlos und einfach: Proletarisch einkaufen!“ gemäß einer erneuten Allgemeinverfügung zu verhindern. Nur dumm, dass diese Aktionen zwar angekündigt aber nie geplant waren. Die Linken saßen im Warmen, während sich die Stadt bis auf die Knochen blamierte und die Polizei fror.


Fake-Demo am 23.12.06


        Alter Schießplatz

Inzwischen hatten die Strassenpunx wie 2005 erneut den Alten Schießplatz an der Neuen Messe besetzt, von wo sie die Polizei Anfang Februar räumen wollte, um Platz zu schaffen für ein drittes Möbelhaus an der Hermann-Mitsch-Straße. Um auf die Absurdität städtischen Handelns aufmerksam zu machen, wurden beispielsweise Voküs vorm Rathaus organisiert und Barrikaden gebaut. Trotz großer Solidarität wurde am 15.02.07 der Alte Schießplatz von einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei geräumt. Sie trafen aber nur zwei bis drei Punx und zwei Wägen an. Die Bauarbeiten wurden, noch bevor sie wirklich angefangen haben, im Frühsommer 2007 schon wieder gestoppt. Wann oder ob überhaupt gebaut wird, ist unklar.


Der Alte Schießplatz wurde am 15.02.07 geräumt


        Räumungsmarathon

Ende März besetzten die Strassenpunx erneut ein brachliegendes Gelände, diesmal im Industriegebiet Süd in der Haid. Dort wurden sie am 27.03.06 erneut geräumt. Im Anschluß an eine spontane Demonstration am selben Abend, die von der Polizei mit höhnischen Sprüchen begleitet wurde („Viel Spass unter der Brücke!“), entschlossen sich die Strassenpunx am Platz der Alten Synagoge mit einer Mahnwache zu demonstrieren und mangels Alternative auch zu leben. Die Polizei versuchte diese Mahnwache mit allen Mitteln zu verhindern: Zelte wurden verboten, Matratzen beschlagnahmt, es wurde angedroht, Schlafende in Gewahrsam zu nehmen. Nach drei Nächten ohne Schlaf zogen die Punx sich zurück, die Stadt hatte zeitgleich ihre Mahnwache mit einer Allgemeinverfügung verboten. Am 03.04.06 und 05.04.06 wurden sie unter Androhung der Enteignung von unter der Leo-Wohleb-Brücke und aus dem leerstehenden Gebäude Laubenweg 1 geräumt. Wo sind wir, wenn die Polizei selbst Menschen, die unter der Brücke schlafen müssen, noch vertreibt?


Räumung auf der Haid am 27.03.06

Die Stadtverwaltung hat den den Strassenpunx die Zerstörung ihrer beschlagnahmten Wägen angedroht, sollten sie nicht bis Mitte August einen legalen Stellplatz nachweisen können.


        Hausbesetzungen

Obwohl (oder weil) die Stadtbau per Bürgerentscheid am 08.11.06 „gerettet“ wurde, blieb das Thema bezahlbarer Wohnraum in Freiburg aktuell. Aus Protest gegen hohe Mieten, Leerstand, Abriss und Luxussanierungen gab es am 15.01.07 mehrere Hausbesetzungen. Die Polizei räumte die Besetzungen nach kurzer Zeit brutal. Es gab 23 Festnahmen, ein Festgenommener wurde am Boden liegend vom Schlägerbullen Stör, Revier Freiburg Nord, mehrfach in Rippen und Bauch getreten. Ein anderer wurde von Lahrer BFE-Bullen wiederholt gegen den Kopf getreten. Wieder andere wurden einer sensorischen Deprivation ausgesetzt.


Abriss in der Spittelackestraße am 15.01.07

Das erste der Häuser, ein Gebäude der Stadtbau, wurde noch am selben Nachmittag abgerissen, ein anderes während die BesetzerInnen noch im Haus waren. Das dritte wurde in den folgenden Tagen zerstört. Am 18.01.07 wurde ein weiteres nicht genutztes Haus besetzt, aber dann wieder verlassen. Die Polizei konnte lediglich die Personalien von zwei JournalistInnen und zwei GemeinderätInnen feststellen.


„Viva la autonomia!“ an der Neuen Messe am 15.02.07

Am 15.02.07 wurde die Autonome Uni Freiburg [auf!] mit einer Party in einem besetzten Haus auf dem Gelände der Neuen Messe eingeweiht. Noch bevor das vielfältige Programm starten konnte, wurde das Haus am folgenden Nachmittag bereits wieder von einer Hundertschaft der Polizei geräumt.



        Love or Hate Parade

        Die Polizei als Handlangerin der Stadtverwaltung am 1. Mai 2007

Am 1. Mai 2007 fand die 6. Love or Hate Parade in Freiburg statt. Laut Polizei nahmen 1.700 Menschen an der vom Straßenfest im Stadtteil Grün ausgehenden Demonstration teil. Die Polizei stoppte die Parade bereits auf Höhe der Uni-Bibliothek, so dass über Stunden alle vier Spuren des Innenstadtrings blockiert wurden. Am Rande setzte die Polizei Schlagstöcke und Reizgas ein. Mindestens eine Person erlitt dadurch Verletzungen im Gesichtsbereich. Letztendlich wurde die Demo wieder an ihren Startpunkt zurückgedrängt.

Schon im Vorfeld gab es Repressionen gegen die TeilnehmerInnen. So wurde beispielsweise ein Bauwagen beschlagnahmt. Der eigens für die Parade hergerichtete Wagen wurde kurz am Straßenrand geparkt. Bei der Rückkehr sahen sich die BesitzerInnen des Wagens acht Einsatzfahrzeugen der Polizei gegenüber und der Wagen wurde kurzerhand beschlagnahmt. Weitere Wägen wurden auf dem Weg zur Innenstadt von der Polizei willkürlich aufgehalten und die Personalien der beteiligten Personen aufgenommen.


Start der Love or Hate Parade am 01.05.07

Die Stadtverwaltung hatte unannehmbare Auflagen für die natürlich nicht angemeldete Versammlung erlassen, die teilweise auch noch mit Lügen begründet wurden. Beispielsweise wurde die „Erforderlichkeit der Einschränkungen“ mit der angeblichen Zerstörung einer Straßenbahnscheibe während einer Antirepressionsdemo am 18.12.04 begründet. Bei dieser Demonstration seien zudem „vier Polizeibeamte verletzt“ worden; sind die Ermittlungen zum Einsatz von Reizgas durch PolizistInnen gegen PolizistInnen nach zweieinhalb Jahren eigentlich mittlerweile abgeschlossen?

Zu den Auflagen der Love or Hate Parade gab es eine grüne Anfrage an den sehr geehrten Herrn Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) und an den sehr geehrten Herrn Ersten Bürgermeister Otto Neideck (CDU). Mit der Antwort beweist der Leiter des Amtes (für öffentliche Ordnung) Walter Rubsamen (SPD) Mut zur Lücke. Statt einfache Antworten auf einfache Fragen zu geben, fühlt sich der Amtsleiter offenbar durch die demokratische Kontrolle in Frage gestellt. Wie sonst lassen sich die frechen und respektlosen neuen Vorwürfe deuten? Wir finden, wer sich durch solch harmlose Fragen schon dermaßen belästigt und in die Enge getrieben fühlt, dem dürfen ruhig weitere Fragen gestellt werden...



Ende der Love or Hate Parade am 01.05.07


        27.04.07 • Das Amt • Auflagen zur „Love or Hate Parade“

An alle Personen,
die am Dienstag, 01.05.2007, in der Innenstadt Freiburgs
an der nicht angemeldeten Versammlung
„Love or Hate Parade“
teilnehmen wollen

nicht angemeldeten Versammlung am Dienstag, 01.05.2007;
„Love or Hate Parade“

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus Veröffentlichungen im Internet und durch Plakatierungen ist bekannt, dass am Dienstag, 01.05.2007, ab 19.00 Uhr eine Versammlung mit Aufzug stattfinden soll. Startpunkt soll der Bereich Belfortstraße/Wilhelmstraße sein. Anschließend soll ein Aufzug durch die Innenstadt Freiburgs erfolgen.

Zu dieser Veranstaltung treffen wir folgende

Allgemeinverfügung:

I.

1. Aus dem Kreis der Personen, die an der Versammlung teilnehmen wollen, hat sich eine Person gegenüber dem vor Ort tätigen Einsatzleiter der Polizei als Leiter der Versammlung zu erklären und auszuweisen.

2. Der Leiter hat vor Beginn eines evtl. vorgesehenen Aufzugs den Demonstrationsweg im Einvernehmen mit der Polizei abzustimmen.

II. Für die Versammlung erteilen wir die folgenden

Auflagen:

1. Der vorgesehene Aufzug hat de zwischen Versammlungsleiter und Polizei festgelegte Wegstrecke einzuhalten.

2. Kraftfahrzeuge mit und ohne Aufbauten, die an der Versammlung teilnehmen wollen, dürfen bis Mittwoch, 02.05.2007, 6.00 Uhr, nicht in den Innenstadtbereich begrenzt durch die Dreisam, Greiffeneggring, Schlossbergring, Leopoldring, Friedrichring, Bismarckallee und Schnewlinstraße einfahren bzw. diesen Bereich befahren. Auch während des Aufzuges dürfen Kraftfahrzeuge nicht mitgeführt werden.

3. Die Versammlung muss am 01.05.2007 spätestens um 21.00 Uhr beendet sein.

4. Bei eventuellen Aktionen jeglicher Art sind die Bereiche des öffentlichen Personennahverkehrs (Haltestellen, Gleiskörper der Straßenbahn, Fahrstreifen für Busse) frei zu halten.

5. Vermeidbare Verkehrsbehinderungen anderer Verkehrsteilnehmer müssen unterbleiben. Der öffentliche Personennahverkehr darf nicht behindert oder beeinträchtigt werden. Den Fahrzeugen der Freiburger Verkehrsbetriebe ist jederzeit Vorrang einzuräumen und die Durchfahrt zu ermöglichen.

6. Die Lärmbelästigung der Anwohner, sonstiger Anlieger und Verkehrsteilnehmer sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Ein Lautsprecher darf nur bei einer Teilnehmerzahl von 50 verwendet werden.

7. Bei artistischen oder anderen unterhaltenden Begleitdarbietungen jeglicher Art dürfen keine Gegenstände verwendet werden, die als Waffen, Wurfgeschosse oder Schutzwaffen eingesetzt werden können. Untersagt ist deshalb insbesondere das Mitführen von Jongleurkegeln, Keulen, Fackeln, Utensilien zum Feuerspeien.

8. Plakate dürfen nicht an Seilen oder Ketten befestigt werden. Das Mitführen und die Verwendung von Seilen, Ketten oder gleichartigen Gegenständen ist untersagt. Schutzwaffen oder andere Gegenstände im Sinne des § 17 a VersG dürfen nicht mitgeführt werden.

9. Den Hinweisen und Aufforderungen der Polizei ist Folge zu leisten.

III. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung unter Ziffer I und II wird hiermit angeordnet. Ein eventuell eingelegter Widerspruch hat somit keine aufschiebende Wirkung.

IV. Rechtsgrundlage
§§ 15 und 7 Versammlungsgesetz
§ 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung

V. Die Allgemeinverfügung wird nach § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg (LVwVfG) öffentlich bekannt gegeben, da der Adressatenkreis nicht abschließend bestimmt werden kann und daher die Bekanntgabe an alle Beteiligte untunlich ist.

Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt ortsüblich laut § 2 der Bekanntmachungssatzung der Stadt Freiburg i.Br. durch Anschlag an der Gemeindeverkündungstafel im Alten Rathaus, Rathausplatz 2, und in den Stadtteilen mit Ortschaftsverfassung an der Verkündigungstafel der örtlichen Verwaltung am 30.04.2007 für die Dauer eines Tages

Die Allgemeinverfügung gilt am Tag nach der ortsüblichen Bekanntgabe, somit ab 01.05.2007, gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 LVwVfG als bekannt gegeben.

VI. Begründung

Im Internet und auf Plakaten wird zur Teilnahme an einer Versammlung in Freiburg am 01.05.2007 ab 19.00 Uhr aufgerufen (siehe beispielsweise unter www.autonome-antifa.org). Thema der Versammlung ist

„Love or Hate Parade“
Thema:
„Für autonome Freiräume / Gegen soziale Kürzungen“
Treffpunkt: Belfortstraße/Wilhelmstraße

Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel sind nach § 14 Versammlungsgesetz anzumelden. Zuständige Stelle hierfür ist die Kreispolizeibehörde. Eine solche Anmeldung ist nicht rechtzeitig und auch nicht bis zur Ausfertigung dieser Verfügung erfolgt.

Zudem ist der Aufruf anonym verfasst und verweist auf verschiedene Gruppen. Die erforderliche Abstimmung zwischen verantwortlichem Veranstalter und Polizeibehörde, insbesondere bezüglich des beabsichtigten Aufzugswegs, war bisher nicht möglich.

Das öffentliche Interesse der Allgemeinheit, von der Versammlung nicht beeinträchtigt zu werden, überwiegt das Interesse der Demonstrationsteilnehmer an einer hinsichtlich des Aufzugswegs nicht festgelegten Versammlung, die zudem bisher nicht angemeldet ist.

Zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit ist es daher erforderlich, einen geordneten Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Hierzu sind die angeordneten Maßnahmen geeignet und angemessen.

Der Aufzug kann ohne Beachtung der erteilten Auflagen nicht stattfinden, weil sonst die öffentlichen Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet wäre. Denn es kann nicht hingenommen werden, dass unter Verletzung der versammlungsrechtlichen Vorschriften Aufzüge organisiert werden, deren Art und Weise und Streckenführung die Veranstalter eigenständig nach Belieben und ohne Beachtung der Rechte Dritter bestimmen.

Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit hat dort seine Schranken, wo Grundrechte anderer (Artikel 2 Grundgesetz) eingeschränkt werden oder gar nicht mehr ausgeübt werden können. Dies gilt insbesondere bei einer nicht angemeldeten Versammlung, bei der es der Versammlungsbehörde nicht möglich ist, zwischen den Interessen der Demonstrationsteilnehmer und denjenigen der Allgemeinheit einen abgewogenen Ausgleich vorzunehmen.

Die Erforderlichkeit der Einschränkungen wird auch bestätigt durch Erfahrungen der vergangenen Jahren.

- Im Verlauf der versammlungsrechtlich nicht angezeigten Anti-Repressionsdemo am 18.12.2004 wurden aus dem Aufzug heraus Flaschen und Eier geworfen, an einer Straßenbahn eine Scheibe eingeschlagen. Insgesamt wurden vier Polizeibeamte verletzt.

- Bei der versammlungsrechtlich nicht angezeigten Aktion am „Platz der Alten Synagoge“ am 02.12.2005 wurden mehrere unbeteiligte Passanten und eingesetzte Polizeibeamten durch Flaschen und Blumentöpfe, die aus dem Aufzug heraus geworfen wurden, verletzt. Passanten erlitten unter anderem Kopfverletzungen und mussten ärztlich versogt werden. Durch den Demonstrationszug wurden die Straßenbahnen blockiert, mehrere geparkte Fahrzeuge beschädigt, eine Schaufensterscheibe eingeworfen. Innerhalb des Zuges befanden sich mehrere Teilnehmer die als „Clowns“ verkleidet waren.

- Bei der Demonstration am 29.07.06 „Reclaim the streets“ nahmen zwei Personen in Nikolausverkleidung teil. Beim Versuch, die Personen zu kontrollieren, flüchteten diese. Während einer Gewahrsamnahme griffen ca. 30 Personen die Polizeibeamten an, um die in Gewahrsam genommene Person zu befreien. Ein Beamter wurde dabei kurzfristig von hinten gewürgt, ein anderer zu Boden gestoßen.

- Die Ereignisse und Störungen sind nach Einbruch der Dunkelheit geschehen. Deshalb ist die unter Nr. II Ziff. 3 erfolgte zeitliche Beschränkung erforderlich.

Das besondere öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung unserer Verfügung besteht in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verkehrssicherheit in der Freiburger Innenstadt. Gerade die strafbaren Gewalttaten belegen die Notwendigkeit, mit sofortiger Wirkung ein Mindestmaß an Ordnung auch im Rahmen versammlungsrechtlicher Aktivitäten aufrechtzuerhalten.

Ohne die Anordnung des sofortigen Vollzugs wären die im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendigen Auflagen bei einem eventuellen Widerspruch schon aus zeitlichen Gründen nicht zu vollziehen.

Auf Grund der Eilbedürftigkeit in Folge der kurzfristigen Versammlungsankündigung war die Frist der ortsüblichen Bekanntgabe abzukürzen.

I. Hinweise

Der Leiter oder sonstige Teilnehmer dieser Versammlung werden ausdrücklich auf die Einhaltung der Vorschriften des Versammlungsgesetzes (VersG) hingewiesen.

Besonders hervorgehoben werden dabei die Strafbestimmungen über das Uniformtrageverbot (§ 3 VersG in Verbindung mit § 28 VersG), das Verbot des Führens von Schutzwaffen und das Vermummungsverbot (§ 17 a VersG in Verbindung mit § 27 VersG).

Dem verantwortlichen Leiter droht nach § 25 VersG eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, wenn er den erteilten Auflagen nicht nachkommt.

II. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung ist der Widerspruch zulässig.
Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Verfügung schriftlich oder zur Niederschrift beim Amt für öffentliche Ordnung, Basler Straße 2, 79100 Freiburg i. Br., Zimmer 421, einzulegen. Bei schriftlicher Einlegung ist die Frist nur gewahrt, wenn die Rechtsbehelfsschrift vor Ablauf der Frist bei der Behörde eingegangen ist. Der Widerspruch entfaltet keine aufschiebende Wirkung.

Walter Rubsamen
Amtsleiter


        18.05.07 • Die Grünen • Fraktionsanfrage zu Auflagen

Junges Freiburg/DIE GRÜNEN

im Freiburger Gemeinderat
Haslacher Str. 61, 79115 Freiburg, Tel. 0761-701323, Fax -75405
fraktion@gruene-freiburg.de, www.jf-gruene.de

Herrn Oberbürgermeister
Dr. Dieter Salomon

per Fax: 201 - 1140, (parallel an hpa-ratsbuero@stadt.freiburg.de)

Freiburg, 18.05.2007

Auflagen des Amts für öffentl. Ordnung für die "Love or Hate Parade" vom 1.Mai '07

h i e r : Fraktionsanfrage nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerh. Sitzungen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Salomon,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Neideck,

mit Unverständnis haben wir zu Kenntnis genommen, dass von Seiten des Amts für öffentliche Ordnung und der Polizei das Vorgehen bei Demonstrationen und Veranstaltungen aus dem „links-alternativen“ Spektrum in letzter Zeit deutlich restriktiver geworden ist.

Bis vor etwa zweieinhalb Jahren ist Freiburg nach unserer Einschätzung mit seiner „weichen“ Polizeitaktik deutlich besser gefahren als mit der heutigen repressiven Linie. Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass diese restriktive Art mit Demonstrationen umzugehen, eher Konflikte herbeigeführt hat, als sie zu vermeiden. Als Beispiel sei die Einkesselung des „Reclaim The Streets“ vom 29.Juli 2006 genannt. Die „Love or Hate Parade“ am 1. Mai dieses Jahres wurde wiederum mit Auflagen so stark eingeschränkt, dass ein Demonstrationszug faktisch nicht möglich war.

Zur Klärung des Sachverhalts bitten wir um Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist das restriktivere Vorgehen bei Demonstrationen von Seiten der Polizei seit dem Führungswechsel in der Polizeidirektion jemals mit der Stadtverwaltung abgesprochen worden?

2. Gibt es seit dem Führungswechsel im AfO neue Vorgaben, welche Auflagen bei Demonstrationen anzuwenden sind (z.B. „nicht bei Dunkelheit“, „keine motorisierten Lautsprecherwagen“)?

3. Seit wann war die Ankündigung der „Love or Hate Parade“ am 1. Mai 2007 der Stadtverwaltung bekannt?

4. Aus welchem Anlass durften keine Kraftfahrzeuge an der Versammlung teilnehmen?

5. Ein Teil der Auflagen („Die Versammlung mit Aufzug muss am 01.05.2007 spätestens um 21.00 Uhr beendet sein“) war mit bisherigen Erfahrungen bei derartigen Anlässen in der Dunkelheit begründet worden. Von den erwähnten Ereignissen in der Begründung gab es jedoch nur eines, das tatsächlich auch in der Dunkelheit stattgefunden hatte. Welche anderweitigen Begründungen gibt es deshalb für diese spezifischen Auflagen?

6. In der Begründung werden Erfahrungen vom 02.12.2005 erwähnt: „Innerhalb des Zuges befanden sich mehrere Teilnehmer, die als ‚Clowns‘ verkleidet waren“. Wie ist der Inhalt dieser Aussage zu bewerten, welche Schlussfolgerungen werden aus einer Teilnahme verkleideter Clowns abgeleitet?

7. In der Begründung waren mehrere Vorwürfe als Fakten dargestellt, die strittig sind. Beispielsweise, dass am 18.12.2004 „an einer Straßenbahn eine Scheibe eingeschlagen“ worden sei. Dieser Punkt war nach Recherche der Badischen Zeitung im Gespräch mit der VAG falsch (BZ vom Montag 20.12.2004), „es sei jedoch definitiv keine Scheibe zu Bruch gegangen“. Liegen Beweise für alle vorgeworfenen strafbaren Gewalttaten vor?

8. Welche Verhandlungsspielräume hat der Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung für den Fall, dass die öffentliche Sicherheit oder die Gesundheit von Personen gefährdet ist, insbesondere in Hinsicht auf die erteilten Auflagen?

9. Warum war es nicht möglich, am 1. Mai 2007 mit einem Vertreter des Amtes für öffentliche Ordnung Kontakt aufzunehmen?

10. Nach Artikel 8 GG darf die Versammlungsfreiheit zwar durch Gesetz eingeschränkt werden und im Versammlungsgesetz ist auch festgelegt, dass Versammlungen angemeldet werden müssen. Wurde bei den Auflagen aber auch berücksichtigt, dass das Bundesverfassungsgericht u.a. in der sog. Brokdorf-Entscheidung hohe Hürden für das Verbot bzw. die Auflösung auch von nicht angemeldeten Versammlungen gesetzt hat?

11. Ist allen Beteiligten in der Stadtverwaltung und in der Polizei Freiburg bewusst, dass die grundgesetzlich geschützte Versammlungsfreiheit auch Formen der Demonstration schützt, die nicht oder nicht nur verbaler Art sind?

12. Ist dem Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung und den Einsatzleitern der Polizei Freiburg bewusst, dass immer und zu jeder Zeit die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und das Recht, sich unter freiem Himmel zu versammeln, gegen andere Rechtsgüter abgewogen werden muss?

13. Wie und weshalb haben sich die Auflagen für Veranstaltungen dieser Art (aus dem links-alternativen Spektrum) in den letzten Jahren verändert? Sind die Auflagen restriktiver geworden? Existiert ein Zusammenhang zwischen restriktiveren Auflagen und vermehrten Störungen der öffentlichen Ordnung?

14. Wie viele strafbare Gewalttaten gab es jeweils bei den vergangenen fünf „Love or Hate Parades“? Welche Auflagen gab es jeweils von Seiten der Stadt Freiburg?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

gez. Coinneach McCabe
stv. Fraktionsvorsitzender

gez. Monika Stein i.A.
Stadträtin

Eckart Friebis
Fraktionsgeschäftsführer


        09.07.07 • Das Amt • Antworten auf Grüne Fraktionsanfrage

Amt für öffentliche Ordnung
Freiburg i. Br., 09.07.2007
Tel.: 4872 / Frau Imberger

Versammlungsrechts-Fraktionsanfrage von Junges Freiburg / DIE GRÜNEN vom 18.05.2007

VERMERK

Zur Fraktionsanfrage Junges Freiburg / DIE GRÜNEN vom 18.05.2007 nimmt das Amt für öffentliche Ordnung nach Abstimmung mit der Polizeidirektion wie folgt Stellung:

zu 1) Das Amt für öffentliche Ordnung als Versammlungsbehörde und die Polizeidirektion entscheiden jeweils lageangemessen, welche versammlungsrechtlichen Rahmenbedingungen erforderlich sind. Bei Bedarf werden die Sicherheitslage in der Stadt und die daraus folgenden Maßnahmen mit dem Ordnungsdezernenten erörtert und abgestimmt.

zu 2) Die versammlungsrechtlichen Rahmenbedingungen werden wesentlich durch das Lagebild im Vorfeld der Versammlungen und den bisherigen Erfahrungen beeinflusst. Ein wesentlicher Aspekt ist zudem, ob die Versammlung gem. § 14 Abs. 1 VersG angemeldet und eine verantwortliche Person gem. § 14 Abs. 2 VersG angegeben worden ist. Die Bereitschaft zur Kooperation vor und während den Versammlungen ist auf der Grundlage des Versammlungsrechts seitens des Amtes für öffentliche Ordnung und der Polizeidirektion gewährleistet. Die Versammlungsteilnehmer/-innen sind jedoch nicht kooperationsbereit.

zu 3) Die Love or Hate Parade 2007 wurde entgegen der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nicht angemeldet. Es wurde keine verantwortliche Person Person benannt. Seit dem 15.03.2007 standen diffuse Informationen aus dem Internet zur Verfügung. Später wurden wilde Plakatanschläge in der Stadt angebracht. Auch die Initiative des Amts für öffentliche Ordnung, unter Einbeziehung von Stadträten und Stadträtinnen, verantwortliche Personen aus dem Umfeld der Versammlungsteilnehmer/-innen für ein Kooperationsgespräch zu gewinnen, verliefen erfolglos.

zu 4) Mit dieser Auflage wurde der Gefahr von Blockaden des ÖPNV, des Individualverkehrs und der Einsatzkräfte bei dieser nicht angemeldeten Versammlung zur Nachtzeit begegnet.

zu 5) Die Versammlung war, wie dargestellt, weder angemeldet, noch waren verantwortliche Person benannt. Im Vorfeld wurde der Eindruck vermittelt, dass die Versammlung gezielt in die Nachtstunden ausgedehnt werden soll. Im Zusammenhang mit einer ebenfalls nicht angemeldeten Versammlung vom 02.12.2005 kam es bei Dunkelheit zu Ausschreitungen. Diese Gefahrenlage sollte mittels dieser Auflage minimiert werden.

zu 6) Nach § 17 a VersG ist es verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel in einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, teilzunehmen oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer solchen Aufmachung zurückzulegen. Auch in Freiburg kann die Teilnahme Vermummter, z.B. von Clowns, deren Identität durch Verkleidung nicht zweifelsfrei ermittelt werden kann, zu Gefahrensituationen führen.

zu 7) Bei der „Antirepressionsdemo“ am 18.12.2004 ging keine Scheibe an einem Straßenbahnfahrzeug zu Bruch. Bei dieser ebenfalls nicht angemeldeten Versammlung wurde ein Polizeibeamter durch einen Flaschenwurf verletzt. Weitere Polizeibeamte wurden durch Fußtritte verletzt. Aus dem Demonstrationszug heraus wurde ein Beamter mit einer Flüssigkeit, vermutlich Brennspiritus, bespritzt. Die eingesetzten Beamten wurden mit Farbe und Eiern beworfen. Bei Aktionen der Versammlungsteilnehmer/-innen vor und im Polizeirevier Süd wurde ein Beamter mit einem Faustschlag auf den Hinterkopf verletzt.

zu 8) Auf der Grundlage des Versammlungsrechts und des vorliegenden Lagebildes werden, wie oben ausgeführt, die erforderlichen Rahmenbedingungen festgelegt. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen bestehen Handlungsspielräume, um flexibel auf aktuelle Entwicklungen eingehen zu können.

zu 9) Eine Kontaktaufnahme zum Zwecke der Information war zu jederzeit möglich. Deshalb wurde eine über einen Abschnittsleiter der Polizeidirektion herangetragene Anfrage eines Mitglieds des Gemeinderates durch den Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung telefonisch beantwortet. Im Verlauf der Versammlung hat sich eine Rechtsanwältin telefonisch im Lagezentrum der Polizeidirektion über die anstehenden Maßnahmen erkundigt. Die Auskunft wurde durch den Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung in Abstimmung mit dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg erteilt.
Eine weitere Initiative eines anderen Mitgliedes des Gemeinderates, man wolle über die erteilten Auflagen „verhandeln“, wurde abgelehnt. Über die maßgeblichen versammlungsrechtlichen Rahmenbedingungen war nicht zu verhandeln. Das Mitglied des Gemeinderates trat nicht in der Eigenschaft als verantwortliche Person im Sinne des Versammlungsgesetzes auf. Zudem waren die maßgeblichen Auflagen dem betreffenden Mitglied des Gemeinderates bereits vor der Versammlung bekannt. Ihm wurde am Tag nach der Versammlung angeboten, über offene Fragen ein gemeinsames Gespräch im Amt für öffentliche Ordnung führen zu können. Dieses Angebot wurde bis heute nicht angenommen.

zu 10) Die Versammlung am 01. Mai 2007 wurde weder verboten noch während ihres Verlaufs aufgelöst. Die versammlungsrechtlichen Vorschriften sowie hierzu ergangene Rechtssprechung sind der Versammlungsbehörde und der Polizeidirektion bekannt.

zu 11) In der Stadt Freiburg finden jährlich eine Vielzahl von Versammlungen statt, die ohne Störungen oder Gefahrenlagen durchgeführt werden. Meinungsäußerungen erfolgen in vielfältiger Form. Verwaltung und Polizei handeln stets versammlungsfreundlich.

zu 12) s. Punkt 11)

zu 13) Im Jahr 2006 wurden 153 Versammlungen angemeldet und von verantwortlichen Personen auch zuverlässig durchgeführt. Im Einzelfall sind offene Fragen in Kooperationsgesprächen einvernehmlich geklärt worden. 36 Versammlungen wurden weder angemeldet, noch haben sich verantwortliche Personen zu Kooperationsgesprächen mit Verwaltung und Polizei bereit erklärt. Es handelt sich hier um Versammlungen der sogenannten autonomen Szene (Antifa, KTS, Wagenburgen/Schattenparker etc.). Bei diesen Versammlungen ist es in der Vergangenheit wiederholt zu Straftaten (Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigungen, Ordnungsstörungen, Blockaden des ÖPNV, Verstößen gegen das Vermummungsverbot etc.) gekommen. Verwaltung und Polizei haben auf diese Rechtsverletzungen reagiert. Hierzu gehören im Vorfeld dieser nicht angemeldeten Versammlungen präventive Auflagen, um mögliche Gefahrensituationen zu minimieren.

zu 14) Straftaten:
Bei den Love or Hate Parades in den Jahren 2004, 2005 und 2007 kam es jeweils zu Straftaten. Bei der Veranstaltung im Juli 2006 – „D.I.Y. – reclaim the streets“ – wurden 52 Straftaten registriert.
Auflagen:
Bei den Love or Hate Parades wurden regelmäßig versammlungsrechtliche Auflagen erteilt.

gez. Rubsamen
Amtsleiter



        Propaganda gegen Polizei (Videoclip)



In der beliebten Reihe „Keiner mag Heiner“ zeigen wir diesmal:
Freiburgs Polizisten: Schläger und Rassisten
  • Repression beim D.I.Y.-Festival am 29.07.06
  • Antirepressionsdemonstration am 16.12.06
  • Rassistische Polizeigewalt am 07.04.07


Auch in der nächsten Folge wird Heiner wieder kräftig zulangen:
Freiburgs Polizisten: Zecher und Sexisten



        Presse gegen Polizei

        22.04.07 • Sonntag • Zum Hund: „Friss den Neger“

Der Sonntag vom 22. April 2007

Zum Hund: „Friss den Neger“

Freiburger Polizeibeamte wegen Gewaltmissbrauch im Dienst angezeigt

Von Toni Nachbar

Schwere Vorwürfe wegen Gewaltmissbrauch im Dienst und rassistischer Diskriminierung erhebt ein aus Nigeria stammender Mann gegen Freiburger Polizeibeamte. Diese hätten in der Osternacht einen Polizeihund auf ihn gehetzt, der ihm zwölf Bisswunden zufügte, eine Beamtin soll dabei gerufen haben: „Friss den Neger! “ Nun ermittelt die Freiburger Staatsanwaltschaft gegen die Polizisten. Aber gleichzeitig auch gegen den Nigerianer. Ihn haben die Polizisten wegen versuchter Körperverletzung angezeigt.

Allerdings dürfte es den Ermittlern nicht ganz leicht fallen zu rekonstruieren, was sich am Karsamstagabend, ab ungefähr 22:30 Uhr, in der Eschholzstraße zugetragen hat. Im Umkreis der Gaststätte „Furioso“ soll eine angetrunkene Frau den Nigerianer um Hilfe gebeten haben. Dort sei eine Schlägerei zugange, so berichtete sie, es komme zum Einsatz von Messern und sogar einer Schusswaffe. Daraufhin verständigte der 43-jährige Afrikaner, der sich in der Eschholzstraße wegen einer Trauerfeier in einem Jugendzentrum aufhielt, die Polizei.

