Zum G7-Gegengipfel im Baskenland - Wenn Bizi, ANV [1] & Co zu Komplizen des Staates werden.

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Wir haben hier eine Stellungnahme von „desarmons-les“ (de. entwaffnen wir sie) übersetzt – einem uns gut bekannten und ausgesprochen respektablen Kollektiv mit Webseite und dem Schwerpunkt „Polizeigewalt“. Der Text greift die Haltung der Protestplattform G7EZ scharf, aber nachvollziehbar an - wir haben das teilweise auch direkt mitbekommen.

Als wir dann noch erfuhren, dass der umstrittene (selbsternannte) Sprecher der Autonomen zu G20 in Hamburg [2]von den im nachfolgenden Text kritisierten Organisationen eingeladen wurde, eine Veranstaltung ausgerechnet zur Repression nach G20 abzuhalten, haben wir zusammen mit unseren französischen Freund*innen – die sowieso schon restlos bedient waren- und etlichen anderen das Camp verlassen.

Aber natürlich waren notorische Reformisten und/ oder Denunziant*innen nicht das größte Problem in Biarritz, sondern vor allem die wahnsinnig durchgefeilte, wie auch gewaltsame Verhinderung von Protest durch die Polizei. Das konnte auch wegen der extrem weiten Entfernungen des Camps bzw. Alternativgipfels nicht durchbrochen werden. Hinzu kam, dass es beispielsweise in Bayonne keinerlei Anlaufstellen, Infopoints oder dergleichen gab. Stattdessen war selbst die sonst quirlig szenige Altstadt über etliche Tage hinweg nahezu komplett verweist und verrammelt.

Nicht umsonst titelte die linke Online-Wochenzeitung lundi matin: Der schlimmste Gegengipfel aller Zeiten. Im Anhang noch eine Bilanz des G7 – Legal Teams, weitere kritische Aufarbeitung folgt…

 

Stellungnahme zur "platformistischen" Betrügerei

Die G7EZ-Plattform, aufgemöbelt durch ihren Spaziergang am Samstag, den 24. August in Hendaye [map1], dessen Teilnehmer*innen - Zahl auch von der Präfektur deutlich aufgeblasen wurde[3] schrieb angesichts der vielen Kritikpunkte, denen sie ausgesetzt ist, mit völlig unangebrachter Selbstsicherheit: "Dieser Gegengipfel ist bereits jetzt ein Erfolg".

Dieser Satz schwingt in uns wie ein Hammerschlag. Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: Es ist an der Zeit, dass wir den Betrug dieser Organisationen benennen, die seit allzu vielen Jahren versuchen, uns unsere Kämpfe zu enteignen und angesichts der Gewalt des kapitalistischen Systems ständig über unser Aufgeben verhandeln.

Die G7EZ-Plattform forderte zum G7 von Biarritz eine gemeinsame Haltung zur Teilnahme an einem Camp und Aktionen auf der Grundlage eines "Aktionskonsenses", der, wie wir hier klarstellen, in keiner Weise jemals ein Konsens war, weder zwischen den Teilnehmer*innen des Gegengipfels, noch innerhalb der Plattform selbst. Die Kollektive Indar Beltza und IPEH Antifaxista verließen die Plattform sogar am Vorabend des Gegengipfels.

Die G7EZ-Plattform hat all ihre Energie und ihre Finanzen (mehr als 50.000 Euro) in die Einrichtung eines Konferenzprogramms im Ficoba-Zentrum [map2] investiert, das wiederum hauptsächlich von lokalen Mitgliedern ihres eigenen Netzwerks bespielt wurde. Die Plattform hielt es aber nicht für sinnvoll, die Umsetzung der logistischen Grundlagen des Gegengipfels zu finanzieren. Die Kantinen, Ermittlungsausschüsse oder eigene Demosani -Gruppen entstanden vielmehr unabhängig und ohne eine effektive Unterstützung durch die Plattform. Es wurde auch keine direkte Internetverbindung eingerichtet, die eine bessere Kommunikation zwischen den verschiedenen Polen des Gegengipfels ermöglicht hätte oder auch die Einrichtung eines Medienzentrums, das diesen Namen verdient gehabt hätte - im Gegensatz zu dem, was auf den meisten Gegengipfeln sonst Standard ist - auch mitten in der Walachei.

Am Anfang des Camps von Urrugne [map3] zögerte der bestimmende Teil der Plattform, der offensichtlich nicht an Selbstverwaltungspraktiken gewöhnt war, überhaupt Vollversammlungen anzusetzen, da er wahrscheinlich dachte, dass die Organisation des Camps besser in der Verantwortung ihrer eigenen Versammlungen "am Gipfel" bleiben sollte (ohne schlechte Wortspiele).

Schließlich, und das ist zweifellos das skandalöseste, verhielt sich die Plattform während des gesamten Gegengipfels, als ob sie ohne die Hunderte von Teilnehmer*innen entscheiden und handeln könne, und begnügte sich damit, Verhaltensregeln aufzustellen, die jede/r zu respektieren habe, auf die Gefahr hin, bei Verstößen aufgefordert zu werden, „draußen was anderes zu suchen". Wenn ihre Kommunikation gewaltfrei zu sein scheint, sind ihre Praktiken in der Tat mal reichlich autoritär. [4]

Bei mehreren Gelegenheiten, in ihren öffentlichen Stellungnahmen und in hitzigen Diskussionen zeigten sich die Mitglieder der Plattform vermessenen und voll moralischen Chauvinismus gegenüber Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Gegengipfels, die mit ihnen nicht einverstanden waren. Wir haben insbesondere gehört: "Es ist unser Gegengipfel"; "Wenn ihr nicht mit unserem Aktionskonsens einverstanden seid, habt ihr im Camp nichts zu suchen"; "Eine Mehrheit der Franzosen hier, respektieren scheinbar nicht den Aktionskonsens von uns Basken, das ist Imperialismus".....

