Solidemo für D.I.Y.-Freiburg in Heidelberg

restistRepression 02.08.2006 02:50 Themen: Freiräume Repression
Aus Anlaß der gewaltsamen Räumung des D.I.Y.-Camps in Freiburg und der Polizeigewalt während des D.I.Y.s fand am Montag (31.07.06) in Heidelberg eine spontane Solidemo für das D.I.Y. und die von Repression betroffen AktivistInnen statt.
Die Demo mit ca. 40 Menschen startete vor dem Heidelberger Rathaus und ging von dort durch die Hauptstraße bis zum Akademieplatz, wo eine Kundgebung abgehalten und das Flugblatt vorgelesen wurden. Danach gings zurück die Hauptstraße hoch bis zum Uniplatz. Die zahlreichen BesucherInnen der Einkaufsmeile wurden über Flugblätter und per Megafon über das Anliegen der Demo informiert.


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Hier der Text des verteilten Flugblatts:


...Polizeigewalt bei D.I.Y.-Tagen in Freiburg...

Bei den bis gestern in Freiburg stattfindenden linken „Do It Yourself“-Tage kam es zu massiven Übergriffen von Seiten der Polizei. Die Polizei versuchte mithilfe einer unglaublichen Repressionsstrategie jede kreative Aktion schon im Keim mit einem massiven und martialisch auftretenden Polizeiaufgebot zu ersticken und ging äußerst gewaltsam gegen friedliche DemonstrantInnen vor.

...Was ist das D.I.Y....
In Freiburg fanden vom 26. bis zum 30. Juli 2006 die sogenannten „Do It Yourself“-Tage (D.I.Y.-Tage) statt. Auf diesem politisch-kulturelle Festival kamen hunderte Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen, die sich auf vielfältige Weise gegen die Staaten, Nationen und kapitalistische Zwangsverhältnisse und für ein selbstbestimmtes Leben einsetzen. Ziel der D.I.Y.-Tage war nicht nur der gegenseitige Austausch, die Diskussion und das gemeinsame Feiern sondern insbesondere auch die Forderungen nach einem Leben jenseits staatlicher, kapitalistischer und sonstiger Zwangsverhältnisse mit kreativen Aktionen auf die Strasse zu tragen. Außerdem war für die auswärtigen BesucherInnen der D-I.Y.-Tage ein Camp errichtet worden und es waren an verschiedenen Orten zahlreiche Workshops und Vorträge geplant.

...Die Polizeiliche Eskalationsstrategie beginnt...
In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli provozierte die Polizei als sie direkt vor dem Selbstverwalteten Zentrum KTS einen Teilnehmer des D.I.Y. mit dem Vorwurf er habe gesprayt festnahm. Um den Grund für diese provozierende Maßnahme und den Namen der festgenommenen Person zu erfahren kamen 80-100 BesucherInnen der KTS zum Ort des Geschehens und solidarisierten sich mit der festgenommenen Person. Die Polizei zeigte sich allerdings in keiner Weise verhandlungsbereit und sperrten stattdessen die mit Handschellen gefesselte Person in ihr Auto ein. Sofort holte die Polizei Verstärkung die mit Hunden anrückte und so die Situation weiter anheizte. Das Polizeiauto mit dem Gefangenen versuchte immer wieder diesen Wegzufahren und überfuhr dabei beinahe Menschen die dies durch eine Sitzblockade zu verhindern versuchten. Die Situation eskalierte, es kam zu gerangel und vereinzelt folgen Flaschen. Nach einer Viertelstunde wurde dann entschieden das Polizeiauto mit der verhafteten Peron doch fahren zu lassen um die Situation zu deeskalieren.

