Erste Hilfe für die Rigaer94
Landläufig ist bekannt, dass sich Berlin im Kriegszustand befindet. Die meisten Aktivitäten der Wedekindwache und des Staatsschutz, LKA 521 drehen sich um Aufrüstung gegen die Bedrohung von Links mit der Rigaer94 als Speerspitze. Und auch die Rigaer94 mobilisiert alle Mittel in dieser angespannten Lage. So kommt es, dass aus dem mutmaßlichen Diebstahl eines Erste-Hilfe-Kits im Wert von 15,95 Euro eine staatsgefährdende Konfrontation entsteht.
Sarkasmus off – es folgt die Story
Am 17. März 2017 beobachtet ein Angestellter im Outdoorladen Mont K in der Prenzlberger Kastanienallee 83 eine Person, die ihm auffällig erscheint. Er meint erkannt zu haben, dass diese einen ausgestellten Rucksack in ihren mitgebrachten Rucksack gesteckt hat. Als die Verdächtigte gemeinsam mit einer zweiten Person den Laden verlassen will, will der Angestellte und ein Zweiter den Ausgang nur unter der Bedingung gewähren, dass sie sich einer Taschenkontrolle unterziehen. Die Beiden verweigern dies und der Ausgang wird durch die beiden Angestellten blockiert. In diesem Moment kommt eine dritte Person in den Laden, hält die Tür auf, spricht zu den Angestellten „Jetzt reichts.“ und verlässt das Geschäft gemeinsam mit den anderen Beiden.
Ermittlungen
Das Personal wertet die Kameraaufnahmen aus und stellt fest, dass eine Person eine schwarze Tasche in ihren Rucksack verstaute. Außerdem gibt es eine vierte Person, die zeitgleich wie Person 1 und 2 im Laden war und sich auffällig verhielt. Es wird eine Anzeige bei der Polizei erstattet und die Aufzeichnungen werden ebenfalls dort abgegeben. Als sich im Juni ein Beamter die Videoaufzeichnungen ansieht, kann er wahrnehmen, wie die zweite Person im Laden sich ein Erste-Hilfe-Set aussucht, kurze Zeit später eine Umkleide betritt und später in den Videoaufzeichnungen das Erste-Hilfe-Set nicht mehr zu sehen ist. Die Aufzeichnungen landen bei einer Auswertungsabteilung. Am 29.09.17 wandern die daraus gewonnene Standbilder ins Intranet der Polizei. Wenige Tage später melden Nummer 99100564 und 99100614 vom LKA64, dass sie eine Person identifizieren können. Im Zuge dessen kann ein fleißiger Mitarbeiter des LKA 521 weitere Personen namhaft machen. Das Verfahren gegen Unbekannt wird alsbald gegen vier namentlich bekannte Personen geführt, die im weiteren Beschuldigte genannt werden. Diese vier Personen bekommen im März 2018 eine Vorladung zur Vernehmung zum LKA521 wegen Ladendiebstahl, der sie nicht folgen.
Weiter Erkenntnisse
Ein Anwalt der Beschuldigten 2, die genauso wie 3 in der Rigaer Straße 94 gemeldet ist, beantragt daraufhin Akteneinsicht. Wenig später werden die Ermittlungen gegen Beschuldigte 4, die nicht in der Rigaer Straße 94 gemeldet ist, eingestellt. Die Akten enthalten außer den erwähnten Informationen zum Sachverhalt und den mehr oder weniger normalen Ermittlungsvorgängen noch einiges mehr. Es gibt zwei Beiakten. Eine enthält ein Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte 2, Beschuldigte 3 und Weitere (unter ihnen Isa, der derzeit in Moabit in U-Haft sitzt) wegen Widerstand und Gefangenenbefreiung beim Hoffest der Rigaer94 am 1. Oktober 2017. Die zweite Beiakte enthält ein Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte 3 wegen Sachbeschädigung und Beleidigung in der Rigaer94, bei der Beschuldigte 2 auch namentlich erwähnt wird. Details würden den Rahmen sprengen.
