Zum G7-Gegengipfel im Baskenland - Wenn Bizi, ANV [1] & Co zu Komplizen des Staates werden.

Wir haben hier eine Stellungnahme von „desarmons-les“ (de. entwaffnen wir sie) übersetzt – einem uns gut bekannten und ausgesprochen respektablen Kollektiv mit Webseite und dem Schwerpunkt „Polizeigewalt“. Der Text greift die Haltung der Protestplattform G7EZ scharf, aber nachvollziehbar an - wir haben das teilweise auch direkt mitbekommen.

Als wir dann noch erfuhren, dass der umstrittene (selbsternannte) Sprecher der Autonomen zu G20 in Hamburg [2]von den im nachfolgenden Text kritisierten Organisationen eingeladen wurde, eine Veranstaltung ausgerechnet zur Repression nach G20 abzuhalten, haben wir zusammen mit unseren französischen Freund*innen – die sowieso schon restlos bedient waren- und etlichen anderen das Camp verlassen.

Aber natürlich waren notorische Reformisten und/ oder Denunziant*innen nicht das größte Problem in Biarritz, sondern vor allem die wahnsinnig durchgefeilte, wie auch gewaltsame Verhinderung von Protest durch die Polizei. Das konnte auch wegen der extrem weiten Entfernungen des Camps bzw. Alternativgipfels nicht durchbrochen werden. Hinzu kam, dass es beispielsweise in Bayonne keinerlei Anlaufstellen, Infopoints oder dergleichen gab. Stattdessen war selbst die sonst quirlig szenige Altstadt über etliche Tage hinweg nahezu komplett verweist und verrammelt.

Nicht umsonst titelte die linke Online-Wochenzeitung lundi matin: Der schlimmste Gegengipfel aller Zeiten. Im Anhang noch eine Bilanz des G7 – Legal Teams, weitere kritische Aufarbeitung folgt…

 

Stellungnahme zur "platformistischen" Betrügerei

Die G7EZ-Plattform, aufgemöbelt durch ihren Spaziergang am Samstag, den 24. August in Hendaye [map1], dessen Teilnehmer*innen - Zahl auch von der Präfektur deutlich aufgeblasen wurde[3] schrieb angesichts der vielen Kritikpunkte, denen sie ausgesetzt ist, mit völlig unangebrachter Selbstsicherheit: "Dieser Gegengipfel ist bereits jetzt ein Erfolg".

Dieser Satz schwingt in uns wie ein Hammerschlag. Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: Es ist an der Zeit, dass wir den Betrug dieser Organisationen benennen, die seit allzu vielen Jahren versuchen, uns unsere Kämpfe zu enteignen und angesichts der Gewalt des kapitalistischen Systems ständig über unser Aufgeben verhandeln.

Die G7EZ-Plattform forderte zum G7 von Biarritz eine gemeinsame Haltung zur Teilnahme an einem Camp und Aktionen auf der Grundlage eines "Aktionskonsenses", der, wie wir hier klarstellen, in keiner Weise jemals ein Konsens war, weder zwischen den Teilnehmer*innen des Gegengipfels, noch innerhalb der Plattform selbst. Die Kollektive Indar Beltza und IPEH Antifaxista verließen die Plattform sogar am Vorabend des Gegengipfels.

Die G7EZ-Plattform hat all ihre Energie und ihre Finanzen (mehr als 50.000 Euro) in die Einrichtung eines Konferenzprogramms im Ficoba-Zentrum [map2] investiert, das wiederum hauptsächlich von lokalen Mitgliedern ihres eigenen Netzwerks bespielt wurde. Die Plattform hielt es aber nicht für sinnvoll, die Umsetzung der logistischen Grundlagen des Gegengipfels zu finanzieren. Die Kantinen, Ermittlungsausschüsse oder eigene Demosani -Gruppen entstanden vielmehr unabhängig und ohne eine effektive Unterstützung durch die Plattform. Es wurde auch keine direkte Internetverbindung eingerichtet, die eine bessere Kommunikation zwischen den verschiedenen Polen des Gegengipfels ermöglicht hätte oder auch die Einrichtung eines Medienzentrums, das diesen Namen verdient gehabt hätte - im Gegensatz zu dem, was auf den meisten Gegengipfeln sonst Standard ist - auch mitten in der Walachei.