...Der Vorwand ist da: die Kriminalisierung kann beginnen...
Diesen von der Polizei selbst erzeugten Vorfall nahm sie zum Anlass um in den folgenden Tagen die wie es scheint ohnehin geplante Repressionsstrategie gegen die D.I.Y.-Tage umzusetzen. Noch in der selben Nacht sperrte die Polizei die KTS komplett und kontrollierte alle Leute, die das Gelände verlassen wollten, nahm ihre Personalien auf und fertigte Fotos von ihnen an.
Am nächsten Tag (28. Juli) umstellt die Polizei das D.I.Y.-Camp mit einem riesigen Aufgebot (ca. 3-400 Beamte), räumt das Areal und verteilt Stadt- und Landesverbote für den Rest der Woche. Zwei Personen werden festgenommen. Grundlage dieser Räumung ist eine bereits vor den Vorfällen der Nacht ausgestellte Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg. Und dies obwohl die Stadt zuvor zugesichert hatte das Camp zu dulden.

...Polizeigewalt gegen friedliche DemonstrantInnen...
In Fortsetzung ihrer Repressionsstrategie versucht die Polizei auch am Folgetag (29. Juli) jede kreative Aktion schon im Keim zu ersticken. TeilnehmerInnen der für diesen Tag geplanten bunten Demonstration unter dem Motto „Reclaim The Streets“ (RTS) versucht die Polizei schon auf dem Weg dorthin vom erreichen der Innenstadt abzuhalten. Trotz dieses repressiven Vorgehens finden an verschiedenen Orten kreative Aktionen statt. So wird am Münsterplatz ein großer kostenloser Swimming Pool und ein kostenloses Spielcasino aufgebaut. Am Bertholdsbrunnen in der Fußgängerzone spielt ein Geiger, Lieder wurden gesungen und eine Truppe von Clowns versucht mit einer Performance den hektischen und von Konsum geprägten Alltagstrott der Einkaufsmeile zu durchbrechen. Als Persiflage auf die deutsche Ordnungsmentalität und als Protest gegen eine Politik der „sauberen Innenstadt“ machten sich die Clowns daran, mit bunten Wedeln die Straßenbahngleise und den Bertholdsbrunnen zu putzen. Doch offenbar waren in den Augen der PolizistInnen dadurch Ruhe, Ordnung und Konsum bereits in inakzeptabler Weise gestört. Hunderte von PolizistInnen, darunter seit Jahren auch erstmals wieder in Freiburg eingesetzte, martialisch ausgestattete Spezialkräfte, griffen unter dem Vorwand der „Vermummung“ gezielt die Clowns heraus und führten sie unter den verständnislosen Blicken vieler PassantInnen und unter lautem Protest der anderen DemoteilnehmerInnen gewaltsam ab.
Kurze Zeit später finden sich mehrere Hundert Menschen auf dem Platz der alten Synagoge ein. Es wird getanzt (Cheerleader) und eine Sambagruppe macht Musik. Ohne Vorwarnung kesselt die Polizei alle Leute, die sich zu dem Zeitpunkt friedlich feiernd auf der Wiese aufhalten, mit einer mehrreihigen Polizeikette ein die sie immer enger zieht. Dort sind sie die nächsten Stunden gefangen und der Sonne ausgesetzt. Die Sambagruppe versuchte unentwegt, der brutalen Demonstration von Staatsgewalt etwas entgegenzusetzen. ZeugInnen und Presse sind offensichtlich unerwünscht und werden immer wieder aufgefordert sich zu entfernen und an ihrer Arbeit gehindert. Als Vorwand für dieses Vorgehen gibt die Polizei an, dass sich unter den DemonstrantInnen solche befänden, die am Vortag einen Stadtverweis erhalten hätten.
Die Polizei führt die weit über 200 Menschen teilweise äußerst brutal einzeln aus dem Kessel, nimmt die Personalien auf und fertigt Foto- und Videoaufnahmen von ihnen an. Über 60 Personen werden in Gewahrsam genommen. Am Ende zeichnet sich die Polizei durch besondere Gewalttätigkeit gegenüber den eingekesselten aus. Sie tritt und schlägt mit Schlagstöcken auf die am Boden sitzenden Eingekesselten ein und zerrt sie unter massiver Gewaltanwendung heraus. Da ging zu keinem Zeitpunkt Gewalt von den Angegriffenen aus noch setzten sie sich gegen die Behandlung der Polizei zur Wehr.
Mindestens sieben der friedlichen DemonstrantInnen wurden durch den Polizeieinsatz ernsthaft verletzt und mussten ärztlich behandelt werden. Blutergüsse sind die Regel. Mehrere Personen erlitten Schockzustände und eine Frau einen krampfartigen Anfall. Dieser Frau waren (wie den meisten anderen) die Hände mit Kabelbindern auf dem Rücken gefesselt, die sich unter Belastung enger zusammenziehen. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Umstehenden wurden der sich schüttelnden Frau die Fesseln nicht abgenommen. Stattdessen fixierten die Polizisten die Frau brutal am Boden und ließen niemanden durch. Eine Personen, welche die Medikation der Frau in Erfahrung gebracht hatten, wurden einfach weggeschubst. Selbst als ein zufällig anwesender Arzt seinen Dienstausweis vorzeigte, wurde er nicht durchgelassen.