Doch weder in der Kneipe noch davor soll es tatsächlich eine Schlägerei gegeben haben. Als mehrere Polizeibeamte einige Minuten später in der Eschholzstraße eintrafen, standen ihnen lediglich die weinende betrunkene Frau und ein etwas irritierter Schwarzafrikaner gegenüber. Was sich dann abspielte, hört sich gespenstisch an – und zugleich unerklärlich.

Denn nur einige Minuten später soll der Afrikaner auf dem Boden gelegen haben, gesichert von zwei bis drei Beamten. So beschreiben die Situation mehrere Passanten, die Zeugen des Vorfalls wurden. Eine weitere Polizeibeamtin habe nach dem Polizeihund gerufen, mit dem daraufhin ein fünfter Kollege herbeigeeilt sein soll. Der Hund, eine Zeugin beschreibt ihn als „belgische Schäferhund“, habe sich auf den Nigerianer gestürzt und ihm zwölf Bisswunden zugefügt: Sieben am Arm, vier am Bauch und eine am Oberschenkel. Laut dem Opfer seien diese Verletzungen in einem Bericht der Universitätsklinik, wo der Nigerianer noch in derselben Nacht verarztet worden war, registriert. Und im Raum steht auch sein Vorwurf: Die Hunde-Attacke wurde von dem Ruf, „Friss den Neger!“ begleitet.

Eine Stellungnahme seitens der Polizei zu dem Vorfall, über den diese Woche das Regionalfernsehen „TV Südbaden“ exklusiv berichtete, gibt es nicht. „Wir können uns nicht zu einem laufenden Verfahren äußern“, so Polizeisprecher Ulrich Brecht: „Es scheint aber so, als wäre dieser Einsatz nicht rund gelaufen.“

Vielmehr dünkt es so, als sei der außer Kontrolle geraten: Wieso es zur Eskalation zwischen den Polizeibeamten und dem Nigerianer kam, ist umstritten. Der Mann, der die Polizei in die Eschholzstraße gerufen hat, behauptet, er wollte den Ort des Geschehens nur für einen Augenblick verlassen, da sein achtjähriger Sohn auf der anderen Straßenseite gestanden, nach ihm gerufen und Anstalten gemacht habe, jederzeit auf die von zahlreichen Autos befahrene Fahrbahn zu laufen.

Zudem habe er den Polizeibeamten erklärt, als Zeuge nicht in Frage zu kommen, da er ja nichts gesehen, sondern nur der betrunkenen Frau habe helfen wollen. „Die Polizisten waren äußerst aggressiv und hatten mir und meinem Jungen Angst gemacht. Ich bekam das Gefühl, dass sie wütend waren, von einem Schwarzen gerufen worden zu sein“, so der Afrikaner, der „Anzeige gegen Unbekannt“ wegen Gewaltmissbrauch und „Diskriminierung“ erstattet hat. Immerhin: Eine der anwesenden Zeuginnen fand den Vorfall mit dem Polizeihund so skandalös, dass sie am Ort des Geschehens den Polizisten mit dem Hund aufforderte, sich ihr gegenüber auszuweisen. „Ich wollte seinen Namen haben“, erklärte sie diese Woche gegenüber „Der Sonntag“.

Polizisten im Stress

Laut dem Sprecher der Freiburger Staatsanwaltschaft Wolfgang Maier haben jedoch auch die Polizeibeamten Anzeige gegen den Nigerianer erstattet. Nachdem er sich geweigert habe, sich auszuweisen, so erklärten sie in ihrem Bericht, habe der Afrikaner ohne ihre Erlaubnis versucht, den Ort des Geschehens zu verlassen. Als die Polizei ihn daran hindern wollte, habe er zumindest Gewaltbereitschaft gegenüber den Beamten angedeutet.

Wie lange die Polizeibeamten an besagtem Abend bereits Dienst hatten, wie oft sie bereits im Einsatz waren, will die Polizeidirektion nicht bekannt geben: „Zu Einsatzplänen machen wir keine Angaben“, so Sprecher Brecht: „Wir haben aber den Anspruch, dass unsere Beamten mit jeder Situation klarkommen und sich auch unter Stress korrekt verhalten.“

Am Karsamstag ist dies kaum gelungen: Der Vorfall hatte zur Folge, dass aus dem nahen Jugendzentrum mehrere Dutzend Schwarzafrikaner dem vom Hund verletzten Mann zur Hilfe kommen wollten. Die Stimmung soll so feindselig gewesen sein, dass die anwesenden Polizeibeamten zahlreiche Kollegen zur Deeskalation der Situation herbeirufen mussten.


        02.05.07 • Jungle World • Deutsches Haus

Wie erst kürzlich bekannt wurde, kam es am 7. April in Freiburg (Baden-Württemberg) während eines Polizeieinsatzes zu einem rassistischen Übergriff. Die Beamten kon­trollierten die Personalien eines Mannes mit dunkler Hautfarbe. Dieser wollte seinen minderjährigen Sohn, welcher auf der anderen Seite einer vielbefahrenen Straße wartete, zu sich holen. Daraufhin sei die Situation „außer Kontrolle“ geraten, wie TV Südbaden berichtete. Nach Angaben des Mannes hetzte ein Beamter unter rassistischen Beschimp­fungen seinen Hund auf ihn. Der Mann erlitt mehrere Bisse und muss­te ärztlich behandelt werden. Gegen ihn wird wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Gegen einen Polizeibeamten wurden ebenfalls Ermittlungen eingeleitet.

Quelle


        31.05.07 • BZ • Schwere Vorwürfe gegen Polizisten

Badische Zeitung vom Donnerstag, 31. Mai 2007

Schwere Vorwürfe gegen Polizisten

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Gewaltmissbrauchs / Anzeigen gegen Beamte sind keine Seltenheit, aber meist unbegründet

Von unserem Mitarbeiter Lars Bargmann

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen mehrere Freiburger Polizisten wegen Gewaltmissbrauchs im Dienst und rassistischer Diskriminierung. Beamte der Polizeidirektion Freiburg sollen am 7. April einen Hund auf einen am Boden liegenden Nigerianer mit den Worten „Friss den Neger“ gehetzt haben.

Der Strafverteidiger Jens Janssen berichtet auf Anfrage der Badischen Zeitung von einem weiteren aktuellen Fall, bei dem zwei Polizeibeamte in ihrer Freizeit einen Mann aus Montenegro geschlagen haben sollen. Auch hier ermittelt der Staatsanwalt. Im Oktober ist Verhandlung.

Anzeigen gegen die Ordnungshüter sind keine Ausnahme: „Das gehört nahezu zum Tagesgeschäft“, so Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier. Dass die Anzeige allerdings vor Gericht verhandelt wird, ist hingegen eine Ausnahme: „99 Prozent der Anzeigen enden nicht vor Gericht, sondern werden wegen Geringfügigkeit vorher eingestellt“, sagt Maier. Auf 20 bis 30 Anzeigen im Monat schätzt der Oberstaatsanwalt die Anzeigenflut gegen die Polizei. Eine eigene Statistik werde indes nicht geführt, auch nicht darüber, wie viele Anzeigen tatsächlich in ein Urteil gegen die Polizei münden. Ein einziges ist Maier noch geläufig: Ende der 90er-Jahre war ein Freiburger Hauptkommissar in einem der spektakulärsten Polizeifälle Freiburgs verurteilt worden – der Mann hatte sich in großem Stil mit Drogen in der Asservatenkammer bedient. Ansonsten ist Maier aber „kein zweites Urteil gegen einen Polizisten in Erinnerung“.

Kein Urteil war auch gegen die beiden Polizisten ergangen, die im Juli 2005 eine Rentnerin, die beleidigend wurde, so vehement ins Dienstauto verfrachtet hatten, dass die 72-Jährige einen Kreuz- und Innenbandanriss, einen beschädigten Meniskus im rechten Knie sowie zwei aufgeschürfte Handgelenke durch Handschellen davongetragen hatte. Das Verfahren gegen die Ordnungshüter, die die Frau im Gegenzug ebenfalls angezeigt hatten, wurde eingestellt, das Verfahren gegen die Rentnerin ebenfalls. "Das war umgekehrt eines der sehr seltenen Verfahren, in denen es kein Urteil gab, obwohl die Polizisten Anzeige erstatteten", sagt Janssen. Ob dabei eine Rolle gespielt habe, dass der Richter das Verhalten der Beamten womöglich als unverhältnismäßig eingestuft hatte, will er offen lassen.

Janssen betont, dass insgesamt die Fälle, in denen Polizisten ihren Status ausnützten, weniger geworden seien: "Die Polizei bemüht sich heute sehr um einen guten Ruf, das war vor 20 Jahren noch etwas anders." So werden heute die Ermittlungen gegen die Ermittler nicht in den jeweiligen Polizeidirektionen, sondern in der Landespolizeidirektion geführt. Die befasst sich derzeit mit dem Fall des Nigerianers, in den sich zwischenzeitlich SPD-Landtagsabgeordneter Gustav-Adolf Haas und SPD-Stadtrat Walter Krögner mit einer Anfrage an Polizeichef Heiner Amann eingeschaltet haben. Das Freiburger Friedensforum veranstaltet heute eine Pressekonferenz hierzu.


        31.05.07 • Stattweb • Totale Ausnahmen bei der Polizei

stattweb.de-News und -Mitteilungen, 31. Mai 2007

Freiburg: Hund auf Nigerianer gehetzt? Montenegriner verhauen? Totale Ausnahmen bei der Polizei

Viele Anzeigen gegen Polizisten, wenig Verurteilungen. Am häufigsten wird von der Staatsanwaltschaft „wegen Geringfügigkeit“ vorher eingestellt. Mit anderen Worten: wenn eine Anzeige es bis vors Gericht schafft, könnte doch was dran sein.

Der Vorfall mit dem Montenegriner hatte sich bereits am frühen Morgen des 10. Dezember 2005 ereignet. Man beachte die Vorlaufzeit bis zum Prozess. Zwei Polizeibeamte in Zivil hatten den durch die Hans-Sachs-Gasse am Hauptbahnhof rennenden Mann mit den Worten „Stopp, Polizei„ angehalten und wollten wissen, warum er renne. Der Montenegriner gab vor, er müsse zu seinen Kumpels vor einer Disko zurück. Diese Auskunft befriedigte die Polizeibeamten nicht. – Nun in der Berichterstattung der Badischen Zeitung eine vielsagende Lücke. Nächster Satz „Der Montenegriner musste im Josefskrankenhaus behandelt werden, hatte eine Platzwunde und eine Schürfwunde auf der Stirn.“ Was mag dazwischen passiert sein? Die Verletzungen des Montenegriners passen nach Auskunft der Klinikärzte zu seiner Berichterstattung. – Beide Polizisten sollen stark alkoholisiert gewesen sein, und außer Dienst. Kann es sein, dass sie den von Beamten erwarteten Einsatz auch in der Freizeit übertrieben? Gegen einen der Männer war übrigens 2005 bereits wegen gefährlicher Körperverletzung in einem und Beleidigung in einem anderen Fall ermittelt worden. Urteilslos eingestellt.

Der Verteidiger des Verletzten hatte bescheiden ein Jahr auf Akteneinsicht gewartet. Er meint, die Staatsanwaltschaft, die auf Zusammenarbeit mit den Polizisten angewiesen sei, zeige oft starke Hemmungen beim Vorgehen gegen solche.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen mehrere Freiburger Polizisten wegen einer weiteren bis jetzt ungeklärten Ausnahme. Und zwar wegen Gewaltmissbrauchs im Dienst und rassistischer Diskriminierung. Beamte der Polizeidirektion Freiburg sollen am 7. April einen Hund auf einen am Boden liegenden Nigerianer mit den Worten „Friss den Neger“ gehetzt haben.

Beide Ausnahmen werden auch Gegenstand einer öffentlichen Veranstaltung am Donnerstagabend in Freiburg sein.

Nicht alle Nigrianer werden gebissen. Nicht alle Montenegriner vermöbelt. Aber dass Kontrolleure aller Art leicht einen eingebauten Rassismus entwickeln, ist schwer zu bestreiten. Man fährt im Großraumwagen: wer von sechzig Fahrgästen wird kontrolliert. Man geht über die Zeil? Wessen Perso wird erbeten? Es hat wahrscheinlich nicht einmal viel mit nur persönlicher Voreingenommenheit zu tun.

Vielleicht mehr, als man denkt, mit einer staatlichen Politik, die spätestens seit der Abschaffung des Asylrechts viel Geld und Mühe zur Abwehr von Fremden aufwendet, wenig zu ihrer Versorgung. Sollte das von oben her nicht auf die Psyche des kleinen Beamten unten durchschlagen?

Quelle


        02.06.07 • BZ • „... dann geh' doch zurück!“

Badische Zeitung vom Samstag, 2. Juni 2007

„... dann geh' doch zurück!“

Ermittlungen zu einem möglicherweise fremdenfeindlichen Polizeieinsatz kurz vor dem Abschluss

Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk

„Ich denke, dass das Dezernat Sonderdelikte Anfang nächster Woche die Ermittlungen abschließen wird“, erklärte gestern Edgar Heim von der Landespolizeidirektion (LPD) im Regierungspräsidium Freiburg gegenüber der BZ. Darauf wartet auch Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier, „weil die Aussagen nicht deckungsgleich sind“. Denn während die Polizei einen aus Nigeria stammenden Deutschen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bezichtigt, hat der gegen Polizeibeamte Strafanzeige wegen Körperverletzung gestellt.

Tränen schießen dem allein erziehenden Vater einer zehnjährigen Tochter und eines achtjährigen Sohns in die Augen, als er am Donnerstagabend beim Freiburger Friedensforum erzählt, was ihm am Karsamstag an der Kreuzung Eschholz-/Ferdinand-Weiß-Straße widerfuhr. „Polizisten warfen mich auf den Boden. Sie schlugen auf mich ein. Eine Polizistin rief ‚Hol' den Hund!lsquo; und ‚Fress den Neger!“ Und der Polizeihund biss mich immer wieder.“ Von zwölf Bissen weiß Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier – „und einmal biss der Hund auch seinen Hundeführer“.

Der malträtierte Vater, der kommende Woche 43 Jahre alt wird, zeigt Bisswunden an Bauch, Beinen, Armen – und auf seinem Handy-Display, dass er an jenem 7. April um 22.29 Uhr über die Notrufnummer 110 die Polizei herbeirief. Eine weinende Frau habe ihn darum gebeten, weil ihr Freund bei einer Schießerei gerade in Lebensgefahr sei. „Wegen der Zivilcourage, von der hier so viel die Rede ist“, wartete der Vater nach seinem Anruf an der Kreuzung auf die Polizei, während sein Sohn mit seinem Onkel ins benachbarte Jugendzentrum zurückkehrte. Den anrückenden Polizisten – laut Wolfgang Maier anfangs vier bis fünf, später verstärkt durch Kollegen vom Revier Süd, aus Breisach, von der Autobahnpolizei und des Verkehrsunfalldienstes – habe er gesagt: „Ich bin kein Zeuge, ich habe nur angerufen, um zu helfen.“

Der achtjährige Sohn bat: „Bringt meinen Vater nicht um!“

Dann habe er zu seinem Sohn auf der anderen Straßenseite gewollt, der auf dem Weg zu seinem Vater mit einem Fuß schon auf der Eschholzstraße stand. Auf derselben Straße, an der am Vormittag dieses Karsamstags ein Mädchen von einem Lastwagen totgefahren worden war. „Ich war ganz auf meinen Sohn konzentriert und wollte zu ihm. Dann hat mich der Polizeihund gebissen, und ich wurde von hinten auf den Boden geworfen.“ Sein Sohn habe geschrien: „Bringt meinen Vater nicht um!“ Eine Zeugin bestätigt: „Er lag am Boden, wurde von drei Polizisten gezerrt, dann wurde der Hund von der Leine gelassen; dabei war keine Polizistin Gefahr; mir schienen die Polizisten schlichtweg überfordert.“

Weiter erzählt der Deutsche: „Ich habe geblutet. Mein Kopf schmerzte. Und erst als der Krankenwagen kam, wollte die Polizei meinen Ausweis sehen.“ Die hat inzwischen den Mann angezeigt; er habe aggressiv um sich geschlagen. Als er schließlich mit Bruder und Sohn im Krankenwagen war – „ich wollte nicht allein bleiben, weil ich Angst hatte und misstrauisch war“ –, hielt der an jeder roten Ampel auf dem Weg zur Unfallchirurgie der Uniklinik. Dort habe ihn der Arzt angeherrscht, er solle ruhig sein – „und wenn es dir nicht passt, dann geh' doch zurück in dein Land“. Was ihm zuvor auch Polizisten empfohlen hätten.

Walter Krögner, SPD-Kreisvorsitzender und -Stadtrat, spricht deshalb von einer „dumpfen Fremdenfeindlichkeit“: „Da wird Hilfsbereitschaft in Widerstand gegen die Staatsgewalt umgemünzt.“ Auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Gustav-Adolf Haas antwortete der Leiter der Polizeidirektion Freiburg, Heiner Amann, inzwischen, er sei an einer „nachhaltigen Aufklärung der Vorfälle interessiert“, wolle sich aber zu dem laufenden Ermittlungsverfahren nicht äußern. Das die Landespolizeidirektion betreibt, um, so Edgar Heim von der LPD, erst gar nicht das Geschmäckle der Vetternwirtschaft aufkommen zu lassen.

Derweil ist der Deutsche aus Nigeria, der seit zwölf Jahren in Freiburg lebt und arbeitete, noch immer krankgeschrieben und – wie auch sein Sohn – auf psychotherapeutische Hilfe angewiesen.


        02.06.07 • SWR • Rassismusvorwürfe gegen Polizisten

Rassismusvorwürfe gegen Polizisten

Nach Rassismusvorwürfen gegen Polizisten hat die Staatsanwaltschaft Freiburg Ermittlungen aufgenommen. Mehrere Beamte sollen in der Nacht zum Ostersonntag einen Polizeihund auf einen am Boden liegenden Schwarzafrikaner gehetzt haben.

Dabei sollen die Worte „Friss den Neger“ gefallen sein, sagte ein Sprecher der Behörde. Es sei unklar, ob die Vorwürfe zutreffen. Bei dem Mann seien zwölf Bisswunden festgestellt worden. Der Hundeführer sei auch gebissen worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen seien umfangreich und schwierig, weil viele Zeugen vernommen werden müssten. Die Polizeidirektion Freiburg will keine weiteren Angaben machen, so lange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind.

Das aus Nigeria stammende 42-jährige Opfer hat Strafanzeige wegen rassistischer Diskriminierung und Gewaltmissbrauchs im Dienst gestellt. Die Polizei wiederum hat den Mann nach SWR-Informationen wegen versuchter Körperverletzung angezeigt. Nach Angaben einer Zeugin hätten drei Polizisten den Schwarzafrikaner gepackt. Dieser sei nicht aggressiv gewesen, sondern hätte Befreiungsschläge gemacht. Als der Mann schließlich am Boden gelegen habe, habe der Hundeführer die Leine losgelassen.

Fest steht, dass der Schwarzafrikaner mit deutscher Staatsbürgerschaft gegen 22.30 Uhr die Polizei rief, nachdem ihn auf der Straße eine betrunkene Frau um Hilfe gebeten hatte: In einer Kneipe gebe es Streit, es werde geschossen. Als mehrere Streifenwagen kamen, war es in der Kneipe allerdings ruhig. Die Polizisten hätten ihn, so der Schwarzafrikaner, als Zeugen dabehalten wollen. Er jedoch habe betont, dass er nichts gesehen habe. Dann habe er seinen achtjährigen Sohn holen wollen, der auf der anderen Straßenseite wartete und gerade die Fahrbahn überqueren wollte. Daraufhin sei es zu dem Streit gekommen.


        02.06.07 • Stattweb • Polizeihundgebissener schlug laut Polizei wild um sich

stattweb.de-News und -Mitteilungen, 02. Juni 2007

Freiburg: Polizeihundgebissener schlug laut Polizei wild um sich. Im Widerstand?

In der Staatsanwaltschaft Freiburg sitzt man kopfschüttelnd über den Akten, „weil die Aussagen nicht deckungsgleich sind“. Denn während die Polizei einen aus Nigeria stammenden Deutschen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bezichtigt, hat der seinerseits gegen Polizeibeamte Strafanzeige wegen Körperverletzung gestellt.

Im Freiburger Friedensforum am Donnerstag, 29.5. gibt wenigstens eine der beiden Seiten zu Protokoll, wie ihrer Meinung nach alles wirklich abgelaufen ist. Alles spielte sich schon am Karsamstag ab. 2007.

Der malträtierte Mann, der kommende Woche 43 Jahre alt wird, zeigt Bisswunden an Bauch, Beinen, Armen – und auf seinem Handy-Display, dass er an jenem 7. April um 22.29 Uhr über die Notrufnummer 110 die Polizei herbeirief. Eine weinende Frau habe ihn darum gebeten, weil ihr Freund bei einer Schießerei gerade in Lebensgefahr sei.

Polizisten warfen ihn dann auf den Boden. Sie schlugen auf ihn ein. Er will eine Polizistin rufen hören haben,die den Hund aufforderte, kräftig zuzubeißen. Der tat das elfmal. Der zwölfte Biss des möglicherweise reuigen Tiers galt dem eigenen Hundeführer.

Den anrückenden Polizisten – laut Wolfgang Maier anfangs vier bis fünf, später verstärkt durch Kollegen vom Revier Süd, aus Breisach, von der Autobahnpolizei und des Verkehrsunfalldienstes – sagte der Verletzte: „Ich bin kein Zeuge, ich habe nur angerufen, um zu helfen.“ Der Hundeangriff erfolgte wohl erst in dem Augenblick, als der Zeuge, in der Meinung, nicht mehr gebraucht zu werden, zur anderen Straßenseite strebte, wo sein Sohn auf ihn zu wollte. Die Straße galt als gefährlich.

Den Überfall durch die Polizisten und das Zubeißen des Hundes bestätigte auch eine Zeugin. Schließlich Einlieferung in die Unfallchirurgie. Dort will der Zeuge – der übrigens deutscher Staatsbürger ist – vom Arzt gleich wieder in gewohnter Weise behandelt worden sein. Als das Unfallopfer nicht gleich Ruhe gab,hieß es sofort: „Und wenn es dir nicht passt, geh doch zurück in dein Land“. Landesübliche leutselige Anrede gegenüber farblich auffälligen Mitbürgern, seit Stächele im Wahlkampf solchen öffentlich Heimfahrkarten angeboten hat.

Derweil ist der Deutsche aus Nigeria, der seit zwölf Jahren in Freiburg lebt und arbeitet, noch immer krankgeschrieben und – wie auch sein Sohn, der alles miterlebt hatte – auf psychotherapeutische Hilfe angewiesen.


        04.06.07 • Südkurier • Zeugin bestätigt Hunde-Angriff

Freiburg, Baden-Württemberg, 04.06.2007

Zeugin bestätigt Hunde-Angriff

VON KARL-HEINZ ZURBONSEN

Der Verdacht gegen mehrere Beamte der Freiburger Polizei, denen Gewalttätigkeit und rassistische Diskriminierung vorgeworfen wird, hat sich durch Aussagen einer jungen Frau erhärtet. Die Landespolizeidirektion Freiburg, die die Ermittlungen führt, kündigte für diese Woche die Vorlage ihrer Untersuchungsergebnisse an.

Die Zeugin erklärte vor dem Freiburger Friedensforum, sie habe gesehen, wie ein Diensthund auf den schon überwältigten und nicht aggressiven 42-jährigen aus Nigeria stammenden Kingsley-Akin Osagie losgelassen worden sei. Der gebissene Mann berichtete unter Tränen, der Polizeihund sei auf ihn gehetzt worden mit den Worten: „Beiß ihn, friss ihn!“ Seither ist das Opfer in ärztlicher Behandlung und bis heute arbeitsunfähig.

Den Polizisten, gegen die die Staatsanwaltschaft Freiburg ein Ermittlungsverfahren einleitete, wird überdies vorgehalten, sie hätten den seit zwölf Jahren in Freiburg lebenden Mann geschlagen und rassistisch beschimpft. Die Pressesprecher der ermittelnden und der betroffenen Polizeidirektionen, die an der Anhörung des Opfers und der Augenzeugin teilnahmen, sprachen danach von erschreckenden und erschütternden Aussagen.

Polizeihund auf Opfer gehetzt

Die Zeugin hatte in einer Pressekonferenz unweit des Tatortes vom 7. April 2007 geschildert, sie sei zufällig Augenzeugin des Vorfalls in der Osternacht vor der Gaststätte „Furioso“ im Stadtteil Stühlinger geworden. Nach Einschätzung der jungen Frau eskalierte der Vorfall, als sich das Opfer unter Befreiungsschlägen losriss und zu seinem auf der anderen Straßenseite wartenden achtjährigen Sohn laufen wollte. Zwei Männer und eine Frau hätten ihn verfolgt und auf die Straße geworfen. Danach habe sie beobachtet, wie ein Polizeihund geholt, von der Leine gelassen und auf den bereits von drei Polizisten überwältigten und am Boden liegenden Mann gehetzt worden sei. Die Zeugin gab nach einem Gespräch mit dem Diensthundeführer zu Protokoll, die Beamten hätten wahrscheinlich nach der Devise gehandelt, bevor ein Polizist gefährdet wird, machen wir lieber den Hund los. Es sei jedoch in diesem Moment kein Polizist in Gefahr gewesen, erzählte die Augenzeugin. Vom Opfer seien keine Aggressionen ausgegangen.

Die Aussagen der Augenzeugin decken sich in weiten Teilen mit den Schilderungen des Opfers. Der 42-Jährige räumte ein, er habe entgegen der Weisung der Polizisten nicht als Zeuge zur Verfügung stehen und den Tatort verlassen wollen, um seinen Sohn in Sicherheit zu bringen. Der beobachtete den Streit seines Vaters mit der Polizei von der anderen Seite der stark befahrenen Straße aus. Seine Sorge um das Kind hätten die Polizisten doch verstehen müssen, klagte Osagie, schließlich sei erst ein paar Stunden zuvor ein junges Mädchen im selben Stadtteil von einem Lastwagen überfahren und getötet worden. Die Beamten hätten sich strikt geweigert, ihn auch nur vorübergehend als Zeugen zu entlassen. Selbst eine Begleitung zu seinem Sohn hätten sie abgelehnt.

Durch 12 Bisse schwer verletzt

Der seit zwölf Jahren in Freiburg-Opfingen lebende allein erziehende Vater von zwei Kindern wurde bei dem Vorfall nach Feststellungen des Universitätsklinikums zwölf Mal gebissen. Das dadurch schwer verletzte Opfer sagte, eine Polizistin hätte dem Hund befohlen, ihn zu beißen. Nicht bestätigen konnte die Augenzeugin den Vorwurf, eine Polizistin habe den Diensthund mit den Worten „Friss den Neger“ auf den Afrikaner gejagt. Das habe sie nicht gehört. Osagie dagegen wiederholte seinen Vorwurf. Das sei wahr, egal was die Beamtin behaupte, bekräftigte der Familienvater, er lüge nicht.

Kingsley-Akin Osagie, der am Abend des Karsamstags mit Familienmitgliedern und Freunden an einer Trauerfeier in einem Jungendzentrum gegenüber der Kneipe „Furioso“ teilnahm, hatte selbst die Polizei um Hilfe gerufen. Darum war er auf der Straße vor dem Treffpunkt der Trauergäste von einer offenbar stark betrunkenen Frau gebeten worden, weil sie ein Kapitalverbrechen in einer benachbarten Kneipe befürchtete. Dort werde ihr Freund ermordet, sagte sie.

Einem „Blonden“ wäre das nicht passiert

Die Geschichte entpuppte sich jedoch als Luftnummer. Die Polizei fand keine Spuren eines Verbrechens und reagierte offenbar mit Unmut über den Fehlalarm. Trotzdem könne er sich die brutale Vorgehensweise gegen ihn und andere Afrikaner nicht erklären, sagte Osagie. Einige Beamte hätten sofort nach ihrer Ankunft auf die Leute eingeschlagen. Dabei sollen auch ein Baseballschläger und eine Pistole benutzt worden sein. Die Polizisten hätten gedroht, wer nicht gehorche, werde zurück nach Afrika geschickt. Ähnliche Äußerungen wurden auch einem Arzt in der Uniklinik zugeschrieben, der die Bisswunden behandelte.

Der Freiburger SPD-Stadtrat Walter Krögner warf der Polizei vor, Menschen mit schwarzer Hautfarbe schlechter als hellhäutige Bürger zu behandeln und diese immer öfter als „gleich verdächtig“ einzustufen. Einem „Blonden“ wäre das nicht passiert, so Krögner.


        28.06.2007 • BZ • Ermittlungen dauern noch

Badische Zeitung vom Donnerstag, 28. Juni 2007

Ermittlungen dauern noch

Landtagsabgeordneter Haas versteht die Polizei nicht

Drei Monate fast sind vergangen, seit am Karsamstag ein aus Nigeria stammender Deutscher auf der Eschholzstraße bei einem Polizeieinsatz und von Polizeihund-Bissen verletzt wurde (die BZ berichtete). Vor knapp einem Monat war aus der Landespolizeidirektion (LPD) im Regierungspräsidium Freiburg, die den Einsatz der Kollegen aus der Polizeidirektion Freiburg untersucht, zu hören, die Ermittlungen seien bald abgeschlossen. Jetzt aber erklärt dieselbe LPD, die Untersuchung sei noch immer nicht beendet.

Das wiederum bringt den Freiburger SPD-Landtagsabgeordneten Gustav-Adolf Haas derart in Rage, dass er gestern mitteilte: „Es wurde offenbar ein Vierteljahr benötigt, um nicht festzustellen, ob die Polizei am 7. April 2007 den Deutsch-Nigerianer so verletzt hat, dass er einer klinischen Behandlung unterzogen werden musste.“ Dieser Klinikaufenthalt sei freilich der Grund, warum es noch keine Ermittlungsergebnisse gebe, sagt die LPD. Denn die Staatsanwaltschaft habe die Ermittler inzwischen beauftragt, auch zu klären, ob der 43-jährige Deutsche, wie er sagt, während der Behandlung in der Uni-Klinik aus rassistischen Gründen vom Personal diskriminiert wurde (was ein Arzt schon vor Wochen heftig bestritt).

Gustav-Adolf Haas stellt dagegen die Frage, „weshalb nicht zu dem eigentlichen Ereignis bereits eine Stellungnahme durch die Landespolizeidirektion erfolgt ist, denn unstrittig dürfte sein, dass das Klinikpersonal mit dem Polizeieinsatz vor Ort nichts zu tun hatte“.

gmk


        30.06.07 • BZ • Ein Polizeieinsatz, zwei Versionen

Badische Zeitung vom Samstag, 30. Juni 2007

Ein Polizeieinsatz, zwei Versionen

Die Situation bei einer Geburtstagsparty in Landwasser eskalierte, nachdem die Polizei eintraf / Die Ermittlungen laufen noch

Von unserer Redakteurin Simone Lutz

Die Feier zu ihrem 18. Geburtstag wird Olga* so schnell nicht vergessen. Was mit einer Geburtstagstorte im Jugendraum der evangelischen Zachäusgemeinde in Landwasser begann, endete im Morgengrauen des Pfingstmontags im Polizeirevier Nord. Polizisten waren gegen 4.30 Uhr auf der Party erschienen, dann eskalierte die Situation. Wie und warum, da gehen die Versionen auseinander.

Pfingstmontag, 28. Mai, gegen 4 Uhr morgens. Die Polizei erhält einen Telefonanruf: Eine Frau habe in Landwasser um Hilfe gerufen. Raub? Vergewaltigung? Eine Streife fährt sofort los. Alles dunkel, nur im Jugendraum der Zachäusgemeinde brennt noch Licht.

Dort, im Jugendraum, neigt sich Olgas Geburtstagsparty dem Ende zu. Bis nach Mitternacht haben Familie und Freunde gegessen, getrunken, getanzt; nun sind noch ihr Freund Igor*, dessen Bruder Mischa*, ihr Kumpel Maxim* sowie zwei Freundinnen da. Gerade haben sie noch einmal Essen aufgewärmt und sich an den Tisch gesetzt, da erscheinen eine Polizistin und zwei Polizisten.

Was passiert dann? Die Partygäste schildern es so: Die Polizisten hätten den Raum gestürmt, so dass die Glasscheibe der Eingangstür herausgefallen sei. „Wir sagen nur eins: Heilbronn“, sollen sie geschrien haben (in Heilbronn war einige Tage zuvor eine Polizistin erschossen und ihr Kollege angeschossen worden). Kurz darauf kamen immer mehr Polizisten. Maxim sei von einem Beamten niedergerungen, in einen Schrank gepfercht und mit Pfefferspray besprüht worden. Igor sei mit dem Kopf gegen Wand, Tisch, Boden gestoßen und nach draußen in den Regen verfrachtet worden. Dort habe einer der Beamten sein Gesicht mit dem Stiefel in den Boden gedrückt, ein anderer habe auf seinem Rücken gestanden. Olga, die ihm habe helfen wollen, sei zurückgestoßen und gegen eine Schubkarre geworfen worden. Niemand habe ihnen gesagt, worum es eigentlich gehe.