Am Anfang des Camps von Urrugne [map3] zögerte der bestimmende Teil der Plattform, der offensichtlich nicht an Selbstverwaltungspraktiken gewöhnt war, überhaupt Vollversammlungen anzusetzen, da er wahrscheinlich dachte, dass die Organisation des Camps besser in der Verantwortung ihrer eigenen Versammlungen "am Gipfel" bleiben sollte (ohne schlechte Wortspiele).

Schließlich, und das ist zweifellos das skandalöseste, verhielt sich die Plattform während des gesamten Gegengipfels, als ob sie ohne die Hunderte von Teilnehmer*innen entscheiden und handeln könne, und begnügte sich damit, Verhaltensregeln aufzustellen, die jede/r zu respektieren habe, auf die Gefahr hin, bei Verstößen aufgefordert zu werden, „draußen was anderes zu suchen". Wenn ihre Kommunikation gewaltfrei zu sein scheint, sind ihre Praktiken in der Tat mal reichlich autoritär. [4]

Bei mehreren Gelegenheiten, in ihren öffentlichen Stellungnahmen und in hitzigen Diskussionen zeigten sich die Mitglieder der Plattform vermessenen und voll moralischen Chauvinismus gegenüber Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Gegengipfels, die mit ihnen nicht einverstanden waren. Wir haben insbesondere gehört: "Es ist unser Gegengipfel"; "Wenn ihr nicht mit unserem Aktionskonsens einverstanden seid, habt ihr im Camp nichts zu suchen"; "Eine Mehrheit der Franzosen hier, respektieren scheinbar nicht den Aktionskonsens von uns Basken, das ist Imperialismus".....

Die einzige offizielle Erklärung der Plattform auf ihrer Website am Samstagabend bezog sich auf eine Meldung, der zufolge der Angriff auf einen Fotografen angeprangert wurde, da sich die Plattform wahrscheinlich verpflichtet fühlte, ihrer Zusage gegenüber der Präfektur nachzukommen, jede Gewalt moralisch zu verurteilen. Jeder wird sich an diese Plattform-Freiwilligen [5] erinnern, die entlang des Aufzugs in Hendaye anstelle der Polizei eingesetzt wurden, um die Banken vor möglichen antikapitalistischen Aktionen zu schützen, die ihrem "Konsens über die Nichthandlung" zuwiderlaufen könnten.

Darüber hinaus gab es von der Plattform kein einziges Wort über die an diesem Samstag in Bayonne stattgefundene Repression, über die 68 präventiven oder willkürlichen Verhaftungen oder über die hohen Strafen für drei Deutsche im Alter von 18 bis 23 Jahren, die seit Mittwoch nach einem beschleunigten Prozess inhaftiert wurden, obwohl dies ein absoluter Skandal ist [6]. Die Mitglieder der Plattform brauchen uns jedenfalls nicht mehr anzuquatschen, um über Solidarität mit den Gefangenen zu sprechen!

Schließlich hat die Plattform in einsamer Entscheidung die für Sonntag geplanten Hauptblockadeaktionen abgesagt - unter dem Vorwand des polizeilichen Drucks, so, als ob sie von dem Umfang des Einsatzes überrascht worden wären und sich vorher vorgestellt hatten, dass sie die Autorität des Staates und der G7 herausfordern können, ohne mit der Polizei in Berührung zu geraten. Die Regisseure stornierten die Aufführung ihres Theaterstückes und zeigten einmal mehr, wie sehr sie die Tausenden von Demonstrant*innen als Statisten betrachten. Letztere waren überrascht und konnten in letzter Minute keine größeren Aktionen organisieren, improvisierten aber eine Kundgebung zur Unterstützung der Leute in Polizeigewahrsam vor der CRA [7] in Hendaye. Glücklicherweise konnte die Geistesgegenwart der Teilnehmer*innen des Gegengipfels die Sorglosigkeit und den Mangel an politischen Reflexen der Platformisten halbwegs ausgleichen.....

Um das Ganze abzuschließen, veranstaltete die Plattform am Montagmittag eine Pressekonferenz bei sich auf der Ecke (an der cité de l’Océan [8], nur zwei Schritte von der Sperrzone entfernt), um eine vereinbarte Erklärung über den bösen Macron und seine bösen Verbündeten abzugeben.