Die einzige offizielle Erklärung der Plattform auf ihrer Website am Samstagabend bezog sich auf eine Meldung, der zufolge der Angriff auf einen Fotografen angeprangert wurde, da sich die Plattform wahrscheinlich verpflichtet fühlte, ihrer Zusage gegenüber der Präfektur nachzukommen, jede Gewalt moralisch zu verurteilen. Jeder wird sich an diese Plattform-Freiwilligen [5] erinnern, die entlang des Aufzugs in Hendaye anstelle der Polizei eingesetzt wurden, um die Banken vor möglichen antikapitalistischen Aktionen zu schützen, die ihrem "Konsens über die Nichthandlung" zuwiderlaufen könnten.

Darüber hinaus gab es von der Plattform kein einziges Wort über die an diesem Samstag in Bayonne stattgefundene Repression, über die 68 präventiven oder willkürlichen Verhaftungen oder über die hohen Strafen für drei Deutsche im Alter von 18 bis 23 Jahren, die seit Mittwoch nach einem beschleunigten Prozess inhaftiert wurden, obwohl dies ein absoluter Skandal ist [6]. Die Mitglieder der Plattform brauchen uns jedenfalls nicht mehr anzuquatschen, um über Solidarität mit den Gefangenen zu sprechen!

Schließlich hat die Plattform in einsamer Entscheidung die für Sonntag geplanten Hauptblockadeaktionen abgesagt - unter dem Vorwand des polizeilichen Drucks, so, als ob sie von dem Umfang des Einsatzes überrascht worden wären und sich vorher vorgestellt hatten, dass sie die Autorität des Staates und der G7 herausfordern können, ohne mit der Polizei in Berührung zu geraten. Die Regisseure stornierten die Aufführung ihres Theaterstückes und zeigten einmal mehr, wie sehr sie die Tausenden von Demonstrant*innen als Statisten betrachten. Letztere waren überrascht und konnten in letzter Minute keine größeren Aktionen organisieren, improvisierten aber eine Kundgebung zur Unterstützung der Leute in Polizeigewahrsam vor der CRA [7] in Hendaye. Glücklicherweise konnte die Geistesgegenwart der Teilnehmer*innen des Gegengipfels die Sorglosigkeit und den Mangel an politischen Reflexen der Platformisten halbwegs ausgleichen.....

Um das Ganze abzuschließen, veranstaltete die Plattform am Montagmittag eine Pressekonferenz bei sich auf der Ecke (an der cité de l’Océan [8], nur zwei Schritte von der Sperrzone entfernt), um eine vereinbarte Erklärung über den bösen Macron und seine bösen Verbündeten abzugeben.

Dabei wurde aber keinerlei detaillierte oder kritische Bewertung der Abläufe in den Vortagen vorgenommen, ebenso wenig, wie eine quantifizierte Bewertung der Repression, oder eine schlüssige Erklärung zur Absage der Aktionen des Vortages... Nichts über den Inhalt der ständigen Verhandlungen mit der Präfektur, nichts über die Behinderung von Anwält*innen oder über die Unterwanderung der Organisation des Gegengipfels durch eine Undercover-Agentin der Polizei [9], nichts über die finanzielle Bilanz des Gegengipfels oder über die Zurückhaltung, die Kollektive zu unterstützen, die sich für das Camp den Arsch aufgerissen hatten um eine Teilhabe an Versammlungen und „Aktionen“ zu ermöglichen...

Am Ende der Pressekonferenz rieben sich 40 Personen symbolisch an der roten Zone, indem sie ihre Arme für die Kameras hoben, in einer letzten Maskerade, die sicherlich mit dem Präfekten ausgehandelt wurde und die einige Aktivist*innen, einschließlich der Bask*innen, mit einem Gefühl der Erniedrigung zurückließ.

Informationen (auf der Website der Plattform braucht ihr nicht suchen) über den Ablauf der Gipfelproteste findet ihr hier: https://g7borroka.info/ [10]

 

Über den Aktionskonsens und Netzwerke des zivilen Ungehorsams

Seit fast zwanzig Jahren erleben wir ein sehr gefährliches Abrutschen ins Totalitäre, was von einer unaufhaltsamen Militarisierung der Gesellschaft und einer immer heftigeren Repression gegen die sozialen Revolten begleitet wird. Diese Verschiebung erfordert eine lebendige und kompromisslose Antwort gegen die etablierte Ordnung. Jede andere Haltung ist nichts anderes als karrieristische und reformistische Betrügerei.

Doch – außerhalb jeglicher Realität – wollen die  bürgerliche Lobbyorganisationen, wie die ANV, BIZI [1] Bayonne, Alternatiba  oder Les Désobéissants [11] die Situation weiterhin befrieden und uns zu einer Ideologie des Nichthandelns drängen, oder anders gesagt: Dem Totalitarismus das Bett beziehen. Noch schlimmer ist, dass sie die Erfahrungen des bewaffneten Kampfes im Baskenland [12] sich so zurechtlegen, das daraus der Verzicht auf alle Formen radikaler Aktionen begründet wird, indem sie die ausgehandelten Bedingungen ihrer Kapitulation zur einzig möglichen Alternative zum Sicherheitskapitalismus und seiner systemischen Gewalt erklären. [13]

Jedes Jahr produzieren diese Organisationen eine umfangreiche Literatur, um eine einheitliche Vision des Kampfes durchzusetzen, indem sie die Ausgrenzung, die Denunzierung und die Kultbildung von Märtyrern zu einem Dogma erheben, dem jede*r gehorchen muss, unter Androhung der Ächtung oder gar der Denunziation gegenüber den Behörden. Diese Organisationen zögern nicht, eine Einigung mit den Präfekturen und dem Staat zu erzielen, um Menschen loszuwerden, deren Ideen oder Handlungsweisen ihre gewaltfreie Kommunikationsstrategie und ihren glückseligen Reformismus untergraben. Viele ihrer öffentlichen Äußerungen sind empört über Akte der sozialen Revolte und verwenden die Terminologie der Kriminologen, um die "nicht tolerierbaren Taten" von Proletariern [14] anzuprangern, die in ihren Augen zu ungestüm sind. Wir befinden uns im gleichen reaktionären Diskurs, der den Aufstand als "Delinquenz" derjenigen beschreibt, die in der Vergangenheit als "Arbeiterklasse, gefährliche Klasse" bezeichnet wurden.