Die Polizisten legten den jungen Männern Handschellen an und fuhren sie ins Polizeirevier Nord, die jungen Frauen blieben zurück. Olga versuchte vergeblich, ihre Mutter zu erreichen, deren Telefon ausgeschaltet war. Im Polizeirevier wurde den dreien inzwischen Blut abgenommen, Ergebnis: 2,0, 1,0 und 1,1 Promille. Fotos wurden gemacht. Maxims Hand sei so angeschwollen, dass ihn die Polizei erstmal in die Uniklinik gebracht habe. Alle kamen einzeln in Zellen. Igor sei angeschnauzt worden „Was denkst du, wer du bist?“ und habe zwei Boxhiebe von einem Polizisten erhalten.

Gegen 7 Uhr rief die Polizei bei Olgas Mutter an. Diese fuhr mit ihrem Mann und dem Vater von Maxim ins Polizeirevier Nord und war sprachlos angesichts der Verletzungen der Jungs. Im Diakoniekrankenhaus stellte ein Arzt später Blutergüsse sowie Prellungen am Schädel, an der Hand, bei Olga an Schultern und Becken fest. Alle hatten rote Augen vom Pfefferspray. „Warum sieht mein Sohn so aus?“, habe Maxims Vater gefragt, da seien die Polizisten ausgeflippt und hätten erneut geschrien: „Unsere Kollegen wurden umgebracht.“ Erst gegen zehn Uhr waren alle wieder entlassen. Sie hätten, sagen sie, Stunden gebraucht, um den Jugendraum wieder herzurichten.

Als Matthias Hasenbrink, Pfarrer der Zachäusgemeinde, von der Sache erfuhr, war er schockiert. Die meisten dieser Jugendlichen kennt er vom Konfirmandenunterricht, einige kommen alle zwei Wochen zu einer Jugendgruppe der Gemeinde. „Sonst hätten wir ihnen den Raum gar nicht vermietet“, sagt die Kirchenälteste Ursula Körbel. Bereits siebenmal hatten die Jugendlichen den Jugendraum schon gemietet, ohne Probleme. Pfarrer Hasenbrink hat an Polizeichef Heiner Amann geschrieben: „Ich will eine Erklärung, was vorgefallen ist.“

Genau diese Erklärung kann und will die Polizei aber noch nicht liefern, und zwar mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren: Polizei und Jugendliche haben gegenseitig Anzeige erstattet. Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid: „Es gehört zunehmend zum Erfahrungsschatz der Polizei, dass, wenn die Polizei Anzeige erstattet, die Angezeigten in die Offensive gehen und Gegenanzeige erstatten.“ Bei Anzeigen gegen Polizeibeamte sei es üblich, erklärt Schmid, dass das Verfahren an eine andere Dienststelle, in diesem Fall das Polizeirevier Süd, übergeben werde, damit diese den Fall untersuche. Auch die Staatsanwaltschaft sei routinemäßig unterrichtet worden. „Wir nehmen diese Kritikpunkte sehr ernst“, so Schmid, allerdings zeigten die bisherigen Erkenntnisse ganz klar, dass die Aggression nicht von der Polizei ausgegangen sei. In diesem Sinne hat auch der Leiter der Polizeidirektion Freiburg auf Pfarrer Hasenbrinks Brief geantwortet.

Wer hat Recht? Erstmal warten jetzt alle auf das Ergebnis der laufenden Ermittlungen.

* Namen von der Redaktion geändert


        31.06.07 • FREIeBÜRGER • Polizei und Menschenwürde

Polizei und Menschenwürde

Am Karsamstagabend, den 7.4.2007 wurde ein ursprünglich aus Nigeria stammender Afrodeutscher vor der Gaststätte „Furioso“ an der Ecke Eschholz-/Ferdinand-Weiß-Straße von mehreren PolizeibeamtInnen und einem Polizeihund erheblich verletzt. Der allein erziehende Vater zweier Kinder hatte die BeamtInnen zuvor auf Bitten einer ihm fremden Frau selbst zur Hilfe gerufen.

Eine gerade in solch einem Fall wichtige ausführliche Berichterstattung der Medien ließ zunächst auf sich warten. Einem kurzen Bericht auf TV-Südbaden in einer Sendung vom 16.4.2007 – immerhin schon über eine Woche später – folgte am 22.4.2007 in der Zeitung „Der Sonntag“ ein längerer Artikel zu dem Vorfall. Durch diesen Artikel wurden schließlich MitarbeiterInnen des Freiburger Friedensforums auf den Fall aufmerksam. Um den Medien das Interesse an einer ausführlichen Berichterstattung über den eskalierten Polizeieinsatz zu erleichtern, lud das Freiburger Friedensforum am 31.5.2007 um 18 Uhr zu einem Pressetermin ins Freiburger Friedenszentrum in die Stühlingerstraße 7 ein. Dort schilderten der Geschädigte, Herr O., und eine Zeugin des Geschehens, Frau L., wie sie den Ablauf des Polizeieinsatzes mit- bzw. erlebt hatten. Die Polizei war durch zwei Beamte, unter anderem Polizeipressesprecher Brecht, die dem Gesprächstermin jedoch bloß als Zuhörer beiwohnten, vertreten.

Herr O. befand sich am besagten Abend mit seinem 8-jährigen Sohn auf einer Trauerfeier in einer Halle des Jugendzentrums Ecke Eschholz-/Ferdinand-Weiß-Straße. Gegen 22 Uhr wollte er sich mit seinem Sohn, der langsam müde wurde, auf den Weg nach Hause machen. Noch in der Halle stand ihm plötzlich eine unbekannte, weinende Frau gegenüber. „Sie war total durcheinander, das hat mir Angst gemacht.“ erzählt O. Sie habe ihm zu verstehen gegeben, dass sie Hilfe brauche. Herr O. nahm zuerst an, die Frau wäre eine ihm unbekannte Besucherin der Trauerfeier. Nach Erkennen des Irrtums war er ihr, zusammen mit seinem Sohn und ein paar Freunden, auf die andere Seite der Eschholzstraße gefolgt. An der Eingangstüre zur Gaststätte „Furioso“, in der es eine Schießerei gegeben haben sollte, habe die Frau dann gebeten, dass jemand die Polizei rufe. Sein Sohn hatte für so einen Fall die Notrufnummer 110 in der Schule gelernt – die Herr O. daraufhin auch wählte. Nach Verständigung der Polizei schickte er seinen Sohn zusammen mit dessen Onkel zurück zum Jugendzentrum. Er selbst wollte auf die Polizei warten, Zivilcourage zeigen.

„Dann ist die Polizei nach ein paar Minuten gekommen. Da mein Sohn an mir hängt, wollte er nicht auf der anderen Straßenseite bleiben. Er hat angefangen zu weinen – hatte vor irgendetwas Angst. Ich hab zu ihm hinübergerufen, dass er dort warten soll.“ Dies hätten auch die inzwischen anwesenden PolizeibeamtInnen mitbekommen. Die Polizei habe zuerst wissen wollen, wer sie alarmiert hatte, erzählt O. „Ich hab gesagt: ?Ich hab angerufen.? Sofort war der Ton der Polizei ganz anders. Er war ein bisschen aggressiv“. Die BeamtInnen haben auch wissen wollen, wieso er angerufen hätte. „Ich habe gesagt, ich glaube die Frau braucht Hilfe.“ Daraufhin habe sie auch angefangen mit der Polizei zu reden. „Ich dachte, okay, ich habe meine Pflicht erfüllt und habe der Polizei gesagt, dass ich zu meinem Sohn hinübergehen möchte.“ Die Polizei, so O. weiter, wollte wissen, ob er Zeuge des Vorfalls sei. „Nein, ich bin kein Zeuge, ich habe nur angerufen, um zu helfen.“ Daraufhin sei ihm entgegnet worden, dass er warten müsse, er wäre ein Zeuge, berichtete er. „Nein, ich kann kein Zeuge sein. Ich habe nichts gesehen. Ich habe nur angerufen, um zu helfen.“ Daraufhin sei ihm gesagt worden, wenn die Polizei sagt, er sei ein Zeuge, dann wäre er auch ein Zeuge. Er habe den Beamten gefragt, ob dieser seinen Sohn von der anderen Straßenseite holen könne. Seine Sorge ist durchaus nachvollziehbar ? auf der stark befahrenen Eschholzstraße war am Vormittag des gleichen Tages ein Mädchen von einem LKW totgefahren worden. Der Beamte habe ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass er seinen Sohn nicht holen würde.

„Als ich meinen Sohn das nächste Mal sah, war er schon auf der Straße. Ich drehte mich um und ging zwei oder drei Schritte – ich weiß es nicht mehr – auf ihn zu.“

Zu diesem Zeitpunkt war Herr O. von drei PolizistInnen, also einer Frau und zwei Männern verfolgt worden, berichtet die Zeugin Frau L. „Dann ging es ziemlich schnell zu Boden“. Aus der Trauerfeier wären dann immer mehr Gäste gekommen – es sei von allen Seiten laut geworden. „Ein Polizist kam mit dem Hund, stand aber etwas abseits“. „Herr O. war fixiert.“ Dann habe der Hundeführer einfach die Leine losgelassen. Mit den Worten „Das muss jetzt aber wirklich nicht sein – der Mann liegt am Boden und ihr lasst einfach den Hund los!? hätte sie sich dann eingemischt, erzählt sie.

„Sie haben mich auf den Boden geschmissen und zusammengeschlagen. Mein Sohn hat die ganze Zeit gebeten: „Bitte bringt meine Vater nicht um, er hat nur geholfen!“ erzählte O. „Alles was ich dann gehört habe ist, dass die Frau hinter mir – und sie war die einzige Polizistin die da war – zu ihrem Kollegen sagte: „Hol mal den Hund!“ und „Friss den Neger!“. Diese Aussage hatte Frau L., die während der Hunde- bzw. Polizeiattacke einige Meter nebenan stand, jedoch nicht gehört.

Dann sei eine Polizistin gekommen und habe zu Frau L. gesagt, die Polizei hätte alles im Griff – sie bräuchte sich nicht einmischen. „Also für mich sah das nicht so aus. Es ist eskaliert – es war vielleicht auch durchaus bedrohlich.“ Dann wurde der Hund wieder zurückgenommen. Worauf sie direkt zu dem Hundeführer gegangen wäre und ihn gefragt hätte, ob sie seinen Namen wissen dürfe. Nein, das dürfe sie nicht, habe er zuerst geantwortet – woraufhin sie betont habe, dass sie aber schon gerne seinen Namen wissen würde. „Dann möchte er gerne meine Personalien. Ich hab ihm dann meinen Ausweis gezeigt und daraufhin sein Kärtchen bekommen.“

Er habe ihr erzählt, dass die Polizei bevor sie sich gefährden lasse, den Hund einsetze. „Das hab ich dann nicht verstanden. Meiner Wahrnehmung nach war da kein Polizist in Gefahr. Zu diesem Zeitpunkt waren es auch mindestens fünf oder sechs Beamte, die da im näheren Umfeld waren – und auf jeden Fall drei, die ihn da auf dem Boden fixiert hatten. Das können auch noch drei andere Zeugen bestätigen, die ich der Polizei auch genannt habe.“

Nach der Hundeattacke hatte Herr O., wie er zuvor berichtete, für kurze Zeit das Bewusstsein verloren. Er war auf der anderen Straßenseite wieder aufgewacht. Zwei Polizisten waren bei ihm geblieben. Sein Bruder, und ein paar „Kollegen“ von ihm wollten von den Beamten wissen, was da gerade los war. Sie seien dabei nicht aggressiv – es gab keinen Körperkontakt – , wohl aber sauer gewesen. „Wenn es uns nicht passt, sollen wir zurück in unser Land“, soll einer Polizisten entgegnet haben, berichtet O.

Etwa eine Stunde nach der Attacke, durfte er mit 12 Bisswunden an Bauch, Armen und Beinen, einer geschwollenen Hand und mit Kopfschmerzen auf einen Krankenwagen warten. Erst jetzt habe die Polizei seine Personalien wissen wollen – die er ihnen aber verweigerte. „Das nutzt die Polizei jetzt aus“, vermutet O., der inzwischen, nachdem er Anzeige gegen die Polizei gestellt hatte, von dieser wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ angezeigt wurde. „Die Polizei behaupte, sie hat mich schon am Anfang nach den Personalien gefragt. Das stimmt nicht.“ sagt er. Nachdem ein „netter Polizist“ dafür gesorgt hatte, dass sein Sohn und sein Bruder mit ihm fahren konnten, wurde er in die Uniklinik gebracht. In der Unfallchirurgie war er vom behandelnden Arzt mit fehlendem Verständnis über seine empfundenen Schmerzen rau behandelt worden. Der Arzt legte ihm, wie zuvor der Polizist nahe, er möge bei Missfallen wieder in sein Land gehen.

Zum Zeitpunkt dieses Pressetermins im Friedenszentrum waren Herr O. und sein Sohn auf psychotherapeutische Hilfe angewiesen.

Die Stimmung soll so feindselig gewesen sein, dass die anwesenden Polizeibeamten zahlreiche Kollegen zur Deeskalation der Situation herbeirufen mussten („Der Sonnatg“ vom 22.4.). Ich stelle mir seit längerem häufig die Frage, ob die Vorstellungen über die Bedeutung des Begriffes „Deeskalation“ von Seiten gewisser Polizeistellen, PolitikerInnen und Medien die gleichen sind, wie die kritischer BeobachterInnen. Das Mitbringen eines zweiten Polizeihundes, der glücklicherweise nicht mehr zum Einsatz kam und die in die Menschenversammlung fahrenden Polizeiverstärkungen, die daraufhin auch noch umherstehende Leute ohne zu Fragen geschlagen haben sollen, sprechen meiner Meinung nach auch in diesem Falle für eine – jedenfalls für mich – abweichendes Verständnis von „Deeskalation“. Der Gedanken daran, was, z.B. ohne so eine so beherzt einschreitende Zeugin noch hätte passieren können, macht mir Angst.

Wie ich am 22.06.2007 von einer Mitarbeiterin des Freiburger Friedensforum e.V. erfahren habe, soll es inzwischen ein klärendes Gespräch zwischen O. und dem Arzt, der ihn in der Nacht nach dem Vorfall in der Unfallchirurgie der Uniklinik behandelt hatte, gegeben haben. Auch die Ermittlungen der Polizei müssten inzwischen abgeschlossen sein oder kurz vor dem Abschluss stehen. Die Akte wird anschließend an die Staatsanwaltschaft übergeben, die dann über eine mögliche Akteneinsicht entscheiden wird.

Laut dem jüngsten Artikel in der BZ vom Donnerstag, den 28. Juni 2007 dauern die Ermittlungen der Landespolizeidirektion, die auch den Einsatz der KollegInnen aus der Polizeidirektion Freiburg untersuchen, weiter an. Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittler inzwischen beauftragt, auch zu klären, ob Herr O., wie er sagt, während der Behandlung in der Uni-Klinik aus rassistischen Gründen vom Personal diskriminiert wurde (was ein Arzt schon vor Wochen heftig bestritt). SPD-Landestagsabgeordneter Gustav-Adolf-Haas stellt hierzu die Frage, „weshalb nicht zu dem eigentlichen Ergebnis bereits eine Stellungnahme durch die Landespolizeidirektion erfolgt ist, denn unstrittig dürfte sein, dass das Klinikpersonal mit dem Einsatz vor Ort nichts zu tun hatte.“

Christian

Quelle


        03.07.07 • STZ • Freiburger Polizei unter Rechtfertigungsdruck

Im Südwesten

Stuttgarter Zeitung vom Dienstag, 03. Juli 2007

Freiburger Polizei unter Rechtfertigungsdruck

Berichte über Gewaltanwendungen häufen sich – Die Leitung der Polizei weist die Vorwürfe zurück

FREIBURG. Die Freiburger Polizei kommt nicht aus den Schlagzeilen. Zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit werden einigen Beamten gewalttätige Übergriffe vorgeworfen.

Von Ute Köhler

Seit dem Wochenende gibt es neue Vorwürfe gegen Mitglieder der Freiburger Polizei. Am Pfingstwochenende gegen fünf Uhr morgens sollen mehrere Streifenwagenbesatzungen die Reste einer Geburtsfeier im Jugendraum einer Freiburger Kirchengemeinde gestürmt haben. Dabei sei eine Glasscheibe aus der Eingangstür gefallen. Die Polizisten hätten Pfefferspray gegen die sechs 18- bis 21-Jährigen eingesetzt, sie auf den Boden gestoßen und den Stiefel auf den Kopf der jungen Leute gesetzt. Einer gibt an, ein Beamter habe auf seinem Rücken gestanden. Resümee: Schwellungen, Prellungen und gerötete Augen, so weit die Schilderung der Festgäste.

Im Ergebnis bestätigt der Leiter der Polizeidirektion Freiburg, Heiner Amann, diese Bilanz. Nach seiner Schilderung aber seien die Beamten auf den Anruf einer besorgten Anwohnerin hin erschienen. Die Anruferin wollte den Hilfeschrei „einer Frau in Lebensgefahr“ gehört haben. Hinweise darauf fanden die Beamten nicht; stattdessen hätten sie die Eingangstür des Jugendraumes herausgebrochen vorgefunden. Drei junge Männer, seien sofort auf die Polizisten losgegangen. Flaschen seien geflogen, die Beamten seien mit Bier bespuckt und mit den Worten „Wir machen euch kalt“ bedroht worden. Später stellte sich heraus, dass gegen einen der Männer schon mehrfach wegen Gewalttätigkeiten ermittelt wurde.

Pfarrer Matthias Hasenbrink, der die meisten der jungen Leute schon seit ihrer Konfirmandenzeit kennt, zeigt sich überrascht von dieser Schilderung. So kenne er die Gruppe eigentlich nicht, sagt er und hat die Polizeileitung um eine Erklärung gebeten. Polizeidirektor Amann, der die Sache zur Untersuchung an die Landespolizeidirektion abgegeben hat, ist dagegen überzeugt, dass die Schilderung seiner Beamten die richtige ist: „Wir erleben immer wieder, dass Personen, gegen die ermittelt wird, ihrerseits Anzeige gegen Polizisten erstatten, um sich im Verfahren Vorteile zu verschaffen.“

Welchen Eindruck seine Truppe zurzeit in der Öffentlichkeit hinterlässt, bleibt indes auch dem Polizeichef nicht verborgen: „Mit dem Selbstverständnis von Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat wären solche Vorwürfe nicht vereinbar“ sagt er. Die Vorwürfe seien aber, wie sich zweifellos herausstellen werde, in weiten Teilen falsch: „Wir sind keine Unrechtspolizei.“

Gemeint sind Berichte über diesen und zwei andere angeblich gewalttätige Übergriffe der uniformierten Polizei aus den letzten Wochen. Begonnen hat die Serie Ende April mit dem Zusammenstoß eines Mannes nigerianischer Herkunft mit mehreren Beamten. Der Passant hatte in der Innenstadt für eine Frau Hilfe herbeitelefoniert, die ihren Freund in Lebensgefahr glaubte. Statt sich um diese Gefährdung zu kümmern, sollen die Polizisten den Anrufer zu Boden geworfen und einen Hund auf ihn gehetzt haben mit den Worten „Friss den Neger.“ Die Bisswunden wurden später in der Uniklinik attestiert.

Schon Ende 2005 soll es zu einem anderen Übergriff gekommen sein, der jetzt erst bekannt wurde und im Oktober vor Gericht kommen soll. Damals haben offenbar zwei Beamte, in ihrer Freizeit alkoholisiert und in Zivil unterwegs, einen Passanten zusammengeschlagen, weil er durch die Innenstadt gerannt war und ihnen keinen befriedigenden Grund für seine Eile nennen konnte. Weil die beiden sich dabei auf ihren Polizistenstatus berufen haben, sieht die Staatsanwaltschaft in ihrem Verhalten ein Dienstvergehen. Polizeidirektor Heiner Amann dagegen stuft den Vorgang als private Handlung ein, die mit den beiden anderen nicht zu vergleichen sei: „Wir haben darauf auch schon reagiert.“ Einer der beiden Beamten wurde suspendiert, der andere versetzt.


        05.07.07 • Stadtkurier • Am Pranger

Stadtkurier vom Donnerstag, den 5. Juli 2007

Am Pranger

Vorwürfe gegen die Freiburger Polizei – und die kann sich nur schwer wehren

Die Freiburger Polizei steht am Pranger: Junge Aussiedler beschuldigen Beamte, sie vor wenigen Tagen misshandelt zu haben, als sie im Jugendraum der evangelischen Zachäusgemeinde einen Geburtstag feierten. Die Polizisten hätten, nachdem sie von einer Nachbarin alarmiert wurden, den Raum gestürmt, Feten-Teilnehmer geschlagen und brutal gegen Tische und den Boden gedrückt, sagten sie aus.

Schlagzeilen, die Gift für die Polizei sind. Erneut. Denn: Anfang April hätten, so behauptet ein Nigerianer, Freiburger Beamte mit den Worten „Friss den Neger“ einen Hund auf ihn gehetzt und ihn geschlagen.

Ein Problem der Polizei: Sie geht in solchen Fällen nicht in die Offensive, verweist auf interne Ermittlungen, die derzeit in beiden Fällen bei der übergeordneten Behörde, der Landespolizeidirektion Freiburg, anhängig sind. Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid: „Wenn wir zu früh unsere Sicht der Dinge herausgeben, schmälert das die Beweislast in einem Verfahren.“ Von daher seien der Polizei die Hände gebunden. Im aktuellen Fall sei jedoch ziemlich eindeutig, dass die Gewalt von der anderen Seite ausgegangen sei.

Und was Polizeichef Hansjörg Amann fast genauso ärgert wie die Anschuldigungen, ist die Tatsache, dass Lokalpolitiker oder wie im neuesten Fall ein Geistlicher sich ohne Nachfrage die Sichtweise der vermeintlichen Opfer zu eigen machen. Amann hat aus diesem Grund mehreren Mandatsträgern und dem Pfarrer einen Brief geschrieben.

„Früher hat man sich entschuldigt, wenn man gegenüber Polizisten Mist gebaut hat“, so Schmid. Heute mache manch einer eine Gegenanzeige, um sich eine bessere Ausgangslage zu verschaffen. Zudem sei die Gewaltbereitschaft gestiegen.

Klar sei: Die Fälle würden nach bestem Wissen und Gewissen untersucht. Und – entgegen manchem Vorurteil – greift die Polizei auch durch. Wie bei zwei Beamten, die vor zwei Jahren beim Hauptbahnhof privat in eine Schlägerei verwickelt waren und sich dabei kurzfristig wieder „in den Dienst“ versetzten: Der eine wurde suspendiert, der andere versetzt.“

Stefan Ummenhofer


        07.07.07 • BZ • Umstrittene Polizeieinsätze

Badische Zeitung vom Samstag, 7. Juli 2007

Umstrittene Polizeieinsätze

Eine Chronologie von Fällen, die in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert werden

16. April 2005
Nachdem in Opfingen ein Rollerfahrer ohne Nummernschild und Helm gestellt wurde, kritisierte eine 72-jährige Rentnerin die Polizei für deren Vorgehensweise. Nach Darstellung der Polizei beleidigte die Frau die Beamten und versuchte, als sie auf die Wache gebracht werden sollte, einen Polizisten ins Gesicht zu schlagen. Die Rentnerin dagegen bestritt, ausfällig geworden zu sein. Als die Polizisten sie ins Auto zwingen wollten, trug sie einen Kreuz- und Innenbandanriss, einen beschädigten Meniskus im rechten Knie sowie aufgeschürfte Handgelenke davon.
Sowohl Ordnungshüter als auch Rentnerin erstatteten Anzeige, beide Verfahren wurden eingestellt.

10. Dezember 2005
Zwei Polizeibeamte in Zivil hatten in ihrer Freizeit frühmorgens einen Mann aus Montenegro am Hauptbahnhof mit den Worten „Stopp, Polizei“ angehalten. Nach Darstellung des Montenegriners sei er von den stark alkoholisierten Polizisten geschlagen worden; er wurde mit Platz- und Schürfwunden im Josefskrankenhaus behandelt.
Das Dezernat für Sonderfälle der Landespolizeidirektion ermittelte. Ein Beamter wurde suspendiert, der andere strafversetzt. Der Prozess gegen beide ist für den 11. Oktober 2007 angesetzt.

31.Juli 2006
Im Rahmen des linksalternativen Festivals „Do-it-youself against the state“ versammelten sich rund 300 Menschen aus ganz Europa zu einer nicht genehmigten Demonstration in der Innenstadt. Die Polizei kesselte alle – auch unbeteiligte Passanten – auf dem Platz vor dem Kollegiengebäude II der Uni ein. 359 Teilnehmer wurden kontrolliert, 27 in Gewahrsam genommen. Eine Sitzblockade von rund 40 Demonstranten wurde von der Polizei aufgelöst. Eine Demonstrantin, die inmitten des Kessels einen Krampfanfall erlitt, musste minutenlang warten, bis die Polizei einen Arzt rief. Beobachter hielten den martialischen Einsatz der Polizei für unverhältnismäßig, die Polizei vertrat den Standpunkt, nur ihrer massiven Präsenz sei es zu verdanken, dass es zu keinen Ausschreitungen kam.
Zum Stand der Ermittlungen hat die Polizeidirektion Freiburg noch keine Auskunft gegeben.

15. Januar 2007
Rund 15 Mitglieder der autonomen Szene versuchten frühmorgens, eines der abbruchreifen Häuser in der Spittelackerstraße zu besetzen. Vier Protestler wurden festgenommen, einer verletzt. Laut Polizei war er auf der Flucht gegen eine Baggerschaufel geprallt. Der Verletzte dagegen gab an, er habe sich hinter einem Bagger versteckt, dort sei er von zwei Beamten gestellt und – am Boden kauernd – drei Mal mit den Füßen in Magen, Rippen und Schulterbereich getreten worden.

Am gleichen Nachmittag verbarrikadierten sich etwa 20 Autonome in einem leer stehenden Gebäude nahe des einstigen Hüttinger-Geländes. Ein Großaufgebot der Polizei beendete die Besetzung. Ein 21-Jähriger, der sich laut Polizei mit einem Gegenstand in der Hand der Festnahme widersetzte, wurde zu Boden geworfen; er verletzte sich dabei am Kopf. Der Mann dagegen gab an, er sei mehrfach und ohne Grund von Einsatzkräften mit Füßen getreten worden.
Zum Stand der Ermittlungen hat die Polizeidirektion Freiburg noch keine Auskunft gegeben.

7. April 2007
Ein Deutscher nigerianischer Herkunft rief abends per Handy die Polizei, weil ihn eine Frau darum gebeten hatte. Als er nach dem Eintreffen der Polizei habe gehen wollen, hätten ihn die Polizisten zu Boden geworfen und geschlagen. Eine Polizistin habe gerufen „Hol den Hund“ und „Friss den Neger“. Der Mann wurde von einem Polizeihund an Bauch, Beinen und Armen gebissen.
Zum Stand der Ermittlungen siehe Seite 25.

1. Mai 2007
Beim Mai-Hock des Sportvereins Waltershofen gab es eine Schlägerei zwischen einem Brüderpaar und zwei anderen Hock-Besuchern. Nach Darstellung des Veranstalters hätte sich die Situation beruhigt, als die Polizei eintraf. Die Beamten seien „übernervös“ gewesen und hätten die zwei an der Schlägerei beteiligten Brüder niedergerungen und getreten. Daraufhin hätten andere Hockbesucher der Polizei klar machen wollen, sie habe die Falschen verhaftet.

Nach Darstellung der Polizei sind die Beamten von dem betrunkenen Bruderpaar attackiert worden, so dass zwei weitere Streifen zu Hilfe kommen mussten. Daraufhin hätten 15 bis 20 ebenfalls betrunkene Hock-Besucher versucht, das Brüderpaar zu befreien. Erst weitere Einsatzkräfte mit Polizeihund hätten die Lage wieder unter Kontrolle gebracht.
Zum Stand der Ermittlungen hat die Polizeidirektion Freiburg noch keine Auskunft gegeben.

28. Mai 2007
Eine Polizeistreife rückte am frühen Pfingstmontag nach Landwasser aus: Dort habe eine Frau um Hilfe gerufen. Im Jugendraum der evangelischen Gemeinde fand eine Geburtstagsparty statt. Die Partygäste schildern, die Polizei habe sofort und ohne Begründung die Anwesenden mit Pfefferspray besprüht, drei anwesende Jugendliche niedergerungen, zum Teil mit Füßen getreten und anschließend zur Wache abgeführt. Die Polizei betont, die Aggression sei nicht von ihr ausgegangen.
Zum Stand der Ermittlungen siehe Seite 25.

Simone Lutz


        07.07.07 • BZ • Die Landespolizeidirektion ermittelt

Badische Zeitung vom Samstag, 7. Juli 2007

Die Landespolizeidirektion ermittelt

Polizisten sagen im Fall der gewaltsam beendeten Geburtstagsparty in Landwasser aus / Weitere Ermittlungen vor dem Abschluss

Von unserer Redakteurin Simone Lutz

Die Landespolizeidirektion hat die Ermittlungen in dem Fall übernommen, in dem sich Jugendliche aus Landwasser und Polizeibeamte gegenseitig angezeigt haben, weil eine Geburtstagsparty gewaltsam endete (die BZ berichtete). Zugleich stehen die Ermittlungen im Fall des von einem Polizeihund gebissenen Mannes, der angeblich rassistisch beleidigt worden sein soll („Friss den Neger!“), vor dem Abschluss.

Laut Frank Schlosser, dem Polizeisprecher der Landespolizeidirektion (LPD), wurden die in Landwasser eingesetzten Beamten inzwischen vernommen. Sie schilderten, bei ihrem Eintreffen habe die Tür des Jugendzentrums herausgerissen am Boden gelegen. Als sie die stark alkoholisierten Jugendlichen hätten befragen wollen, seien diese sofort auf die Beamten losgegangen, hätten „Scheißbullen, wir machen euch kalt“ geschrien, die Polizisten mit Bier bespuckt und mit Flaschen und Mobiliar beworfen. Dabei seien Beamte verletzt worden und hätten unter anderem Prellungen davongetragen. Sie hätten Verstärkung rufen und die Jugendlichen in Gewahrsam nehmen müssen.

Laut Schlosser will die LPD nun noch weitere Zeugen suchen und vernehmen. Auch die Jugendlichen bekommen eine Vorladung zur Vernehmung, der sie allerdings nicht Folge leisten müssen: Sie können auch über ihren Anwalt eine Stellungnahme abgeben. Einer der Jugendlichen, so Schlosser, sei bereits mehrfach wegen Gewaltdelikten auffällig geworden. Wenn alle Zeugen vernommen sind, wird die LPD alle Aussagen abwägen und dann einen Schlussbericht vorlegen.

Wolfgang Maier, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Freiburg, bescheinigt den Ermittlern korrektes Vorgehen. Wenn Polizeibeamte angezeigt werden, ermittelt die Polizei grunds-bätzlich selbst, normalerweise von einer anderen Dienststelle aus. Maier: "Anders ist das laut Strafprozessordnung gar nicht möglich. Ermitteln müssen Leute, die geschworen haben, Recht und Gesetz zu achten." Maier schätzt, dass etwa 20 Anzeigen pro Monat gegen Polizisten gestellt werden, fast alle würden eingestellt, weil die Ermittlungen kein Fehlverhalten seitens der Polizei ergäben.

Wenn es sich allerdings um heikle Fälle wie den in Landwasser oder die angebliche rassistische Beleidigung handelt, übernimmt das beim Regierungspräsidium angesiedelte Dezernat Sonderfälle der LPD die Ermittlungen, auch um jeden Verdacht von „Mauschelei“ innerhalb der Polizei auszuschließen. „Doch diese Gefahr ist nicht groß“, meint Maier. „Kein Beamter kann es sich leisten, das Fehlverhalten von Kollegen zu decken.“

Wenn die Ermittler zu der Ansicht kommen, dass nicht geklärt werden kann, welche Version der Ereignisse stimmt, wird das Verfahren eingestellt. Die Geschädigten erhalten dann ein Schreiben mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung, also den Hinweis, dass sie sich an die nächsthöhere Instanz wenden können. Sollten die Ermittler allerdings eine Version glaubwürdiger finden als die andere, wird die Staatsanwaltschaft Anklage erheben und der Fall kommt vor Gericht.

Frank Schlosser von der LPD kündigte an, im Fall des von einem Polizeihund gebissenen und angeblich beleidigten Mannes werde die Polizei demnächst den Abschlussbericht veröffentlichen. Es seien 20 Zeugen vernommen worden, von denen keiner den Satz „Friss den Neger“ gehört habe. Auch habe niemand gesehen, dass der Gebissene mit einer Waffe bedroht worden sei. Allerdings seien bei ihm Bissmale festgestellt worden. Die Ermittlungen hätten sich verzögert, weil der Mann seinen behandelnden Arzt erst spät von dessen ärztlicher Schweigepflicht entbunden habe. Schlosser: „Wir gehen nun davon aus, dass das Ermittlungsverfahren in Kürze beendet ist.“


        07.07.07 • BZ • „Da hat sich was verändert“

Badische Zeitung vom Samstag, 7. Juli 2007

„Da hat sich was verändert“

Es herrscht Uneinigkeit, ob die Polizei ihre „Freiburger Linie“ verlassen hat oder nicht

Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk

Das „grüne“ Gesicht Freiburgs hat sich verändert: Polizisten gehen bei ihren Einsätzen härter vor, treten bei Demonstrationen martialischer auf, drangsalieren und vertreiben Straßenpunks von ihren Treffpunkten. So nehmen es die einen wahr und schwärmen von der Zeit, als Werner Hager mit seiner Philosophie der Achtung vor der Würde aller Menschen noch das Innenstadt-Revier leitete. Eine falsche Wahrnehmung, sagt die Polizei: Es gibt keinen Wechsel in der Strategie der Deeskalation.