Dabei wurde aber keinerlei detaillierte oder kritische Bewertung der Abläufe in den Vortagen vorgenommen, ebenso wenig, wie eine quantifizierte Bewertung der Repression, oder eine schlüssige Erklärung zur Absage der Aktionen des Vortages... Nichts über den Inhalt der ständigen Verhandlungen mit der Präfektur, nichts über die Behinderung von Anwält*innen oder über die Unterwanderung der Organisation des Gegengipfels durch eine Undercover-Agentin der Polizei [9], nichts über die finanzielle Bilanz des Gegengipfels oder über die Zurückhaltung, die Kollektive zu unterstützen, die sich für das Camp den Arsch aufgerissen hatten um eine Teilhabe an Versammlungen und „Aktionen“ zu ermöglichen...

Am Ende der Pressekonferenz rieben sich 40 Personen symbolisch an der roten Zone, indem sie ihre Arme für die Kameras hoben, in einer letzten Maskerade, die sicherlich mit dem Präfekten ausgehandelt wurde und die einige Aktivist*innen, einschließlich der Bask*innen, mit einem Gefühl der Erniedrigung zurückließ.

Informationen (auf der Website der Plattform braucht ihr nicht suchen) über den Ablauf der Gipfelproteste findet ihr hier: https://g7borroka.info/ [10]

 

Über den Aktionskonsens und Netzwerke des zivilen Ungehorsams

Seit fast zwanzig Jahren erleben wir ein sehr gefährliches Abrutschen ins Totalitäre, was von einer unaufhaltsamen Militarisierung der Gesellschaft und einer immer heftigeren Repression gegen die sozialen Revolten begleitet wird. Diese Verschiebung erfordert eine lebendige und kompromisslose Antwort gegen die etablierte Ordnung. Jede andere Haltung ist nichts anderes als karrieristische und reformistische Betrügerei.

Doch – außerhalb jeglicher Realität – wollen die  bürgerliche Lobbyorganisationen, wie die ANV, BIZI [1] Bayonne, Alternatiba  oder Les Désobéissants [11] die Situation weiterhin befrieden und uns zu einer Ideologie des Nichthandelns drängen, oder anders gesagt: Dem Totalitarismus das Bett beziehen. Noch schlimmer ist, dass sie die Erfahrungen des bewaffneten Kampfes im Baskenland [12] sich so zurechtlegen, das daraus der Verzicht auf alle Formen radikaler Aktionen begründet wird, indem sie die ausgehandelten Bedingungen ihrer Kapitulation zur einzig möglichen Alternative zum Sicherheitskapitalismus und seiner systemischen Gewalt erklären. [13]

Jedes Jahr produzieren diese Organisationen eine umfangreiche Literatur, um eine einheitliche Vision des Kampfes durchzusetzen, indem sie die Ausgrenzung, die Denunzierung und die Kultbildung von Märtyrern zu einem Dogma erheben, dem jede*r gehorchen muss, unter Androhung der Ächtung oder gar der Denunziation gegenüber den Behörden. Diese Organisationen zögern nicht, eine Einigung mit den Präfekturen und dem Staat zu erzielen, um Menschen loszuwerden, deren Ideen oder Handlungsweisen ihre gewaltfreie Kommunikationsstrategie und ihren glückseligen Reformismus untergraben. Viele ihrer öffentlichen Äußerungen sind empört über Akte der sozialen Revolte und verwenden die Terminologie der Kriminologen, um die "nicht tolerierbaren Taten" von Proletariern [14] anzuprangern, die in ihren Augen zu ungestüm sind. Wir befinden uns im gleichen reaktionären Diskurs, der den Aufstand als "Delinquenz" derjenigen beschreibt, die in der Vergangenheit als "Arbeiterklasse, gefährliche Klasse" bezeichnet wurden.

Im Herbst 2015 hatte die ANV Cop21 - die nur eine der vielen platformistischen Entwicklungen des Netzwerks des "zivilen und gewaltfreien Ungehorsams" ist - ein "internes Dokument" erstellt, das als Charta für ihre Aktivisten dienen sollte und dort die Hauptprinzipien des gewaltfreien Handelns festschreibt. Diese Charta ist einer der größten Skandale, die eine angeblich gegen das Establishment gerichtete Organisation je hervorgebracht hat.