Wieso die Ermittlung wegen Ladendiebstahl zwei Beiakten enthält ist schwer verständlich. Es hat aber auf jeden Fall damit zu tun, dass der Staatsschutz derzeit verstärkt versucht, Ermittlungsverfahren gegen die Bewohner_innen und Freunde_innen der Rigaer94 zu produzieren oder an sich zu reißen. Die zwei Beiakten taugen zumindest zur Selbstbestätigung des LKA521, dass ihre Zielpersonen mindestens gemein sind und bestenfalls Angehörige einer Bande, die laut Innensenator Geisel kriminell und laut Staatschutzpolizei und Staatsanwaltschaft politisch handelt. Lesen Sie hierzu die originelle Begründung aus der Akte, wieso das LKA521 für diesen Ladendiebstahl verantwortlich ist:
„Beschuldigte 2 ist als Mitglied der gewaltbereiten linksextremistischen Szene Berlins einzustufen und lebt in einem der Zentren, der Rigaer Straße 94, dieser Szene. Sie ist hier Teil einer „linken Wohngemeinschaft“, die sich laut eigenen Angaben seit ca. 25 Jahren selbst verwaltet und aus welcher heraus bereits mehrfach (Gewalt-) Straftaten begangen worden sind. Der Umstand, dass Beschuldigte 2 in diesem Fall ein „Erste-Hilfe-Set“ entwendete, lässt hier die Vermutung aufkommen, dass sie einen solchen Gegenstand nicht unbedingt für sich selbst, sondern vermutlich vielmehr für den Fortbestand der genannten Wohngemeinschaft und damit zu einem gewissen Teil auch dem politischen Wirken dieser dienen könnte. In den Räumlichkeiten dieser Wohngemeinschaft konnten bereits bei zahlreichen Gelegenheiten Gegenstände wie z.B. gestohlene Feuerlöscher und Verkehrsschilder o.Ä., festgestellt werden, die so auch zu Begehung von Straftaten, unter anderem zum Nachteil von Polizeibeamten, eingesetzt wurden. Es ist durchaus anzunehmen, dass auch der nun entwendete Gegenstand der Wohngemeinschaft zukam. Andere Erklärungen für die Tat sind zunächst nicht ersichtlich. Es ist z.B. kein Kraftfahrzeug auf Beschuldigte 2 angemeldet. Aus den vorgenannten Gründen wird durch den hiesigen Dienstbereich eine politische Motivation für die Tat angenommen und somit eine Bearbeitungszuständigkeit erkannt.“
99100564
Einige mögen sich gewundert haben, wieso zwei Nummern die Beschuldigten erkannt haben wollen. Natürlich verbirgt sich hinter 99100564 und 99100614 je ein Beamter. Übrigens ist 99100564 kein Unbekannter für Viele, die sich vom Staat der linken Szene zuordnen lassen müssen. 99100564, im weiteren 564 genannt, ist einer von mehreren Dutzend bekannten Gesichtern des PMS, auch szenekundige Beamte genannt. Die Einheit an sich ist ein Mobiles Einsatzkommando des LKA 6, das aber eigentlich auf das LKA521 hört. Das LKA521 ist die Staatsschutzabteilung, die gegen „links“ und „staatsfeindlich“ eingestufte Aktivitäten arbeitet. Polizeiintern werden sie herablassend als Pflaumen-LKA bezeichnet. Das aber hauptsächlich deshalb, weil ihre Tätigkeit vom kriminalistischen Standpunkt aus keinen Sinn macht. Die Arbeit des Staatsschutz muss eher mit der einer Geheimen Staatspolizei oder eines Ministeriums für Staatssicherheit verglichen werden. Die Arbeitsweise ist nicht transparent, ermittelt wird permanent und ohne rechtliche Grundlage und die Struktur sowie Personen sollen geheim bleiben.
Gedeckt wird die Arbeitsweise der Kodierten von Gerichten, die die Zeugen in Form von Nummern akzeptieren, wenn der Innensenat eine Sperrerklärung erlässt. Jüngst wurde es 564 in einem Gerichtsprozess gar erlaubt, ohne Sperrerklärung seine Identität hinter seiner Nummer zu verbergen. Es handelte sich um ein Verfahren gegen unsere Beschuldigte Nummer 2, die ihm angeblich den Mittelfinger gezeigt haben soll. Der Richterin genügte es, dass 564 ohne Angabe von Hintergründen die Beschuldigte 2 seiner Zielgruppe zuordnete, um den mit Nummer unterschriebenen Strafantrag für formgerecht zu erklären, eine Aussage unter Kodierung zuzulassen und am Ende die Beschuldigte ohne weitere Anhaltspunkte zu verurteilen.
Anzeigenflut
564 ist natürlich eine Marionette der derzeitigen Innenpolitik, die in offener Feindschaft zur Rigaer Straße steht und daran arbeitet, den Widerstand gegen die zerstörerische Politik mit Knast zu vergelten. Es kann derzeit in diesem Zusammenhang von einer regelrechten Anzeigenflut gesprochen werden. 564 kommt dabei die Rolle eines austauschbaren Vollstreckers zu, der munter Anzeigen produziert. So will er auch bei einem Angriff auf einen AfD-Stand 2017 in Neukölln unsere Beschuldigte 2 erkannt haben.
Es geht aber um mehr, wie der Einschätzung des Staatsschutzes zur Frage des Erste-Hilfe-Sets zu entnehmen ist. Die Regierung hat ihre ganze Rotte an Kettenhunden losgelassen, um die erstarkende fundamentale Opposition bei der Berliner Wohnraumfrage zu zerfleischen. Diese explizit außerparlamentarische Opposition droht gerade damit, alles in Frage zu stellen und die Rigaer94 ist darin nur einer von vielen Playern. Die Besetzungswelle vor Kurzem oder die Auseinandersetzungen der Bullen mit dem Kalabal!k vor den Diskussions- und Chaostagen sind nervöse Symptome einer gespannten Lage.