Doch daran zweifelt unter anderem die Fraktion Junges Freiburg/Die Grünen im Gemeinderat. Viele Jahre lang sei Freiburg mit einer „weichen“ Polizeitaktik deutlich besser gefahren „als mit der heutigen repressiven Linie“. Mehr noch, stellen Stadtrat Coinneach McCabe und Stadträtin Monika Stein in einem Schreiben an den Oberbürgermeister nach der „Parade“ am Abend des 1. Mai fest: Es sei offensichtlich, „dass diese restriktive Art, mit Demonstrationen umzugehen, eher Konflikte herbeigeführt hat, als sie zu vermeiden“. Und sie fragen: „Ist das restriktivere Vorgehen bei Demonstrationen ... seit dem Führungswechsel in der Polizeidirektion jemals mit der Stadtverwaltung abgesprochen worden?“ Auf diese und 13 andere Fragen haben sie bis heute, knapp zwei Monate nach ihrem Brief, noch immer keine Antwort erhalten.

Die Polizei ihrerseits weist all diese Vermutungen zurück. Polizeidirektor Heiner Amann sieht indes keine Notwendigkeit zu einem Gespräch mit der BZ. Weil, sagt sein Pressesprecher Ulrich Brecht, die Polizei-Strategie immer noch dieselbe sei. „Wir haben die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten – daran hat sich nichts geändert.“ Nach wie vor sei die Strategie: Deeskalation, bei Demonstrationen Ansprechpartner finden. Angesichts mancher Polizeieinsätze fragen sich aber etliche Beobachter: Fehlt es diesen immer öfter in Schwarz gekleideten „Grünen“ womöglich an sozialer Kompetenz und der Fähigkeit, mit kritischen Situationen angemessen umzugehen?

Von der Ausbildung her dürfte dem eigentlich nicht so sein, meint Peter Egetemaier. „Da haben wir viel gemacht“, sagt der Leiter der Polizei-Akademie Baden-Württemberg. Unterrichtseinheiten zum Umgang mit Minderheiten und sozialen Randgruppen gehörten ebenso zur Ausbildung wie praktische Verhaltenstrainings, um kritische Situationen zu bewältigen. Das sei ein Schwerpunkt geworden, auch im eigenen Interesse: „Alles, was hilft, Eskalation zu vermeiden, da haben wir weniger Ärger und Arbeit.“

Auch in der allen Polizei-Beschäftigten zugänglichen Fortbildung werde angeboten, sich in Kommunikation, Konflikthandhabung und interkulturelle Kompetenz einzuüben, sich mit Fremdenfeindlichkeit bei der Polizei auseinander zu setzen, im Dienst belastende Situationen persönlich zu verarbeiten. Kurzum, macht Peter Egetemaier deutlich: „Wir legen großen Wert auf die soziale Kompetenz unserer Beamtinnen und Beamten.“

Gleichwohl ist der Eindruck bisweilen ein anderer. Die Straßenpunks zum Beispiel hätten deshalb Werner Hager zu seinem Abschied als Leiter des Poilizeireviers Nord am liebsten einen Fackelzug geschenkt – „weil er uns immer menschenwürdig behandelt hat“. Was ganz seiner Philosophie entsprach: „Es sind die Minderheiten, die eine Gesellschaft voranbringen, die saturierte Mehrheit neigt zum Stillstand.“ Deshalb sei die (unter Polizeipräsident Albert Maier seit Ende der 1970er Jahre eingeschlagene) „Freiburger Linie“ die einzige, die Zukunft habe: Kompromiss statt Konfrontation. „Keine Scherbennächte als Folge polizeilichen Handelns“ – das war ihm wichtig, sagt Werner Hager. „Und solche Nächte gab es in meiner Amtszeit nicht.“

Er führt das auch darauf zurück, dass er eher auf Glaubwürdigkeit der Polizei in den Verhandlungen mit der anderen Seite setzte statt auf Gleichschritt. Bei 90 Prozent seiner Einsätze seien die Beamten deshalb in normaler Dienstkleidung aufgetreten und eben nicht im Einsatzanzug. Denn, weiß Werner Hager: „Martialisches Auftreten hebt von vorne herein das Niveau – und da hat sich was verändert.“ Er ist überzeugt, eine Stadt wie Freiburg werde von ihrem Erscheinungsbild her nie „clean“ sein können. Es gibt nun mal wohnsitzlose, alkoholkranke und illegale Drogen konsumierende Menschen. „Die brauchen ihren Platz, und zur Not müssen wir uns auch schützend vor Minderheiten stellen.“

Dieses Denken hat das Erscheinungsbild der Freiburger Polizei unter Werner Hager geprägt. Natürlich sei solch ein „Gang auf dem Seil“ anstrengend gewesen, sagt er im Gespräch mit der BZ, aber lohnend mit dem Ziel vor Augen, die Sicherheit in Freiburg nicht zu gefährden. „So wurde ich berechenbar, nicht nur als Polizist, sondern auch als Mensch – und das erreiche ich nicht mit einem martialischen Auftreten.“


        07.07.07 • BZ • Eine Sache der Wahrnehmung

Badische Zeitung vom Samstag, 7. Juli 2007

MÜNSTERECK

Eine Sache der Wahrnehmung

Wie die Polizei ihre Arbeit macht

Ein bisschen ist es wie in einer Partnerschaft: Der eine sieht etwas so, die andere sieht dasselbe völlig anders. Erstes Beispiel: Ob die Polizei bei einem Einsatz die Lage richtig einschätzt und angemessen reagiert, oder ob sie überreagiert und für Außenstehende überhart eingreift – eine Frage der je eigenen Wahrnehmung. Vor allem unübersichtliche Situationen lassen da für Differenzierungen oft keinen Raum. Zweites Beispiel: Ob Beamte und Beamtinnen eine nicht angemeldete Demonstration in normaler Dienstkleidung oder im martialisch wirkenden Einsatzanzug begleiten – das wirkt befriedend oder provozierend, je nach eigener Wahrnehmung. Dennoch hat die Polizei (wobei Polizist nicht gleich Polizist ist) aufgrund ihrer gesellschaftlichen Aufgabe eine besondere Verantwortung. Dazu gehört auch, jenen – manchen lästigen und manche provozierenden “ Menschen mit Augenmaß zu begegnen und deren Menschenwürde nicht aus den Augen zu verlieren. Auch die Polizei ist (wie beide in einer Partnerschaft) mitverantwortlich dafür, wie sie wahrgenommen wird – und ob die Menschen die bewährte „Freiburger Linie“ noch erkennen können.

Gerhard M. Kirk


        08.07.07 • BZ • Polizei bricht Schweigen

Der Sonntag vom 8. Juli 2007

Polizei bricht Schweigen

Nach Serie von negativen Berichten geht Polizei-Chef Amann in die Offensive

Von Toni Nachbar

Die Freiburger Polizei will fortan nicht mehr alles auf sich sitzen lassen. Nachdem während der vergangenen Wochen eine Serie von Beiträgen in verschieden lokalen Medien dem Image der Polizei geschadet hat, geht nun der Chef der Polizeidirektion, Heiner Amann, in die Offensive: „Wir werden künftig öfters auch zu laufenden Verfahren Stellung beziehen.“ Dabei ist sich Amann bewusst, dass ein derartiger Strategiewechsel durchaus riskant ist: „Ich bin bereit, dafür kritisiert zu werden, aber es schmerzt die Beamtinnen und Beamten, die hier Tag und Nacht ihren Dienst versehen, wie über sie öffentlich berichtet wird.“

Sieben „umstrittene Polizeieinsätze“ während der vergangenen zwei Jahre hat die „Badische Zeitung“ in ihrer gestrigen Ausgabe aufgelistet. Bei jeder dieser Aktionen wurde den Beamten hinterher vorgeworfen, auf unangemessene Art und Weise Gewalt eingesetzt zu haben. Besondere mediale Aufmerksamkeit erhielt zuletzt in diesem Frühjahr der Fall des Deutsch-Nigerianers Kingsley Osagi, der in der Osternacht von einem Polizeihund verletzt worden war. Osagi erstattete Anzeige gegen die Polizeibeamten mit dem Vorwurf, er sei zudem rassistisch beleidigt worden.

Aufsehen erregte vor wenigen Tagen auch ein Bericht der „Badischen Zeitung“, wonach in den Morgenstunden des Pfingstmontags im evangelischen Gemeindezentrum in Landwasser mehrere aus dem ex-sowjetischen Raum stammende junge Spätaussiedler am Ende einer Geburtstagsparty von Polizeibeamten geschlagen worden war. Der „Stadtkurier“ sieht die Polizei bereits „am Pranger“ stehen, Politiker melden sich zu Wort und beklagen, die Polizeidirektion habe die einst gerühmte und von Deeskalation geprägte „Freiburger Linie“ mittlerweile verlassen. Vor allem der bizarr und unerklärlich anmutende Fall Osagi, aber auch die gewaltätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Besuchern des Mai-Hocks beim Sportverein Waltershofen werfen Fragen auf: Wieso werden Polizeibeamte im Einsatz von Zeugen immer wieder als „gereizt“ und „nervös“ beschrieben? Und: Warum gelingt es den am Einsatzort eintreffenden Beamten anscheinend öfter nicht mehr, deeskalierend zu agieren?

Obwohl es zu unterscheiden gilt, wie sich die Polizei grundsätzlich bei Demonstrationen in der Stadt verhält und wie sie unübersichtliche und schwierige Gewalt-Situationen im Dienst-Alltag meistert, legt Polizei-Chef Heiner Amann Wert darauf, seine Polizisten als Gewalt ablehnend sowie hervorragend ausgebildet zu beschreiben: „Es wird bei der Polizei alles getan, damit die Beamten auf schwierige Situationen in der Konflikt-Handhabung vorbereitet sind. Dafür beschäftigen wir hier bei der Polizeidirektion einen hauptamtlichen Trainer. Und: Es ist ein abstruser Gedankeanzunehmen, Polizeibeamten versehen ihren Dienst überansprucht oder übermüdet.“

Aufmerksam will Amann registriert haben, welches Image die Polizei weiterhin in der Bevölkerung genieße. Es sei seiner Meinung nach eindeutig besser, als das von den Medien kolporierte Bild: „Mir liegt fern, Medienschelte zu betreiben. Doch was über die Polizei manchmal gedacht und angenommen wird, entspricht Vorstellungen, die man von einer Polizei in Pinochets Chile, in der ehemaligen Sowejtunion oder meinetwegen auch in der DDR haben kann.“ Gegen solche „Bilder“ will nun die Freiburger Polizei entschiedener angehen. Galt bisher die traditionelle Devise, man äußere sich nicht zu laufenden Ermittlungen, möchte fortan der Freiburger Polizei-Chef nicht immer ein Blatt vor den Mund nehmen: „Es stellt sich heraus, dass das ein Fehler war.“

So erklärte nun der Sprecher der Landespolizeidirektion, Frank Schlosser, auf Anfrage, dass bei den nahezu abgeschlossene Ermittlungen im Falle Osagi 20 Zeugen vernommen worden seien. Keiner von ihnen habe aber den ominösen Ausruf einer Polizeibeamtin „Friss den Neger“ vernommen. Wie es aber ursprünglichzur Eskalation zwischen Osagi, der auf Bitten einer Frau die Polizei in die Eschholzstraße gerufen hatte, und den Beamten kommen konnten, weiß auch Sprecher Schlosser nicht zu erklären. Den Vorfall wird nun die Staatsanwaltschaft bewerten müssen.

Der Einsatz in Landwasser

Obwohl die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind, nimmt der Sprecher der Landespolizeidirektion auch Stellung zu dem Vorfall in Landwasser: „Eine Frau aus der Umgebung des Gemeindezentrums hatte dumpfe Schläge sowie die Schreie einer Frau gehört und die Polizei verständigt. Als die Beamten zum Gemeindezentrum kamen, lag die Eingangstür bereits in der Gegend herum. Die Polizisten wurden von Besuchern der Party sofort mit Bier bespuckt, mit Flaschen beworfen und mit Mobiliar angegriffen.“ In der Version der Partygäste hatten die Beamten die Scheibe der Eingangstür eingeschlagen und waren gleich gewaltätig geworden. Zudem hätten sie gerufen: „Wir sagen nur ein Wort – Heilbronn.“

Laut Amann habe sich nicht die Polizei verändert, sondern die Situationen, mit denen sie sich zunehmend konfrontiert sieht, seien mehr und mehr von exzessivem Alkoholkonsum und Gewaltbereitschft geprägt: „Wir stehen hier nicht in einem sportlichen Wettkampf, in dem beide Seiten gleichen Voraussetzungen unterliegen. Die Polizei hat die Aufgabe, dem Gesetz Geltung zu verschaffen. Und dabei besitzt sie das Gewaltmonopol.“


        12.07.07 • u-asta info• Ante Portas

Ante Portas

Wer hat was gegen das NPD-Verbot?

Samstagmittag am 16. Juni ereignete sich in der Bertoldstraße vor den Toren des KG 2 ein offensichtlich rechtsradikaler Übergriff. Ziel der Attacke war der Info-Tisch des VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen), der dort, wie auch schon die Wochen zuvor, Unterschriften für ein NPD-Verbot sammelte.

Wie Jens vom VVN-BdA dem Antifa-Referat berichtete, kämen immer mal Spinner vorbei, die blöde Sprüche machten. Der Delinquent allerdings sei sofort provozierend und aggressiv aufgetreten, ohne jedoch dabei als „szenetypischer Stiefelnazi“ aufzufallen. Die betreffende Person war ca. 35-40 Jahre alt, etwa 1,80 groß und in Begleitung einer jungen Frau, die sich beobachtend im Hintergrund hielt. Nach seinem üblichen Aufruf an die Passanten „hier können sie für ein NPD Verbot unterschreiben, Neonazis den Geldhahn zudrehen“, wurde Jens sofort in einem herrischen Ton angegangen, was „denn der Stand solle“. Gleichzeitig stieß der vermeintliche NPD-Sympathisant auf die Brust von Jens, der den Schubser erwiderte und dabei den Angreifer aufforderte, ihn in Ruhe zu lassen und zu verschwinden. Der Täter wollte daraufhin Namen wissen und drohte den Tisch umzuwerfen. Nachdem er merkte, dass sich langsam Abwehr formierte und Leute aufmerksam geworden waren, zog er sich etwas zurück und begann Handyfotos vom Stand bzw. den Aktivisten zu machen. Danach verschwand der Angreifer in der Menge und die ganze Aktion war nach keinen zwei Minuten so plötzlich vorbei wie sie begann.

Auf die Frage wie Jens die ganze Situation für sich empfand, antwortete er: „Ich habe die Aggression des Täters als ziemlich bedrohlich erlebt. Viele Passanten und Personen vor der nahen Gaststätte sitzend, haben den Angreifer vermutlich von einer Gewaltaktion abgehalten. Ich glaube dieser Übergriff war keine zufällige Sache, sondern eher geplant und gezielt durchgeführt.“ Dennoch will er auch weiterhin mit dem VVN-BdA Unterschriften vor der Uni sammeln, nur werde man in Zukunft darauf achten müssen, mit mehr als drei Leuten am Stand zu stehen.

Jens hat zudem Anzeige erstattet, doch weder Polizei noch Staatsanwaltschaft haben bis jetzt reagiert. Seine Erwartungen in die Freiburger Ermittlungsbehörden sind ohnehin eher gedämpft. Angesichts der jüngsten Entwicklungen – der wohl rassistisch motivierte „Hundebiss“ im Stühlinger, die Polizeigewalt gegen Jugendliche im evangelischen Gemeindezentrum Landwasser sowie das seit längerem generell repressive Vorgehen gegen linke Demonstrationen – konstatiert er: „Es gibt Kräfte in der Freiburger Polizei, die eindeutig nach rechts arbeiten.“ Fast schon wehmütig erinnert sich der gestandene Antifaschist an die Zeit der so genannten Freiburger Linie: „Mit Werner Hager konnte man immer reden.“ Es gibt aber auch Positives zu berichten. Die Unterschriften-Aktion läuft unerwartet gut und erfreut sich großer Resonanz, im Schnitt unterzeichnen 200 pro Wochenende. Die nächsten Termine vorm KG 2: 21. Juli, 25. August und 15. September.

Unterschreibt für das NPD-Verbot. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

ANTIFA-Referat


        13.07.07 • Polizei • Tischpapier Medienkonferenz

Polizeidirektion Freiburg

PRESSESTELLE

Tischpapier Medienkonferenz 13.07.07

Sperrvermerk: Frei ab 13.07.07, 11.30 Uhr.

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie in der Einladung schon dargelegt, wollen wir Ereignisse aus den vergangenen Wochen, bei welchen die Polizei besonders gefordert war und in Kritik geraten ist, soweit als möglich offen legen und Ihre Fragen dazu beantworten.

Wie Sie aus unserer jahrelangen Zusammenarbeit und den vielfältigen Presseberichten wissen, haben wir ständig eine Vielzahl von Notrufen und Einsätzen zu bearbeiten. Die Beamten gehen hierbei mit einer hohen Sensibilität an die Einsatzbewältigung, leider geht diese durch das Verhalten der Beteiligten nicht immer konfliktfrei ab.

Um es klarzustellen: Die in Frage stehenden Sachverhalte sind Normalfälle, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen im Ballungsraum Freiburg täglich mehrfach mit Ausländern, Migranten, Menschen aller Nationalitäten und Hautfarben um.

Dass die Polizei trotz allem Bemühen nicht nur fehlerfrei arbeitet, liegt in der Natur der Sache. Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen sind Menschen, und Fehler sind immer möglich.
Bewusste Verstöße gegen Gesetze, z. B. Körperverletzungen, wie sie uns unterstellt werden, oder gar fremdenfeindliche Übergriffe und Äußerungen sind die absolute Ausnahme und werden auch nach Feststellung entsprechend konsequent und nach gesetzlichen Bestimmungen geahndet.

Straftäter haben in den Reihen der Polizei nichts verloren.

Ein aktuelles Beispiel dazu sehen Sie unten (Vorfall 10. Dezember 2005).

Klar muss aber auch sein, und dies ist Forderung der Gesellschaft und des Gesetzgebers, dass die Polizei Maßnahmen notfalls auch unter Anwendung von Zwang durchführen kann. Und eben die Anwendung unmittelbaren Zwangs führt regelmäßig zu Vorwürfen.

Man sagt, die Medien seien die vierte Gewalt im Staat. Die enorm wichtige Aufgabe der Medien wissen wir zu schätzen. Die Erstellung und der Transport von Nachrichten, jeder polizeiliche Vorgang kann eine Nachricht wert sein, erfordern Sorgfalt und Sachlichkeit. Darum bitte ich ganz besonders, vor allem dann, sollten Fehler, tatsächlich oder scheinbar, bei polizeilichen Maßnahmen passiert sein.

Schwierig ist dabei ganz besonders, diese polizeilichen Maßnahmen sofort zu bewerten, Wahres von Unwahrem sofort zu unterscheiden. Dies ist einer der Gründe des Stillschweigens der beteiligten Polizeistellen - bislang. Durch Nichtäußern zu aktuellen Untersuchungen soll erreicht werden, dass diese nicht beeinflusst werden, die Objektivität gewahrt ist und die Ermittlungen nicht erschwert werden. Die Zurückhaltung in Betrachtungen polizeilicher Maßnahmen soll aber auch aufzeigen, dass Parteilichkeit kein Platz eingeräumt wird.

Nun zu den einzelnen Vorfällen, wie sie in der lokalen Presse vor wenigen Tagen genannt wurden und zu der dabei genannten „Freiburger Linie“:

Vorfälle

1.Osagie

Der Vorfall ereignete sich am Karsamstag, 07. April 2007, kurz nach 23.00 Uhr, an der Ecke Eschholzstraße/Ferdinand-Weiß-Straße.

Die Abläufe sind bekannt. Osagie hatte die Polizei gerufen, als er eine betrunkene Frau, mit der er Sprachprobleme hatte, bemerkte und diese ihm mitteilte, dass in der nahe liegenden Gaststätte geschossen worden wäre, ein Mann erhängt sei, etc.
Osagies Personalien sollten festgestellt werden, da er als wichtiger Zeuge in Frage kommen könnte. Osagie war unkooperativ, weigerte sich seine Personaldaten anzugeben und versuchte sich zu entfernen.
Im Anschluss kam es zu einer schwierigen Situation.

Die aktuellen Ermittlungen zeigen, dass entgegen Presseberichten Osagie nicht 12-mal (u. a. TV-Beitrag Landesschau vom 12.06.07), sondern nach Feststellung der Mediziner der Uniklinik Freiburg nur zwei-, maximal dreimal von einem Hund gebissen wurde. Ärztlich festgestellt wurden zweimal je sechs Abdrücke von Zähnen.
Es sind Bissmale, nicht Bisse. Bisswunden sehen anders aus. Gebissen wurde auch der Polizeibeamte, der den Hund führte.

Über 20 Zeugen wurden vernommen, keiner hat die Äußerung "Friss den Neger", welche Osagie einer Polizeibeamtin zuschiebt, gehört.

Keiner der Zeugen hat gesehen, dass ein Polizeibeamter Herrn Osagie eine Schusswaffe an den Kopf hielt.
Die Zeugen widersprechen den Aussagen Osagies in entscheidenden Bereichen. Die von Osagie erhobenen Anschuldigungen konnten die Zeugen nicht bestätigen.

Der Sohn Osagies war laut Zeugenaussagen nicht in Gefahr und immer, während der gesamten Begegnung mit der Polizei, in Obhut.

Das Verhalten Osagies gegenüber den Rettungssanitätern und dem Klinikpersonal war sehr aggressiv, die Helfer wurden beschimpft und beleidigt. Ihnen wird von Osagie sogar Verweigerung von Hilfe unterstellt. („giftiges Wasser“)

2.Landwasser

Am frühen Pfingstmontag, 28. Mai 2007, wird über einen Notruf die Polizei zur evangelischen Gemeinde im Stadtteil Landwasser gerufen. Die Anruferin habe Hilferufe einer Frau wahrgenommen, etliche dumpfe Schläge und Geschrei in russischer Sprache. Die Polizei rückte an und stellte fest, dass die Eingangstür des Jugendraumes bereits zerstört im Freien lag.

Noch bevor überhaupt festgestellt werden konnte, was sich dort ereignet hatte, kamen junge russisch stämmige Deutsche heran, griffen die Beamten mit Bierflaschen und Mobiliar an, beleidigten (Zitat:: Scheissbullen, wir machen euch kalt) und bespuckten sie. Die Polizei musste sich zurückziehen und Verstärkung anfordern. Anschließend wurde die Situation bereinigt. Drei junge, erheblich betrunken Tatverdächtige (Alkoholwerte von 1 bis 2 Promille) wurden vorläufig festgenommen.
Einer war bereits als Gewalttäter bei der Polizei bekannt (u. a. Schulverbot).Der Vorfall hat zur Verletzung von Polizeibeamten geführt.

Tage später treten mehrere der Beteiligten bei der lokalen Zeitung auf, schildern den Sachverhalt wahrheitswidrig und beschuldigen die Polizei, massive Übergriffe begangen zu haben.

Die Ermittlungen zum Fall Landwasser sind noch nicht abgeschlossen, zeigen aber überdeutlich, dass die Aggressivität von den russisch stämmigen Deutschen ausging.

3.Waltershofen

Entgegen der Chronologie wird der Vorfall Waltershofen ( 01. Mai 2007) hier angeführt. Dieser Vorgang trat weniger ins Licht der Öffentlichkeit. Er verlief in der Folge auch anders.
Anlass war ein Hilferuf um 20.30 Uhr, wonach beim 1. Mai-Hock in Freiburg-Waltershofen eine Schlägerei stattfinde. Als die Polizei eintraf, waren keine Ausschreitungen feststellbar. Zwei junge Männer, auf die ein Zeuge als Tatbeteiligte hinwies, verhielten sich unkooperativ. Sie waren deutlich alkoholisiert.

Beim Versuch, den Sachverhalt zu ergründen, kam es zum Angriff gegen die eingesetzten Polizeibeamten. Mehrere Polizeibeamte wurden verletzt. Insgesamt waren 15 bis 20 Personen gegen die Ordnungshüter angetreten.
Der Hauptbeschuldigte in diesem Verfahren (Widerstand) erhebt keine Anschuldigungen, keine Vorwürfe gegen die Polizei (keine Anzeige).

Auch für diesen Vorfall mussten Polizeikräfte zusammengezogen und auch die Hundestaffel eingesetzt werden. Polizeibeamte wurden verletzt.

4.Extra

Die in der lokalen Zeitung, Ausgabe 07.07.2007 angeführte „Chronologie von Fällen, die in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert werden“, bringen zu den tatsächlichen Verfahrensausgängen Abweichungen zur Darstellung und werden nun ergänzt.

Der Vorgang 16. April 2005, wonach in Opfingen ein Rollerfahrer, ohne Zulassung und Helm unterwegs, angehalten wurde und dabei stürzte, und sich eine 72-jährige Frau in die polizeilichen Maßnahmen einmischte und auch nach mehrfacher Aufforderung nicht bereit war, sich zu entfernen, hat folgendes Verfahrensende erhalten:
Das Verfahren gegen die Frau wurde eingestellt. Eine Schuldfeststellung ist erfolgt, von einer zunächst beabsichtigten Geldstrafe wurde abgesehen.

Das Verfahren gegen die Polizei wurde ebenfalls eingestellt, aber nach einer anderen strafprozessualen Bestimmung. Zitat aus der Einstellungsbegründung: „Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass die Anzeigeerstatterin sich ihre Verletzungen bei einer Widerstandshandlung gegen eine rechtmäßige Diensthandlung der angezeigten Beamten zugezogen hat“.

10. Dezember 2005, unweit Hauptbahnhof Freiburg:
Gegen die beiden beschuldigten Polizeibeamten, die, zunächst privat unterwegs, einen Mann aus Montenegro am Hauptbahnhof angegriffen hatten, wurden sofort Ermittlungen (straf- und disziplinarrechtlich) eingeleitet. – DIENSTRECHLICHE KONSEQUENZEN SIND BEREITS ERFOLGT. Mehr noch sogar: einer der Beamten wurde kurz danach vom Dienst suspendiert, mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst. Der zweite wurde sofort zu einer anderen Dienststelle umgesetzt.
Der Strafprozess ist im Oktober 2007 anberaumt.

31. Juli 2006:
„Do-it-yourself – against the state“:
Hier gilt es richtigzustellen, dass die Frau nicht inmitten des Kessels einen Krampfanfall (BZ vom 07.07.07) erlitt. Vielmehr hatte die Frau (im Substitutionsprogramm) auf dem Parkplatz beim Platz der Alten Synagoge (am Werderring) einen Anfall erlitten. Polizeibeamte mit Sanitäterausbildung übernahmen die medizinische Erstversorgung, bis das unverzüglich von der Polizei verständigte Rettungspersonal eintraf.
Es ist nicht richtig, dass Helfer bei diesem medizinischen Einsatz behindert worden sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Ein zur Prüfung der Vorwürfe gegen die Polizeibeamten eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt wurde von der Staatsanwaltschaft Freiburg eingestellt, da kein Anlass zur Erhebung einer öffentlichen Klage gegeben war (§170 (2) StPO).

15. Januar 2007:
„autonome“ Szene, versuchte Hausbesetzung Spittelackerstrasse

Das Ermittlungsverfahren gegen Beamte der Freiburger Polizei wegen Körperverletzung wurde im Mai 2007 der Staatsanwaltschaft Freiburg vorgelegt. Dort sind die Akten in Bearbeitung.

So genannte „Freiburger Linie“

Eindrücke, wonach eine vermeintliche „Freiburger Linie“ nicht mehr eingehalten werde, polizeiliche Verhaltensweisen sich geändert haben oder durch Wechsel von Führungspersonen nicht mehr Anwendung finden, sind subjektive Eindrücke.

Meist wird die so genannte „Freiburger Linie“ im Zusammenhang mit demonstrativen Aktionen genannt. Meinungsfreiheit und das daraus resultierende Versammlungsrecht stellen mit das höchste Gut in der freiheitlich demokratischen Grundordnung dar. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Rolle haben die Väter des Grundgesetzes Versammlungen im Versammlungsrecht geregelt.

Demnach sind Versammlungen anzumelden, ein Versammlungsleiter ist zu benennen. Nur so sind Kooperation und Deeskalation möglich. Daran ist der Polizei absolut gelegen. Doch ohne Ansprechpartner gelingen weder Kooperation noch Deeskalation. Auch hier zeigt sich ein Wandel. Ansprechpartner waren zurückliegend eher zu erlangen als heute.

Bei diesen Sachverhalten, wie auch bei sonstigen, ist die Polizei ausschließlich im Rahmen der geltenden rechtlichen Bestimmungen tätig und bei ihren Maßnahmen gebunden. Dies gilt für die Polizei im Gesamten, somit auch für die Freiburger Polizei.

Die Freiburger Polizei kann keinen „Extra-Weg“ mit großzügiger Betrachtung von Straftätern und Ordnungswidrigkeitenverstößen einschlagen. Genau dies scheint die Erwartung hinter dem Begriff „Freiburger Linie“ zu sein.

Selbstverständlich ist es einfacher, wegzuschauen, wenn gegen Gesetze und Verordnungen verstoßen wird. Dies ist und war jedoch bei polizeilichen Einsätzen nie der Fall. Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, gleichgültig in welchem Zusammenhang geschehen, wurden und werden konsequent geahndet. Ein anderes Verhalten hätte für die Polizei strafrechtliche Konsequenzen und wäre auch dem Bürger nicht zu vermitteln.

Auffallend darüber hinaus ist, die erhöhte Gewaltbereitschaft heute. Diese vermehrte Gewalt ist durchgängig in der Gesellschaft, aber auch gegenüber staatlichen Organen und hat auch bei demonstrativen Aktionen zugenommen. Besonders bei Versammlungen und Demonstrationen ist deswegen Ausrüstung erforderlich geworden, die die Einsatzkräfte schützt, dennoch ihre Arbeit verrichten lässt und nicht zum Rückzug zwingt.

Ein auffälliges Beispiel, was ohne Schutzausrüstung Folge sein kann, zeigen die Ausschreitungen am Rande des Do it yourself-against the state-Festival 2005, als ein Polizeibeamter in üblicher Uniform mit einer Flasche beworfen und schwer verletzt wurde.

Von den rund 200 Demonstrationen im Jahr in Freiburg ist etwa ein Viertel nicht angemeldet. Bei den meisten angemeldeten Demonstrationen ist die Polizei nur mit wenig Personal tätig. Meist im täglichen Dienstanzug, ohne die gut schützende Sonderausrüstung und Sonderbekleidung. Die Arbeit der Polizei beschränkt sich bei diesen angemeldeten Aktionen insbesondere auf verkehrslenkende Maßnahmen und den Schutz des Demonstrationszuges bzw. der Versammlung.

Aus den dagegen nicht angemeldeten Demonstrationen und Versammlungen heraus werden regelmäßig Straftaten und Ordnungsverstöße verübt. Oft sind verletzte Einsatzbeamte und / oder beschädigte Einsatzmittel (Streifenwagen, Ausrüstung etc.) die Folge. So lässt sich vermutlich auch erklären, warum gewaltbereite Demonstranten keinen partnerschaftlichen Umgang mit der Polizei suchen, demonstrative Aktionen nicht anmelden, keine Ansprechpartner bieten. Sie könnten zur Verantwortung gezogen werden.
 

Uli? That's me!


        13.07.07 • AP • Agenturmeldung

AP - Freitag, 13. Juli, 17:42 Uhr

Freiburg (AP) Die Polizei in Freiburg hat den Vorwurf zurückgewiesen, sich bei einem Einsatz diskriminierend verhalten zu haben. Wie ein Sprecher am Freitag erklärte, sind bei einer Personalienfeststellung am 7. April bei einem Deutschen nigerianischer Herkunft von den Beamten keine rassistischen Äußerungen gefallen. Es seien mehr als 20 Zeugen vernommen worden und keiner habe die Äußerung „Friss den Neger“ gehört. Die Polizei bestätigte, dass bei dem Einsatz ein Hund mit von der Partie gewesen sei. Sowohl der Mann sei gebissen worden als auch ein Polizeibeamter. Auch der Vorwurf der Bedrohung mit einer Schusswaffe habe sich nicht bestätigt, erklärte die Behörde weiter.


        13.07.07 • Stattweb • Polizeihund biss selbstlos zu

stattweb.de-News und -Mitteilungen, 13. Juli 2007

Freiburg: Polizeihund biss selbstlos zu – ohne rassistische Eigenmotive

Die Freiburger Polizei hat sich mitten in einem laufenden Untersuchungsverfahren gegen Vorwürfe gewehrt, sich bei Einsätzen diskriminierend verhalten zu haben.Ganz geklärt sind die Vorwürfe nicht: die Sache soll im Landtag noch ein Nachspiel haben. Auffällig auch die Dauer des Verfahrens. Der in Frage stehende Nigerianer wurde genau am Karsamstag dieses Jahres gebissen. Seither wird über den Hergang gegrübelt und gestritten.