Über die gesamten Seiten hinweg entdecken wir mit Entsetzen eine Reihe von Bildern, die Aktivisten*innen - Radikale und Akteure des zivilen Ungehorsams - gegeneinander ausspielen. Dabei wird eine Liste von angeblich "schlechten Verhalten" aufgestellt, gegen die jeder Polizeibericht verblasst. Man könnte eine klassische Abgrenzung von Aufstands- und Sabotagepraktiken erwarten (nicht überraschend für konterrevolutionäre Organisationen), aber die Abgrenzung hört damit nicht etwa auf.

Die Charta verurteilt nicht nur, was diese Inquisitoren als physische Aggression bezeichnen, sondern darüber hinaus unter Verwendung von Polizeiterminologie, wahllos alle "ironischen, verächtlichen, verletzenden Worte", jede "Verhöhnung oder Stigmatisierung" und schreibt vor, dass "keine Menschen anzuschreien" sind. Das Regelwerk verbietet "provokante Blicke oder beleidigenden Gesten", oder "bedrohliche Haltungen" einzunehmen, und fordert "alles zu vermeiden, was die Spannung erhöhen kann (Laufen, Schreien, plötzliche Gesten machen)", "keine Hauben, Schals, Sonnen- oder Skibrillen zu tragen, die das Gesicht abdecken, keine "Anonymus - Masken oder Gasmasken" usw.

Im Falle einer Aggression durch die Polizei, wie beispielsweise einem "Schlagstockeinsatz", sind die Demonstrant*innen aufgefordert, sich.... "Hinzusetzen"! Die Selbstverteidigung an sich genießt keinerlei Achtung bei diesen reaktionären Organisationen, die den Kern ihres Handelns zum Opfer machen.

Die spalterische Entwürdigung geht so weit, Opfer staatlicher Gewalt zu verhöhnen, wie z.B. bei einem Foto auf der vierten Seite dieser Charta, wo ein "schlechter Demonstrant" präsentiert wird, weil er den Polizisten den Rücken kehrt und ein Schild trägt, auf dem steht: "Dank euch hat sich mein Leben verändert" - mit einem Smiley und einem Kreuz auf einem Auge. Das Bild ist mit dem Kommentar "keine ironischen, beleidigenden, verletzenden Worte...." betitelt. Nicht erwähnt wird, dass die hier kritisierte Person durch einen LBD 40-Schuss am 22. Februar 2014 in Nantes ein Auge verloren hat. [15]

In Nantes [16] gingen diese Handwerker der Unterwerfung so weit, ein Kontingent von weiß gekleideten Denunzianten und Denunziantinnen aufzustellen, die damit beauftragt waren, die radikalen Demonstrant*innen zu isolieren, sie aus den Demonstrationen zu herauszulösen oder sie sogar der Polizei zu übergeben. Diese kollaborative Praxis, die glücklicherweise in Nantes gescheitert ist, fand ihren Weg bis zum G7 von Biarritz in einem Dokument, das unter den Leuten zirkulierte. Zitat: "Beim Auftauchen von Leuten mit maskierten Gesichtern, in einer Situation wo Eigentum beschädigt wird oder bei physischer Aggression (....) umringt die Gruppe mit einem Sicherheitsabstand, und hebt die offenen Hände in die Luft, um zu zeigen, dass wir den Gewaltakt ablehnen und ihn isolieren". Gruselig.

Anlässlich von Demonstrationen auf der öffentlichen Straße, nahm die Verbissenheit dieser Organisationen weiter zu, über Maßnahmen zur Neutralisierung von Wut und Aufruhr nachzudenken, insbesondere durch den Einsatz von Freiwilligen in Trainingsleibchen oder weiß gekleidet. Diese hatten die Aufgabe, Banken zu schützen, die Menge zu kanalisieren, Ketten zu bilden oder auch auf dem Boden vor der Polizei zu kriechen… Es gibt viele Möglichkeiten, mit den eigenen Körpern auszudrücken, eben nicht (mehr) bereit zu sein für die Zukunft der neuen Generationen zu kämpfen, und stattdessen deren Schicksal dem Goodwill von potenziell aufgeklärten Tyrannen anzuvertrauen, die ihnen dann vielleicht alle Leiden ersparen würden. Oder sich an die Polizei zu wenden, mit dem Glauben oder der naiven Annahme, dass staatliche Gewalt vermieden werden kann, wenn man freundlich bleibt und die eigene jahrzehntelange Geschichte der Klassen-, rassistischen und sexistischen Unterdrückung verleugnet: Nein, es reicht nicht, sich "nichts vorzuwerfen zu müssen", um sich der Willkür zu entziehen.

