Der autonome 1. Mai in Wuppertal war wie letztes Jahr geprägt von Überraschungen!
Und diese Überraschungen haben die Bullen kalt erwischt und darüber freuen wir uns! Doch vielleicht fangen wir mal damit an, was so geschehen ist im Tal.
Angefangen hat es in der Nacht vom 30.04. auf den 01.05. mit einer Demonstration über den Ölberg, begleitet von Feuerwerk und anderen tollen Lichtern und (Sound-)Effekten. Auf unserem Weg durch die Elberfelder Nordstadt haben einige Nachbar*innen an ihren Fenstern mit uns gefeiert, dass der 1. Mai begonnen hat. So konnten wir frohem Mutes mit Streich zwei unter erschwerten Bedingungen in den Tag starten. Bereits beim ersten Streich im letzten Jahr konnten wir die Bullen auf dem falschen Fuß erwischen und so dem Bullenapparat ein Schnippchen schlagen. Davon ab ist es gelungen, für kurze Zeit das de facto Außerkraftsetzen des Demonstrationsrechts zu durchbrechen. Zumindest für eine kurze Zeitspanne konnten wir die Dunkelheit zum Leuchten bringen (Video).
Der Vormittag startete mit einer massiven Bullenpräsenz in der ganzen Nordstadt. Am Autonome Zentrum (AZ) standen schon am Tag zuvor andauernd Bullen herum, wartend auf Menschen, die irgendetwas mit dem AZ zu tun haben, um diese zu nerven und zu belagern, mit Kontrollen und Durchsuchungen. Ab mittags sperrten die Cops Teile der Gathe und die Markomannenstraße rund um das AZ damit sich dort bloß keine Menschen sammeln konnten. Pünktlich um 14:00 Uhr hatten sich trotz Corona etwa 100 (BFE-)Bullen überwiegend friedlich am AZ versammelt, um zu demonstrieren und anderthalb Stunden lang andächtig anarchistischen Redebeiträgen (u.a. der diesjährige Aufruf und ein Beitrag der FAU Bergische Land) und der Musik zu lauschen...
In der ganzen Stadt patroullierte Team Blue und verfolgte am Cafe Tacheles und der Trasse in Barmen teilweise Menschen, die ihnen verdächtig vorkamen. Nichtsdestotrotz haben es am Vormittag rund 30 Menschen ohne Bullenbegleitung zum Helios Klinikum (die Helios-Kliniken-Gruppe ist einer der größten Anbieter von stationärer und ambulanter Patient*innenversorgung Europas) geschafft, wo eine solidarische Kundgebung mit den Pfleger*innen und anderen Menschen des kaputtgesparten Gesundheitssystems abgehalten wurde. Warum eine Kundgebung genau da? In den vergangen Jahren wurde der Arbeitskampf in den pflegerischen Berufen zumindest in Wuppertal nicht großartig thematisiert. Genau das wollten wir ändern. Denn in diesen Zeiten der Corona-Pandemie wird häufig von sogenannten "ALLTAGSHELD*INNEN" gesprochen, doch wo war diese Bezeichnung vor dem Ausbruch des Coronavirus? Und wo wird sie danach sein? Weder vor, noch nach der Corona-Pandemie werden gerade die Pfleger*innen richtig gewürdigt oder auch nur ansatzweise gerecht bezahlt. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, am Helios Klinikum in Barmen eine Kundgebung zu machen, um zu betonen, dass die Situation der Pfleger*innen weder vor, noch nach der Corona-Pandemie eine hinnehmbare Situation ist. Deshalb ist es wichtig, dass die vorhandenen Arbeitskämpfe in der Pflege solidarisch begleitet werden, wie z.B. in Solingen, wo das städtische Klinikum privatisiert werden soll, weshalb sich dort rund 20 Menschen versammelten um dagegen zu protestieren. Diesen Mut zum Arbeitskampf begrüßen wir gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sehr!