Laut Darstellung der Polizei rief der später Gebissene die Polizei zu einer Schlägerei, sogar Schießerei in einem Lokal. Die Polizei wandte sich treffsicher an den Melder der Untat, nicht an den Verursacher und verlangte dessen Papiere. Deren Vorzeigen soll verweigert worden sein.

Die Polizei bestätigte, dass daraufhin ein Hund zum Einsatz gekommen ist. Allerdings weisen die Polizisten den Vorwurf zurück, dass rassistische Äußerungen gefallen seien. Es habe auch keiner der insgesamt 20 vernommenen Zeugen gehört, dass ein Beamter dem Hund den Befehl „Friss den Neger“ zugerufen habe. Die Bisswunden am Körper des Gebissenen sind allerdings durch keine interpretatorischen Künste zu entfernen. Von einem halbwegs gut dressierten Polizeihund wird erwartet, dass er nich aus eigenem Antrieb – ob rassistisch oder nicht – zubeißt, sondern nur unter Anweisung, allenfalls Duldung seiner Führerin oder seines Führers. Wenn diese Vermutung stimmt, kommt es nicht auf Begleitreden an, sondern auf Taten. Und nicht auf ausdrücklich sprachlich geäußerten Rassismus. Vielleicht eher um den automatisch in den polizeilichen Wahrnehmungsapparat eingebauten. Wer je in der B-Ebene Frankfurter Hauptbahnhof saß oder in einem ICE- Großraumabteil, und darauf achtete, wer kontrolliert oder abgeführt wurde – in neun von zehn Fällen hatte ein Dunkelhäutiger das Privileg staatlicher Fürsorge und Beachtung. Und das, ohne dass der so agierende Beamte auf Befragen irgendwelchen Rassismus zugegeben hätte.

In Freiburg muss das ganz anders sein. In sechs von insgesamt sieben seit April 2005 aufgenommenen Fällen seien – so die Polizeidirektion – die Beamten angemessen vorgegangen. In einem Fall habe es dienstrechtliche Konsequenzen gegeben: Einer der Beamten sei vom Dienst suspendiert, ein anderer versetzt worden. Die beiden Männer hatten sich bei einer privaten Schlägerei kurzerhand selbst in den Dienst versetzt. Ist die Vermutung unverschämt, dass sie das taten, um den Knatsch kraft staatlicher Autorität zu ihren Gunsten zu wenden?

Quelle


        14.07.07 • BZ • „Polizei hat sich verändert“

Badische Zeitung vom Samstag, 14. Juli 2007

„Polizei hat sich verändert“

Als Ursache sieht der Kriminaldirektor Heiner Amann gesamtgesellschaftliche Entwicklungen

Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk

Eine zunehmende Gewaltbereitschaft, gleichzeitig wachsender Alkoholkonsum, immer mehr Intoleranz und Konfliktunfähigkeit – kurzum die gesamtgesellschaftliche Entwicklung – sieht der Leitende Kriminaldirektor Heiner Amann als Ursache dafür, „dass sich die Polizei verändert hat“. Ergebnisse seien andere Strategien, zu denen für den Chef der Polizeidirektion nicht zuletzt gehört, seine Beamtinnen und Beamten mit dem Einsatzanzug samt Körperschutzausstattung zu nicht angemeldeten Demonstrationen zu beordern, um sie vor Verletzungen zu bewahren.

Anlass für eine zweistündige Medienkonferenz Heiner Amanns am Freitag war die immer lauter gewordene Kritik an manchen Polizeieinsätzen während der vergangenen Monate (die BZ berichtete mehrfach ausführlich). Zu dieser Kritik gehörte unter anderem, die Polizei habe ihre über Jahre bewährte „Freiburger Linie“ der Befriedung und Deeskalation gegen ein martialisches Auftreten eingetauscht. Zu jedem einzelnen Fall nahm der Leitende Kriminaldirektor aus seiner Polizeisicht Stellung. Und machte insgesamt deutlich, dass sich die Polizei eigentlich nicht verändert habe: „Eine ‚Freiburger Linie‘ kann es nicht geben, die Polizei ist an das Gesetz gebunden, da gibt es keinen Spielraum.“

Wichtig war dem Freiburger Polizeichef diese Unterscheidung: Einerseits die vielen "Normalfälle" der Einsätze, bei denen die Beamten und Beamtinnen "mit einer hohen Sensibilität an die Einsatzbewältigung" gingen; andererseits eine zunehmende Zahl von nicht angemeldeten Demonstrationen, bei denen die Polizei keine Ansprechpartner finde, um ihre Aufgabe "Kooperation und Deeskalation" zu erfüllen. Deshalb habe er, sagt Heiner Amann, festgelegt: "Bei nicht angemeldeten Demonstrationen aus der linksautonomen Szene gehen wir davon aus, dass die Gefahr von Straftaten größer ist – wie auch die Gefahr, dass Polizistinnen und Polizisten verletzt werden.“

Natürlich gebe es ein Gesamtkonzept in Abstimmung mit der Stadtverwaltung (Arbeitstitel „Gewa City“): „Wir sind uns einig, dass es erforderlich ist, bei Ordnungsstörungen tätig zu werden.“ Denn das Ziel, aus einer nicht angemeldeten Demonstration heraus Straftaten zu begehen, sei kein Kavaliersdelikt. Von den jährlich knapp 200 Demos und Versammlungen in Freiburg seien immerhin 36 nicht angemeldete – also ohne Ansprechpartner, der zur Verantwortung gezogen werden könnte. Und dabei seien immer wieder Beamte verletzt und Streifenwagen beschädigt worden. "Ich habe die Verpflichtung, meine Beamten zu schützen, das erfordert auch eine gewisse Polsterung und Schutzhelme, da reicht nicht die normale Dienstkleidung wie bei einer angemeldeten Demonstration.“

Auf die Frage, ob die Polizei bei ihren Einsätzen immer die Verhältnismäßigkeit wahre, antwortete Heiner Amann mit dem Hinweis auf die veränderte gesellschaftliche Situation mit einer höheren Gewaltbereitschaft und wachsendem Widerstand gegen die Staatsgewalt. Der habe von 2000 bis 2006 von 106 auf 156 Fälle zugenommen (meist verbunden mit reichlich Alkoholgenuss). Ebenfalls zugenommen habe die Zahl der Anzeigen gegen Polizeibeamte auf 25 bis 30 pro Jahr. Dahinter vermutet der Leitende Polizeidirektor den Versuch, "die eigene Situation zu verbessern“.

Was die kritisierten Polizeieinsätze – zum Beispiel gegen einen aus Nigeria stammenden Deutschen oder bei einer Geburtstagsfeier in Landwasser – angeht, berief sich Heiner Amann auf Ermittlungsergebnisse der in solchen Fällen eingeschalteten Landespolizeidirektion. Alles zusammengenommen kommt er dabei zu dem Schluss: Selbstverständlich könne auch die Polizei Fehler machen, aber bei den kritisierten Einsätzen hätten vor allem Missverständnisse dafür gesorgt, dass diese Einsätze nicht angemessen bewertet worden seien. Die Polizei habe nun mal den gesellschaftlichen Auftrag, auch unter Zwang das Gesetz durchzusetzen – und diesen Auftrag erfülle sie korrekt. Eines freilich stehe für ihn außer Frage: „Straftäter haben bei der Polizei nichts verloren.“


        14.07.07 • BZ • Die Polizei auf dem Drahtseil

Badische Zeitung vom Samstag, 14. Juli 2007

MÜNSTERECK

Die Polizei auf dem Drahtseil

Der Auftrag heißt Deeskalation

Natürlich hat der Leitende Kriminaldirektor Heiner Amann Recht, wenn er sagt, die Polizei habe ihre Arbeit in den Grenzen des geltenden Rechts zu machen. Dazu gehört aber auch der Auftrag, sich um Kooperation mit und Deeskalation gegenüber der jeweils anderen Seite zu bemühen. Dass das ohne Ansprechpartner schwierig ist, ist nachvollziehbar. Andererseits sollte die Polizei daraus nicht automatisch den Schluss ziehen, wer nicht mit ihr zusammenarbeite, wolle die Eskalation einschließlich von Straftaten. Eine nicht angemeldete Demonstration jedenfalls ist noch keine Straftat. Wer manche solcher Demonstrationen beobachtet, hat ohnehin oft genug den Eindruck, da gehe es (neben ernst zu nehmenden Botschaften) eher um eine Art Räuber-und-Gendarm-Spiel. Dafür sollten sich Polizisten eigentlich zu schade sein und – sie sind ja laut Heiner Amann für Stress-Situationen geschult und mit sozialer Kompetenz ausgestattet – auf Provokationen gelassen reagieren. Die selbstverständliche Deeskalation (zu der die Polizei rechtlich verpflichtet ist) zu behaupten und sie zu leben sind eben zwei paar Polizeistiefel. Selbstverständlich sind manche Einsätze wie Drahtseilakte – mit der Gefahr abzustürzen und mit der Chance auf Beifall. Doch gerade wenn's laut und unübersichtlich zu- und hoch hergeht, sind Zwischentöne angesagt – und im Gleichschritt Recht zu exekutieren, scheint nicht mehr so ganz zeitgemäß. Oder anders ausgedrückt: Auch die zum Körperschutzanzug gehörenden Handschuhe sollten noch Raum für das nötige Fingerspitzengefühl lassen.

Gerhard M. Kirk


        15.07.07 • Sonntag • Einige Fragen bleiben offen

Der Sonntag vom 15. Juli 2007

Einige Fragen bleiben offen

Polizei-Chef Amann ist überzeugt, Beamte haben im Fall „Osagie“ richtig gehandelt

Die Öffentlcihkeits-Offensive der Freiburger Polizei ist in die nächste Runde gegangen: Zwei Studnen nahm sich diese Woche der Chef der Polizeidirektion, Heiner Amann, Zeit, um vor Journalisten Stellung zu beziehen gegenüber den Vorwürfen, Polizeibeamte hätten in jüngster Vergangenheit unverhältnismäßig Gewalt bei Einsätzen angewendet. Amann bewetetet auch den Fall des Deutsch-Nigerianers Kingley Osagie: Die Polizei habe sich nichts vorzuwerfen. Dennoch bleiben bezüglich des Einsatzes in der Osternacht wichtige Fragen offen.

„Straftäter haben in den Reihen der Polizei nichts verloren“, sagte Heiner Amann auf der Pressekonferenz am Freitag. Verstöße gegen Gesetze, Körperverletzungen sowie fremdenfeindliche Übergriffe und Äußerungen würden innerhalb der Polizei konsequent geahndet.

Im Falle Kingsley Osagie, der gegen die Polizei Anzeige wegen Gewaltmissbrauchs sowie rassistischer Äußerungen erstattet hat, sprach der Freiburger Polizei-Chef von einer „schwierigen Situation“. Aber: Über 20 Zeugen seien vernommen worden, keiner hätte vor Ort die Äußerung „friss den Neger“ vernommen. Dies hingegen behauptet der aus Nigeria stammende Osagie, der am Karsamstagabend die Polizei in die Eschholz-Straße rief, weil eine Frau ihn darum gebeten hatte.

„Ich gehe davon aus, dass der Polizei nichts vorgeworfen werden kann“, sagte Amann am Freitag noch einmal zum Fall „Osagie“. Er stützt seine Annahme auf eine selektive Kenntnis der Ermittlungsergebnisse der Landespolizeidirektion. Diese hat inzwischen ihre Ermittlungen abgeschlossen, die Akten – angeblich mehrere Ordner – liegen nun bei der Freiburger Staatsanwaltschaft.

Zu Details des Geschehens kann Amann allerdings derzeit noch immer nicht Stellung beziehen. So weiß der Freiburger Polizei-Chef nicht präzise zu erklären, wie es dazu kam, dass die Polizeibeamten gegen Osagie Gewalt anwenden mussten und die Situation nicht deeskalieren konnten. Für ihn steht lediglich fest, Osagie habe sich „unkooperativ“ verhalten, sich geweigert seine Personaldaten anzugeben und versucht, sich vom Ort des Geschehens zu entfernen.

Dahin war die Polizei von Osagie gerufen worden mit dem Hinweis, in einer in der Nähe gelegenen Kneipe könnte es zu einem Schusswechsel kommen oder bereits sogar gekommen sein. Zudem bestünde die Gefahr, dass ein Mensch erhängt worden sei. Amann: „Mit diesen Hinweisen kamen die Polizeibeamten an die Eschholz-Straße. Soll nun von ihnen erwartet werden, dass sie auf die Daten eines eventuell sehr wichtigen Zeugen verzichten?“

Warum daraufhin die Polizeibeamten auch noch einen Hund gegen Kingley Osagie einsetzten, konnte Amann auch nicht erklären: „Details sind bei der Staatsanwaltschaft zu erfragen.“

„Brauchen noch Zeit“

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Mächtle, vermag diese aber derzeit nicht zu präsentieren. „Die Akten befinden sich erst seit kurzem bei uns. Sie müssen Verständnis haben, dass es eine Zeit dauern wird, bis wir ihre Fragen beantworten können“, so der Oberstaatsanwalt.

Während weiterhin offen bleibt, unter welchen Umständen der Polizeihund Osagie attackieren konnte, legt Polizei-Chef Amann Wert darauf, dass Osagie nur zwei, höchstens drei Mal vom Hund gebissen worden sei: „Ärztlich festgestellt wurden zweimal je sechs Abdrücke von Zähnen. Es sind Bissmale, keine Bisse. Bisswunden sehen anders aus. Gebissen wurde auch der Polizeibeamte, der den Hund führte.“

Kingsley Osagie hingegen behauptete auch nach der Pressekonferenz der Polizei vier Mal gebissen worden zu sein: „Der Hund hat mich verletzt am Kopf, am Arm am Bauch und am Oberschenkel. Dabei habe ich aus den Wunden geblutet.“


        15.07.07 • Stattzeitung • Polizeihund-Attacke auf wehrlosen Mann

Im Folgenden soll hier über einen Vorfall berichtet werden, der sich bereits am Karsamstag (07.04.07) in Freiburg zugetragen hatte.

Ein aus Nigeria stammender Deutscher (Herr K.) und sein achtjähriger Sohn, die einer sich in Not befindenden Frau helfen wollten und aus diesem Grund die Polizei alarmierten, befanden sich kurz darauf selbst in einer Notlage – milde ausgedrückt. Einige Beamte der herbeigerufenen Polizei waren in diesem Fall keineswegs „Freund und Helfer“ sondern verhielten sich Herrn K. gegenüber von vornherein aggressiv und hetzten im weiteren Verlauf des Geschehens einen Schäferhund auf ihn. Eine couragierte Zeugin mischte sich ein und protestierte energisch gegen die Unverhältnismäßigkeit des Polizei-Einsatzes. Herr K. wurde noch in derselben Nacht mit 11 Bisswunden zur Notfallbehandlung in die Uni-Klinik eingeliefert. Herr K. nahm sich einen Anwalt und erstattete Anzeige gegen die Polizei, die Polizei wiederum leitete gegen Herrn K. ein Verfahren wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ ein. Gänzlich unbemerkt (und daher unveröffentlicht) blieb dieser Vorfall von den lokalen Medien nicht. So strahlte TV-Südbaden einen ersten Bericht darüber in der Woche nach Ostern aus.

In der Zeitung „Der Sonntag“ erschien dazu am 22.04.07 ein Artikel mit der Überschrift „Zum Hund:„Friss den Neger“,„Freiburger Polizeibeamte wegen Gewaltmissbrauchs im Dienst angezeigt“ und mit der Zwischenüberschrift „Polizisten im Stress“ zwischen zwei Absätzen. Insbesondere dieser Artikel erregte einiges Aufsehen. VertreterInnen des Freiburger Friedensforums, der VVN-BdA Freiburg und von SAGA gingen der Sache nach und konnten mit Hilfe von TV-Südbaden und der Zeitung „Der Sonntag“ persönlichen Kontakt zu Herrn K. aufnehmen. Am Donnerstag, den 24.05.07 folgten Herr K. und sein Sohn einer Einladung u. a. des Freiburger Friedensforums und berichteten dort selbst, was ihnen am Karsamstag widerfahren war.

Auch ein Teil der ortsansässigen Politiker (Gustav Adolf Haas/MdL und Walter Krögner/Stadtrat) wurde tätig und richtete am 11.05.07 eine Anfrage an den Leitenden Kriminaldirektor Heiner Amann, in der sie Genaueres über die Gründe des Verhaltens der Polizei erfahren wollten und auch darauf verwiesen, dass „die Pressemeldung erhebliche Unruhe in der Bevölkerung verursachte“. Unter der Überschrift „Fragen an den Polizei-Chef/ SPD-Politiker sind besorgt wegen der Polizeihund-Attacke auf einen Nigerianer“ griff die Zeitung „Der Sonntag“ am 27.05.07 das Thema erneut auf und zitierte auch aus dem Antwortschreiben des Ltd. Kriminaldirektors Amann an die beiden SPD-Politiker folgenden Satz:

„Aussagen in den Medien, die besonders geeignet waren, Unruhe in der Bevölkerung zu verursachen und die Akzeptanz des polizeilichen Gewaltmonopols in Frage zu stellen, bestätigten sich ersten Ermittlungsergebnissen zufolge nicht.“ Ein bemerkenswerter Satz!

Außerdem wurde in diesem Artikel der Frage nachgegangen, wie mit den Zeugen des Vorfalls vom 07.04.07 bei den Vernehmungen in der Woche vom 21.-25.05.07 umgegangen wurde. Anders als in früheren Fällen wurde bspw. ein Vertreter von SAGA daran gehindert, Zeugen zu den Vernehmungen zu begleiten. Am 31.05.07 fand im Freiburger Friedensforum eine Pressekonferenz statt, zu der sich u. a. VertreterInnen der BZ, des „Südkuriers“, der Zeitung „Der Sonntag“, des Südwestfunks, von Radio Dreyeckland und Radio Regenbogen und auch die couragierte Zeugin einfanden. Herr K. berichtete nochmals ausführlich und in ergreifender Weise über die Geschehnisse am 07.04.07.

Am 02.06.07 erschien dazu in der BZ ein Artikel unter der Überschrift „?dann geh doch zurück!“/ „Ermittlungen zu einem möglicherweise fremdenfeindlichen Polizeieinsatz kurz vor dem Abschluss“.

Am 28.06.07 brachte die BZ nochmals einen Artikel zum Thema, diesmal unter der Überschrift „Ermittlungen dauern noch“/„Landtagsabgeordneter Haas versteht die Polizei nicht“. Herr Haas empört sich hier zu Recht, dass die Ermittlungen der Landespolizeidirektion (LPD) entgegen früherer Aussagen noch immer nicht (fast 3 Monate nach dem 07.04.07!) abgeschlossen sind. Herr Haas: „Es wurde offenbar ein Vierteljahr benötigt, um nicht festzustellen, ob die Polizei am 7. April 2007 den Deutsch-Nigerianer so verletzt hat, dass er einer klinischen Behandlung unterzogen werden musste.“ Gerade dieser Klinikaufenthalt, bei dem es möglicherweise zu fremdenfeindlichen Äußerungen gegenüber Herrn K. gekommen sein könnte, sei der Grund für das Andauern der Ermittlungen – so die LPD.

Soviel zunächst einmal zu dem, was bisher über den Vorfall berichtet bzw. veröffentlicht wurde.

Hier nun folgt eine Schilderung des Vorfalls, die sich auf die Aussagen von Herrn K. und seines Sohnes stützt.

Herr K. lebt seit 12 Jahren in Deutschland, seit 2 Jahren besitzt er die deutsche Staatsangehörigkeit; er hat 2 Kinder, er ist alleinerziehender Vater seines achtjährigen Sohnes. Herr K. und sein Sohn befanden sich am Karsamstag bei einer Trauerfeier in einem Gebäude der Diakonie an der Ecke Eschholzstr.- Ferdinand-Weiss-Str. in Freiburg. Herr K. machte noch einige Ausführungen zu der Gestaltung der Feier, an der Nigerianer und auch Einheimische teilnahmen. Gegen 22.00 Uhr wollte er sich mit seinem mittlerweile müde gewordenen Sohn auf den Heimweg machen als plötzlich eine weinende, sehr aufgeregte Frau in die Halle des Gebäudes kam und etwas von einer drohenden Schießerei erzählte, die sich in der Kneipe „Furioso“ schräg gegenüber auf der anderen Seite der Eschholzstrasse angeblich anbahnte.

Herr K., sein Sohn und einige andere Trauergäste begleiteten die Frau bis vor die Kneipe, in die sie jedoch nicht hineingingen aus Furcht vor einer Schießerei. Dem Rat seines Sohnes folgend verständigte Herr K. über sein Handy die Polizei und schickte seinen Sohn in Begleitung eines Bekannten wieder auf die andere Straßenseite zurück. Nach wenigen Minuten traf die Polizei ein; von Anfang an verhielten sich einige der Beamten gegenüber Herrn K. aggressiv. Herr K. – in der Annahme, seiner Pflicht zur Hilfe mit dem Herbeirufen der Polizei Genüge geleistet zu haben – wollte zu seinem Sohn auf die andere Straßenseite gehen, um seinen Sohn davon abzuhalten, wieder auf die Straße zu rennen. Herr K. dachte daran, dass erst am Vormittag desselben Tages ein 12-jähriges Mädchen durch einen abbiegenden LKW nur eine Straßenkreuzung weiter zu Tode gekommen war.

Die Polizei beharrte darauf, dass er als Zeuge an Ort und Stelle zu bleiben habe und ging auch nicht auf den Vorschlag von Herrn K. ein, seinen Sohn von jemandem zu sich herüberholen zu lassen. Aus Sorge um seinen Sohn wandte Herr K. sich ab und machte ein oder zwei Schritte in Richtung Straße. Er bemerkte noch, dass ein Polizist sich schwarze Handschuhe anzog, dann wurde er von hinten geschlagen und zu Boden geworfen. Er hörte seinen Sohn schreien: „Bringt meinen Vater nicht um!“ Ein Polizist rief, man solle den Hund rausholen, der solle „den Neger fressen“. Der nicht angeleinte Hund biss Herrn K., der auf dem Boden lag, überall. Ein Polizist forderte Herrn K. auf aufzustehen und hielt den Hund am Halsband fest. Als Herr K. wieder stand, wurde der Hund erneut auf ihn losgelassen. Eine Polizistin schlug Herrn K. mit der Pistole in den Nacken. Herrn K.´s Kleider waren voller Blut und zerrissen. Nach kurzer Bewusstlosigkeit fand sich Herr K. auf der anderen Straßenseite wieder!

. Die couragierte Zeugin blieb – nachdem sie auf die Vorgänge aufmerksam geworden war – die ganze Zeit da und verlangte von einem der Einsatzbeamten seinen Dienstausweis zu sehen. Um die Frau, die sich zuerst Hilfe suchend an Herrn K. gewandt hatte, kümmerte sich offensichtlich niemand mehr. Mittlerweile waren auch viele der Trauergäste aus der Halle herausgekommen, die Herrn K. und seinem Sohn beistehen wollten. Es kamen weitere Polizeiwagen, die in die Menge hinein fuhren; die Polizisten, die ausstiegen, schlugen mit Knüppeln um sich. Einem der Trauergäste gelang es, mit seiner Kamera Filmaufnahmen zu machen. Der Film ist noch vorhanden und wurde auch schon gezeigt. Herr K. wollte in die Klinik, doch es verging noch fast eine ganze Stunde bis ein Krankenwagen kam. Herr K., der sich in dem Krankenwagen in Begleitung seines Bruders und seines Sohnes befand, bemerkte, dass der Wagen ohne Blaulicht fuhr und an allen roten Ampeln anhielt. Aus Protest wollte Herr K. aussteigen,!

daraufhin fuhr die Polizei mit Blaulicht voraus. Die Polizei ! betrat m it Herrn K. und seinen Begleitern den Behandlungsraum. Nach einigem Hin und Her schickte der Arzt die Polizei aus dem Behandlungszimmer. Herr K. hatte starke Schmerzen und zitterte vor Angst. Da es auf Grund der Schmerzen nicht möglich war, Herrn K.´s Kopf durch Abtasten zu untersuchen, wurde eine Röntgenaufnahme gemacht. Der Arzt verhielt sich Herrn K. gegenüber unfreundlich, was wohl auch durch die angespannte Atmosphäre im Behandlungsraum verursacht worden sein kann. Gegen 3.00 Uhr verließen Herr K. und seine Begleiter die Klinik, von einem der Einsatzbeamten wurden sie wieder zu dem Diakonie-Gebäude an der Eschholzstraße gefahren, wo sie auf einen Bekannten trafen, der sie nach Hause brachte.

Am Ostersonntag begab sich Herr K. zur Nachbehandlung wieder in die Klinik; sowohl von dem Arzt als auch dem Oberarzt wurde Herr K. verständnisvoll behandelt. Zur Dokumentation wurden Photos von den Verwundungen gemacht. Ihm wurde geraten, sofort Anzeige zu erstatten. Noch am Ostersonntag ging Herr K. zum Polizeirevier Süd; der Beamte, auf den er traf, behandelte ihn mit Respekt und entschuldigte sich für das Verhalten seiner Kollegen. Er empfahl ihm auch, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen.

Herr K. und sein Sohn befinden sich seit dem Vorfall in Psychotherapie.

Zu ergänzen ist an dieser Stelle noch, dass es mittlerweile zu einem klärenden Gespräch zwischen Herrn K. und dem Klinikpersonal – insbesondere mit dem erstbehandelnden Arzt – gekommen ist. Der Arzt wies zwar eine fremdenfeindliche Motivation seines Verhaltens zurück, entschuldigte sich jedoch für seine Unfreundlichkeit. Herrn K. hat dieses Gespräch geholfen, es hat ihn sichtlich beruhigt und sein Misstrauen gegenüber der Klinik sehr gemildert.

Für ein „Andauern der Ermittlungen“ diesbezüglich (s. o.) durch die LPD besteht insofern also kein Grund mehr.

Gunhild Lutz, Kreisvorstand VVN-BdA Freiburg

Quelle: Stattzeitung für Südbaden
Ausgabe 69, Juni/Juli/August 2007


        16.07.07 • BZ • LeserInnenbriefe

Badische Zeitung vom Montag, 16. Juli 2007

LESERBRIEFE

Polizei

„Den Beruf verfehlt“

Zum Artikel „Da hat sich was verändert“ (BZ vom 7. Juli), der sich mit der Stellungnahme der Polizei zu Vorwürfen über die Verhältnismäßigkeit bei Einsätzen beschäftigte.

Der im Artikel erwähnte ehemalige Leiter des Polizeireviers Nord, Werner Hager, hat wohl seinen Beruf verfehlt; er wäre besser Sozialarbeiter geworden. Dann wäre ihm der geschilderte Konflikt erspart geblieben. Dann hätte er auch bei seinem Abschied den Fackelzug der Straßenpunks entgegennehmen können, was ihm jetzt wohl verwehrt war. Arg daneben gegriffen hat er auch mit dem Begriff Minderheiten, die die Gesellschaft voranbringen. Das stimmt wohl. Die von Herrn Hager betreuten Personenkreise sind aber Randgruppen und ich habe noch nie gehört, dass diese die Gesellschaft voranbringen. Im Übrigen ist es guter Brauch, dass Ruheständler ihren aktiven Kollegen ungefragt keine Ratschläge geben sollen; schon gar nicht via Presse.

Johannes Boedecker, Freiburg

„Was erwartet die Gesellschaft?“

Wenn die Gesellschaft selbst schon jedes Augenmaß verloren hat und die Würde des Menschen – hier die der Polizisten – außer Acht lässt, was erwartet die Gesellschaft dann? Wenn Eltern der Jugend keine Grenzen mehr setzen, selbst keinen Anstand und Achtung vor der Spezies Mensch haben, soll dann der, der Ordnung will, sich alles gefallen lassen? Kein Polizist kann sich erlauben, grundlos Verteidigungsschritte zu unternehmen. Oder finden Sie das in Ordnung, wenn sich Polizisten immer häufiger gewaltbereiter besoffener und bekiffter Klientel gegenüber sehen, immer öfter sogar um ihr eigenes Leben fürchten müssen, sich dann noch möglichst höflich abwartend hinstellen sollen und sich nicht verteidigen dürfen? Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie pausenlos als Arsch der Nation hingestellt würden, der nichts anderes tut, als seinen Dienst für den Staat? Genau diese Kritiker schreien am lautesten, wenn es um ihren eigenen Kragen geht. Denken Sie bitte auch an die Familien der Polizisten, die mit der Angst leben müssen, ob der Partner und Vater wohlbehalten nach Hause kommt.

Nicht immer auf Uniformierte eindreschen, sondern mehr Neutralität in der Berichterstattung, das wünschen wir uns als Bürger und Leser. Eine Freiburger Linie gibt es nicht, sondern hoffentlich eine allgemein Gültige, nämlich gegenseitigen Respekt. Die Gesellschaft hat den nämlich fast verloren.

Ursula Knopp, Freiburg

„Was ist mit der Würde der Polizisten?“

Herr Kirk hat Recht, wenn er beschreibt, dass jeder eine Situation mit seinen Augen sieht und wahrnimmt. Es ist auch richtig, dass die Polizei eine gesellschaftliche Aufgabe hat, nämlich die Bürger zu schützen und dieser Aufgabe kommt sie tagtäglich nach. Die Polizei kommt ihr in einem Maß nach, dass die BZ lediglich – und dies ist meine Sicht – in zwei Jahren sieben Einsätze hervorheben und anprangern kann. Wieviel Prozent, wenn nicht gar Promille, der polizeilichen Einsätze in zwei Jahren sind das? Sieben Einsätze, die je nach Wahrnehmung richtig oder falsch abgelaufen sind.Von denen bisher aber nur ein einziger für die Beamten korrekterweise Konsequenzen hatte. Aus diesen Fällen erkennen Sie ein geändertes Verhalten? Es geschehen Dinge, die Sie sich so nicht vorstellen können, sie passieren aber. Die Rentnerin die sich renitent in eine polizeiliche Tätigkeit einmischt, der Bürger, der die Polizei ruft, aber dann selbst aggressiv wird, die Jugendlichen, die feiern, Alkohol konsumieren und zur späten/frühen Stunde auf Beamte losgehen. Außenstehende, die sich einmischen und Polizeibeamtinnen in den Bauch treten.

Dies alles geschieht und nicht nur sieben Mal in zwei Jahren. Der Polizeibeamte, die Beamtin, soll auf jede Provokation ruhig und gelassen reagieren und dabei die Menschenwürde des Gegenübers nicht aus den Augen verlieren. Richtig, aber was ist mit der Würde des Menschen in Uniform? Die Würde von denjenigen, die ihren Kopf hinhalten, damit wir alle sicher leben können. Die Würden der Menschen die sich einer einseitigen Berichterstattung gegenüber sehen. Die genau wissen, dass es so nicht war. Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass 20 Zeugen den Satz „Friss den Neger“ nicht gehört haben, aber eine Vorverurteilung bereits stattgefunden hat?

Michael Kuhlke, Freiburg

„Gibt es die ‚Freiburger Linie‘ überhaupt?“

Die derzeitige Berichterstattung der BZ bezüglich der Polizeieinsätze in vergangener Zeit treibt mir die Zornröte ins Gesicht und die Schreibfeder in die Hand. Ich denke, Sie haben es sich mit Ihrer Wahrnehmung in Sache Polizei und Störer der Rechtsordnung zu leicht gemacht. Vielleicht hatten Sie auch nicht den Willen und den Mut, die Vorgänge klar auszuformulieren. Zunächst ist Fakt, dass die Polizei nur einschreitet, wenn Menschen und/oder die Rechtsordnung zu schützen ist. Dabei fordern Sie von der Polizei zu Recht Augenmaß und Beachtung der Menschenwürde.

Sie sagen aber nichts dazu, dass die Polizeibeamtinnen und -Beamte in vielen Fällen bereits im Vorfeld des Geschehens beleidigt, bespuckt und verletzt werden. Es ist zwischenzeitlich nicht mehr außergewöhnlich, dass die Polizei nach frustrierendem Einsatz auch noch angezeigt wird. Interessant und aufschlussreich für alle wäre sicherlich eine Nachfrage, wie viele dieser Anzeigen gegen die Polizei zur Verurteilung geführt haben. Sie vermischen in ihrem Bericht tägliche Straftaten mit politisch motivierten. Rechtsbrüche, wie eine nicht angemeldete Demonstration und fragen in diesem Zusammenhang nach der "Freiburger Linie" der Polizei. Meine Frage an Sie: Gibt es die „Freiburger Linie“ überhaupt und war sie im Sinne von Sicherheit und Ordnung richtig. Aus diesem Grund ist auch die Frage berechtigt, war die Polizei in Freiburg in vergangener Zeit zu zurückhaltend und zu weich? Wäre eine eindeutige Durchsetzung des Rechts nicht besser für den Rechtsfrieden gewesen?