Im Herbst 2015 hatte die ANV Cop21 - die nur eine der vielen platformistischen Entwicklungen des Netzwerks des "zivilen und gewaltfreien Ungehorsams" ist - ein "internes Dokument" erstellt, das als Charta für ihre Aktivisten dienen sollte und dort die Hauptprinzipien des gewaltfreien Handelns festschreibt. Diese Charta ist einer der größten Skandale, die eine angeblich gegen das Establishment gerichtete Organisation je hervorgebracht hat.

Über die gesamten Seiten hinweg entdecken wir mit Entsetzen eine Reihe von Bildern, die Aktivisten*innen - Radikale und Akteure des zivilen Ungehorsams - gegeneinander ausspielen. Dabei wird eine Liste von angeblich "schlechten Verhalten" aufgestellt, gegen die jeder Polizeibericht verblasst. Man könnte eine klassische Abgrenzung von Aufstands- und Sabotagepraktiken erwarten (nicht überraschend für konterrevolutionäre Organisationen), aber die Abgrenzung hört damit nicht etwa auf.

Die Charta verurteilt nicht nur, was diese Inquisitoren als physische Aggression bezeichnen, sondern darüber hinaus unter Verwendung von Polizeiterminologie, wahllos alle "ironischen, verächtlichen, verletzenden Worte", jede "Verhöhnung oder Stigmatisierung" und schreibt vor, dass "keine Menschen anzuschreien" sind. Das Regelwerk verbietet "provokante Blicke oder beleidigenden Gesten", oder "bedrohliche Haltungen" einzunehmen, und fordert "alles zu vermeiden, was die Spannung erhöhen kann (Laufen, Schreien, plötzliche Gesten machen)", "keine Hauben, Schals, Sonnen- oder Skibrillen zu tragen, die das Gesicht abdecken, keine "Anonymus - Masken oder Gasmasken" usw.

Im Falle einer Aggression durch die Polizei, wie beispielsweise einem "Schlagstockeinsatz", sind die Demonstrant*innen aufgefordert, sich.... "Hinzusetzen"! Die Selbstverteidigung an sich genießt keinerlei Achtung bei diesen reaktionären Organisationen, die den Kern ihres Handelns zum Opfer machen.

Die spalterische Entwürdigung geht so weit, Opfer staatlicher Gewalt zu verhöhnen, wie z.B. bei einem Foto auf der vierten Seite dieser Charta, wo ein "schlechter Demonstrant" präsentiert wird, weil er den Polizisten den Rücken kehrt und ein Schild trägt, auf dem steht: "Dank euch hat sich mein Leben verändert" - mit einem Smiley und einem Kreuz auf einem Auge. Das Bild ist mit dem Kommentar "keine ironischen, beleidigenden, verletzenden Worte...." betitelt. Nicht erwähnt wird, dass die hier kritisierte Person durch einen LBD 40-Schuss am 22. Februar 2014 in Nantes ein Auge verloren hat. [15]

In Nantes [16] gingen diese Handwerker der Unterwerfung so weit, ein Kontingent von weiß gekleideten Denunzianten und Denunziantinnen aufzustellen, die damit beauftragt waren, die radikalen Demonstrant*innen zu isolieren, sie aus den Demonstrationen zu herauszulösen oder sie sogar der Polizei zu übergeben. Diese kollaborative Praxis, die glücklicherweise in Nantes gescheitert ist, fand ihren Weg bis zum G7 von Biarritz in einem Dokument, das unter den Leuten zirkulierte. Zitat: "Beim Auftauchen von Leuten mit maskierten Gesichtern, in einer Situation wo Eigentum beschädigt wird oder bei physischer Aggression (....) umringt die Gruppe mit einem Sicherheitsabstand, und hebt die offenen Hände in die Luft, um zu zeigen, dass wir den Gewaltakt ablehnen und ihn isolieren". Gruselig.

Anlässlich von Demonstrationen auf der öffentlichen Straße, nahm die Verbissenheit dieser Organisationen weiter zu, über Maßnahmen zur Neutralisierung von Wut und Aufruhr nachzudenken, insbesondere durch den Einsatz von Freiwilligen in Trainingsleibchen oder weiß gekleidet. Diese hatten die Aufgabe, Banken zu schützen, die Menge zu kanalisieren, Ketten zu bilden oder auch auf dem Boden vor der Polizei zu kriechen… Es gibt viele Möglichkeiten, mit den eigenen Körpern auszudrücken, eben nicht (mehr) bereit zu sein für die Zukunft der neuen Generationen zu kämpfen, und stattdessen deren Schicksal dem Goodwill von potenziell aufgeklärten Tyrannen anzuvertrauen, die ihnen dann vielleicht alle Leiden ersparen würden. Oder sich an die Polizei zu wenden, mit dem Glauben oder der naiven Annahme, dass staatliche Gewalt vermieden werden kann, wenn man freundlich bleibt und die eigene jahrzehntelange Geschichte der Klassen-, rassistischen und sexistischen Unterdrückung verleugnet: Nein, es reicht nicht, sich "nichts vorzuwerfen zu müssen", um sich der Willkür zu entziehen.

Nachdem diese Organisationen ihre Waffen dem Imperialismus des kapitalistischen Staates überlassen hatten, übten sie Druck auf die sozialen Bewegungen aus, um sie bis zum Übermaß zu befrieden und wurden nicht mehr und nicht weniger als polizeiliche Hilfskräfte. In anderen Kontexten wird derartiges Verhalten als Verrat bezeichnet.

Wie immer bei Gegengipfeln mit internationaler Dimension nutzen Organisationen, die auf der Straße präsent sind, aber keinen Einfluss über lokale oder nationale Grenzen hinaus haben, die Logistik und die Stärken anarchistischer Netzwerke, um einen Raum zu nutzen, den diese sich angeeignet haben: Kantinen, medizinische Teams, juristische Teams... Mal ganz abgesehen von den Praktiken der Autonomie und den vielen Momenten des kollektiven Austauschs und der Reflexion, die hauptsächlich von Teilnehmer*innen außerhalb ihrer Plattformen initiiert und getragen werden.

