[S] Größte revolutionäre Maidemonstration seit über 20 Jahren

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Sie läuft wieder! Nachdem die Stuttgarter Polizei zwei Jahre in Folge die revolutionäre Maidemonstration mit massiver Gewalt verhindert hatte, konnte die Demo in diesem Jahr erfolgreich durchgesetzt werden. Über 1700 Menschen kamen und setzten damit ein deutliches Zeichen gegen die Repression: Der revolutionäre 1. Mai ist in Stuttgart nicht klein zu kriegen. Die Demonstration war damit mit Abstand die größte seit Wiederaufnahme der Tradition vor 22 Jahren. Die große Teilnehmendenzahl ist sicherlich eine Reaktion auf die Angriffe der letzten Jahre, aber auch Ergebnis der gesellschaftlichen Situation. Für viele Menschen wird ersichtlich, dass der Kapitalismus sprichwörtlich abgewirtschaftet hat und unvereinbar mit einer lebenswerten Zukunft für alle ist. Die spürbare Notwendigkeit für eine Perspektive jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen, treibt viele auf die Straße.

 

 

 

Bereits am Morgen beteiligten sich mehrere hundert Menschen am antikapitalistischen Block auf der Stuttgarter DGB-Demo, in Waiblingen kamen über 300 Menschen zur linken Mai-Mobilisierung vors Stihl-Werk. Der große Block auf der Stuttgarter DGB-Demo war ein wichtiges Signal. Hier musste die sozialdemokratische Gewerkschaftsführung zähneknirschend zurückrudern, hatte sie doch in den letzten Jahren aktiv versucht (teilweise in Kooperation mit der Polizei) die linke Gewerkschaftsbasis und antikapitalistische und revolutionäre Gruppen auszubooten. Dass dieser Versuch scheiterte, lag auch an der klaren Position vieler aktiver Gewerkschafter:innen und Funktionär:innen, die – in Zusammenarbeit mit der außerparlamentarischen Linken - starken Druck aufgebaut hatten.

 

Während die DGB-Spitze klein beigab, zeigte die Stuttgarter Polizeiführung früh, dass ihr auch in diesem Jahr wenig an einem entspannten Verlauf des 1. Mais gelegen war. Versuche, kollektiv von der DGB-Demo zur revolutionären Demo zu gehen, wurden unterbunden. Später setzte sich diese Herangehensweise bei der revolutionären Demo fort. Mehrere hundert Polizist:innen, darunter viel BFE und zwei Reiterstaffeln, verwandelten die Demospitze in einen Wanderkessel. Schulter an Schulter mit dem organisierten Frontblock, versuchten die Hundertschaften immer wieder über kleinere und größere Provokationen eine Eskalation herbeizuführen.
Die revolutionäre Demo ließ sich auf dieses Spiel nicht ein. Organisiert in der Form, so lautstark und entschlossen in der Breite wie selten, agierte sie souverän und besonnen. Eine Souveränität die derStuttgarter Polizei spätestens dann abhanden kam, als an mehreren Stellen auf der Route unvermittelt Pyrotechnik an der Route die gute Stimmung grenzüberschreitend untermalte. Unklarheit über die Herkunft und die Unfähigkeit der Cops, die Aktionen zu verhindern, sorgten bei vielen Demonstrierenden für gute Laune. Diese wurde auch von vielen Parolen befeuert, die an der Route gesprüht waren.
Durchgesetzt werden konnte auch die Rede der Revolutionären Aktion Stuttgart (RAS), die auch dieses Jahr wieder wie gewohnt vermummt auf dem Lautsprecherwagen gehalten wurde.

In die Offensive gingen Revolutionär:innen bereits in den Tagen vor dem 1. Mai – außerhalb des kontrollierbaren Rahmens, im klaren Antagonismus zur Staatsmacht. Zwei Tage zuvor wurde das ungarische Konsulat in Solidarität mit der in Ungarn inhaftierten Antifaschist*in Maja und der queeren Community (Ungarn verbietet die Pride-Demos) großflächig mit Farbe angegriffen.

 

Bis zum ersten Mai konnte das Gebäude nicht gereinigt werden, war damit von der Demonstration aus sichtbarund zeigte somit deutlich, dass die Herrschenden konkret angreifbar sind – selbst dann, wenn die Polizei im gleichen Gebäudekomplex zuhause ist.

 

Der praktische Raum für die revolutionäre Linke in Stuttgart ist momentan eng. Innenministerium und Polizeiführung versuchen vieles, um die grenzüberschreitende Demo-Praxis der letzten Jahre in die Schranken zu weisen. Die brutalen Angriffe von 2023 und 2024 waren auch eine Reaktion auf die, wenn auch bescheidenen Erfolge, der revolutionären Linken viele Menschen über klassisch linke Kreise hinaus zu erreichen und zu mobilisieren. Gerade die feministischen Mobilisierungen, aber auch die antifaschistischen Mobilisierungen des letzten Jahres haben gezeigt: Die revolutionäre Linke ist in der Lage viele Menschen anzusprechen und in Aktion zu bringen.
Es ist richtig in der Situation der praktischen Defensive nicht aufzugeben oder auszuweichen, sondern an der öffentlich beworbenen revolutionären Demonstration festzuhalten und damit die Straße als den zentralen Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung gezielt zu nutzen.

 

Denn: Der politische Raum für die revolutionäre Linke weitet sich. Die Zuspitzung der gesellschaftlichen Situation, die Risse im Bild der Herrschenden macht Räume auf, die lange nicht da waren und die es zu nutzen gilt. Das ist heute nicht nur quantitativ gelungen, sondern auch qualitativ. Wenn 1700 Menschen, darunter viele gewerkschaftlich Aktive und junge Menschen, einem offen kommunistischen Aufruf folgen, ist das mehr als eine Randnotiz.

Die revolutionäre 1. Mai-Demonstration ist der Versuch eine Perspektive jenseits Ausbeutung und Unterdrückung sicht- und greifbar zu machen. Diese Perspektive ist notwendiger denn je. Sozialismus statt Barbarei! 

 

 

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Ergänzungen

Hier noch weitere Eindrucke von der heutigen Demonstration.

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