Eugen Leimgruber, Freiburg


        16.07.07 • taz • „Neger“ gegen Freiburger Polizei

taz vom 16. Juli 2007

„Neger“ gegen Freiburger Polizei

Nigerianer zeigt Polizisten an: Sie hätten ihren Hund mit den Worten „Friss den Neger“ auf ihn gehetzt. Auch Beschuldigte erstatten Anzeige: versuchte Körperverletzung

FREIBURG taz In Freiburg erhebt derzeit ein aus Nigeria stammender Mann schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Eine Polizeibeamtin soll einen Hund auf ihn gehetzt und dabei „Friss den Neger“ gerufen haben. Die Polizei weist den Vorwurf zurück: Keiner der inzwischen 20 vernommenen Zeugen habe eine derartige Aussage gehört.

Die Tat soll sich bereits in der Osternacht ereignet haben. Bislang jedoch hüllte sich die Polizei in Schweigen. Zu einem laufenden Verfahren äußere sie sich generell nicht, hieß es als Begründung. Erst nach massivem Druck aus der Öffentlichkeit ging der Chef der Polizeidirektion jetzt in die Offensive. Zu Detailfragen wollte er sich bei einer Pressekonferenz am Freitag aber dennoch nicht äußern.

Wie es zu dem Vorfall kommen konnte, ist allen Beteiligten bis heute schleierhaft. Er habe eigentlich nur helfen wollen, erzählt der Nigerianer. Noch sehr genau erinnert sich der 43-Jährige an jene Nacht, ungläubig und wütend schildert er die Vorkommnisse. Er habe sich in einem Jugendzentrum aufgehalten, bei einer Trauerfeier. Plötzlich sei eine ihm nicht bekannte Frau zur Tür hereingekommen. Sie habe geweint und von einer Schießerei in einer benachbarten Kneipe berichtet. „Ich habe sofort die Polizei alarmiert“, sagt der Nigerianer. Gemeinsam mit der Frau sei er auf die Straße gegangen, um dort auf die Beamten zu warten.

Doch in der Gaststätte soll es gar keine Schießerei gegeben haben. Als die Polizisten wenige Minuten später eintrafen, fanden sie nur die weinende Frau und den Nigerianer vor. Er habe kurz mit den Polizisten geredet, berichtet der Nigerianer. Dann habe er zu seinem achtjährigen Sohn gehen wollen. Dieser hatte das Jugendzentrum inzwischen ebenfalls verlassen und stand auf der anderen Straßenseite – just an der Stelle, an der einen Tag zuvor ein Mädchen von einem Lastwagen totgefahren worden war.

„Ich war ganz auf meinen Sohn konzentriert“, gibt der Nigerianer zu Protokoll. Doch die Polizisten hätten ihn nicht gehen lassen wollen. Stattdessen hätten sie ihn auf den Boden geworfen. Zwei bis drei Beamte hätten ihn gesichert – und schließlich den Hund von der Leine gelassen. Zwölfmal habe dieser zugebissen.

Die Verletzungen wurden in der Freiburger Uniklinik behandelt. Auch dort sei ihm Fremdenfeindlichkeit entgegengeschlagen, berichtet der Nigerianer. Ein Arzt habe ihn angeherrscht, er solle ruhig sein – „und wenn es dir nicht passt, dann geh doch zurück in dein Land“. Der beschuldigte Arzt weist die Vorwürfe entschieden zurück. Zwar habe sich die Behandlung des Patienten nicht ganz einfach gestaltet, da dieser sehr aufgebracht gewesen sei, heißt es in einer Stellungnahme des Freiburger Uniklinikums. Ausländerfeindliche Äußerungen habe es aber nicht gegeben.

Kurz nach der Tat hatten sich Freiburger Politiker in die Vorfälle eingeschaltet und eine Stellungnahme gefordert. Diese kam jedoch erst jetzt, Ende vergangener Woche „ nachdem sich die Kritik verschärft hatte. Die Polizei steht in der Universitätsstadt derzeit allgemein unter Beschuss, da es andere (wenn auch nicht fremdenfeindliche) Einsätze gab, die Kritiker als nicht verhältnismäßig bezeichnen. Die /Badische Zeitung/ veröffentliche kürzlich eine Auflistung solcher Vorfälle (siehe Kasten).

Der Nigerianer hat inzwischen wegen Gewaltmissbrauch und Diskriminierung Anzeige erstattet. „Die Polizisten wollten mir die Schuld an dem Vorfall geben und waren genervt, dass ein Schwarzer die Polizei gerufen hat“, davon ist er überzeugt. Dabei habe er nur Zivilcourage zeigen wollen. Inzwischen sitzt der 43-Jährige sogar selbst auf der Anklagebank: Die Polizisten haben ihn wegen versuchter Körperverletzung angezeigt, da er sich gewehrt haben soll, als die Polizei seine Personalien überprüfen wollte.

BEATE BEULE


Kasten:

WEITERE VORWÜRFE

Die Badische Zeitung listete vergangene Woche sieben Vorfälle seit 2005 auf. Zwei Beispiele:

*31. Juli 2006:* Bei einem linksalternativen Festival versammelten sich rund 300 Menschen zu einer nicht genehmigten Demonstration. Die Polizei kesselte alle – auch unbeteiligte Passanten – ein. 359 Teilnehmer wurden kontrolliert, 27 in Gewahrsam genommen. Eine Sitzblockade wurde aufgelöst.

*15. Januar 2007:* 15 Mitglieder der autonomen Szene versuchten frühmorgens, ein abbruchreifes Haus zu besetzen. Vier Protestler wurden festgenommen, einer verletzt - laut Polizei prallte er gegen eine Baggerschaufel, nach eigenen Angaben traten ihn zwei Beamte dreimal mit den Füßen in Magen, Rippen und Schulterbereich.

KK


        20.07.07 • Wochenbericht • Polizei verteidigt sich

Freiburger Wochenbericht vom Mittwoch, 20. Juli 2007

Polizei verteidigt sich

Kriminaldirektor Amann sieht ein Problem der wachsenden Gewaltbereitschaft

Die Polizei geht in die Offensive: Nach vielen Vorwürfen gegen die Freiburger Beamten verteidigte nun deren Chef, der Leitende Kriminaldirektor Heiner Amann, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur in einem Fall hätten sich Angehörige der Freiburger Polizei falsch verhalten und schuldig gemacht.

Im Dezember 2OO5 griffen zwei Polizisten, die allerdings, so Amann, nicht im Dienst gewesen seien, einen aus Montenegro stammenden Mann an. Ein fremdenfeindlicher Hintergrund ergebe sich daraus allerdings nicht, denn die Polizisten wussten nichts über die Herkunft ihres Opfers. Gegen beide Beamte seien dienstrechtliche Konsequenzen bereits erfolgt. Bei einem der beiden ist die Schuld wohl offensichtlich, denn er ist seit dem Vorfall vom Dienst suspendiert, der zweite beteiligte Beamte wurde in eine andere Dienststelle versetzt.

Auch in einem anderen Fall, der für großes Aufsehen sorgte, nimmt Amann seine Beamten vor dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit in Schutz. Am Karsamstag 2007 erfuhr ein Mann, dass in einer Gaststätte angeblich ein Unbekannter getötet worden sei. Er alarmierte die Polizei, doch bei deren Eintreffen wollte er sich sofort entfernen und nach seinem Sohn schauen. Das wollten die Beamten nicht zulassen, denn sie brauchten noch die Personalien des Zeugen. Daraus entwickelte sich ein Wortgefecht, zudem griff der Zeuge einen der Polizisten an. Schließlich biss ein Polizeihund den Zeugen. Der behauptete hinterher, der Hund sei mit den Worten „Friss den Neger“ auf ihn gehetzt worden. Das stritten jedoch nicht nur die Polizisten ab, auch 20 Zeugen des Vorfalls, die von der Polizei gehört wurden, konnten sich daran nicht entsinnen. Tatsächlich hätten die Polizisten bei diesem Einsatz richtig gehandelt, die Personalien eines Zeugen seien wichtig.

Vorwürfe gegen die Polizei wurden auch im Zusammenhang mit einem Vorfall am frühen Pfingstmontag in Landwasser erhoben. Die Polizei wurde von einer Frau alarmiert, die Hilfeschreie und dumpfe Schläge gehört hatte. Als die Polizei eintraf, lag die zerstörte Tür des Jugendraumes im Freien. Dass sie im Freien lag ist für die Polizei wichtig, denn hinterher wurde behauptet, die Polizei habe sie eingedrückt. Das könne aber nicht sein, sonst würde sie innen liegen, betont Amann. Die jungen Russlanddeutschen, die dort waren, griffen die Polizei an. Hinterher jedoch beschuldigten sie die Polizei.

Ein wachsendes Problem für die Polizei sei die wachsende Gewaltbereitschaft. Zudem zeige sich eine Tendenz, die Polizei anzuzeigen, weil sich Beschuldigte davon eigene Vorteile versprechen. Mit Sorge beobachtet Amann zudem, dass zahlreiche Demonstrationen nicht angemeldet stattfinden würden.

Martin Pfefferle


        21.07.07 • BZ • Anwälte in Sorge um die Entwicklung bei der Polizei

Badische Zeitung vom Samstag, 21. Juli 2007

Anwälte in Sorge um die Entwicklung bei der Polizei

Gemeinsame Erklärung von neun Freiburger Strafverteidigern: Mit Polizeichef Amann wehe ein „neuer scharfer Wind“
Von unserer Redakteurin Simone Lutz

Neun in Freiburg arbeitende Strafverteidiger haben in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Sorge über die Entwicklung der Freiburger Polizei geäußert: „Es ist der Polizeidirektor selbst, der die geänderte Richtung vorgegeben hat“, schreiben die Rechtsanwälte Jörg Arnold, Sebastian Glathe, Jens Janssen, Klaus Malek, Michael Moos, Robert Phleps, Volker Seiring, Renate Tröndle und Wolfgang Vogt. Im Umgang mit Drogenabhängigen wehe seit dem Amtsantritt von Polizeichef Heiner Amann ein neuer scharfer Wind, das Auftreten der Polizei bei Demonstrationen sei deutlich martialischer geworden. „Uns ist bekannt, dass es auch innerhalb der Polizei Unmut gegen Amann gibt“, so Rechtsanwalt Jens Janssen gestern.

Anzeigen von Bürgern gegen die Polizei seien kein neuer Trend; im Gegenteil sei es Praxis, dass die Polizei diesen Anzeigen ihrerseits mit Anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt begegne, so die Anwälte in ihrer Erklärung: „Es handelt sich also nicht um eine Kampagne gegen die Polizei, sondern um eine Kampagne der Polizeiführung mit dem Ziel, das Ansinnen von Bürgern, Sachverhalte durch die Justiz überprüfen zu lassen, zu bagatellisieren und zu diskreditieren.“ Amann wäre ihrer Meinung nach besser beraten gewesen, „indem er ständige Überstunden, Beförderungssperren und unzulängliche Aus- und Fortbildung an den Pranger gestellt hätte“.

In einer ersten Reaktion wies Polizeichef Heiner Amann die Vorwürfe zurück. Der Umgang mit Drogenabhängigen entspreche den rechtlichen Bestimmungen, sei mit Stadt und Drogenpräventionsstellen abgestimmt und zeige zum Beispiel im Colombipark die Wirkung, dass deutlich weniger Drogendelikte zu verzeichnen seien. „Ich weiß nicht, woher die Verfasser ihre Behauptungen haben“, sagte Amann. Zwar stehe die Freiburger Polizei unter hoher Belastung, was Gewaltdelikte infolge von Drogen, Parties und Alkohol angehe. Doch im Regelbetrieb gebe es für Freiburg genügend Polizeikräfte. Auch könnten die Polizisten mit schwierigen Situationen umgehen, dafür sorge nicht zuletzt die allgemein hochwertige Ausbildung der Polizei. „Sozialverhalten ist bei uns ein großes Thema“, so Amann. Es gebe mehrere Konfliktberater für seine Mitarbeiter, einer arbeite sogar hauptamtlich.

Die Anwälte kritisieren auch, dass Amann nun selbst die polizeiliche Arbeit bewerte, dies sei aber Aufgabe von Strafverteidigern, Staatsanwälten und Gerichten. Amann fördere mit seinen Ausführungen den Korpsgeist bestimmter Teile der Polizei. „Wenn es darum geht, laufende Ermittlungen zu kommentieren, bin ich mir der Problematik wohl bewusst“, so Amann. Dass dies kritisiert werde, „das hatte ich befürchtet und vorausgesagt“. Doch wegen der öffentlichen Debatte einzelner Fälle habe er sich entschlossen, sich hierzu auch aus Sicht der Polizei zu äußern.


        21.07.07 • Stattweb • Freiburg: Anwälte gegen Polizei

stattweb.de-News und -Mitteilungen, 21. Juli 2007

Freiburg: Anwälte gegen Polizei

Es gab schon länger Spekulationen, ob die Polizei in Freiburg einen schärferen Kurs fahre als früher – oder ob dieses „früher“ eine verklärende Illusion sei – und in Wirklichkeit die Polizei immer gleich hart zugeschlagen habe. Neun Anwälte aus Freiburg, teilweise schon lange tätig an den Gerichten der Stadt und die es also am ehesten beurteilen können sollten, äußern sich nun recht eindeutig.

„Es ist der Polizeidirektor selbst, der die geänderte Richtung vorgegeben hat“, schreiben die Rechtsanwälte Jörg Arnold, Sebastian Glathe, Jens Janssen, Klaus Malek, Michael Moos, Robert Phleps, Volker Seiring, Renate Tröndle und Wolfgang Vogt. Kritisiert wird das Vorgehen gegen Drogenabhängige seit dem Amtsantritt des neuen Polizeidirektors und das Auftreten der Polizei bei Demonstrationen – das sei merklich draufgängerischer als früher. Dann das uralte Spiel: wo es Anzeigen von Bürgern gegen Polizisten gab, folgt überall – auch außerhalb Freiburgs seit vielen Jahren eine Gegenanzeige – meist wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“. Die Anwälte allerdings nehmen an, dass dieser Brauch in Freiburg sich erst seit kurzer Zeit eingebürgert habe. „Es handelt sich also nicht um eine Kampagne gegen die Polizei, sondern um eine Kampagne der Polizeiführung mit dem Ziel, das Ansinnen von Bürgern, Sachverhalte durch die Justiz überprüfen zu lassen, zu bagatellisieren und zu diskreditieren.“ Mit Recht kritisieren die Anwälte, „ständige Überstunden, Beförderungssperren und unzulängliche Aus- und Fortbildung“ bei der Polizei. Wie zum Beispiel beim Einsatz in Heiligendamm.

Wie zu erwarten wies Polizeichef Heiner Amann sämtliche Vorwürfe zurück. Der Umgang mit Drogenabhängigen entspreche den rechtlichen Bestimmungen, sei mit Stadt und Drogenpräventionsstellen abgestimmt und zeige zum Beispiel im Colombipark die Wirkung, dass deutlich weniger Drogendelikte zu verzeichnen seien. Dabei wird es sich um das aus Frankfurt seit Jahren bekannte Ringelreihenverfahren handeln: Man vertreibt wirklich von Ort A, worauf nach einer gewissen Zeit Ort B Sammelpunkt wird. Der wird ungemütlich gemacht und so weiter. Bis einmal die Runde durch ist – und die Kiffer finden sich am ursrprünglichen Ort wieder. Weniger sind es dabei nach allen Statistiken selten geworden.

Dann lobt Amann pflichtmäßig seine Kräfte. Im Regelbetrieb sind es genug. „Sozialverhalten ist bei uns ein großes Thema“. Mehrere Konfliktberater sind dahinter her.

Verschiedene Vorfälle, bei denen der Polizei aggressives Verhalten vorgeworfen wurde, sind immer noch nicht geklärt. Es muss nicht eigens an den beißfrohen Polizeihund erinnert werden.

Die Anwälte kritisieren nun dass Amann in eigener Person die polizeiliche Arbeit bewerte, dies sei aber Aufgabe von Strafverteidigern, Staatsanwälten und Gerichten. Amann fördere mit seinen Ausführungen den Korpsgeist bestimmter Teile der Polizei. Amann meint, er habe sich äußern müssen. Die öffentliche Debatte habe dazu gezwungen, auch wenn noch keine endgültigen Ergebnisse der Ermittlung vorliegen.

Amann zufolge scheint also alles wie immer. Keine Rede von schärferer Linie. Leiden dann alle, die es anders mitbekommen, unter Wahrnehmungsschwächen und Erinnerungstäuschungen?

Die Narben vom Hundebiss jedenfalls kann sich der Deutsche nigerianischer Herkunft wohl kaum eingebildet haben. Sowas haftet lebenslang.

Quelle


        22.07.07 • Sonntag • Kurz gefasst

Der Sonntag vom 22. Juli 2007

Kurz gefasst

Polizei >> Anwälte beklage härteres Vorgehen

Neun Rechtsanwälte aus Freiburg haben in einer gemeinsamen Erklärung ihre Sorge über die Entwicklung bei der Freiburger Polizei kungetan. Sie bemängeln, dass die Polizei insbesondere in der Drogenszene und bei Demonstrationen härter vorging als früher. Zeitlich bringen die Anwälte die Veränderung zusammen mit dem Amtsantritt von Polizeichef Heiner Amann.


        25.07.07 • BZ • Polizei und Kriminalität

Badische Zeitung vom Mittwoch, 25. Juli 2007

DRUCK-SACHEN

Polizei und Kriminalität

Durch eine Anfrage im Landtag will der SPD-Landtagsabgeordnete Gustav-Adolf Haas von der CDU/FDP-Landesregierung erfahren, welcher Zusammenhang zwischen der in seinen Augen vergleichsweise niedrigen Polizeidichte in Freiburg, der Ausstattung mit Polizeikräften, der Arbeitsbelastung der Beamten und der Aufklärungsquote bei Straftaten besteht. Anlass für die Anfrage des Abgeordneten ist die in Freiburg seit einigen Wochen intensiv geführte Diskussion um das angemessene Auftreten der Polizei.


        25.07.07 • Wochenbericht • Kritik an der Polizei

Freiburger Wochenbericht, Mittwoch, 25. Juli 2007

Die Lesermeinung

Kritik an der Polizei

Frechheit

In Ihrem Artikel „Polizei verteidigt sich“, zu lesen in der Freiburger Wochenbericht Ausgabe vom 18. Juli, kommen Sie unter anderem auf den Vorfall vom Karsamstag 2007 zu sprechen. Ich bin einer der von Ihnen erwähnten 20 Zeugen und musste mit großem Entsetzen lesen, dass Sie das „Hundebissopfer“ als aggressiven und überreagierenden Täter darstellen.

Hier nun meine Richtigstellung: Die einzige Art von körperlicher Gewalt, die der Mann anwandte, bestand darin, sich von den Versuchen dreier Polizisten, den Mann mit Würge- und Klammergriffen zu Boden zu bringen, zu befreien. Diese Verteidigung beinhaltete weder Tritte noch Schläge, sondern bestand vielmehr im Drehen und Winden seines Körpers.

Des Weiteren wurde der Mann nicht einfach nur, wie in Ihrem Bericht so harmlos dargestellt, gebissen. Nach den ersten Bißattacken des Hundes ging der Mann schließlich zu Boden und wurde dort von den drei oben erwähnten Polizisten festgehalten. Es dauerte eine lange und nicht zu rechtfertigende Zeit, bis der circa zwei Meter entfernte Hundeführer eingriff und seinen Hund zurückholte. Wie sich im Krankenhaus später rausstelte, erlitt der Mann zwölf Bisswunden.

Ich finde es eine bodenlose Frechheit, dass ein Herr Kriminaldirektor Amann behauptet, die Polizisten hätten in diesem Vorfall alles richtig gemacht. Ich frage mich, wohin unser Weg führt, wenn man von einem Polizeihund angefallen wird, weil man seine Personalien nicht preisgeben will und dies auch noch von oberster Instanz nicht nur gebilligt, sondern als richtig bewertet wird.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass Menschen durch Hundebisse bereits getötet wurden. Ich weiß allerdings nicht, ob einem so etwas in der Polizeischule beigebracht wird.

Immo Kropp

Freiburg



        Provinzdiplomatie

        01.06.07 • Pressemitteilung Haas (SPD MdL)

Pressemitteilung vom 01.06.2007

Ungeheuerliche Umstände

„Ich will nicht hoffen, dass dieser Vorfall bei der Polizei als Selbstverständlichkeit betrachtet wird“, so der SPD-Landtagsabgeordnete Gustav-Adolf HAAS, „nachdem im SWR 4 berichtet wurde, dass zwischenzeitlich festzustehen scheint, dass ein Deutsch-Nigerianer am 7. April 2007 von der Polizei offenbar grundlos angegangen, zu Boden geworfen und durch einen Polizeihund vielfach gebissen und verletzt wurde.“

In einer Anfrage an den Leiter der Polizeidirektion Freiburg Herrn Heiner Amann hatte HAAS zusammen mit SPD-Stadtrat Walter KRÖGNER (Freiburg) am 11.5.2007 die in der Anlage angefügten Fragen gestellt. Der Leiter der Polizeidirektion Freiburg hatte mit Datum vom 21.5.2007 nichtssagend geäußert und dargestellt, dass „Aussagen in den Medien, die besonders geeignet waren, Unruhe n der Bevölkerung zu verursachen....“ sich nicht bestätigt hätten.

Nachdem nunmehr offenbar die Staatsanwaltschaft den Fall an sich gezogen hat, hofft der Landtagsabgeordnete Gustav-Adolf HAAS, dass die Ermittlungen wertfrei durchgeführt werden, wobei offenbar der Ausruf eines Polizeivollzugsbeamten „Friss den Neger“ einer besonderen Beachtung unterworfen werden muss.

Nach dem SWR 4 Bericht habe sich der Deutsch-Nigerianer geweigert, seine Personalien anzugeben. Dieser hat jedoch in einer Veranstaltung des Friedensforums am 31.5. erklärt, dass man nach seinen Personalien zunächst überhaupt nicht gefragt habe und dies sei erst erfolgt, als er verletzt auf den Abtransport in die Universitätsklinik wartete.

Der SPD-Kreisvorsitzende Walter Krögner (Freiburg) fordert vor dem Hintergrund der offenbar abgelaufenen Unmenschlichkeit ebenfalls eine rückhaltlose Aufklärung: „Es kann nicht angehen, dass Bewohner der Stadt Freiburg, wenn sie die Polizei zu einem Einsatz um Hilfe rufen, ungerechtfertigt beschuldigt, verletzt und traumatisiert werden.“ Der 8-jährige Sohn des Überfallopfers befinde sich auf Grund dieser Vorkommnisse bis zum heutigen Tage in psychologischer Behandlung, weil er mit ansehen musste, wie sein Vater, der nur Hilfe leisten wollte, von den Ordnungskräften der Polizei malträtiert wurde. HAAS: „Der demokratische Rechtsstaat verträgt ein solches Polizeihandeln nicht.“ HAAS wartet die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft ab und behält sich eine Überprüfung durch das Innen- und das Justizministerium Baden-Württemberg vor.


        27.06.07 • Pressemitteilung Haas (SPD MdL)

Pressemitteilung vom 27.6.2007

Der Polizeieinsatz am 7.4.2007 gegenüber einem Deutsch-Nigerianer im Freiburger Stühlinger und die damit verbundenen Ermittlungen durch die Polizeidirektion werden immer zeitraubender, obwohl die Öffentlichkeit einen Anspruch auf die Aufklärung zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes hat.

Zu der Pressemitteilung der Landespolizeidirektion Freiburg vom 26.6.2007 stellt der SPD-Landtagsabgeordnete Gustav-Adolf Haas fest, dass offenbar vom 7.4.2007 bis heute, also rund ein Vierteljahr benötigt wurde, um nicht festzustellen, ob die Polizei am 7.4.2007 in einem Polizeieinsatz den Deutsch-Nigerianer so verletzt hat, dass er einer klinischen Behandlung unterzogen werden musste. Dass dabei ein Polizeihundeeinsatz erfolgte, der zu einem Personenschaden führte, hat ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen zu sein.
Meine Fragen sind u.a.:

1. Erfolgte der damalige Polizeieinsatz nach einem Anruf des Deutsch-Nigerianers, weil andere Streitparteien miteinander im Clinch waren und der Anruf erfolgte, um die Streithähne zu trennen?

2. Ist der Ausruf „Friss den Neger“ durch einen Polizeibediensteten erfolgt, nachdem der Deutsch-Nigerianer durch die Polizei aufgegriffen wurde?

3. Liegen private Lichtbildaufzeichnungen vor, welche den Einsatz aufgenommen haben und bestätigen und dass diese in die Ermittlungen einbezogen werden?

Die Ermittlungen in diesen konkreten Punkten dürfte aus der Sicht des Abgeordneten einfacher sein als die polizeiliche Aufnahme im Zusammenhang mit einem Gefahrgutunfall. Wenn die Polizeidirektion Freiburg nun in ihrer Pressedarstellung vom 26.6.2007 mitteilt, dass Klinikpersonal in diesem Zusammenhang wegen der Anzeige des Deutsch-Nigerianers erfolgen müsse, so stellt sich die einfache Frage, weshalb nicht zu dem eigentlichen Ereignis bereits eine Stellungnahme durch die Landespolizeidirektion erfolgt ist, denn unstrittig dürfte sein, dass das Klinikpersonal mit dem Polizeieinsatz vor Ort nichts zu tun hatte.

Haas: „Meine Hoffnung liegt auf der Sachstandsfeststellung durch die Staatsanwaltschaft Freiburg. Diese wird, dies ist meine Überzeugung, bereit und in der Lage sein, sowohl den Vorgang des Polizeieinsatzes als auch die anschliessende Betreuung in der Universitätsklinik getrennt voneinander zu erfassen und zu bewerten.“
Haas: „Der vor einem Vierteljahr stattgefundene Vor-Ort-Einsatz ist der Dreh- und Angelpunkt über die Notwendigkeit, dass die Bevölkerung erfährt, was Veranlassung und Geschehnis ist!“


        02.07.07 • Amann (Polizeipräsident) an Salomon (Grüner OB)

Freiburg, den 02. Juli 2007

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Salomon,

wie Sie in den letzten Wochen mehrfach der Presse entnehmen konnten, stehen Polizistinnen und Polizisten der Polizeidirektion Freiburg wegen angeblicher Übergriffe in der Kritik. Hierbei werden der Polizei körperliche Übergriffe, fremdenfeindliche Äußerungen sowie rassistische Verhaltensweisen vorgeworfen.

Unter Berücksichtigung der Objektivität und im Hinblick auf das Strafverfahrensrecht haben wir uns als Verfahrensbeteiligte bisher öffentlich nicht geäußert. Diese Zurückhaltung wurde uns jedoch als Verzögerungstaktik und Versuch „des unter den Tischkehrens“ vorgeworfen.

Die derzeitige öffentliche Erörterung einzelner Sachverhalte in den Medien hat aktuell ein Stadium des Misstrauens und der Unsachlichkeit erreicht, weshalb ich mich heute vertrauensvoll und offen an Sie wende.

Die Polizeidirektion Freiburg nimmt Vorwürfe jeglicher Art sehr ernst. Dabei orientieren wir uns nicht nur an Slrafanzeigen und Beschwerden, sondern wir prüfen selbständig relevante Sachverhalte und legen diese der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vor. Aufgrund des Gewaltmonopols der Polizei ist dies für mich und für die gesamte Polizeiführung eine Selbstverständlichkeit. Wir achten die Würde des Menschen und es steht für uns ohne Wenn und Aber fest, dass das positive Menschenbild des Grundgesetzes für uns verbindlichen Charakter hat. Gegen Rechtsbrecher gehen wir konsequent und nachhaltig auf der Grundlage der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland vor.

Es liegt in der Natur des Polizeiberufs,tagtäglich mit Konfliktsituationen unterschiedlichster Art und Weise umgehen zu müssen. Obwohl es sich bei den hier zur Rede stehenden Vorgängen um so genannte„schwebende Ermittlungsverfahren“ handelt und sich von daher eine verfrühte öffentliche Erörterung verbietet, möchte ich Ihnen, als politisch Verantwortliche, mitteiten, dass die öffentlich erhobenen Vorwürfe nach meiner Bewertung jeglicher Grundlage entbehren. Als Disziplinarvorgesetzter habe ich diese Vorwürfe intensiv geprüft. Ich habe keinerlei Veranlassung an den Berichten meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu zweifeln. Darüberhinaus werden die polizeilichen Darstellungen auch durch objeklive Ergebnisse gestützt. Mehr und mehr machen wir die Beobachtung, dass das polizeiliche Gegenüber mit haltlosen Gegenanzeigen auf die polizeiliche Einleitung von Ermittlungsverfahren reagiert, um für sich eine bessere strafprozessuale Positionierung zu erhalten. Hierzu gehört auch das bewusste Informieren der Medien um öffentliche Stimmung gegen die Polizei zu erzeugen.

Die Badische Zeitung kommentiert in ihrer Ausgebe vom 30. Juni 2007, die Bürgerinnen und Bürger wollen Polizisten nicht, die brutal und unangemessenen reagieren. Dies wollen wir auch nicht,aber für derartige Unterstellungen gibt es auch keinerlei Ansätze.

Das geschaffene Klima stört derzeit die Offenheit und die Bildung von gegenseitigem Vertrauen. Sie wissen, dass die strafprozessuale Unschuldsvermutung nicht ohne Grund in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6 MRK i. V. m. Art. 20 GG) für alle Rechtsstaaten als unumstößlichen Rechtsstaatsprinzip normiert ist.

Es trifft uns als Polizei und als Menschen, wenn Geistliche, maßgebliche Kommunalpolitiker, Mitbürgerinnen und Mitbürger sich in der Bewertung und Kommentierung des angeblichen Handelns von Polizistinnen und Polizisten von einem Bild leiten lassen, das dem einer Polizei in einer Diktatur, einem totalitären Staat entspricht.

Wir als Polizeidirektion Freiburg vertrauen darauf, dass Sie als verantwortliche Politiker an einem Klima mitwirken, das von Respekt und Fairness, auch gegenüber der Polizei, geprägt ist und damit gemeinsam mit uns zur Sicherheit unserer Bürger und zur Gewährleistung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung beitragen.

Mit freundlichen Grüßen

Heiner Amann


        09.07.07 • Pressemitteilung Haas (SPD MdL)

Pressemitteilung vom 9.7.2007

Hohe Kriminalitätsrate – Niedrige Polizeidichte?!

Durch eine Anfrage mit der Überschrift „Straftaten und deren Aufklärung in Abhängigkeit zur Polizeidichte“ möchte Gustav-Adolf Haas jetzt von der Landesregierung erfahren, welcher Zusammenhang zwischen der vergleichsweise niedrigen Polizeidichte in Freiburg, der Ausstattung mit Polizeikräften, der Arbeitsbelastung der Polizeikräfte und der Aufklärungsquote von Straftaten besteht.

Veranlassung der Anfrage ist die mittlerweile monatelang währende öffentliche Diskussion im Nachgang der Berichterstattung „Zum Hund: Friss den Neger“ in der Sonntag am 22.04.2007. In weiteren Berichterstattungen Freiburger Zeitungen (Stadtkurier 5.7.07, der Sonntag 8.7.07) stellt jetzt der Leiter der Polizeidirektion Freiburg diejenigen kirchlichen und politischen Funktionsträger sowie Privatpersonen in folgende Ecke: „Mir liegt es fern, Medienschelte zu betreiben. Doch was über die Polizei manchmal gedacht und angenommen wird, entspricht Vorstellungen, die man von einer Polizei in Pinochets Chile, in der ehemaligen Sowjetunion oder meinetwegen auch in der DDR haben kann“ (Der Sonntag 8.7.07).

Dazu Haas: „Die Zeit Pinochets ist in Chile zu Ende, die ehemalige Sowjetunion gibt es nicht mehr und auch die ehemalige DDR ist Geschichte. Für mich ist selbstverständlich, dass sämtliche Polizeieinsätze im Rahmen der gültigen Gesetze unseres demokratischen Staates nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen haben. Diesen Maßstab legen nach meiner Kenntnis Geistliche, maßgebliche Kommunalpolitiker, Mitbürgerinnen und Mitbürger an, wenn sie die Polizei als Freund und Helfer in deren Tätigkeit bewerten!“

Für Haas gilt: „Es ist für mich als Abgeordneter des Landtages von Baden-Württemberg, aber auch für jeden einzelnen Bürger unseres Landes eine Selbstverständlichkeit, dass die Polizei sich nicht im rechtsleeren Raum bewegt, sondern der Verhältnismäßigkeit des Handelns unterworfen ist“.

Damit dies tatsächlich auch möglich ist, verlangt Haas eine entsprechende personelle Ausstattung der Dienststellen sowie die Gewährleistung ausreichender Erholzeiten für die Beamten im Polizeidienst. Aus diesem Grunde möchte Haas jetzt von der Landesregierung wissen, wie die Polizeidirektion Freiburg im Vergleich mit anderen großstädtischen Ballungsräumen (Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe) bezüglich des Betreuungsverhältnisses, der Kriminalitätsrate und der Aufklärungsrate aufgestellt ist.


        11.07.07 • Salomon (Grüner OB) an Amann (Polizeipräsident)

Freiburg, den 11.07.2007

Öffentliche Vorwürfe gegenüber Beamten der Polizeidirektion Freiburg

Sehr geehrter Herr Amann,

für ihr Schreiben vom 02.07.2007 danke ich herzlich.