Da sie nicht auf echte Selbstverwaltungsstrukturen zurückgreifen können, müssen sie durch die Unterzeichnung einiger Schecks eine Illusion schaffen, indem sie beispielsweise die Räumlichkeiten eines Konferenzzentrums anmieten, um dort eine Scheindebatte zu organisieren. Diese steht denen der Nationalen Kommission für öffentliche Debatten [17] in nichts nach - mit ihren selbsternannten oder fälschlich legitimierten Führern und Intellektuellen, die den Raum zur Förderung ihrer politischen Interessen oder ihres Egos monopolisieren. Andere, die durch die Vermittlung von Menschen eingeladen werden und versuchen, politische Inhalte in der Sache einzubringen, dienen unwissentlich oft als Unterstützung für andere, um deren pazifistische Lobbyarbeit zu fördern.

Ganz zu schweigen davon, dass diese Organisationen auf einer libertären und antiautoritären Phantasie surfen, auch wenn ihre internen Strukturen, Arbeitsmethoden und die Selektion über das Geld, das sie verfügen, von autoritärer Logik zeugen. Schon das Heraufbeschwören eines Aktionskonsenses, der von irgendwem beschlossen wurde und dann Tausenden von anderen als Leitlinie dienen soll, ist eine Beleidigung von 200 Jahren libertärer und anarchistischer Kämpfe zur Förderung des freien Willens und der Autonomie für jede/n.

Lasst uns nicht für dumm verkaufen, wir gehen nicht von dreißig Jahren bewaffneten Kampfes im Rahmen autoritärer kommunistischer Gruppen [18] zum Hippie - Alternativismus über, ohne die alten disziplinären Reflexe zu bewahren, die es ermöglichen, das Gesicht zu wahren.... und die Dinge mit den Verleumder*innen zu regeln. Ganz zu schweigen von den charismatischen Führern, die mit ihrer Entourage wie Gurus von Sekten interagieren, gleichzeitig Faszination und Angst verbreiten sowie quasi ein Monopol auf die offizielle Kommunikation ihrer Organisationen haben.....

Am 25. August schrieb die G7EZ-Plattform: "Das Ziel der Plattform war es, sichtbar zu sein, es ist ein Erfolg". Damit ist schon alles gesagt. Die Theateraufführungen dieser Organisationen, mit so vielen Erschütterungen verraten, dass sie nicht in der Lage sind, das Feld der Revolten ernsthaft zu betreten, außer durch den Vorschlag sanfter und absolut nicht subversiver Alternativen, sie haben unsere Geduld erschöpft. Wir unterstützten natürlich die Demonstration in Hendaye, nämlich die Hunderte von Menschen, die in der gutem Absicht gekommen sind, ihren Protest auszudrücken, aber nicht die autoritären und trennenden Rahmenbedingungen, bei denen diese Demonstration ein Teil war.

Unsere Wut macht sie ängstlich, denn sie sind sich sehr wohl bewusst, dass sie entschieden haben, sich mit der Welt zu kompromittieren, gegen die wir kämpfen. Lassen wir uns nicht mehr lähmen, die Illusion und Betrügerei muss aufbrechen. Das ist es auch, was diese Stellungnahme versucht.

Wir sind entschlossen, aber wir sind nicht ruhig!

 

[1] Bizi (baskisch, de. es lebe) ist eine eingetragene Vereinigung, die sich 2009 anlässlich des COP 20 in Kopenhagen im französischen Teil des Baskenlands gegründet hatte. Die globalisierungskritische Assoziation ist explizit gewaltfrei und organisiert (teilweise auch spektakuläre) Aktionen des zivilen Ungehorsams. Sie war bereits bei den Gegengipfeln anlässlich des G20, 2011 in Nizza und beim COP 21, 2015 in Paris maßgeblich beteiligt. ANV (Action non - violente) COP21 ist wiederum frankreichweit vor allem gegen die Erderwärmung aktiv.

[2] Besonders fatal waren dessen Aussagen nach der Riotnacht von G20 in Hamburg, wo er vor der Presse die alleinige Schuld an den „unentschuldbaren Gewaltakten…“ an die von ihm „nicht eingeladenen Ultra Radikalen aus dem Süden“ verteilte… er – jawoll – hätte „höchstpersönlich spanisch, französisch und italienisch vor Ort vernommen“ und natürlich sowieso auch nur „gemäßigte Autonome eingeladen“. Die von ihm mit ausgelöste Hatz gegen „Krawalltouristen aus dem Süden“ dauert bis heute an – der französische Aktivist Loïc sitzt nach, wie vor genau auch deswegen im Knast. siehe auch: https://cloudfront.crimethinc.com/assets/articles/2018/09/28/to-our-compas_deutsch.pdf S.102ff, 115, 120, 133f

[3] laut Plattform: 15.000; Präfektur: 9.000; unabhängige Beobachter: 6.000 Teilnehmer*innen.

[4] So mussten beispielsweise Versammlungen, Veranstaltungen oder Workshops bei den Organisator*innen beantragt und genehmigt werden, was nur dann Aussicht auf Erfolg hatte, wenn sowohl Inhalte, als auch Initiator*innen den sehr eingegrenzten, vor allem strikt gewaltfreien, Vorstellungen der Organisator*innen entsprachen.

[5] Es sind ganz offiziell 200 „robuste“ Ordner eingesetzt worden - mit der ausdrücklichen Aufgabe, Sachbeschädigungen oder anderweitige „Delikte“ unmittelbar zu unterbinden.

[6] siehe auch: https://de.indymedia.org/node/36831

[9] Im Camp enttarnt und während des Durcheinanders bei einem Polizeieinsatz am Freitag spurlos verschwunden. Eine Übersetzung des französischen Originals findet sich hier

[10] Dort wurde auch die Bilanz des Antirepression - Teams veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung davon als PDF – Anlage.

