BERLIN: Freiheit für Giannis Michailidis – der Kampf geht weiter!

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KUNDGEBUNG: Freitag 5. August, 18 Uhr, Kottbusser Tor (19:00 Demo)

Der griechische Anarchist Giannis Michailidis hat seinen Hungerstreik für seine Freilassung unterbrochen. Aber er ist immer noch nicht frei. Während Vergewaltiger aus der Prominenten-Clique keine Strafe erhalten, werden derzeit FLINTA*-Demos gegen Femizide – wie zuletzt vor dem griechischen Parlament – von der Polizei niedergeknüppelt. Die illegalen Pushbacks von Refugees mit sehr vielen Toten an Griechenlands Grenzen hören nicht auf. Und der Ausnahmezustand wurde bis Oktober in Athen ausgerufen, weil schon jetzt massive Proteste der Bevölkerung gegen Gentrifizierung und gegen die Rodung eines Parks wegen dem Bau einer U-Bahn-Station mitten im rebellischen Exarchia befürchtet werden. Auch hier sind wir solidarisch mit den Protesten aller rebellischen Nachbarschaften, wie u.a. dem sich formierenden Protest gegen die geplante Polizeistation am Kottbusser Tor.

Deswegen rufen wir weiterhin zur Kundgebung (+ Demo) am 5. August in Kreuzberg auf und sagen: „Freiheit für Giannis Michailidis – der Kampf geht weiter!“

„Ich bin in der unglücklichen Lage, mitteilen zu müssen, dass ich diesen schwierigen Kampf abbrechen muss, ohne etwas Wesentliches gewonnen zu haben.“ Mit diesen Worten setzte der griechische Anarchist Giannis Michailidis, der seit 68 Tagen im Hungerstreik war, seinen Protest am 28. Juli aus. Einen Tag zuvor hatten Richter einen Antrag auf seine bedingte Freilassung abgelehnt und der korrupte rechtskonservative Staat ließ am Abend eine weitere Demo im Zentrum Athens im Tränengasnebel ersticken. Die Entscheidung war eindeutig, eher solle Michailidis einen langsamen Tod durch Hungerstreik im Knast sterben, als den gesetzlichen Vorgaben folgend, nach 3/5 seiner Strafe entlassen zu werden. Giannis Michailidis betonte in seiner Erklärung, dass er weitermachen werde: „Der Kampf ist jedoch noch nicht vorbei, und ich habe nicht vor, ihn unvollendet zu lassen. Die Unterbrechung ist vorübergehend.“

Die aktuelle korrupte rechtskonservative Staatsjunta von Griechenland will einen totalen Rollback und will daher an Giannis Michailidis auch deswegen ein Exempel statuieren, weil er ein Beispiel einer Kontinuität von sozialen Kämpfen in Griechenland darstellt, durch die verschiedene korrupte Regierungen in der Vergangenheit teilweise ins straucheln gerieten.

Zur Zeit sind in Athen Demonstrationen kaum möglich, weder gegen patriarchale Gewalt und Femizide, noch Gentrifizierung in Exarchia, schon gar nicht zur Situation der Gefangenen. Sie werden brutal niedergeknüppelt oder teils verboten. Das alles auch während der Tage, an dem die deutsche Außenministerin Baerbock in Athen weilte und Griechenland als den „wichtigsten Partner in der Region“ lobte. Gleichzeitig kauft der deutsche Immobilienspekulant Engel & Völkers ganze Stadtteile in Athen auf.

Das sog. Ministerium für Bürgerschutz hat den Ausnahmezustand bis Anfang Oktober mit anlasslosen Kontrollen und Videoüberwachung in zahlreichen Stadtteilen der Hauptstadt Athen ausgerufen, weil die Protestaktionen und Demonstrationen sich stärker ausweiteten und breiter wurden. Längst geht es der rechten Regierung von „Nea Dimokratia“ (mit der deutschen CDU verbündete rechtskonservative Partei) nicht nur darum, den Gefangenenwiderstand zu brechen, sondern darum mit voller Wucht des seit längerem dezidiert mit neuen Einsatztechniken aufgerüsteten Polizeiapparats die gesamte antagonistische anarchistische Szene und darüber hinaus jeglichen Protest auch von linken und autonomen Zusammenhängen zu zerschlagen. Auch weil sie genau wissen, dass sich die sozialen Kämpfe und Streiks in Griechenland angesichts des staatlichen Totalitarismus und der sich wieder stärker zuspitzenden Krise (Preissteigerungen, Gentrifizierung, etc.) in nächster Zeit mit Sicherheit wieder intensivieren werden.

Von Anfang an wurde der Kampf von Giannis Michailidis durch eine internationale Kampagne unterstützt, die weit über die Grenzen Griechenlands hinausging. Es hat viele Aktionen gegeben, von Demonstrationen über Besetzungen bis hin zu militanten Aktionen.

Und gerade jetzt, während es sich in Griechenland immer weiter zuspitzt, wird es daher wieder Zeit, den kämpfenden Genoss:innen gegen den rechtskonservativen korrupten griechischen Polizeistaat mit internationalistischen Solidaritätsaktionen zur Seite zu stehen.

Versammlung in Solidarität mit Giannis Michailidis in Berlin, August 2022

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Ergänzungen

Kolumne von Jonas Wahmkow, Berlin 1. 8. 2022
https://taz.de/Bewegungstermine-in-Berlin/!5871327/

Aktivist im Hungerstreik

68 Tage hat der griechische Anarchist und Aktivist Giannis Michailidis im Hungerstreik verbracht, um seine Freilassung aus dem Gefängnis zu erwirken. Nach 9 Jahren Haft hat Michailidis seine Mindesthaftzeit abgesessen und befindet nun in „Präventivhaft“ unbestimmter Dauer. Der Aktivist befand sich bereits in einem lebensbedrohlichen Zustand, als er seinen Hungerstreik freiwillig beendete.

Schon seit einigen Jahren bündeln sich die verschärfenden Krisen Europas in Griechenland. Systematische Menschenrechtsverletzungen an Geflüchteten, zerstörerische Waldbrände und eine immer gewaltiger werdende Repression gegen soziale Proteste, um nur einige zu nennen.

Ein wesentlicher Grund für die sozialen Verwerfungen Griechenlands ist auch das strikte Austeritätsregime, das die europäischen Großmächte Deutschland und Frankreich Griechenland in Folge der Finanzkrise 2008 auferlegt haben.

Michailidis' Hungerstreik mobilisierte vor diesem Hintergrund nicht nur zahlreiche Proteste in Griechenland, sondern auch kleinere Aktionen in Deutschland. So besetzten Ak­ti­vis­t:in­nen am 20. Juli das Amnesty International-Büro in Berlin, um die Menschenrechtsorganisation aufzufordern, sich für die Freilassung Michailidis' einzusetzen. Am Freitag gibt es eine weitere Demo in Solidarität mit Michailidis (Freitag, 5. August, Kottbusser Tor, 18 Uhr).