Selbstverständlich habe ich die Medienberichterstattung und die zum Teil an die Stadt gerichteten Anfragen und zum Teil kritischen Kommentierungen aus dem politischen Raum zu einzelnen Einsätzen der Polizei wahrgenommen. Ich teile Ihre Auffassung, dass viele dieser öffentlichen Äußerungen von Unsachlichkeit, Misstrauen und Voreingenommenheit geprägt waren, die für die Polizei und ihre Arbeit in hohem Maße belastend sind. Seien Sie deshalb versichert, dass sich das Bürgermeisteramt zu keinem Zeitpunkt an irgendwelchen Spekulationen über den Hergang dieser Einsätze beteiligt und öffentlich keine Stellung genommen hat.

Das Bürgermeisteramt und die Polizeidirektion treffen sich regelmäßig und wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe schwieriger Situationen gemeinsam gemeistert. Erst der Austausch von Hintergrundinformationen und Einschätzungen ermöglicht eine objektive Bewertung vom Sachverhalt.

Ich begrüße ausdrücklich Ihre Initiative, mich über den Untersuchungsstand und Ihre Erkenntnisse persönlich zu unterrichten und gleichzeitig die Öffentlichkeit zu informieren. Ich hoffe sehr, dass eine sachliche und objektive Darstellung dazu beitragen wird, die Pauschalvorwürfe aus der Welt zu schaffen und möglichen Schaden des Ansehens und der Arbeit Ihrer Beamtinnen und Beamten zu vermeiden. Soweit die Stadt ihren Teil zu einer von Respekt und Fairness gegenüber der Polizei bestimmten Debatte leisten kann, sind wir gern dazu bereit. Aus unserer täglichen Arbeit prägt uns das Vertrauen in das rechtsstaatliche Verhalten der Polizei unserer Stadt und daher ist es richtig, öffentlichen Vorwürfen offensiv zu begegnen und Vorbehalte auszuräumen.

Mir ist sehr bewusst, dass die Arbeit der Beamtinnen und Beamten gerade im Bereich gewalttätiger Auseinandersetzungen heute einen belastenderen Schwierigkeitsgrad haben und oftmals extrem risikoreiche Einsätze in diesen Konfliktsituationen erfordern. Die Stadt erkennt deshalb ausdrücklich die wichtige Aufgabe der Polizei in einem politisch oftmals schwierigen Umfeld an.

Wir werden gemeinsam Gelegenheit haben, wie bereits vereinbart, uns im Rahmen einer Dezernentenkonferenz am kommenden Dienstag, 17.07.2007 direkt neben den vorgesehenen Themen auch hierzu auszutauschen.

Ihr Schreiben habe ich zusammen mit meiner Antwort dem Gemeinderat zugeleitet.

Mit freundlichen Grüßen

2.

Nachricht hiervon

den Vorsitzenden der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen, Fraktionsgemeinschaften sowie Herrn Stadtrat Evers

mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Dr. Dieter Salomon


        17.07.07 • McCabe (Grüner Stadtrat) an Amann (Polizeipräsident)

Freiburg, den 17.07.2007

Öffentliche Vorwürfe gegenüber der Polizeidirektion Freiburg

Sehr geehrter Herr Amann,

in den letzten Wochen habe ich die öffentliche Diskussion über die Polizei in Freiburg intensiv verfolgt. Wie Sie wissen, beobachten wir als KomunalpolitikerInnen die gesellschaftlichen Entwicklungen in Freiburg mit großem Interesse.
Das staatliche Gewaltmonopol ist eine der Grundlagen für das Funktionieren des Rechtsstaates, das mit großem Verantwortungsbewusstsein ausgeübt werden muss.

Vorab möchte ich betonen: Die Polizei als Ausführende des Gewaltmonopols ist eine Säule unseres demokratischen Systems. Kritik an dieser Einrichtung darf nicht leichtsinnig geschehen. Aber genauso sollte Kritik und Zweifel an einem rechtmäßigen Ablauf von Vorgängen respektiert und gründlich untersucht werden. Ich bitte Sie daher, nicht alle Kritik und Vorwürfe, die sich auf polizeiliche Maßnahmen beziehen, als antidemokratisch abzuwehren. Bitte verstehen Sie, dass es mir, wenn ich nachfrage, nicht darum geht, die Polizei in einem schlechten Licht darzustellen. Ich mache mir wirklich Sorgen über die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Gesellschaft und Polizei in unserer Stadt.

Die derzeitige öffentliche Erörterung einzelner Sachverhalte in den Medien spiegelt Misstrauen gegenüber der Polizei wider. Dies deutet darauf hin, dass ein Problem vorhanden ist und nicht erst durch die Darstellung in den Medien entstanden ist. Das Verhältnis zwischen Polizei und zumindest einem Teil der Gesellschaft in Freiburg hat sich verändert, meiner Meinung nach verschlechtert. Uns muss es daher gehen herauszufinden, worin dieses Problem liegt.

Sie haben in Ihrer Pressemitteilung mehrere Fälle dargestellt. Wie Sie wissen, war ich Zeuge eines dieser Vorfälle. Man kann es darstellen wie Sie es gemacht haben. Man kann aber auch berücksichtigen, dass PolizistInnen vor Ort geäußert haben, die Frau habe den Krampfanfall nur vortäuscht, dass die Arme der Frau mit Kabelbindern auf dem Rücken fixiert waren, dass ein „Kessel“ (polizeiliche Abschirmung) während des Krampfanfalls stattfand, dass ein Arzt nicht durchgelassen wurde, dass der Rettungswagen nicht zügig vor Ort war und dass Bekannte dieser Frau kein Gehör bekommen haben, sondern von Seiten einzelner PolizistInnen unter anderem als „Dreck“ beschimpft wurden.

Vielleicht hat die Polizei in diesen Fall nicht rechtswidrig gehandelt. Es ist aber ein Beispiel von einer Maßnahme der Polizei, die das Vertrauen derjenigen, die es mitbekommen haben, zutiefst erschüttert.

Nun bitte ich Sie um eine weitere Erklärung zu einem Zwischenfall, der in meiner unmittelbaren Anwesenheit stattfand. Am Samstag, den 16. Dezember 2006 fand eine Demonstration statt. Bei dieser Demonstration schlug ein Polizist einen Teilnehmer der Demonstration mehrmals mit Boxschlägen ins Gesicht. Es gibt Filmaufnahmen davon, auf denen es sehr deutlich zu sehen ist. In dem Film ist auch zu sehen, dass dieser Vorfall von der Polizei selbst gefilmt und auch von anderen BeamtInnen beobachtet wurde. Seit den Aussagen von Polizeisprecher Herrn Brecht, dass interne Ermittlungen am Laufe seien, habe ich nichts mehr über diesen Fall erfahren. Können Sie mir sagen, wie der aktuelle Ermittlungsstand ist?

Die Diskussion hat eindeutig zu einem Imageverlust seitens der Polizei geführt und damit auch der staatlichen Organe als Ganzem. Wie bereits erwähnt finde ich diese Entwicklung besorgniserregend. Der Einschätzung, dass die Vorwürfe gegen die Polizei und die zuständigen Bereiche der Stadtverwaltung jeglicher Grundlage entbehren, kann ich nicht zustimmen.

Eine Verdrehung der Lage ist nicht hilfreich, ein Vergleich mit einem totalitären Staat dient der Sache nicht, und es ist wohl nicht nötig zu betonen, dass die Polizei in Freiburg sich nicht in einem totalitären Staat befindet. Aber eine Beschönigung der Situation ist auch nicht hilfreich.

Ich war über die letzen paar Jahre bei mehreren Polizeimaßnahmen anwesend, zum Beispiel bei vielen Demonstrationen und auch beim „Reclaim the Streets“. Hierbei habe ich viele Erfahrungen gesammelt. Von der Einsatzleitung vor Ort bzw. den Abschnittsbevollmächtigten wurde ich immer höflich und mit Respekt behandelt. Ich habe auch gesehen, dass PolizistInnen in schwierigen Situationen eine Beruhigung der Situation herbeigeführt haben. Leider muss ich aber berichten, dass ich es auch erlebt habe, dass ich von BeamtInnen Beleidigungen, Androhungen mit Gewalt erlebt habe, sowohl gegen mich als auch gegen andere Personen. Selbstverständlich müssen Polizeieinsätze so sein, dass der Rechtsstaat geschützt bleibt und die Gesundheit der BeamtInnen nicht gefähredet wird. Aber – dies nur als ein Beispiel – ich finde es nicht angemessen, an einem Samstagnachtmittag vermummte Sondereinheiten (BFE) durch das Stadtzentrum zu schicken um Clowns zu jagen. Dies entspricht nicht der Gefahrenlage und vermittelt das Klima eines Ausnahmezustands in der Stadt.

Ich bitte Sie daher, die Probleme nicht einfach zu den Akten zu legen. Es handelt sich nicht um Missverständnisse oder lediglich eine schlechte Darstellung in der Öffentlichkeit. Vielmehr muss die Diskussion über eine eventuell veränderte Rolle der Polizei aufgegriffen und geführt werden. Eine kritische Auseinandersetzung ist meiner Meinung nach notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Coinneach McCabe
Stadtrat (Freiburg i. Br.)

Nachricht hiervon an

OB Salomon, Fraktionen und Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat, Presse


        20.07.07 • Pressemitteilung StrafrechtsanwältInnen

Freiburg, den 20.07.2007

Als langjährig in Freiburg tätige Strafverteidiger sehen wir die Entwicklung der Freiburger Polizei mit Sorge. Die Aussagen des Leiters der Polizeidirektion Freiburg Heiner Amann können nicht unwidersprochen bleiben.

Amann hat recht, dass sich die Polizei in Freiburg verändert hat. Es sind aber nicht geänderte Rahmenbedingungen, die Kriminalstatistik weist in Freiburg – wie im gesamten Bundesgebiet - keine signifikanten Änderungen auf. Es ist der Polizeidirektor selbst, der die geänderte Richtung vorgegeben hat. Im Umgang mit Drogenabhängigen weht seit dem Amtsantritt von Heiner Amann ein neuer scharfer Wind. Das Auftreten der Polizei bei Demonstrationen ist deutlich martialischer geworden. Es ist zu vermuten, dass eine geänderte Polizeistrategie sich auch in der polizeilichen Arbeit mit anderen Randgruppen auswirkt.

Wir können und wollen aktuelle Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte an dieser Stelle nicht kommentieren. Fest steht aber bereits jetzt, dass Gegenanzeigen von Bürgern nicht etwa Ausdruck eines neuen Trends sind, es war schon immer gängige Praxis auf den Polizeirevieren, Anzeigen von Bürgern gegen Polizeibeamte wegen Körperverletzungen mit Anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu begegnen. Es handelt sich also nicht um eine Kampagne gegen die Polizei, sondern um eine Kampagne der Polizeiführung mit dem Ziel, das Ansinnen von Bürgern, Sachverhalte durch die Justiz überprüfen zu lassen, zu bagatellisieren und zu diskreditieren.

Heiner Amann übersieht, dass es Aufgabe von Strafverteidigern, Staatsanwälten und Gerichten ist, polizeiliche Arbeit zu bewerten und gegebenenfalls in einem geordneten Strafverfahren zu überprüfen. Dabei ist es oft schon schwer genug, dem Ansinnen von Bürgern bei der Justiz zum Durchbruch zu verhelfen, weil Polizei und Staatsanwaltschaft eng kooperieren, Polizisten sind – ein Blick in das Gerichtsverfassungsgesetz kann hilfreich sein - Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Die Auffassung des Polizeidirektors fördert den Korpsgeist bestimmter Teile der Polizei, sie behindert damit die Aufklärung von Straftaten, die manchmal durch Bürger und manchmal eben auch durch Polizeibeamte begangen werden.

Im Übrigen ist Rassismus kein spezifisches Problem der Polizei, Rassismus ist ein gesellschaftliches Phänomen. Rassistisches Verhalten innerhalb der Polizei kann genauso wenig geduldet werden wie Rassismus in der Gesellschaft.

Der Polizeidirektor wäre besser beraten gewesen, energisch für „seine“ Polizeibeamten einzutreten, indem er ständige Überstunden, Beförderungssperren und unzulängliche Aus- und Fortbildung an den Pranger gestellt hätte. Hierin liegt oftmals eine Ursache für das Fehlverhalten einzelner Polizeibeamter.

Prof. Dr. Jörg Arnold
Sebastian Glathe
Jens Janssen
Dr. Klaus Malek
Michael Moos
Robert Phleps
Volker Seiring
Renate Tröndle
Wolfgang Vogt

Rechtsanwälte und Fachanwälte für Strafrecht



        Bisherige Indyberichte des
Autonomen Medienkollektivs Freiburg


10.07.2007 Antifaschistischer Protest in Frankfurt/Main
10.07.2007 Aktionen gegen den Freiburger Uni-Festakt
15.06.2007 Repression während des Gipfels
25.05.2007 Squat « Le Tobbogan » in Dijon geräumt
23.05.2007 Espace Autogéré des Tanneries in Dijon bleibt
21.05.2007 Kampf um Freiräume in Dijon
08.05.2007 Besetztes Hotel Stein&Graben in Basel geräumt
03.05.2007 Schwarz-roter 1. Mai in Strasbourg & Freiburg



Freiburger Indyberichte Stadtberichte


        Ergänzungen
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Ergänzungen

ordentlich!

freiburgerin 30.07.2007 - 11:06
gute arbeit, echt!
geneigten aussenstehenden muss allerdings dazu erklärt werden, dass "repression" in freiburg weit harmloser is, als in anderen städten. sie wird als so drastisch empfunden, weil freiburg eine kleine, beschauliche studentInnenstadt, mit einer unglaublich verweichlichten linken szene is. da wird ruppiges fahren mit dem gefangenentransporter auch schon mal als "folter" definiert, die allgemeine etikette (oberschichtkinder, antideutsche, grüne gemeinderäte, hippies) tut ihr übriges dazu. in freiburg hat es schon seit jahren nicht mehr richtig geknallt.
nichtsdestotrotz herrscht auch in den maintream-medien zur zeit eine sehr kritische haltung gegenüber der polizei im allgemeinen und herrn amann im besonderen. diese situation gilt es auszunutzen und in diesem zusammenhang sind solche artikel und dokumentationen natürlich sinnvoll und begrüsseswert! vielen dank!

sweet freiburgerin

sweet freiburger 30.07.2007 - 13:00
Das hier ist ein Einblick in das letzte Jahr an Aktionen und einen Monat öffentliche Debatte, und ehrlich gesagt find´ ich das nicht so harmlos was da läuft.
Wie überall gibt es viel Grabenkämpfe und eine "verweichlichte" Linke Szene hat viel zu viele Hintergründe, um diese hier jetzt zu diskutieren. "Die allgemeine Etikette (oberschichtkinder, antideutsche, grüne gemeinderäte, hippies)" ist aber ein wichtiger Faktor. Es gibt in dieser Kombination nämlich auch antideutsche realpolitische (evtl. grüne) Oberschichtenkinder, die jedoch Militaristen sind und nicht Hippies. Das ist echt schlimm. Damit ist keine Revolution zu machen, höchstens Krieg.

Es gibt jedoch auch echt radikale, echt kreative und echt fleißige Leute (zum teil in Kombination) die voll was wett machen. "In Freiburg hat es schon seit Jahren nicht mehr richtig geknallt" ist etwas sehr abstraktes, verleitet aber zu denken das du nen Riot willst. Ich glaube es ist eher an der Zeit die bestehenden Freiräume vor radikale Fragen zu stellen. Wollen wir "oberschichtkinder, antideutsche, grüne gemeinderäte, hippies", was haben wir davon. Nen Riot, außer gegen Papa oder Palästina -- wohl kaum.

SUSI, KTS, Grether, Himmelfall und Ponyhof sind einiges an Befriedung, da braucht es erstmal Grund zum Riot. Vielleicht braucht es auch Mut zur Straftat. Jedenfalls gibt es, bevor es knallt, noch n´bisschen was zu tun. Sind wir bedroht - auf die Straße, jederzeit; "läuft´s" (theoretisch dass sich die Balken biegen) tun wa nix...
Aber wartet mal... Gibt die Aufarbeitung hier nicht Einblick in diskriminierende, rassistische, brutale und total gemeine Polizei- und Verwaltungspraxis? Ist nicht gerade eine solche Aufarbeitung (ja, ja, Freiburg ist soft, aber Freiburg hat 200.000 Einwohner!) die Möglichkeit für militante TräumerInnen, ihre Positionen nochmal zu untermauern und diese in die Öffentlichkeit zu tragen?

Die Stimmung für die Bullen, wie du richtig bemerkt hast, ist Scheiße, und der Faktor Öffentlichkeit (besonders in kleinen Städten) immer intensiv zu nutzen. Diese Öffentlichkeit hat im Zuge der letzten Monate (durch Heiligendamm insbesondere auch überregional) eine gewisse Akzeptanz für "ziviles Ungehorsam" entwickelt. Riots waren noch nie das tolle Ding um nachhaltig an einer starken Linken zu bauen. Es gibt zwar selbstvertrauen, befreit, macht Mut und erleichtert. Es hilft aber auch beim verheizen und weniger werden. Zurzeit brauchen wir viele kleine Erfolge und knallen soll es gerne jederzeit, doch dafür braucht es fleissige Leute, die eine Debatte mitgestalten. Das ist nicht nur jetzt und "in diesem zusammenhang [...] natürlich sinnvoll und begrüssenswert", sondern jederzeit eine wichtige Sache. Alle Ebenen der Kämpfe transparent machen, klischees begründen und erleuchten statt stumpf zu reproduzieren, oder auch mal propagandistisch auf die Kacke hauen, um auch Leute zu wecken die in ihren Theoriegebilden am rumknacken sind.
Danke für die Aufmerksamkeit.

Es geht immer weiter...

almost everyone is watching the cops 30.07.2007 - 14:01
"Nicht mit Wasser, sondern mit Öl gelöscht"

Zum Leserbrief von Johannes Boedecker (BZ vom 16. Juli).
Herr Boedecker schreibt über Werner Hager, den ehemaligen Leiter des Polizeireviers Nord, er "wäre besser Sozialarbeiter geworden" und "habe somit seinen Beruf verfehlt" . Ich würde das anders sehen: Ich denke, ein Polizeichef, der nicht auch gleichzeitig in einem Sinne Sozialarbeiter ist, hat seinen Beruf verfehlt. Denn er bekämpft Symptome, aber nicht die dahinterliegenden Probleme, oder vermehrt dabei die Probleme sogar noch. Und auch der Auftraggeber der Polizei, nämlich die Gesellschaft, muss sich fragen, ob sie den Auftrag der Polizei sachgerecht formuliert und überwacht. Man stelle sich vor, die Feuerwehr würde sich darauf beschränken, ausgebrochene Brände zu löschen, ohne vorbeugenden Brandschutz zu betreiben, und würde bei ihren heutigen Einsätzen auch gleich die Brandherde von morgen vorbereiten. Bildlich gesprochen ist es genau das, was ich schon bei manchen Polizeieinsätzen erleben durfte: Da wurde nicht mit Wasser, sondern mit Öl gelöscht. Bei Herrn Ammann und seinen Kollegen bin ich mir noch nicht klar darüber, ob sie mit Wasser oder mit Öl löschen. Axel Rutz, Freiburg

"Da wird Ursache und Wirkung verdreht"

Zum Bericht "Anwälte in Sorge um die Entwicklung der Polizei" (BZ vom 21. Juli).

Die "gemeinsame Stellungnahme" von neun Freiburger Strafverteidigern kann nur der — hoffentlich vergebliche — Versuch sein, die Angst vor einer vermeintlich martialisch agierenden Polizei, die ihre Bürger systematisch verfolgen würde, als Hysterie-Thema zu etablieren. Die Politisierung hysterischer Ängste ist freilich nichts Neues. Das Prinzip ist immer das gleiche. Man beschreibt einen Sachverhalt, leitet daraus eine Tendenz ab und stellt die denkbar negativsten Kausalverläufe heraus. Wer das Auftreten der Polizei bei Demonstrationen pauschal als martialisch diffamiert, verdreht Ursache und Wirkung. Die Einsatzkleidung der Polizei, die dem einen oder anderen als martialisch erscheinen mag, dient in erster Linie der Eigensicherung und ist das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung. Nahezu jede größere Demonstration wird heutzutage von Krawallmachern infiltriert, die ausschließlich die gewalttätige Konfrontation mit der Staatsgewalt suchen. Schreitet die Polizei in solchen Fällen mit Zwangsmitteln ein, schützt sie die friedlichen Demonstranten und gebärdet sich nicht martialisch. Mit der Kritik an den polizeilichen Anzeigen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt — gemeint sein dürften die Vorgänge in Landwasser — werden die Polizeibeamten in ihrer Gesamtheit des Generalverdachts der Verfolgung Unschuldiger bezichtigt. Mit welchem Recht? Strafverteidiger sollten es eigentlich besser wissen. Die Polizei ist von Gesetzes wegen verpflichtet, eine Straftat schon beim Vorliegen eines einfachen Anfangsverdachts zu verfolgen. Und das gilt auch, wenn sich eine Straftat gegen einen Polizeibeamten richtet. Übrigens: Ich habe von den Verfassern der Stellungnahme kein Wort der Anerkennung gehört, als es der Freiburger Kriminalpolizei gelang, den Auggener Kindermord innerhalb kürzester Zeit aufzuklären.

Klaus Märker, Freiburg

WOW

truth 30.07.2007 - 23:07
Das nenn ich mal journalismus WOW

lob!

ps: die gekesselte fahraddemo nach der unidemo ( http://de.indymedia.org/2007/07/187507.shtml) fehlt noch in euerem bericht? oder nich so wichtig? hab noch bilder und videos von dem kessel, falls bedarf besteht

Staatsgewalt

Mister Mow 31.07.2007 - 10:52
Vielen Dank für diese ausführliche Recherche, Zusammenhänge lassen sich so besser verstehen und relevante Vorkommnisse der letzten Jahre rücken so wieder in den Vordergrund. Achja die Linken in Freiburg sind wohl kaum mehr als ein völlig löchriger Haufen....leider, wirklich bedauerlich. Die Love or Hate Parade 07 läßt sich als sehr gutes Beispiel aufführen, das war ein derart bunt zusammengemischter haufen, der unter dem Motto für den Erhalt autonomer Freiräume und gegen Polizeirepression demonstriert hat, dass ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl einer gewissen Einheit hatte.
Naja was noch nich is kann ja noch werden.
Würde mir für die nahe Zukunft wieder mehr Aktionen in Freiburg wünschen, vor allem von denen, die wirklich was bewegen und verändern wollen. Grünenschwätzer und Hauptsache Friedlich Fraktionen nerven mich: Worte und Taten sind von Nöten.

Polizei und Rathaus auf einer Linie

heiner brecht 01.08.2007 - 01:21
Antworten auf Fragen der Grünen und ein Briefwechsel zwischen dem Polizeichef und dem OB

Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk

Nicht weniger als 14 Fragen hatten Stadtrat Coinneach McCabe und Stadträtin Monika Stein von der Gemeinderatsfraktion Junges Freiburg/Die Grünen nach der "Love or Hate Parade" am 1. Mai an die Stadtverwaltung (die BZ berichtete). Nun haben beide von Bürgermeister Otto Neideck 14 Antworten erhalten, erarbeitet vom städtischen Amt für öffentliche Ordnung – in Abstimmung mit der Polizeidirektion Freiburg. Gleichzeitig belegt ein Briefwechsel zwischen dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg und dem Oberbürgermeister das Bemühen um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Den Antworten ist zu entnehmen: Das städtische Amt und die Polizeidirektion "entscheiden jeweils lageangemessen, welche versammlungsrechtlichen Rahmenbedingungen erforderlich sind". Weiter wird mehrfach darauf hingewiesen, dass die "Parade" am 1. Mai nicht angemeldet gewesen sei und nach früheren Erfahrungen es gerade bei Dunkelheit zu Ausschreitungen gekommen sei; "diese Gefahrenlage sollte mittels dieser Auflagen minimiert werden" (Ende des Aufzugs bis 21 Uhr, zum Beispiel). Dass bei dem Umzug auf Kraftfahrzeuge verzichtet werden musste, wird damit begründet, dass "der Gefahr von Blockaden des ÖPNV, des Individualverkehrs und der Einsatzkräfte" begegnet werden sollte.

Zur Frage nach den Handlungsspielräumen des Amtsleiters wird mitgeteilt, diese gebe es, allerdings innerhalb der vorher festgelegten Rahmenbedingungen. Im übrigen wisse die städtische Behörde sehr wohl um die grundgesetzlich geschützte Versammlungsfreiheit. So wird darauf aufmerksam gemacht, dass es 2006 immerhin 153 angemeldete Versammlungen in Freiburg gegeben habe, ohne Probleme; dazu gesellten sich 36 nicht angemeldete, und da sei es "in der Vergangenheit wiederholt zu Straftaten gekommen". Deshalb die Auflagen, "um mögliche Gefahrensituationen zu minimieren". Insgesamt jedoch, heißt es in dem Schreiben: "Verwaltung und Polizei handeln stets versammlungsfreundlich."

Und beide bemühen sich um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie ein Briefwechsel zwischen dem Leitenden Kriminaldirektor Heiner Amann und Oberbürgermeister Dieter Salomon zeigt. Amann hatte sich in einem Schreiben an den OB beklagt: "Es trifft uns als Polizei und als Menschen, wenn Geistliche, maßgebliche Kommunalpolitiker, Mitbürgerinnen und Mitbürger sich in der Bewertung und Kommentierung des angeblichen Handelns von Polizistinnen und Polizisten von einem Bild leiten lassen, das dem einer Polizei in einer Diktatur, einem totalitären Staat entspricht." Tatsächlich jedoch gehe man lediglich gegen Rechtsbrecher vor – "konsequent und nachhaltig auf der Grundlage der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland". Heiner Amann schließt seinen Brief an den OB im Vertrauen darauf, "dass Sie als verantwortlicher Politiker an einem Klima mitwirken, das von Respekt und Fairness, auch gegenüber der Polizei, geprägt ist".

In seiner Antwort teilt Dieter Salomon Amanns Auffassung, "dass viele dieser öffentlichen Äußerungen von Unsachlichkeit, Misstrauen und Voreingenommenheit geprägt waren, die für die Polizei und ihre Arbeit in hohem Maße belastend sind". Daran habe sich das Bürgermeisteramt nie beteiligt. Denn: "Aus unserer täglichen Arbeit prägt uns das Vertrauen in das rechtsstaatliche Verhalten der Polizei in unserer Stadt." Die Arbeit der Polizei habe bei gewalttätigen Auseinandersetzungen "einen belastenderen Schwierigkeitsgrad". Und deshalb, so Dieter Salomon: "Die Stadt erkennt ausdrücklich die wichtige Aufgabe der Polizei in einem politisch oftmals schwierigen Umfeld an."

es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 01.08.2007 - 12:03

Jungle World-Interview

Nicola P. 09.08.2007 - 11:29
Das Autonome Medienkollektiv Freiburg hat ein Dossier zum Thema polizeiliche Repression erstellt. Ein Gespräch mit Nikolas R.* Small Talk von Stefan Wirner

Ist die Lage so schlimm in Freiburg?

Die Lage ist nicht viel schlimmer als an anderen Orten in der Bundesrepublik. Teilweise ist sie sogar besser als andernorts. Aber wir haben einen detaillierteren Blick auf die Sache. Bis vor zwei bis drei Jahren war die Polizei bei uns sehr peacig. Das hat sich mit dem neuen Polizeipräsidenten Heiner Amann geändert.

Kannst du die schlimmsten Beispiele nennen?

Die Hausdurchsuchung bei mir. Die Polizei nahm alle Rechner in meiner WG mit und leitete ein Verfahren ein wegen des Aufrufs zu Straftaten: zum Schwarzfahren. Außerdem gab es harte Urteile in den Gerichtsprozessen gegen die »Schattenparker«, da mussten einige der Wagenburgler 3 000 Euro Strafe zahlen. Die wurden ziemlich kriminalisiert. Und es gab Polizeiübergriffe auf Demonstrationen. Das waren keine Scherbendemos, wir haben Absprachen getroffen, obwohl wir die Demonstrationen nicht angemeldet hatten. Wir haben keine Lust, uns dem zu fügen. Es kann einfach nicht hingenommen werden, dass die Polizei in Demonstrationen hineinprügelt. Das Demonstrationsrecht soll immer weiter eingeschränkt werden.

Was ist denn Heiner Amann für einer?

Er wurde von Stuttgart aus eingesetzt. Es gibt einen Interessenkonflikt zwischen dem grünen Bürgermeister von Freiburg, Dieter Salomon, und der schwarz-gelben Regierung in Stuttgart. Weil es politisch nicht geklappt hat, Salomon einzubinden, soll es offenbar polizeilich geregelt werden, und der OB schweigt.

Was plant ihr als nächstes?

Wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Es gab in diesem Jahr bereits Hausbesetzungen. Und wir werden uns das Autonome Zentrum nicht wegnehmen lassen und weiter linksradikale Kritik in die Öffentlichkeit tragen.


* Name von der Redaktion geändert

Nicht mehr attraktiv...

Uli Amann 09.08.2007 - 19:58
Der Stühlinger Kirchplatz ist für die Anwohner ringsherum nicht mehr attraktiv genug

Von Julia Littmann

Es sei einer der schönsten Plätze in der Stadt, lobt Pfarrer Hansjörg Rasch von der Herz-Jesu-Kirche. Und doch wird der Stühlinger Kirchplatz von den Bewohnern des Stadtteils längst nicht mehr als attraktiv wahrgenommen. Seit zwei Jahren macht sich ein Runder Tisch stark für eine Verbesserung von Platz und Nutzung — nicht immer mit Resonanz. Ein Schreiben vom Februar an die Stadtverwaltung mit konkreten Vorschlägen blieb bislang unbeantwortet. Derweil mehren sich im Viertel Stimmen, die von einer Verschlechterung der Situation sprechen.

Insbesondere stören sich Anwohner an den Drogendealern, die sie vornehmlich im Bereich unterhalb der Stadtbahnbrücke beobachten. Außerdem hätten mittlerweile weitere Gruppen von teils obdachlosen, teils alkoholabhängigen Menschen den Platz in Besitz genommen als nur die, die sich seit Jahren regelmäßig auf dem kleinen Hartplatz an der südöstlichen Ecke des Platzes aufhalten. Mittlerweile ist auch die Gegend um den Brunnen häufiger "belagert" , auch die Treppenstufen zum Kircheneingang. Einige Male habe er gar die Treppe vor Trauungen und Taufen mit einem Polizeieinsatz räumen lassen müssen, so Pfarrer Rasch. Ulrich Nowak, Leiter des Polizeipostens Stühlinger stellt dennoch fest, dass aus polizeilicher Sicht die verschiedenen Gruppierungen, die den Platz nutzen "sämtlich unproblematisch" seien. Die Polizei zeige sich regelmäßig auf dem Platz und sei im Gespräch mit den Menschen, deren "etwas derberes Aussehen vielleicht einige Passanten abschreckt" . Dass an diesem Platz auch gedealt wird, sei der Polizei bekannt, so Nowak, aus ermittlungstaktischen Gründen könne er sich nicht dazu äußern, ob und wie die Polizei dagegen vorgehe.

Für Pfarrer Rasch liegt dem großen "Problem Stühlinger Kirchplatz" zu Grunde, dass der Platz nicht mehr selbstverständlich belebt sei von den unterschiedlichsten Menschen. "Wir haben es sehr gerne gesehen, wenn hier jede Woche eine Veranstaltung war, egal ob Kinderkunstdorf, Konzert oder Theater" , erklärt Rasch, "das soll ja ein Treffpunkt sein, da soll es lebhaft zugehen." Dass jedoch der Platz nicht zuletzt aufgrund von Anwohnerbeschwerden auf eine Art "unbelebt" sei, schade ihm.

Zudem, so ein letzthin häufig geäußerter Vorwurf im Quartier, seien problematische Gruppierungen aus der Innenstadt in Richtung Kirchplatz verdrängt worden. Doch davon will man bei der Stadt nichts wissen. "Es findet keinerlei Verdrängung aus der Innenstadt in Richtung Stühlinger statt" , vermeldet auf Nachfrage Edith Lamersdorf, Pressesprecherin der Stadt. Wie der Platz genutzt, gepflegt und geschützt werde? Daran seien diverse Stellen beteiligt, eine gemeinsame konzeptionelle Grundlage für all diese Stellen gebe es nicht. Allerdings werde etwa in einem halben Jahr das Konzept "Sichere Innenstadt" dem Gemeinderat vorgelegt, da sei auch der Stühlinger Kirchplatz Thema.

Gegen Belästigung und anstößiges Verhalten auf dem Platz wollen ganz offensiv die Teilnehmer des Runden Tisches vorgehen. Bürgerverein, Kirchengemeinde, Polizei, Sozialarbeit und einige Parteienvertreter haben sich vor zwei Jahren in diesem Forum zusammengetan. Im Feb ruar schrieben sie an die Stadtverwaltung. Sie baten eine Regelung zu verordnen, die es "Gruppen untersagt, sich überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses in dieser öffentlichen Grünanlage aufzuhalten." Die Antwort auf diesen Vorstoß lässt noch auf sich warten. Erfolg scheint aber dem rührigen Einsatz des Runden Tisches und von SPD-Stadträtin Gabi Rolland beschieden: Nach drei Jahren zäher Verhandlungen soll bald ein sechsmonatiger Versuch starten, die öffentliche Toilette unter der Stadtbahnbrücke tagsüber nach bestimmten Regularien zu öffnen. Einer von vielen konkreten Ansätzen, den Platz für alle wieder attraktiver zu machen.