Es geht der Innenpolitik darum, einzelne Personengruppierungen aus dem Netzwerk des Widerstandes herauszulösen und einer Sonderbehandlung zu unterziehen. Das Ausmaß der Ermittlungen gegen das Umfeld der Rigaer94 ist noch nicht abschätzbar. Das Erste-Hilfe-Set ist aber eins von vielen Indizien, dass Leute eingekreist wurden, deren Zerfleischung zur Chefsache avanciert ist. Auch die Festnahme von Isa aus der Rigaer94 trägt den Stil einer Aufstandsbekämpfungsmission. Die Festnahme und anschließende Erstürmung seiner Wohnung wurde von mehreren Hundertschaften durchgeführt. Er wurde im Gefangenentransporter von einer Einheit empfangen, die vorab seine Mißhandlung geplant hatte und auch der Psychoterror gegen die Kinder war nicht spontan. Seit Isa in Untersuchungshaft sitzt, verbreitet die Polizei u.a. auf Plakaten Meldungen, die Isa in seinem Umfeld und der Nachbarschaft diskreditieren sollen. Außerdem sind aus seinen fünf Anzeigen mittlerweile sieben geworden, die bereits ohne sachliche Betrachtung erdrückend wirken.
Das Ladendiebstahlverfahren und die Operation gegen Isa und seine Familie sind nur zwei der Beispiele für die derzeitige Verfolgung von Leuten, die im Zusammenhang mit der Rigaer94 stehen. Insgesamt dürften die Ermittlungsverfahren ohne Übertreibung in den dreistelligen Bereich gehen. Gegen Kinder wird auch schon ermittelt.
Zeit für praktische Vorsorge
Was sich aus Akteneinsichten und durch Datenauskunftsersuchen gerade mühsam erahnen lässt, ist eine verdeckte polizeiliche Operation. Auch die, die u.a. wegen dem Konflikt um die Rigaer94 mitten im Fokus des Staatsschutzes stehen und jetzt wegen Sachen wie einem geklauten Erste-Hilfe-Set angeklagt werden, können derzeit nicht die gesamten Umstände überblicken. Es steht jedoch fest, dass niemand mit der Repression alleine gelassen wird. Wir nehmen dieses mickrige Verfahren als Startpunkt für eine öffentliche Untersuchung der geheimen Methoden der neuen Staatssicherheit und werden darüber berichten. Außerdem rufen wir dazu auf, das Netzwerk des Widerstandes der Rigaer Straße aktiv zu supporten.
Kommt zum Prozess (wird sobald er klar steht veröffentlicht), wenn ihr denkt, dass Ladendiebstahl eine sinnvolle Umverteilung ist und/oder wenn ihr dem Staatsschutz und seinen Gerichten etwas direkt ins Gesicht sagen wollt.
Weitere Texte zu diesem Thema werden wir in Zukunft auf verfahrengebiet.noblogs.org sammeln.
Ergänzungen
Leipziger Schule = Frankfurter Schule?
"Debatten über die braune Vergangenheit führen, das wolle die Uni nicht. Es passe ihr nicht in den Kram, sagt Newal Dicle Yalcin, Referentin im Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta). Warum? "Weil sie sich gerne mit der Frankfurter Schule schmückt", meint Yalcin. Also mit jenen Professoren um Max Horkheimer und Theodor W. Adorno – den Köpfen der Kritischen Theorie. "Das ist heuchlerisch. Das Einzige, was von der Frankfurter Schule übrig geblieben ist, ist Adornos Schreibtisch in einem Glaskasten auf dem Campus", sagt sie. "
https://www.vice.com/de/article/3k459w/wie-die-uni-frankfurt-von-ihrer-b...
Aus welchem Stadtteil kommt ihr?
Böse ist gegen Rechts...
"Auch die Braunkehlchen, Schlagschwirl und Bekassine konnten das Nazi-Fest in Themar nicht mehr verhindern. Für den Bürgermeister des Ortes, Hubert Böse (parteilos), waren die seltenen Vögel die letzte Hoffnung, die rechte Szene aus der Stadt fernzuhalten: Weil das für Freitag und Samstag geplante Konzert die Tiere bei der Aufzucht ihrer Jungen stören könnte, hatte es der Landkreis Hildburghausen zunächst verboten. Doch der Veranstalter wehrte sich juristisch dagegen."
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1090451.rechtsrock-in-themar-vi...
Nummer 564
Der oben thematisierte PMSler 99100564 dürfte ebenfalls der selbe sein, der unter der Nummer 991005564 in dem Durchsuchungsbeschluss verantwortlich für die Identifizierung von einer oder mehreren Personen, betroffen von den Durchsuchungen diese Woche, verantwortlich zeichnet. Ob der Ermittlungsrichterin extra eine Zahl mit einer Ziffer zuviel präsentiert wurde? Zumindest nehmen sie ihre zahlen nicht allzu genau.