[B] Gegen das Treffen von Verfassungsschutz und Kapital!

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Unter dem Motto »Extremismus: Eine steigende Gefahr für Sicherheit und Reputation von Unternehmen« richtet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft e.V. (ASW) am 27. März eine Tagung im Berliner Regierungsviertel aus. Geladen sind u.a. Mitarbeiter milliardenschwerer Unternehmen wie RWE, BASF und Telekom. Das diese Veranstaltung eine einzige Dreistigkeit ist, zeigt sich wohl am deutlichsten daran, dass als Redner der Sicherheitschef von RWE geladen ist. Im Hambacher Forst, den RWE für den Gewinn von Braunkohle abholzen lassen will, lässt der Energiekonzern von angeheuerten Security-Trupps immer wieder Klimaschützer*innen brutal zusammenschlagen. Unterstützt wird das ganze durch tausende Polizist*innen, die RWE zur Hand gehen, den Wald von Gegenprotest zu säubern. Was sich da trifft scheint also eine Expertenrunde in Sachen Profitinteressenschutz zu sein. Eine solche Zusammenkunft darf nicht unwidersprochen bleiben. Wenn Verfassungsschutz und Co. am Vorabend der Tagung ihren Gästen am Rosenthaler Platz in der »Sodom und Gomorra«-Bar etwas Berliner Nachtleben präsentieren wollen, laden wir uns selbst ein. Wir werden da sein und klarstellen was wir von ihnen und ihrer extremismustheoretischen Scheiße halten.

Worüber sie nicht reden

Konzerne wie BASF, fördern in den USA Politiker*innen mit riesigen Summen, die den Klimawandel leugnen und Gesetze dagegen blockieren. Klimaschutzziele in Europa lehnt der Konzern dann dreist mit der Begründung ab, dass die USA ja gerade in diesem Bereich untätig seien. Doch nicht nur BASF setzt sich für eine nachhaltige Ausbeutung von Umwelt und Ressourcen ein, sondern auch das Unternehmen RWE. Auf der Konferenz wird mit keinem Wort erwähnt werden, dass der aggressive Braunkohleabbau, Kohlekraftwerke, so wie die Rodung gigantischer Waldflächen den Menschen vor Ort und der Umwelt massiven Schaden zufügen. Eben so wenig werden die Arbeitsrechtsverletzungen und die Gewerkschaftsfeindlichkeit bei der Telekom Thema sein, die immer wieder von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen kritisieren werden. Die eigens auferlegte »Sozialcharta« des Konzerns wird stets missachtet und ist so wohl nicht Mal das Papier wert, auf dass es gedruckt wurde.

Worüber sie auch nicht reden werden: Dass Deutschland drittgrößter Waffenexporteur ist und damit weltweit eine Mitschuld am Morden in zahlreichen Kriegsgebieten trägt. Dass deutsche Unternehmen wie Siemens und IG Farben von der Ausbeutung von Zwangsarbeiter*innen während der Nazizeit profitierten und die Entschädigungszahlungen über Jahrzehnte verweigerten.Dass es im Hambacher Forst kein Problem darstellte über 2000 Polizist*innen zur Räumung einzusetzen, während die Polizei wenige Wochen zuvor in Chemnitz nicht willens war Migrant*innen in der Stadt zu schützen, als Nazimobs Hetzjagden in der Stadt veranstalteten.

Widerstand gegen Krieg, Umweltzerstörung, Nazis..

Jeglicher Protest gegen diese Unzumutbarkeiten wird durch die wissenschaftlich hoch umstrittene »Extremismustheorie« diffamiert und als illegitim gebrandmarkt. Wer sich dem Wohl großer Unternehmen in den Weg stellt, steht somit unter Generalverdacht. Dass Widerstand gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung jedoch sehr wohl legitim ist und von einem breiten Teil der Gesellschaft mitgetragen wird, beweisen eindrucksvoll die Proteste um den Hambacher Forst. Diese finden bereits seit Ende der 70er Jahren zwischen Aachen, Köln und Düsseldorf (NRW) statt und wurden von verschiedensten Teilen der Bevölkerung organisiert und durch unterschiedlichste Aktionsformen begleitet. Umweltaktivist*innen, die lokale Bevölkerung, Autonome, Zivilgesellschaft, Umweltverbände und NGO’s wollen das ungeheuerliche Treiben des Konzerns RWE nicht mehr tatenlos mit ansehen und organisierten Demonstrationen, Kundgebungen, Besetzungen, Konferenzen und Petitionen, um eine weitere Vernichtung der Umwelt auf Kosten von grenzenlosem Wirtschaftswachstum und einseitigen Konzerninteressen zu verhindern. Sind all diese Leute »Extremisten«? Oder sind es nicht eher die diejenigen, die aus dem Unrecht ihre Profite schlagen? Deutsche Rüstungsfirmen wie Rheinmetall und Thyssenkrupp stehen in Sachen Mord und Totschlag international für deutsche Wertarbeit. Kampagnen wie »Rheinmetall entwaffnen« zerren durch kreative Aktionen und Demos diese Akteure des Krieges, die aktuell an der Kriegsführung der Erdogan-Regierung massiv mitverdienen, völlig zu Recht in die Öffentlichkeit. Unternehmen, die während der Nazizeit Zwangsarbeiter*innen beschäftigten versuchten auf Zeit zu spielen, verzögerten bis in die 00er Jahre Entschädigungszahlungen und hofften, dass ihre einstigen Opfer bald nicht mehr leben würden, um sich so vor Anspruchszahlungen zu drücken. Hätte es keine dauerhafte Kampagne gegen diese Konzerne gegeben, hätten sei keinen müden Heller an die Menschen gezahlt, die sie während der Nazizeit ausgebeutet haben.