Nachdem diese Organisationen ihre Waffen dem Imperialismus des kapitalistischen Staates überlassen hatten, übten sie Druck auf die sozialen Bewegungen aus, um sie bis zum Übermaß zu befrieden und wurden nicht mehr und nicht weniger als polizeiliche Hilfskräfte. In anderen Kontexten wird derartiges Verhalten als Verrat bezeichnet.

Wie immer bei Gegengipfeln mit internationaler Dimension nutzen Organisationen, die auf der Straße präsent sind, aber keinen Einfluss über lokale oder nationale Grenzen hinaus haben, die Logistik und die Stärken anarchistischer Netzwerke, um einen Raum zu nutzen, den diese sich angeeignet haben: Kantinen, medizinische Teams, juristische Teams... Mal ganz abgesehen von den Praktiken der Autonomie und den vielen Momenten des kollektiven Austauschs und der Reflexion, die hauptsächlich von Teilnehmer*innen außerhalb ihrer Plattformen initiiert und getragen werden.

Da sie nicht auf echte Selbstverwaltungsstrukturen zurückgreifen können, müssen sie durch die Unterzeichnung einiger Schecks eine Illusion schaffen, indem sie beispielsweise die Räumlichkeiten eines Konferenzzentrums anmieten, um dort eine Scheindebatte zu organisieren. Diese steht denen der Nationalen Kommission für öffentliche Debatten [17] in nichts nach - mit ihren selbsternannten oder fälschlich legitimierten Führern und Intellektuellen, die den Raum zur Förderung ihrer politischen Interessen oder ihres Egos monopolisieren. Andere, die durch die Vermittlung von Menschen eingeladen werden und versuchen, politische Inhalte in der Sache einzubringen, dienen unwissentlich oft als Unterstützung für andere, um deren pazifistische Lobbyarbeit zu fördern.

Ganz zu schweigen davon, dass diese Organisationen auf einer libertären und antiautoritären Phantasie surfen, auch wenn ihre internen Strukturen, Arbeitsmethoden und die Selektion über das Geld, das sie verfügen, von autoritärer Logik zeugen. Schon das Heraufbeschwören eines Aktionskonsenses, der von irgendwem beschlossen wurde und dann Tausenden von anderen als Leitlinie dienen soll, ist eine Beleidigung von 200 Jahren libertärer und anarchistischer Kämpfe zur Förderung des freien Willens und der Autonomie für jede/n.

Lasst uns nicht für dumm verkaufen, wir gehen nicht von dreißig Jahren bewaffneten Kampfes im Rahmen autoritärer kommunistischer Gruppen [18] zum Hippie - Alternativismus über, ohne die alten disziplinären Reflexe zu bewahren, die es ermöglichen, das Gesicht zu wahren.... und die Dinge mit den Verleumder*innen zu regeln. Ganz zu schweigen von den charismatischen Führern, die mit ihrer Entourage wie Gurus von Sekten interagieren, gleichzeitig Faszination und Angst verbreiten sowie quasi ein Monopol auf die offizielle Kommunikation ihrer Organisationen haben.....

Am 25. August schrieb die G7EZ-Plattform: "Das Ziel der Plattform war es, sichtbar zu sein, es ist ein Erfolg". Damit ist schon alles gesagt. Die Theateraufführungen dieser Organisationen, mit so vielen Erschütterungen verraten, dass sie nicht in der Lage sind, das Feld der Revolten ernsthaft zu betreten, außer durch den Vorschlag sanfter und absolut nicht subversiver Alternativen, sie haben unsere Geduld erschöpft. Wir unterstützten natürlich die Demonstration in Hendaye, nämlich die Hunderte von Menschen, die in der gutem Absicht gekommen sind, ihren Protest auszudrücken, aber nicht die autoritären und trennenden Rahmenbedingungen, bei denen diese Demonstration ein Teil war.

Unsere Wut macht sie ängstlich, denn sie sind sich sehr wohl bewusst, dass sie entschieden haben, sich mit der Welt zu kompromittieren, gegen die wir kämpfen. Lassen wir uns nicht mehr lähmen, die Illusion und Betrügerei muss aufbrechen. Das ist es auch, was diese Stellungnahme versucht.

Wir sind entschlossen, aber wir sind nicht ruhig!