[11] de. die Ungehorsamen – eine weitere explizit gewaltfreie aktivistische Gruppierung in Frankreich

[12] Als Einstieg in diese hochkomplexe Thematik Wikipedia oder auch ein Artikel zur endgültigen Auflösung der ETA.

[13] Das ist sicherlich an Bizi adressiert, die sich auch in der Tradition der sog. Albertzalen Linken sieht, welche aus Gewerkschaften, Umweltgruppen, Jugendorganisationen und eben auch ETA bestand und für ein unabhängiges Baskenland gekämpft hat bzw. immer noch kämpft.

[14] in dem romanischen Sprachraum ein durchaus weiterhin sehr übliches Wort – ohne besonderen Hinweis auf orthodox marxistischen Hintergrund

[15] Siehe auch: https://de.indymedia.org/node/34735

[16] Hier wird sich auf einen komplett eskalierten internen Streit während der Auseinandersetzung 2018 um das dortige ZAD bezogen, der offensichtlich nachhaltige Brüche hinterlassen hat.

[17] fr. Commission nationale du débat public – Ein staatliches « Partizipationstool » für lokale Umweltfragen, dass wegen seiner oft sehr begrenzten Kompetenzen umstritten ist, allerdings eher leicht über dem in Deutschland noch bescheideneren Niveau derartiger „Bürgerbeteiligungen“ rangiert.

[18] ETA und Co galten als ziemlich hierarchisch durchstrukturierte Struktur und mit neben dem – sicherlich berechtigten Anliegen einer Autonomie für das Baskenland – auch als traditionell kommunistisch orientiert. Allerdings zweifelsfrei mit deutlicher Öffnung in Richtung direkter Teilhabe, Feminismus wie auch Ökologie… außerdem ist aus guten Gründen nur wenig über deren tatsächliche Struktur und interne Orientierung bekannt.

 

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Ergänzungen

Hier der ganze Artikel in Französisch und Deutsch als PDF

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Der von euch als "selbsternannte Sprecher der Autonomen" vorgeführte Genosse ist in der Soligruppe für Loic aktiv und u.a. in diesem Zusammenhang stand unserer Einschätzung nach auch die Einladung zur Veranstaltung. Das mögt ihr ja blöd finden. Ihn öffentlich zu kritisieren ohne diesen Umstand mit zu benennen ist diffamierend. Ebenso so zu tun wie wenn Loic wegen der fehlgeleiteten "Pressearbeit" in Haft sitzen würde. Dies ist nicht der Fall. So wird ein Genosse als vermeintlicher "Verräter" gebrandmarkt, gemobbt und zum Abschuß freigegeben. Von seinen nun wirklich katastrophalen Äußerungen hat er sich nach G20 distanziert. Auch das wird verschwiegen. Dieser Umgang ist unsolidarisch, scheiße und auch gefährlich für die Bewegung und dies sollte nicht den Moderationskriterien entsprechen.

Außerdem ist völlig unangemessen diesen Kontext in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zu Aktionskonsens und bürgerlichen Spektren zu bringen. Politische Auseinandersetzung und Kritik gerne. Diffamierende Lügen haben aber auf Indymedia nichts zu suchen. Daher eine Auffporderung zum löschen des Artikels oder des entsprechenden Satzes samt Fußnote. Als Außenstehende möchten wir auf diesen Umstand dringend hinweisen!

Wir lassen uns nicht spalten. Weder von den Ermittlungsbehörden, noch von Blackouts bei Aktivisten, noch von offenbar persönlichen Abrechnungen aus der alleruntersten Schublade!

Vor allem fehlt, dass ein nahtloses „weiter so, wie bisher“ nach G20 in Hamburg zu beobachten ist. Wir reden von einer offensichtlich stehen gebliebener Entwicklung bei den Älteren – bezogen auf das Erfassen von politischen Kontexten und Sozialisationen, neueren Entwicklungen (gerade auch international) aber vor allem auch von einer Struktur der egozentrischen Kommunikation und Machtphilosophie bei insbesondere dem hochumstrittenen Kollega „selbsternannter Sprecher der Autonomen“, die aus unserer Sicht kontraproduktiv und vor allem hierarchisch ist und somit zwangsläufig der „Bewegung schadet“: Junge werden abgeschreckt, die Glaubwürdigkeit steht (erst Recht) im Zweifel, Partizipation – insbesondere übrigens die von Frauen - wird gehemmt usw….

Und wir reden über eine Ignoranz gegenüber zahlreichen Aktivist*innen, Gruppen, Treffpunkten, die ihre Ablehnung dazu in diversen internen Diskussionen offen und vehement zum Ausdruck gebracht haben, insbesondere zu Presse- oder Podiumsauftritten oder auch vorgegaukeltem Vertreterstatus. Das wird schlicht ignoriert und verursacht damit einen Druck, manchmal auch eine Wut, sich das nicht gefallen zu lassen. Sicherlich ist eine Debatte über Indymedia nicht die ideale Plattform dafür, aber derart herausgefordert dann auch unumgänglich.

Wobei „Trullala“ offensichtlich ja gar nicht aus der unmittelbaren „Ü-60-Entorurage“ des selbsternannten Sprechers stammt – diese wäre an ihrer rückständigen Formulierungskapazität leicht erkennbar, sondern anderweitig verortet werden muss… wir reden vermutlich über die (wohlgemerkt legitimierte und nicht selbsternannte) Sprecherstruktur von nichts geringerem als der Roten Flora. Die wiederum hat nach immerhin über 25 Jahren tatsächlich scheinbar auch aufgehört mit dieser Funktion. Gut so! Denn es war auch eine „Kathedrale der Verkrustung“, die nicht zuließ, dass andere, auch nur in Vertreter*innen - Position kompetent genug werden konnten um z.B. als Projektvertreter*in einer Versammlung zu vertreten. Es gab halt immer nur „den Einen“. Hoffentlich wagen sich jetzt auch bald mal „die Anderen“ aus der gewohnten Deckung und übernehmen öffentliche Verantwortung. Das ca. 7-8- köpfige Altherrenplenum zu öffnen würde auch nicht schaden.

