Philadelphia: Proteste für die Freilassung von Mumia Abu-Jamal

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Am 8. und 9. Dezember 2017 gab es in Mumia Abu-Jamals Geburtsstadt Philadelphia Proteste für seine Freilassung. Der afroamerikanische Journalist und ehemalige Black Panther ist aufgrund eines heftig umstrittenen Verfahrens (1) seit 1981 in Haft.

Mumia Abu-Jamal wurde in einem manipulierten Verfahren unter Verwendung gefälschter Beweise und erpresster Zeuginnenaussagen für den Tod des Polizisten Daniel Faulkner verurteilt (2), obwohl es unstrittig ist, dass es Faulkner war, der Abu-Jamal durch die Lungen schoss. Mumia überlebte und hat sein Leben seitdem in verschiedenen Gefängnissen verbracht. 29 Jahre davon sass er sogar in der Isolationshaft des Todestraktes, bevor es aufgrund internationaler Proteste 2011 endlich gelang, das Todesurteil aufzuheben. Der US Supreme Cout gestand damals zu, dass die Verurteilung durch Verfassungsbrüche zustande gekommen war, liess den Journalisten jedoch nicht frei. Am 17. Januar 2018 wird es nun eine weitere gerichtliche Teilprüfung des Verfahrens geben. Dabei geht es um die Rolle des früheren Staatsanwaltes Ron Castille, der 1982 an Mumias Verurteilung beteiligt war und später, 1994 als Berufungsrichter im gleichen  Verfahren die Revision leitete und - als "unbegründet" einstellte.

Vergangenes Wochenende nahmen mehrere Hundert Menschen unter der Fragestellung "Have Black Lives Ever Mattered?" an Veranstaltungen und Protesten in Philadelphia Teil. "Have Black Lives Ever Mattered?" ist auch der Titel eines neuen Buchs von Mumia Abu-Jamal.
 
Am 8. Dezember 2017 kamen Aktivist*innen aus Pennsylvania, New York, weiteren US Bundesstaaten sowie verschiedenen Ländern zu einem Austausch über praktische Gefangenensolidarität und koloniales Unrecht zusammen. Mumia Abu-Jamal und zwei weitere Gefangene riefen die Teilnehmer*innen an und berichteten aus dem (Über-) Leben in der Masseninhaftierung der USA.

Am 9. Dezember 2017 trafen sich trotz extremer Kälte weit über 100 Menschen an der Statue des ehemaligen Polizeichefs Frank Rizzo im Stadtzentrum von Philadelphia, um mit einer Demonstration die Freiheit von Mumia Abu-Jamal zu fordern. Der Treffpunkt war in mehrfacher Hinsicht bedeutend. Rizzo hatte  in den 1970ern als Oberster Polizist der Stadt den Beinamen des "wandelnden Schlagstocks" erhalten und war für seine rassistische und brutale Haltung gegenüber People Of Color berüchtigt gewesen. Er war es auch, der den Journalisten Abu-Jamal nur wenige Monate vor dessen Verhaftung 1981 öffentlich für dessen Berichterstattung über Racial Profiling und rassistische Morde durch die Polizei bedrohte. In späteren Jahren wechselte Rizzo in die Politik und wurde Bürgermeister von Philadelphia. 1991 verstarb er. Die Black Lives Matter Bewegung kämpft seit über einem Jahr dafür, dass die Statue dieses Politikers endlich aus dem Stadtbild entfernt wird, welche wie keine andere für rassistische Spannung und Diskriminierung steht.

Die Demonstration ging durch die Innenstadt von Philadelphia und erregte trotz Schneefall und eisigen Windes große Aufmerksamkeit. Ein zentrales Thema war u.a. das Menschenrecht von Gefangenen auf medizinische Versorgung, für das die FREE MUMIA Bewegung die vergangenen zwei Jahre sehr erfolgrich im US Bundesstaat Pennsylvania gekämpft hat (3).

Eine Gruppe von "Food not Bombs" empfing die Demo am Ende mit vegetarischem Chilli, bevor es eine weitere Veranstaltung zur Masseninhaftierung und Gefängnisindustrie (4) in einer Kirche gab, an der große Teile der Demonstrant*innen teilnahmen.

 

alle Fotos von Joe Piette aus Philadelphia

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(1) Bericht von Amnesty International "A Life in the Balance the case of Mumia Abu-Jamal" im englischen Original  und deutscher Übersetzung

(2) Ausführliche Untersuchung des Verfahrens aus dem Jahr 2007 von der Mumia-Hörbuchgruppe Berlin 

(3) Zwischen Frühjahr 2015 bis zum Mai 2017 gab es zahllose Proteste, Go-Ins und juristische Initiativen, um die medizinische Versorgung von Mumia und anderen Gefangenen gegen Hepatitis-C in Pennsylvania durchzusetzen, z.B. hier in Berlin. Dieser Kampf führten schlussendlich dazu, dass Mumia und ca. 600 andere Gefangene im Frühjahr 2017 behandelt wurden. Mumia hat zwar bereits eine Vernarbung der Leber aufgrund der langen Nichtbehandlung davon getragen, ist aber inzwischen erfolgreich von Hepatitis-C geheilt.

(4) Es gibt umfangreiche Untersuchungen zur staatlich/privaten Gefängnindustrie, der aktuellen Form der Sklaverei in den USA. Leider liegen bis heute nur sehr wenige Texte in deutscher Sprache dazu vor. Hier ein Vortrag der FREE MUMIA Bewegung von 2012, der bald in aktualisierter Version auch als Download Broschüre erscheinen wird.

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Ergänzungen

So., 17. Dezember 2017 - Frankfurt Am Main - 18 Uhr - US Generalkonsulat
Kundgebung: Freiheit für Leonard Peltier, Ana Belen Montes und Mumia Abu-Jamal!
US Generalkonsulat, Giessenerstr. 30, 60435 Frankfurt am Main, U5-Giessenerstr.