 

[1] Bizi (baskisch, de. es lebe) ist eine eingetragene Vereinigung, die sich 2009 anlässlich des COP 20 in Kopenhagen im französischen Teil des Baskenlands gegründet hatte. Die globalisierungskritische Assoziation ist explizit gewaltfrei und organisiert (teilweise auch spektakuläre) Aktionen des zivilen Ungehorsams. Sie war bereits bei den Gegengipfeln anlässlich des G20, 2011 in Nizza und beim COP 21, 2015 in Paris maßgeblich beteiligt. ANV (Action non - violente) COP21 ist wiederum frankreichweit vor allem gegen die Erderwärmung aktiv.

[2] Besonders fatal waren dessen Aussagen nach der Riotnacht von G20 in Hamburg, wo er vor der Presse die alleinige Schuld an den „unentschuldbaren Gewaltakten…“ an die von ihm „nicht eingeladenen Ultra Radikalen aus dem Süden“ verteilte… er – jawoll – hätte „höchstpersönlich spanisch, französisch und italienisch vor Ort vernommen“ und natürlich sowieso auch nur „gemäßigte Autonome eingeladen“. Die von ihm mit ausgelöste Hatz gegen „Krawalltouristen aus dem Süden“ dauert bis heute an – der französische Aktivist Loïc sitzt nach, wie vor genau auch deswegen im Knast. siehe auch: https://cloudfront.crimethinc.com/assets/articles/2018/09/28/to-our-compas_deutsch.pdf S.102ff, 115, 120, 133f

[3] laut Plattform: 15.000; Präfektur: 9.000; unabhängige Beobachter: 6.000 Teilnehmer*innen.

[4] So mussten beispielsweise Versammlungen, Veranstaltungen oder Workshops bei den Organisator*innen beantragt und genehmigt werden, was nur dann Aussicht auf Erfolg hatte, wenn sowohl Inhalte, als auch Initiator*innen den sehr eingegrenzten, vor allem strikt gewaltfreien, Vorstellungen der Organisator*innen entsprachen.

[5] Es sind ganz offiziell 200 „robuste“ Ordner eingesetzt worden - mit der ausdrücklichen Aufgabe, Sachbeschädigungen oder anderweitige „Delikte“ unmittelbar zu unterbinden.

[6] siehe auch: https://de.indymedia.org/node/36831

[9] Im Camp enttarnt und während des Durcheinanders bei einem Polizeieinsatz am Freitag spurlos verschwunden. Eine Übersetzung des französischen Originals findet sich hier

[10] Dort wurde auch die Bilanz des Antirepression - Teams veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung davon als PDF – Anlage.

[11] de. die Ungehorsamen – eine weitere explizit gewaltfreie aktivistische Gruppierung in Frankreich

[12] Als Einstieg in diese hochkomplexe Thematik Wikipedia oder auch ein Artikel zur endgültigen Auflösung der ETA.

[13] Das ist sicherlich an Bizi adressiert, die sich auch in der Tradition der sog. Albertzalen Linken sieht, welche aus Gewerkschaften, Umweltgruppen, Jugendorganisationen und eben auch ETA bestand und für ein unabhängiges Baskenland gekämpft hat bzw. immer noch kämpft.

[14] in dem romanischen Sprachraum ein durchaus weiterhin sehr übliches Wort – ohne besonderen Hinweis auf orthodox marxistischen Hintergrund

[15] Siehe auch: https://de.indymedia.org/node/34735

[16] Hier wird sich auf einen komplett eskalierten internen Streit während der Auseinandersetzung 2018 um das dortige ZAD bezogen, der offensichtlich nachhaltige Brüche hinterlassen hat.

[17] fr. Commission nationale du débat public – Ein staatliches « Partizipationstool » für lokale Umweltfragen, dass wegen seiner oft sehr begrenzten Kompetenzen umstritten ist, allerdings eher leicht über dem in Deutschland noch bescheideneren Niveau derartiger „Bürgerbeteiligungen“ rangiert.

[18] ETA und Co galten als ziemlich hierarchisch durchstrukturierte Struktur und mit neben dem – sicherlich berechtigten Anliegen einer Autonomie für das Baskenland – auch als traditionell kommunistisch orientiert. Allerdings zweifelsfrei mit deutlicher Öffnung in Richtung direkter Teilhabe, Feminismus wie auch Ökologie… außerdem ist aus guten Gründen nur wenig über deren tatsächliche Struktur und interne Orientierung bekannt.

 

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Ergänzungen