Die Bullen, wie immer schlechte Verlierer
Da das Straßenfest auf dem Schusterplatz aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, gab es den Aufruf an Anwohner*innen des Ölbergs ein dezentrales Schusterplatzfest zu gestalten und dazu aus den Fenstern Lautsprecherboxen mit Musik zu stellen und Transparente rauszuhängen. Dem Aufruf folgten auch einige Anwohner*innen und so dröhnte Musik durch die Straßen und auf den Schusterplatz. Zudem waren bis zum Abend viele Menschen im Viertel unterwegs. Doch leider auch viele viele Bullen, die es sich nicht nehmen ließen Menschen gehörig auf die Nerven zu gehen, zu verletzen und schlussendlich auch festzunehmen. Begonnen hatten die Bullen damit Menschen, die unter einem schönen Transparent in der Gertrudenstraße Musik hörten und kühle Getränke genossen, zu belagern. Angeblich hätten die Menschen dabei den Mindestabstand nicht eingehalten, weshalb ihnen die Bullen Platzverweise erteilten. Währenddessen liefen zwei Menschen mit Kindern vorbei und kritisierten das Verhalten der Bullen im Vorbeigehen. Dies nahmen die Bullen zum Anlass diese Menschen massivst zu bedrohen. So wurde Haft der Erwachsenen angedroht mit Folge, dass die Kinder in eine Kindernotaufnahme müssten. Dieses ekelhafte Verhalten der Bullen übertrifft vieles was wir schon erlebt haben, doch leider war es mit dieser Schikane nicht getan. Die Eskalation wurde von den Bullen weiter getrieben, denn die Nachricht über die Festsetzung der Personen ging schnell um auf den sozialen Netzwerken und im Viertel, was viele Menschen dazu brachte auf die Straße zu kommen und den Bullen zu zeigen, dass sie mit ihrem Scheißverhalten nicht einfach so durchkommen. Hier schon einmal tausend Dank an die tollen Nachbar*inen die sich solidarisch gezeigt haben, denn das ist es was unseren Kiez ausmacht!
Leider blieb es nicht bei diesen Übergriffen der Bullen. Kurze Zeit später wurde ein Mensch auf dem Fahrrad in der Schneiderstraße am Schusterplatz "zum Schutz von Leben und Gesundheit jedes Einzelnen konsequent" (Zitat aus der Polizeipressemitteilung vom 29.04.) vom Fahrrad geprügelt, da dieser nach Meinung der Bullen wohl zu lange vor einer losfahrenden Wanne stand. Der Mensch wurde brutal auf den Boden gedrückt, mit Stiefeln im Nacken und verdrehten Armen. Menschen die herbei eilten um das Geschehen zu beobachten und zu kritisieren, wurden weggeschubst und angeschrien. Schnell rannte ein Trupp Cops herbei um die unverhältnismäßige Maßnahme der Kolleg*innen zu "schützen". Schützen doch vor was? Vor Menschen die den Bullen die Meinung sagen darüber dass sie sich scheiße Verhalten? Anscheinend muss das für Bullen sehr gefährlich sein. Denn schnell folgte die zweite Festnahme einer Person, an einer nahegelegenen Wanne. Dort wurden der Person unter Schmerzgriffen Handschellen angelegt. Durch die Schmerzensschreie der Person in Handschellen kamen noch mehr Nachbar*innen auf die Straße und der Druck auf die Bullen erhöhte sich immer mehr.. Von allen Seiten wurden sie angeschrien und dazu aufgefordert sich vom Berg zuverpissen und die Leute aus dem Viertel in Ruhe zu lassen. Weitere Menschen, die sich lautstark gegen die gewalttätige Festnahme aussprachen, die Geschehnisse mit dem Handy dokumentieren wollten oder solidarisch herbeieilten, wurden ebenfalls brutal zu Boden gestoßen, von mehreren Cops mit den Rufen “Zecke, wir kriegen dich” über den Schusterplatz gejagt und zum Teil ebenfalls rabiat festgenommen. Nachdem sich immer mehr Umstehende und Anwohner*innen (teils aus den Fenstern) am Ort des Geschehen einfanden, sich einmischten und gegen den Polizeieinsatz protestierten verteilte die Polizei Platzverweise an alle Anwesenden (inklusive einem Anwalt, der vor Ort war). Mit Verstärkung der herbeigeeilten Hundertschaft wurden die Leute, die sich solidarisch zeigten und ihren Unmut gegenüber den unverhältnismäßigen polizeilichen Maßnahmen ausdrückten, vom Schusterplatz abgedrängt. Solidarische Nachbar*innen informierten örtliche Pressevertreter*innen über den unverhältnismäßigen Einsatz der Bullen, woraufhin diese auch kamen und so gut es ging versuchten zu dokumentieren. In der Nacht kam es vor einem Kiosk auf dem Ölberg zu einer weiteren Ingewahrsamnahme. Erst am nächsten Morgen wurden die fünf Personen wieder aus dem Polizeipräsidium entlassen.