Zurück zu Biarritz und dem selbsternannten Sprecher der Autonomen – einem ehemaligen Anwalt. Wir haben teilweise schon vor der Reise von dieser geplanten Veranstaltung erfahren und einer von uns hat vehement versucht, die geplante Veranstaltung via direkter Kontaktaufnahme bei der engeren Reiseentourage zu verhindern. Dennoch ist die Veranstaltung durchgezogen worden und als „voller Erfolg“ vermeldet worden. Und natürlich gab es bei dieser (außerhalb des angekündigten Programms stattfindenden) Veranstaltung keinerlei Hinweis auf die Rolle des Hauptreferenten bei G20 in Hamburg. Vielmehr ist es als Delegation vom G20-Protest-Hamburg kommuniziert worden. Dem war aber nicht so, sondern es bestanden vehemente – wie auch bekannte – Widersprüche.

Dann darf frau/man sich die Situation des kollektiven Camp Verlassens auch nicht als reflektiertes Diskussionsergebnis vorstellen, sondern es hatte einfach vielen sowieso gereicht… die Situation war emotional hoch aufgeladen. Dabei spielte die Veranstaltung der Ü-60 aus Hamburg zur Repression nach G20 nur für uns eine unmittelbare Rolle. Die Französ*innen waren vor allem von Bizi & Co bedient und nahmen die Teilnahme von Kollega Sprecher der Autonomen von G20 in Hamburg dabei nur noch mit in die Addition auf. Wir wären sehr wahrscheinlich auch ohne diese, eigentlich ziemlich unbedeutende Veranstaltung, gemeinsam genau an dem Abend gegangen und zwar in Richtung Bayonne, um dort – entgegen der offiziellen Agenda – möglichst nah am Gipfelort zu sein… Dort haben wir übrigens keinen dieser Hamburgkollegas getroffen, die waren vermutlich bei den Reformisten und Denunzianten in Hendaye am mitlatschen… voll bunt und vielfältig, nur leider ohne jeden Protesteffekt.

Dann, liebe „Trullala“, du weißt es sicherlich noch viel besser als wir und warst davon auch persönlich betroffen: Es macht wirklich keinen Spaß, die Äußerungen des selbsternannten „Sprechers der Autonomen“ von G20 jetzt nach über 2 Jahren zu rezitieren, aber sie gehören leider genauso zur Geschichte vom G7 Protest in Biarritz, wie die diesmal besonders heftige Behandlung von Deutschen durch die französische Polizei und Justiz – siehe u.a. die 3 von der Autobahn.

Das Schema ist Standard bei der Repression gegen Gipfelproteste geworden. In Hamburg waren es die „bösen Radikalen aus dem Süden“ und quasi der erste, der sich dementsprechend am Samstag nach den Krawallen ausgiebig dementsprechend ggü. der Presse äußerte war besagter selbsternannter Sprecher und außerdem der offizielle Anmelder der Welcome to hell – Demo. Bereits im Vorfeld derselbigen war dieser völlig absurd auf einen Macho-Schlagabtausch mit dem Polizeieinsatzleiter („größter Polizeieinsatz aller Zeiten“) via Presseinterview eingestiegen und hatte den „größten schwarzen Block aller Zeiten“ angekündigt, und damit beigetragen, den extrem brutalen Polizeieinsatz öffentlich einzubedden

Viel fataler waren dann noch die Aussagen nach der Riotnacht, wo er – mittlerweile völlig außer Rand und Band – die alleinige Schuld an den „unentschuldbaren Gewaltakten…“ an die von ihm „nicht eingeladenen Ultra Radikalen aus dem Süden“ verteilte… er – jawoll – hätte „höchstpersönlich spanisch, französisch und italienisch vor Ort vernommen“ und natürlich sowieso auch nur „gemäßigte Autonome eingeladen“. Außerdem empfahl er – nächstes Mal denn – besser doch ein bürgerliches Quartier zu verwüsten, was ebenfalls ein Prima Beitrag in der öffentlichen Auseinandersetzung in Hamburg und im Stadtteil war. Die von ihm mit ausgelöste Hatz gegen „Krawalltouristen aus dem Süden“ dauert bis heute an – der französische Aktivist Loic sitzt nach, wie vor genau auch deswegen im Knast.

Das Schlimmste ist vielleicht, dass – so doch auch allgemeine Wahrnehmung zumindest bei Leuten, die seit 2000 mehr als 3 aktuelle linke Bücher gelesen haben– nahtlos weitergemacht wird bzw. werden soll, mit leicht modifizierter Entourage, aber ohne irgendeine echte Korrektur…  Die von Dir angesprochene „Entschuldigung“ ist – wie du sicher selber weißt – taktisch motiviert und von der engeren Entourage dringlich nahegelegt worden, und – siehe Realität – ohne substantielle Auswirkung.

Und wenn der „große Auftritt“ quasi genetisch unvermeidbar bleibt, dann doch bitte inklusive einem ehrlichen Benennen der eigenen Rolle bei G20 in Hamburg, zumindest, wenn es um Repression geht und selbstverständlich ohne irgendeine Sprecher- oder Vertreterposition vorzugaukeln. Vermutlich wird es dann aber kompliziert mit Podium & Co – außer vielleicht ja erneut mal wieder bei Bizi & Co  im Baskenland.

Meine solidarische und inhaltliche Ergänzung ist, dass Personen und Ereignisse in deinem Kommentar durcheinander gebracht werden. Die Bitte ist, dass Du noch mal genauer recherchierst, auch um den Inhalten mehr Integrität zu geben.

 

Okay, verschiedene Leute aus Hamburg fahren nach Frankreich und pissen sich dort gegenseitig an. Im Text der französischen Genoss*innen kommt dieser Konflikt überhaupt nicht vor. Du instrumentalisierst hier eine wichtige Diskussion zur Organisierung rund um G7 in Biarritz um für dich offenbar ungeklärte politische Konflikte und gepflegte Abneigungen aus Hamburg auf anderer Ebene zu weiterzuführen.