Bildunterschrift: Die Belebung ist erwünscht: Vorübergehend wurde jetzt der Markt auf den Platz umquartiert.(FOTO: THOMAS KUNZ)

Badische-Zeitung vom 10.08.07

verLinkerIn 10.08.2007 - 02:42
DRUCK-SACHE
Plätze mit Problemen

Junges Freiburg/Grüne beantragen die "Situation so genannter Randgruppen im öffentlichen Raum" auf die Tagesordnung des Sozialausschusses zu setzen. Angeregt durch einen Bericht in der gestrigen BZ ("EIn Platz mit Probemen" ) will die Fraktion wissen, welches Konzept dem "Vorgehen städtischen Behörden bei der Verbannung auffälliger Personen oder Gruppen aus den Innenstadt zugrunde" liegt. Junges Freiburg/Grüne stellen eine verstärkte Konzentration solcher Menschen und Gruppen in innenstadtnahen Bereichen wie dem Stühlinger Kirchplatz, am Ufer der Dreisam und im Stadtgarten fest. Gefragt wird auch, aus welchen Gründen Platzverweise und Aufenthaltsverbote ausgesprochen werden. Die Politik der Stadt wecke den Eindruck, "dass hier die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut" .

platzverweise

truth 11.08.2007 - 01:39
ich muss gerade mal noch etwas ztum thema platzverweise erwähnen. es zwar keine so schlimme sache, aber trotzdem sehr krass, ich denke nämlich das am meisten platzverweise in freiburg im VAUBAN ausgesprochen werden. hier erscheint am platz vor der karoline-kaspar-schule ca. jeden abend wenn jugendliche rumhocken eine kleine manschaft an polizisten, kontrolliert alle ausweise und gibt allen kids die nicht aus dem vauban kommen platzverweise. jeden abend.
schlimm find ich das nicht, nur unverschämt, unverhältnissmäßig und sozial gestört. was geht den ab, das die polizei den kids, die nichts besseres zu tun hat als sich nachmittags abzuhängen und z.t. auch schon gut zu besaufen einfach platzverweise zu erteilen - nach stadtteilzugehörigkeit???? ist das rechtens?
naja, auf jeden fall beugt man so sicher hervorragend jugendkriminalität vor...

Pressemitteilung zu Polizeigewalt in Freiburg

Freiburger Friedensforum 16.08.2007 - 18:02
 
Zur Pressekonferenz der Freiburger Polizei am 13.07.2007 bezieht das Friedensforum Freiburg Stellung:

Bei einem Polizeieinsatz am 7. April 2007 wurde ein Freiburger Bürger afrikanischer Herkunft – der die Polizei im Auftrag einer Frau zu Hilfe gerufen hatte – Opfer der von polizeilichen Misshandlungen (s. Stattzeitung Ausg. 69, Juni/Juli/August 2007). Nachdem der Freiburger (Herr O.) Anzeige gegen die Einsatzbeamten gestellt hatte, stellte die Polizei in grotesker Verkehrung der Tatsachen Strafanzeige gegen den Mann wegen  Obstruktion der polizeilichen Maßnahmen“ und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Der Mann wurde mehrfach geschlagen und von einem Polizeihund schwer gebissen. Er erinnerte sich sehr klar an rassistische Aussagen der Polizisten. Bei oben genannter Pressekonferenz äußerte sich der Leiter der Polizeidirektion zu diesem Fall. Er gehe davon aus, „dass der Polizei nichts vorgeworfen werden könne“. Er wisse allerdings immer noch nicht, wie es dazu gekommen ist, dass die Polizeibeamten gegen Herrn O. Gewalt anwenden mussten. Er behauptete, O. habe sich vom Ort des Geschehens entfernt und habe sich geweigert seine Personalien anzugeben. Tatsache war, dass von Herrn O. niemand die Personalien verlangt hat und dass er in Sorge um seinen kleinen Sohn war, den er daran hindern wollte, die Straße zu überqueren. Wenn jemand sich „unkooperativ“ verhält, rechtfertigt das die Anwendung von massiver Gewalt? Herr Amann behauptet auch: „Es sind Bissmale, nicht Bisse. Bisswunden sehen anders aus.“ Damit will Herr Amann wohl Herrn O. als unglaubwürdig darstellen und ihn diffamieren. Die Hundebisse sind alle von den behandelnden Ärzten dokumentiert.

Heute behauptet die Polizei auch, an die rassistischen Äußerungen habe sich niemand der Zeuginnen und Zeugen erinnern können – es war ja gar nicht möglich: Zu diesem Zeitpunkt waren sie noch gar nicht in Hörweite.

Inzwischen wurden in der Badischen Zeitung am 14.07.2007 weitere gewalttätige Polizeieinsätze dokumentiert, wobei wir davon ausgehen, dass hiermit nur die Spitze des Eisbergs sichtbar geworden ist.

Stück für Stück versucht nunmehr die Polizei in ihrer Pressekonferenz die Glaubwürdigkeit von Betroffenen und Zeuginnen und Zeugen zu demontieren. Von diesem gewalttätigen Polizeieinsatz wurde während der Pressekonferenz seitens der Polizei dann noch abgelenkt, z.B. durch die Erwähnung unangemeldeter Demonstrationen, die mit der Sache gar nichts zu tun hatte.

Leider ist dieser Freiburger Übergriff in Deutschland kein Einzelfall: Amnesty International berichtete zuletzt 2004 über die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt seitens der deutschen Polizei. In einer Pressemitteilung vom 14. Januar 2004 stellte Amnesty fest, dass es regelmäßige Meldungen über schlechte Behandlung und Polizeigewalt in Deutschland gibt und rief die deutsche Regierung dazu auf, unverzüglich ein unabhängiges Gremium zu bilden, um den Vorwürfen nachzugehen.

Beschwerden über die Polizei würden nur mit Verzögerung oder unzureichend nachgegangen. Ein hoher Anteil der Beschwerden komme von Ausländern oder Bürgern ausländischer Herkunft, unter ihnen oft Farbige.

Viele Ermittlungen wurden über Monate, in manchen Fällen über Jahre hin verschleppt. Staatsanwälte wollten Fälle nicht an die Gerichte weiterleiten. Bei Anzeigen der so Misshandelten wurden sehr oft seitens der Polizei Gegenanzeigen erstattet, um die Opfer einzuschüchtern und um Regressforderungen zu verhindern. Wenn Polizisten verurteilt wurden, waren die Urteile äußerst milde und standen in keinem Verhältnis zum Schweregrad der Misshandlungen. Sogar in Fällen, wo es um Folter ging, hat es manchmal Jahre gedauert, bis die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen wurden.

1995 und 1997 hat Amnesty International Berichte veröffentlicht, worin dazu aufgerufen wurde in Deutschland ein System zu entwickeln, um Beschwerden gegen die Polizei regelmäßig, einheitlich und ausführlich zu erfassen. Auf eine kleine Anfrage zu Körperverletzungen im Amt antwortete die Bundesregierung im Frühjahr 2007, dass das Bundesinnenministerium keine Statistiken über Körperverletzung im Amt bei der Bundespolizei führe. Der Aufwand für eine solche Datensammlung sei „ungerechtfertigt“, da es sich um „Ausnahmetatbestände„ handle. (Bundestag Nr. 103 – Pressedienst des Deutschen Bundestages 19.4.07).

Verschiedene andere Organisationen neben Amnesty International, zum Beispiel das Komitee für Grundrechte und Demokratie, oder CILIP „Civil Liberties and Police“ kommen zu ähnlichen kritischen Betrachtungen, was die deutsche Polizei betrifft.

Daher können wir die Verharmlosungsversuche der Landespolizeiführung, die zugleich die Untersuchungen in eigener Sache führt (!), nur zurückweisen. Angesichts der allgemeinen und teilweise unsachlichen Erwägungen der Polizeiführung erscheint es uns sinnvoll vorzuschlagen, dass hier eine unabhängige Kommission erforderlich ist, um Klarheit über die bestehenden Probleme zu erhalten. Da von verschiedenen Seiten das Verhalten der Polizei kritisiert worden ist, muss sich die politische Ebene dieser Problematik annehmen.

Freiburg, den 09. August 2007

Friedensforum Freiburg

BZ-Artikel und -Kommentar zum Strafbefehl

Wer glaubt schon den Bullen? 06.09.2007 - 08:51
Badische Zeitung vom Donnerstag, 6. September 2007

Hundebiss-Fall: Verfahren gegen Polizeibeamte eingestellt

Amtsgericht erlässt Strafbefehl gegen einen in Nigeria geborenen Deutschen / Dessen Anwalt hat postwendend Widerspruch und Beschwerde eingelegt

Von unserem Redakteur Joachim Röderer

Im so genannten Hundebiss-Fall ist das Verfahren gegen vier Polizeibeamte eingestellt worden. Ein aus Nigeria stammender deutscher Staatsbürger hatte die Polizisten beschuldigt, dass sie ihn rassistisch beleidigt und einen Polizeihund auf ihn losgelassen hätten. Der Anwalt des Mannes hat jedoch postwendend Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens eingereicht — und einen Einspruch gegen einen Strafbefehl, den das Amtsgerichtes gegen den 43-jährigen Nigerianer wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung verhängt hat.

Damit ist der Fall, der viel Aufsehen erregt und ein großes Medienecho ausgelöst hat, noch nicht abgeschlossen. Wegen des Einspruchs gegen den Strafbefehl wird es zu einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht kommen. Außerdem muss die Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe über die Beschwerde des Anwalts gegen die Einstellung des Verfahrens gegen die Polizisten entscheiden.

Der umstrittene Vorfall hat sich am späten Abend des Karsamstags im Stühlinger abgespielt. Der in Nigeria geborene O. besuchte an diesem Abend mit Landsleuten eine Gedenkveranstaltung in der Ferdinand-Weiß-Straße. Dort hatte ihn gegen 23.25 Uhr eine stark alkoholisierte Passantin in wirren Worten wegen eines angeblichen Notfalls um Hilfe gebeten. O. ging mit ihr über die Eschholzstraße zu einer Gaststätte und alarmierte per Handy die Polizei. Als diese am Ort des Geschehens eintraf, kümmerten sich die Beamten zum einen um die Frau (den von ihr berichteten Notfall hat es nicht gegeben) und zum anderen um den Anrufer O. Dieser weigerte sich mehrfach und offenbar auch hartnäckig, der Polizei seine Personalien mitzuteilen. Daraus entwickelten sich ein Streit und ein Handgemenge mit den Polizisten. Am Ende wurde O. von den Polizisten überwältigt und dabei vier Mal von einem Polizeihund gebissen.

In den 1100 Seiten umfassenden Ermittlungsakten hat das "Dezernat Sonderfälle" der Landespolizeidirektion das Geschehen aufgearbeitet. Insgesamt sind 40 Zeugen — unter anderem weitere Polizeibeamte, Besucher der Gedenkveranstaltung und Passanten — gehört worden. Die Staatsanwaltschaft hat nach Auswertung der Akten kein "strafrechtlich relevantes Verhalten" der Polizeibeamten festgestellt. Auch den Rassismus-Vorwurf sieht die Staatsanwaltschaft als entkräftet. O. behauptet, eine Polizeibeamtin habe den Polizeihund mit den Worten "Friss den Neger" auf ihn gehetzt. Zudem habe die Polizistin die Dienstwaffe in Höhe seines Kopfes gehalten. Keine dieser Beschuldigungen hat sich nach der Vernehmung vieler auch "neutraler" Zeugen bestätigt, sagt die Staatsanwaltschaft. Auch der Hinwies von O., er habe dringend zu seinem Sohn gewollt, der allein auf der anderen Seite der Eschholzstraße gestanden habe, wird von der Staatsanwaltschaft als "Schutzbehauptung" eingestuft. Zeugen haben den Jungen auf der anderen Straßenseite nicht gesehen.

Eine andere Sicht der Dinge hat der Offenburger Rechtsanwalt Thomas Bayer, der O. vertritt. Bayer bezeichnet den Polizeieinsatz als "völlig überzogen". Weil die Polizei die Situation völlig falsch eingeschätzt habe, sei es zur Eskalation gekommen: "Es ist unglaublich: Da will jemand helfen und gerät dann dermaßen in die Mühlen polizeilicher Gewalt", sagt Bayer. Sein Mandant habe sich erst gewehrt, als er vom Polizeihund angegriffen worden sei. Der Rechtsanwalt sieht in den Ermittlungsakten die Aussagen von neutralen Zeugen nicht ausreichend gewürdigt, die den nach ihrer Meinung unverhältnismäßigen Einsatz durch den Angriff mit dem Hund kritisiert hätten. "Es gab überhaupt keinen Grund wegen eines Missverständnisses in dieser Art und Weise vorzugehen", meint der Anwalt. Er ist davon überzeugt, dass sein Mandant vor Gericht rehabilitiert wird.

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Badische Zeitung vom Donnerstag, 6. September 2007

MÜNSTERECK

Ein Fall ohne Sieger

Streit um Polizeieinsatz

Die Sache mit dem Hundebiss hat das Image der Freiburger Polizei angekratzt. 1100 Seiten Ermittlungsakten und die Befragung von 40 Zeugen bringen nun doch etwas Licht ins Dunkel um die nächtliche Auseinandersetzung der Polizei mit einem aus Nigeria stammenden Mann. Das Verfahren ist jedoch noch in der Schwebe, weil der brisante Fall nach dem erlassenen Strafbefehl und dem Einspruch dagegen nun vor dem Amtsgericht verhandelt wird. Es zeichnet sich jedoch ab, dass der unappetitlichste Vorwurf gegen die Polizei — nämlich dass eine Beamtin den Mann mit einer rassistischen Bemerkung beleidigt habe — wohl zu Unrecht erhoben worden ist. Keiner der Zeugen hat den Satz "Friss den Neger!" gehört. Dieses Zwischenfazit ist wichtig für die Polizei. Jenseits von strafrechtlichen Verfehlungen bleiben aber dennoch Fragen: Musste der Einsatz so eskalieren, nur weil ein Zeuge sich weigert, seine Personalien anzugeben? Hätte man — selbst bei rabiatem Widerstand des Zeugen — das Problem nicht mit mehr menschlichen Einfühlungsvermögen statt mit der Bissigkeit eines Polizeihundes lösen können oder sogar müssen? Wie immer in den laufenden Verfahren diese Fragen auch beantwortet werden: Strahlende Sieger wird es bei diesem Fall definitiv nicht mehr geben.

Joachim Röderer

boucs émissaires

BZ-LeserIn 19.02.2008 - 02:26
Badische Zeitung vom Montag, 4. Februar 2008

Haft wegen Widerstands

Zwei junge Franzosen verurteilt

Von unserem Mitarbeiter Peter Sliwka

In Abwesenheit der Angeklagten hat eine Jugendrichterin des Amtsgerichts zwei 20- und 24-jährige Franzosen wegen versuchter Körperverletzung, Gefangenenbefreiung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte per Strafbefehl zu Geldstrafen von 50 und 70 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Die Strafbefehle wurden auf Antrag der Staatsanwältin erlassen, nachdem das Gericht 25 Minuten auf die Angeklagten gewartet hatte. Als französische Staatsbürger können sie nicht zu einem Erscheinen vor einem deutschen Gericht gezwungen werden.

Ende Juli 2006 nahmen die beiden Brüder aus dem Elsass am "Do-it-Yourself-Festival" in Freiburg teil. Als sie bei einer
Demonstration am Platz der Alten Synagoge von der Polizei kontrolliert wurden, kam es zu dem Zwischenfall: Der 20-Jährige, der sich trotz eines Platzverweises in Freiburg aufgehalten haben soll, wurde von einem Bereitschaftspolizisten vorläufig festgenommen. Sein 24-jähriger Bruder soll daraufhin den Beamten von hinten angesprungen und versucht haben, ihn zu schlagen. Der Angegriffene ließ den 20-Jährigen los, der in der Menge untertauchen konnte. Zwischen dem Befreier und dem Polizisten entstand ein Handgemenge. Schließlich wurde der 24-Jährige überwältigt und ebenfalls vorläufig festgenommen. Daraufhin soll sich die Menge, darunter auch der zuvor befreite Bruder, gegen den Beamten gewendet und ihn angegriffen haben. Das wiederum verhalf dem 24-Jährigen zur Flucht.

Das Vorgehen der Polizei hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil sie an jenem 29. Juli 2006 am Platz der Alten Synagoge einen Kessel um die Demonstranten gebildet hatte, in den auch unbeteiligte Passanten geraten waren. In der Nacht zuvor war ein Polizist bei Auseinandersetzungen mit Besuchern des alternativen Kulturtreffs in Selbstorganisation (KTS) an der Basler Straße durch ein Wurfgeschoss, wahrscheinlich eine Flasche, so schwer an einem Auge verletzt worden, dass er operiert werden musste. Die Polizei war nach Angaben ihres Sprechers deshalb nicht bereit gewesen, die unangemeldete Demonstration am Platz der Alten Synagoge zu dulden.

Le prélude

BZ-LeserIn 20.02.2008 - 01:18
Badische Zeitung vom Mittwoch, 20. Februar 2008

Versammlung oder Ansammlung — das ist die Frage

Vor dem Freiburger Verwaltungsgericht wird über den Großeinsatz der Polizei beim "Do-it-yourself" -Festival im Juli 2006 verhandelt

Von unserem Redakteur Frank Zimmermann

Kaum ein Polizeieinsatz hat in Freiburg in den letzten Jahren für so viel Gesprächsstoff gesorgt wie die Einkesselung der Teilnehmer des "Do-it-yourself"-Festivals am 29. Juli 2006 in der Innenstadt. Viele stellten die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und ob das Vorgehen der Polizei damals rechtswidrig war: War es nötig, dass Hunderte von Polizisten gegen 300 Demonstranten aus der linksalternativen Szene aufmarschierten? Die Polizei rechtfertigte ihr Vorgehen unter anderem damit, dass am Tag zuvor einer aus ihren Reihen von jemandem aus dem Umfeld des Anarcho-Festivals schwer verletzt worden war und sie, auch aufgrund anderer Erfahrungen mit der autonomen Szene, nicht zwingend davon ausgehen konnte, dass die auf die ganze Innenstadt verteilten Aktionen friedlich bleiben würden. Ein 23-jähriger Jurastudent, der an jenem sonnigen Samstagnachmittag zu den Eingekesselten auf dem Platz der Alten Synagoge gehörte, klagt nun vor dem Verwaltungsgericht gegen das Vorgehen der Polizei (offiziell richtet sich seine Klage gegen das Land). Gestern fand die Verhandlung vor der dritten Kammer statt, ein Urteil wurde noch nicht gefällt. Als Zeugen geladen waren die Grünen-Politiker Monika Stein und Coinneach McCabe, die damals in ihrer Funktion als Stadträte das Geschehen beobachtet hatten.

Im Zentrum der Klage steht die Frage, ob es rechtens war, die Demonstranten, von denen 27 vorübergehend in Gewahrsam genommen wurden, zur Feststellung ihrer Personalien mehrere Stunden in praller Sonne auf der Wiese vor dem Kollegiengebäude II einzukesseln und Platzverweise auszusprechen? Der Kläger sagt Nein, schließlich habe es sich um eine Versammlung gehandelt, zu der laut Grundgesetz das Recht besteht und die von der Polizei zunächst einmal hätte aufgelöst werden müssen. Wobei der Kläger auch die Zulässigkeit dieses Schrittes in Frage gestellt hätte, da es sich um eine vollkommen friedliche Versammlung gehandelt habe. Ein Teil der Teilnehmer der Aktion unter dem anarchistischen Motto "Reclaim the Streets" ("Holt euch die Straße zurück") hatte mit Flyern, Transparenten, Tanz, Trommeln und Clownerien versucht, die Passanten auf ihr — ihrer Meinung nach politisches — Anliegen aufmerksam zu machen, das da lautet: Der öffentliche Raum gehört allen.

Die Polizei sieht das naturgemäß anders. Sie betont, dass eine solche Botschaft keineswegs erkennbar war und es sich gar nicht um eine Versammlung, sondern allenfalls um eine Ansammlung gehandelt und es für sie keinen Ansprechpartner gegeben habe.

C'est, de toute évidence, arbitraire

BZ-LeserIn 21.02.2008 - 00:36
Badische Zeitung vom Donnerstag, 21. Februar 2008

Polizeikessel: Gericht weist Klage zurück

Das Verwaltungsgericht hat die Klage eines 23-jährigen Freiburgers zurückgewiesen, der gegen das Vorgehen der Polizei beim "Do-it-yourself"-Festival im Sommer 2006 geklagt hatte (BZ von gestern). Der Jurastudent war am Nachmittag des 29. Juli 2006 mit rund 300 Festivalteilnehmern aus der links-alternativen Szene auf dem Platz der Alten Synagoge von mehreren hundert Polizisten eingekesselt und stundenlang in praller Sonne festgehalten worden. Erst als die Polizei seine Personalien festgestellt und ihm einen Platzverweis erteilt hatte, konnte der Student den Kessel verlassen. Die gegen das Land Baden-Württemberg gerichtete Klage zielte darauf ab, dass die Versammlung der Demonstranten zunächst von der Polizei hätte aufgelöst werden müssen und eine Einkesselung deshalb rechtswidrig war. Die Entscheidung des Gerichts gab dessen Pressesprecher Klaus Döll gestern bekannt. Da eine schriftliche Begründung jedoch noch aussteht, wollte die Anwältin des Klägers das Urteil gestern noch nicht kommentieren.

fz

fudder & TV Südbaden

public eyes 21.02.2008 - 14:11
Stadtgespräch

Reclaim the Streets: Versammlung oder Ansammlung?

Am 29. Juli 2006 hat die Freiburger Polizei über zwei Stunden lang zirka 300 Menschen auf dem Platz der Alten Synagoge eingekesselt. Sie hatten sich dort im Rahmen der "Reclaim the Streets"-Aktion eingefunden. Vor dem Verwaltungsgericht sollte heute geklärt werden, ob die Polizeiaktion rechtens war.

Student klagt gegen Land

Das Urteil wurde nach gut dreistündiger Verhandlung vertagt. Etwa 50 Zuschauer hatten sich im fünften Stock des Freiburger Verwaltungsgerichts versammelt, um den Prozess zu beobachten. Dieser wurde eröffnet, weil ein 23-jähriger Jurastundent gegen das Land Baden-Württemberg geklagt hat. Der Student war am 29. Juli 2006 auf dem Platz der Alten Synagoge gewesen und hatte an der "Reclaim the Streets"-Aktion teilgenommen. Die polizeilichen Maßnahmen, die er daraufhin zu spüren bekam, waren heute Gegenstand der Verhandlung, nämlich:

Das Festhalten über zwei Stunden, die damit verbundene faktische Ingewahrsamnahme, die Feststellung der Personalien und die Erteilung eines Platzverweises. All dies sei, so der Kläger, rechtswidrig gewesen. Er bezieht sich dabei auf Art. 8 Abs. 1; Art. 11; Art. 2 Abs. 2 GG.

Versammlung oder Ansammlung?

Die zentrale Frage, die das Gericht zu klären suchte, war: Was für einen Charakter hatte die Veranstaltung vor dem KG II? War es eine Versammlung oder eine Ansammlung von Menschen? Inwiefern konnten unbeteiligte Passanten beurteilen, ob es sich bei "Reclaim the Streets" um eine Demonstration handelte?

Die Klärung der Frage "Versammlung oder Ansammlung" ist deshalb von Bedeutung, weil von ihr die Rechtmäßigkeit des Polizeikessels abhängt.

Bei einer Versammlung hätte die Polizei die Menschenmasse auflösen müssen und wäre mit dem Kessel im Unrecht gewesen. Bei einer Ansammlung hingegen hätte die Polizei rechtens gehandelt, denn in diesem Fall hätte sie die Personalien der Angesammelten mit dieser Maßnahme feststellen dürfen.

Das klingt alles ein wenig realitätsfern, besonders angesichts der im Saal gezeigten Fotos von Frauen, die von der Polizei vor der Buchhandlung Walthari und am Bertoldsbrunnen mit Kabelbinder fixiert wurden. Und doch lief die Argumentation der beiden Parteien darauf hinaus, ihre favorisierte Klassifizierung zu belegen. Die Polizei, immerhin auch vertreten durch den leitenden Kriminaldirektor Heiner Amann, argumentierte, dass es sich weder um eine Demonstration noch um eine Versammlung gehandelt habe. Der Kläger hingegen sieht sein Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt.

Als Zeugen kamen Monika Stein und Coinneach McCabe zu Wort. Sie sind beide Stadträte der Grünen. Im folgenden eine Zusammenfassung der beiden Positionen.

Der Kläger

Im Internet war die "Reclaim the Streets"-Demo angekündigt, für den 29. Juli 2006 in der Freiburger Innenstadt. Die Aktion war Bestandteil des Do it yourself-Festivals (DIY), verbunden mit Workshops der "Volxküche" und vom "Bauwagen-Leben". Wer die Veranstalter von "Reclaim the Streets" waren, weiß ich nicht. Diese Aktion verstand sich als staatskritisch, aber absolut friedlich.

Zum DIY-Festival kamen junge Menschen und Studenten aus ganz Europa, teils sogar aus Mexico, nach Freiburg. Ebenfalls anwesend waren Menschen aus der KTS- und Wagenburgszene, Menschen aus der Besetzerszene und mit staatskritisch-politisch-kreativer Einstellung.

Gegen 14 Uhr versammelten sich auf dem Platz der Alten Synagoge zirka 200 Leute. Darunter war eine Sambaband, die für Bleiberecht demonstrierte sowie eine Clown-Armee, die auf ironische Art Konsumkritik vermitteln wollte. Auch ich habe da als Improvisationsschauspieler mitgemacht. Die Zusammenkunft sollte dazu dienen, dass Menschen sich gemeinsam eine freie Ordnung gestalten - ohne Zwang, basisdemokratisch, nicht konsumorientiert, sondern mit alternativen Wirtschaftsmodellen. Ein Protest gegen staatliche Repression.

Reclaim the Streets ist eine Aktion unter dem Motto "Die Straße gehört allen." Dabei war es nicht Wesensmerkmal, die Polizei hinters Licht zu führen.

Wir waren perplex, da wir frühzeitig und massiv von der Polizei angegriffen wurden. Mehrfach habe ich Polizisten, die einen Kessel um uns bildeten, gefragt, warum sie das machen. Die Antwort lautete immer: "Dazu kann ich Ihnen nichts sagen." Ich habe die friedliche Kommunikation gesucht. Stattdessen wurde ich über zwei Stunden festgehalten.

Die Polizei

Am 29. Juli 2006 haben wir ab 12.45 Uhr überall in der Innenstadt Polizeikräfte zusammengezogen. Im gesamten Innenstadtbereich, insbesondere von der Kronenstraße aus, waren Demonstranten in kleinen Gruppen unterwegs, die sich der polizeilichen Kontrolle auf zwei Arten zu entziehen suchten: Entweder sie flüchteten oder sie bildeten Überzahlsituationen, was besonders auf Straßenbahnschienen und in Ladeneingängen zu chaotischen Situationen führte. Wir hatten von der Stadt Freiburg die Auflage, einen Ansprechpartner für diese Aktionen zu finden; außerdem sollten wir Personen feststellen, die ein Aufenthaltsverbot für die Innenstadt hatten.

Das Szenario auf dem Platz der Alten Synagoge glich organisiertem Chaos. Überall hopsten Cheerleader herum, es war keine Botschaft und kein Transparent erkennbar.

Nichts hat auf einen versammlungsähnlichen Charakter auf dem Platz der Alten Synagoge hingewiesen. Deshalb haben wir den Platz schlagartig umschlossen, um Personen festzustellen, die am Abend zuvor an der Munzingerstraße einen Platzverweis für Freiburg bekommen haben. Um diesen Platzverweis durchzusetzen, ist in 22 Fällen eine Gewahrsamnahme erfolgt.

Quelle:  http://fudder.de/artikel/2008/02/19/reclaim-the-streets-versammlung-oder-ansammlung/

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Freiburg / Breisgau

Donnerstag, 21. Februar 2008 11:31

Verwaltungsgericht weist die Klage eines Studenten gegen einen Polizeieinsatz in Freiburg ab

Teilnehmer eines Festivals der linken Szene waren 2006 von mehreren hundert Polizisten eingekesselt und stundenlang festgehalten worden

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat gestern die Klage eines Studenten gegen einen Polizeieinsatz in Freiburg abgewiesen. Teilnehmer eines Festivals der linken Szene waren im Sommer 2006 auf dem Platz der Alten Synagoge von mehreren hundert Polizisten eingekesselt und stundenlang festgehalten worden. Der 23-jährige Kläger konnte den Kessel erst verlassen, als die Polizei seine Personalien festgestellt und ihm einen Platzverweis erteilt hatte. Die genaue Begründung für die Abweisung der Klage steht noch aus.

Quelle:  http://www.tv-suedbaden.de/default.aspx?ID=2107&showNews=187711

Wir geben noch lange keine Ruhe

Autonome ProzessbeobachterInnen 11.03.2008 - 14:35
Badische Zeitung vom Dienstag, 11. März 2008

Berufung im Polizeikessel-Fall

Verwaltungsgericht lehnt es ab, die Ansammlung vor dem KG II als Versammlung einzustufen

Das Verwaltungsgericht hat die Klage eines 23-jährigen Freiburgers, der gegen das Vorgehen der Polizei beim "Do-it-yourself"-Festival im Sommer 2006 geklagt hatte (die BZ berichtete), zurückgewiesen. Allerdings will der Jurastudentvor dem Mannheimer Verwaltungsgerichtshof — der nächsten Instanz — in Berufung gehen. Seine Anwältin Katja Barth von der Kanzlei Huber & Großblotekamp zeigte sich über die gestern veröffentlichte Urteilsbegründung überrascht.

Der 23-jährige Jurastudent war am Nachmittag des 29. Juli 2006 mit rund 300 Festivalteilnehmern aus der linksalternativen Szene auf dem Platz der Alten Synagoge von mehreren hundert Polizisten eingekesselt und stundenlang in praller Sonne festgehalten worden. Erst als die Polizei seine Personalien festgestellt und ihm einen Platzverweis erteilt hatte, konnte der Student den Kessel verlassen. Seine gegen das Land gerichtete Klage zielte darauf ab, dass die Versammlung zunächst von der Polizei hätte aufgelöst werden müssen und eine Einkesselung deshalb rechtswidrig war.

Das Gericht hat in seinem Urteil die Ansammlung auf dem Platz der Alten Synagoge nicht als Versammlung im Sinne des Grund- beziehungsweise des Versammlungsgesetzes eingestuft. Auch den auf die Innenstadt verteilten Einzelaktionen unter dem Motto "Reclaim the streets!" ("Holt euch die Straße zurück") sprach es den Versammlungscharakter ab, und das, obwohl die Polizei selbst bei einzelnen dieser Aktionen die Merkmale einer Versammlung erfüllt sah. Für das Gericht war nicht zu erkennen, dass es sich bei den Darbietungen "anwesender Künstlergruppen" nicht bloß um Freizeitgestaltung und "die Befriedigung kultureller Bedürfnisse" gehandelt habe, sondern diese auch der Kundgabe oder Erörterung einer Meinung gedient hätten. Für Anwältin Barth ist die Weigerung des Gerichts, die Ansammlung als politische Versammlung einzustufen, "ein Schlag ins Gesicht". Stets sei in den Medien, auch von der Polizei selbst, von einer Demonstration gesprochen worden. Zudem hatten Zeugen vor Gericht von Flugblättern berichtet, auf denen die Botschaft von "Reclaim-the-Streets" erklärt worden sei, und es wurden Transparente gesichtet. Zwar hätten sich, so das Gericht, die Personen in der Ansammlung friedlich verhalten. Doch seien vor dem Hintergrund der Gesamtvorgänge — ein Polizist war im Vorfeld schwer verletzt worden — weitere Gewalttätigkeiten zu befürchten gewesen.

fz

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super

artikel 29.07.2007 - 08:57
danke für diese großartige zusammenstellung

besonders brutale Bullen?

Lars 29.07.2007 - 09:09
Tach,

also besondere Brutalität kann ich (außer bei der Straßenbahnszene) aber nicht finden. Ganz egal, dass die Aktionen der Bullen scheisse sind, bei uns in Berlin sieht die Sache meist anders aus. In dem Video werden kaum Helme getragen und die Sitzblockade wird ohne Schlagstockeinsatz oder Wasser geräumt.

Kann sein, dass das im Vergleich zu Freiburg vor einigen Jahren schon heftig ist, aber schaut Euch mal um, was woanders abgeht..

kiss+@Lars

greetz 29.07.2007 - 09:23
echt, und du hast es geschafft den artikel in zwei stunden zu lesen? klar scheint verhältnismäßig soft, aber für ne stadt die 25 mal kleener iss als berlin gabs schon interessante Repressionsvorkomnisse, oder? seems to be good work. comment later

boah

echt 29.07.2007 - 22:02
krass!