Dass der Einsatzleiter am Abend zu keiner Aussage gegenüber der Presse bereit war, überrascht nicht. Augenscheinlich war mal wieder Patrick Gröteke von der Wache Hofkamp, der hinsichtlich seiner politischen Überzeugungen schon seit längerem bekannt ist, für den Einsatz verantwortlich.
Als Reaktion auf die Repression gab es in der Nacht Menschen, die im Stadtgebiet Pyrotechnik zündeten sowie mehrere Hausbesetzungen u.a. in Unterbarmen. Den Bullen wurde also keine ruhige Nacht geschenkt! Es wurde ihnen gezeigt, dass sie nicht einfach durchdrehen können in unserem Kiez ohne das sich etwas regt, sei es auf der Straße direkt oder heimlich in der Nacht mit Soliaktionen und ähnlichem.
Die nächsten Monate und Jahre werden weiter von massiven weltweiten (sozialen) Kämpfen geprägt sein, diese werden sich durch die anlaufende Weltwirtschaftskrise zuspitzen und verschärfen. In dieser Zeit ist es dringend notwendig, trotz der erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie Kampfformen zu entwickeln, die die Herrschenden unter Druck setzen können. Mögliche Ansätze konnten auch in Wuppertal am und vor dem 1. Mai gesehen werden (z.B. Aktionen gegen den Stromanbieter WSW und SPD, wegen Stromsperren und brutaler Antimigrationspolitik von Deutschland und der EU, auch die Sabotage an Ticketautomaten war gut, denn die Klimakrise geht weiter!).
Gute Ansätze aber...
Bei aller Freude, dass es uns immer wieder gelingt, die Bullen zu natzen und Überraschungsmomente zu erzeugen, müssen wir sehen, dass wir derzeit zu wenig(e) auf der Straße sind, um eine notwendige Bewegungsdynamik zu erzeugen (daran hat auch die Zuspitzung der Lage durch die Corona-Pandemie nichts geändert). Wenn wir die über Jahrhunderte erkämpften Rechte, die wir in der bürgerlich-kapitalistischen "Demokratie" noch haben, verteidigen müssen und darüber hinaus die ja notwendigen emanzipatorischen sozialen Kämpfe führen wollen, müssen wir noch eine kräftige Schippe drauf legen!
Die Kämpfe gegen die Faschist*innen, gegen den autoritären Staat (der in Shopping Malls Corona-Parties organisiert, aber jede demonstrative Regung unterdrücken will), die durch die kapitalistische Wirtschaftsweise hervorgerufene Klimakatastrophe und gegen die sich jetzt verschärfenden sozial-digitalen Angriffe bleiben Tagesaufgabe!
Gegen das mörderische Migrationsregime, Hunger, Ausbeutung und Krieg hilft letztlich nur eins:
die soziale Revolution und der Aufbau einer freien und gerechten Gesellschaft.