Was das alles wiederum mit der Debatte um bürgerliche Bündnisse, Aktionskonsens oder nun auf einmal der Roten Flora zu tun hat ist unklar. Da nimmt der Aluhut-Faktor und ressentimentgeladene Populismus gehörig an Fahrt auf.

Weshalb seid ihr eigentlich nicht in der Lage das bei euch zuhause zu klären?! United we stand? Wohl eher Divided we fall!

Für Indymedia stellt sich allerdings die Frage ob es eine Plattform des Internet-Mobbings, diffamierender Artikel und von personalisierten Hasspostings sein will und ob ein solcher Umgang dem Projektcharakter entspricht. Sofern hier nichts wegmoderiert wird, beantwortet es sich von selbst.

Als Projekt schadet es der radikalen Linken durch die Verrohung der Diskussionskultur dann jedenfalls mehr als es nützt. Zudem stellt es sich dann als eine Plattform für die Verbreitung von Gerüchten und damit auch Unwahrheiten dar. Der Anspruch war mal ein gegenteiliger.

Die Person um die es geht nicht war nicht Anmelder, sondern Versammlungsleitung. Da reicht ein kurzer Blick in Google. Im anderen Müll grabe ich nicht!

Was an der Debatte um „Genosse Blackout“ bedenkenswert ist:

Ein exponierter Vertreter („Sprecher“) der Hamburger Autonomen Linken, denunziert während des G20 öffentlich AktivistInnen aus Spanien, Italien und Frankreich, indem er sie für die Plünderungen etc. im Schanzenviertel verantwortlich macht. Später entschuldigt er dafür als öffentliches „Blackout“ und alles geht so weiter wie bisher. Da werden Strukturen sichtbar, mit denen eine Menge Menschen aus der Linken nicht einverstanden sind.

Wenn jemand sich selbst mehrmals als „Ich als Sprecher der Autonomen“ bezeichnet (und nicht nur in Bezug auf die „Welcome to Hell“ - Demo), sollte man sich fragen: brauchen die Autonomen eine/n Sprecher/in? Brauchen sie den Sprecher? Und vor allem: brauchen sie 20,30 Jahre lang denselben Sprecher?

Wäre es nicht vielmehr angesagt, sich nach so einem mittelschweren Fauxpas zunächst vom vordersten Platz der Bühne zurückzuziehen und statt nur Entschuldigungen zu liefern, sich mit der eigenen Rolle auseinanderzusetzen?

Was viele auf die Palme bringt, ist dieses nahtlose „weiter so“. Deshalb gibt es eine Reihe Leute, die sich nicht vorstellen können, auf diese Weise mit ihm zusammenzuarbeiten. Man möchte bei Veranstaltungen vielleicht mal andere Gesichter auf dem Podium sehen, bei Zusammenarbeit in Gruppen eine selbstreflektierende Haltung von Genosse Blackout wahrnehmen. Nicht mehr und nicht weniger.

Bizarrer weise kommt jetzt nach über 2 Jahren aufgrund einer parlamentarischen Anfrage von ausgerechnet der AFD ans Licht der Öffentlichkeit, dass laut Polizei-Aktenlage die bisher in der Öffentlichkeit dominante Einschätzung, dass nämlich „radikale Gewalttäter aus dem Süden Europas unser schönes Schanzenviertel planmäßig verwüstet“ hätten schlicht falsch war. Und das nach hunderten von Stunden „Aufarbeitung“ im öffentlichen Sonderausschuss der Bürgerschaft, wo selbiges Bild in immer neuen Strickmustern verbreitet wurde.

Der Spiegel erinnert sich auch an die Aussagen von „Genosse Blackout“ (frei nach „Genosse Trullala“) und gibt aktuell einer der damaligen „Quellen“ die seriös klingende Bezeichnung „Vertreter der lokalen linken Szene“ – siehe: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/g20-gipfel-in-hamburg-gewalttaeter-waren-ueberwiegend-einheimische-a-1285434.html. Bei der dort verlinkten Antwort des Senats steht u.a. schwarz auf weiß, dass insgesamt 40 Tatverdächtige aus Frankreich, Italien und Spanien ermittelt wurden – dem gegenüber stehen mit 76 fast doppelt so viele allein aus Schleswig Holstein… und das trotz ausdrücklich Ermittlung und Fahndung der 165-köpfigen SoKo Schwarzer Block nicht etwa in Quickborn, Rendsburg oder Bad Segeberg sondern z.B. im französischen Bure.

Darauf, dass die damalige Darstellung nicht nur politisch und ethisch fatal, sondern auch von der Faktenlage her, schlicht falsch war, wies schon die Pauli – Paname Connection hin und jede und jeder mit offenen Augen und Ohren vor Ort wusste es auch. Siehe: https://cloudfront.crimethinc.com/assets/articles/2018/09/28/to-our-compas_deutsch.pdf S.104f.

Unmittelbar nach dem Gipfel hat tatsächlich niemand in der größeren Öffentlichkeit dagegen gehalten und die fatale fakenewsstory hielt sich bis heute und wird vermutlich trotz der jetzigen Korrektur durch immerhin den Senat und die Polizei sich derart verfestigt haben, dass sie quasi unauslöschlich bleibt. Ähnliche Schemata mit Sündenbocksuchung bei von weiter her angereisten Aktivist*innen verfestigen sich stattdessen als Repressionsstandart bei Gipfelprotesten. In Biarritz waren es die „nichtbaskischen Imperialisten mit Jakobinerallüren aus Paris“ oder auch die „bösen Deutschen“ und gegen Aktivist*innen aus dem „spanischen Nationalgebiet“ wurde extra hundertschaftweise die berüchtigte Guardia Civil auf baskisch-französischen Boden aufgefahren… In Genua waren es auch schon die „bösen Deutschen“ und in Heiligendamm die „bösen Griechen“…

In Hamburg ist die mediale Hatz gegen die Internationals schon im Vorfeld losgegangen. Und selbstverständlich führen entsprechende öffentliche zunächst Bedrohungsszenarien und dann „Schuldzuweisungen“ auch zu realer Repression bzw. befeuern die selbige. Die Hamburger Gerichte haben dazu nach G20 ein langes und schmutziges Kapitel verfasst und sich bei ihren oft überharten Urteilen gegen Ausländer immer wieder auf deren angeblich „herausragende Bedeutung“ bei den „Gewaltexzessen“ bezogen.