Doch damit nicht genug: Noch am selben Abend umstellt die Polizei einen Wagenplatz in Freiburg und lässt zwischen 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr morgens niemanden außer den BewohnerInnen selbst aus- noch eingehen. Auch am Sonntag den 30. Juli setzt die Polizei ihre repressive Strategie fort und kesselt beispielsweise eine Gruppe von Clouns ein und nimmt ihre Personalien auf.


Wir solidarisieren uns mit den TeilnehmerInnen der D.I.Y.-Tage.

Staatlicher Repression entgegentreten!

Nationalstaaten und Kapitalismus abschaffen!

„Do it yourself“ - nehmen wir unser Leben selbst in die Hand!
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Indymedia-Artikel zum D.I.Y. in chronologischer Reihenfolge:

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153380.shtml (Freiburger Polizei schafft sich den Vorwand für ihr späteres Vorgehen)

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153443.shtml (DIY-Camp geräumt)

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153539.shtml (Polizeigewalt bei RTS 1)

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153622.shtml (Polizeigewalt bei RTS 2 (Bilder))

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153819.shtml (D.I.Y. beendet)

-  http://de.indymedia.org/2006/07/153836.shtml (Aktion gegen Freiburg Verbot)

-  http://de.indymedia.org/2006/08/153868.shtml (Straßenpunx geräumt)
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Ergänzungen

Danke für die Solidarität!

(A)narchia 02.08.2006 - 11:49
Am Samstag findet eine Demo in Freiburg statt.
14 Uhr Innenstadt

Straßenpunks geräumt !

Punka Kalle 02.08.2006 - 15:14
Zusätzlich wurde am Dienstag, den 1. August 2006, wurden die Freiburger Straßenpunx von ihrem Wagenplatz in der Hermann-Mitsch-Straße geräumt. Das Gelände war vor zwei Wochen besetzt und gegen eine erste Räumung verteidigt worden (Indy berichtete: 1 2 3). Mit dieser völlig unnötigen Eskalation demonstriert der grüne Oberbürgermeister Salomon erneut seinen "Null Toleranz"-Kurs gegenüber alternativem Leben. Offenbar versucht der bundesweit höchste Funktionär der Grünen sich um jeden Preis als "Law and Order"-Hardliner zu profilieren. Gegen die heutige Provokation und die Polizeigewalt der letzten Tage gibt es am Samstag, den 5. August, um 14 Uhr eine Antirepressionsdemo am Bertoldsbrunnen.

Sagt mal

Hinz 02.08.2006 - 15:16
Aber hieß die Veranstaltung nicht D.I.Y. - against the state ?! Irgendwie taucht das jetzt gar nicht mehr auf im nachhinein

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 03.08.2006 - 20:09

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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danke! — türmer

vielen DANK — böser bert

über Stadtgrenzen hinweg — mittelklasse anarchistInnen