In dem „Versuch einer Selbstkritik“ - 6 Wochen später - wird die Fakenews – Darstellung der angeblich herausragenden Rolle der Internationals am Krawall an sich auch nicht zurückgenommen sondern nur die (mittlerweile stark in Kritik gestandene) Diffamierung, was die öffentlich relevante Kernaussage ja nicht entkräftigt hat, sondern vielleicht im Gegenteil noch überzeugender dastehen ließ. Im Übrigen ist diese immerhin 6-seitige Erklärung unseres Wissens nach auch nur in Deutsch veröffentlicht worden und konnte somit von den meisten der direkt Betroffenen sowieso gar nicht verstanden werden. Stattdessen ging es in ausgedehnten Passagen auch um die eigene Betroffenheit. Heute ist sie auf nur noch einer Webseite abrufbar, nämlich bei AntjeundDieter in Itzehoe (ein wahrer Hotspot mitten im Krawallo - Bundesland Schleswig Holstein).

Völlig anders haben seinerzeit die betroffenen Internationals reagiert und sich in einem zweiten, wirklich rührenden offenen Brief an die Hamburger*innen und Hamburger gewandt. Das englische Original wurde im Übrigen von einer explizit gewaltfreien, wie auch hochgradig solidarischen Person aus dem Kontext Bure, Frankreich verfasst. Den Überblick behalten hat seinerzeit auch Sebastian Lotzer (S.L.) -Kreuzberger Urgestein, sowie hochgeschätzter Autor und Weltbürger - und die sehr einleuchtende Kurzanalyse Schanzenblues verfasst. Die dort enthaltenen Wahrnehmungen zur „alteingesessenen Szene in Hamburg“ sind leider noch alles andere als überwunden … mit Auswirkungen bis nach Biarritz.

Also ehrlich gesagt sehe ich keinen Aufstand der Unfehlbaren?! Weder in Hamburg noch international. Vielmehr die immergleichen Leute, vielleicht auch nur eine Person, die in sozialen Medien über andere Aktivisten posten und so langsam mal ihre persönlichen Traumata von G20 überwinden sollten.

Um Gesellschaft zu verändern, sollten manche ihren innerlinken Umgang verändern und von hassigen, persönlichen Angriffen emotionalen Abstand finden. Etwas Selbstreflektion und Überprüfung auf eigenes patriarchales Verhalten tut uns wirklich allen und immer gut.

Hier wird teilweise auch falsch zitiert oder echte Zitate werden falsch zugeschrieben! Bitte einfach mal googeln. Außerdem wird eine schweigende, autonome Mehrheit an die Wand gemalt, die Internationals werden dabei einfach mal ins eigene Boot geholt, und demgegenüber ein linkes Establishment in der Roten Flora und ganz Hamburg kritisiert, das endlich überwunden werden müsse. Das erfüllt alles in allem populistisches Diskursverhalten und Gedankengut.

Wenn hier ein namentlich bekannter linker Aktivist als "Genosse Blackout" oder "(selbsternanter) Sprecher der Autonomen" beschimpft wird, dann folgt dies keiner innerlinken Debatte der Auseinandersetzung, sondern der Logik der gesellschaftlichen Repression nach G20. Diese findet auf vielen Ebenen statt.

Ich bin gerne Teil einer radikalen Linken die Fehler macht, ihre nächsten Fehler vorereitet und fragend voranschreitet. Die reflektiert, diskutiert und sich weiterentwickelt auf der Basis offener Kritik aber gegenseitigen Respektes.

Eine Linke die ideologische Knieschußdebatten führt oder ihre Strukturen von Aktivisten säubern will, ist kein Projekt das emanzipatorisch ist. Ich will kein Teil solch einer linken sein und lehne solche Debatten als reaktionär ab.

Hier werden vordergründig Hegemonien kritisiert und gleichzeitig eigene Hegemonien aufgebaut und hergestellt, pauschal Ressentiments gegen Ü60 gestreut und für sich selbst die Stimme der Jugend in Alleinvertretungsanspruch genommen.

Der G20 in Hamburg war im internationalen Maßstab die letzte erfolgreiche linksradikale Mobilisierung zu Gipfelprotesten. Dies verdient durchaus Respekt. "Welcome to hell" war ein zentraler und wichtiger Baustein dieser Mobilisierung und der einzige Teil der sich im Zusammenhang mit der Großdemonstration konsequent und bis zuletzt den Forderungen nach einem Aktionskonsens widersetzt hat!

Hilfreich wäre sich als Bezugspunkt zum obigen Text sich damit auseinanderzusetzen. Eine Stärke der Strukturen in Hamburg war in den vergangenen Jahren, dass trotz Konflikten und unterschiedlicher Herangehensweisen nicht übereinander geredet wird, sondern miteinander. Dies hat den Erfog der Proteste erst möglich gemacht.

Personalisiertes Gedisse im Netz mag zwar modernen Zeiten entsprechen ist aber nichts anderes als destruktiv. Es spaltet, säht mißtrauen und schädigt Strukturen. Es schadet den Gefangenen und Solistrukturen wie United we stand. Es betreibt Zersetzung und damit Polizeiarbeit auf der Ebene der Kommentarspalte.

Mehr globale Solidarität statt lokale Egomanie!

 

 

 

 

Es ist nicht sinnvoll einen Gruppentext zu verlinken der Verschwörungstheorien über die Demonstration an der Elbchausssee verbreitet und diese als mögliche Bullenaktion darstellt, von "verstörende Bilder" spricht und sich von Vorkommnissen so distanziert und mediale Vorverurteilungen befeuert. Es ist zudem höchst unsolidarisch gegenüber den Gefangenen und Betroffenen von aktuellen Ermittlungsverfahren in diesem Zusammenhang!