…nicht extremistisch, sondern extrem notwendig

Nirgendwo anders als im Rahmen dieses Kongresses wird deutlicher, was der Verfassungsschutz ist: Ein Instrument der Herrschenden, dass auf der einen Seite bei rechter Gewalt ein aktives Wegschauen praktiziert, gegen linke Organisierungen hingegen rigoros vorgeht und dabei gleichzeitig stets unter dem Deckmantel der »Extremismustheorie« betont, dass jegliche extremistische Formen konsequent zu verurteilen seien.

Am 26. und 27. März wird nun also milliardenschweren Unternehmen eine kostenlose Unternehmensberatung spendiert. Im Zuge der neoliberalen, kapitalistischen Ordnung Deutschlands ist dies eigentlich nur folgerichtig. So verbreiten Parteien von links bis rechts das Dogma, dass es der Gesellschaft zugute komme, wenn es den großen Unternehmen gut geht. Wir hingegen denken, dass Menschenleben und Umwelt, den Profitinteressen immer vorzuziehen sind. Wenn uns etwas am Image von Konzernen liegt, dann höchstens, dass dies möglichst nachhaltig geschädigt wird. Gerade dann, wenn diese sich aktiv an Ausbeutung und Menschenrechtsverletzung schuldig machen. Der Staat und seine Organe sind nicht die Sachverwalter des guten Lebens und der Gerechtigkeit. Am Ende des Tages bröckelt die demokratische Maske und es zählt die Durchsetzung von Besitzinteressen. Ein Leben in Würde bekommen wir nicht geschenkt, es muss erkämpft werden. Hierfür sind Basisbewegungen nötig. Desto größer sie sind, desto konsequenter sie gegen Kapitalinteressen eintreten und sich nicht einlullen lassen, um so besser. Wenn Immobilienunternehmen das Muffensausen bekommen, weil die Kampagne »Deutsche Wohnen enteignen« per Volksentscheid die Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften fordert und Berlins FDP-Chef Czaja diesen Schritt für den »größte[n] Tabubruch« hält, dann wurde alles richtig gemacht. Wenn Konzerne und Politik schon durch den Akt eines Volksentscheides weiche Knie bekommen oder sie ein paar besetzte Braunkohleförderanlagen nervös werden lassen, dann zeigt dies, wie viel Macht in den Händen der Menschen liegt. Die große Zahl an Menschen, die im Rahmen von Fridays for Future für Kimagerechtigkeit auf die Sraße gehen oder sich an Demos gegen Rassismus und steigende Mieten beteiligen, sind der Beweis dafür dass der linke »extremistische Rand«, den der Verfassungsschutz haluziniert, ziemlich groß zu sein scheint. Sie sind eine hoffnungsvolle Aussicht darauf, dass mehr als nur die radikale Linke bereit sind, sich dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegenzustellen.

Am 26. März auf die Straße!

Worüber reden wir hier eigentlich, wenn Telekom einen Marktwert von 81 Milliarden US- Dollar verbucht und ein Unternehmen wie RWE einen Jahresumsatz von 44,6 Milliarden Euro machen? Wo bitteschön ist hier die Verhältnismäßigkeit zu sehen? Wer schadet hier noch mal wem genau? Eine Institution wie der Verfassungsschutz, der Nazinetzwerke wie den NSU hochgerüstet hat, sollte erst mal vor der eigenen Haustür kehren. Zum Beipspiel in Frankfurt am Main, wo Polizeibeamte der NSU-Opferanwältin Seda Basay-Yildiz und ihrer Familie mit dem Tod drohen. Mit solchen Leuten gibt es für uns nichts zu bereden! Zu der Fragestellung der Tagung, wie denn damit umzugehen sei, wenn »Unternehmen [...] Ziele linksextremistischer Agitationen« werden, wollen wir dennoch unseren Beitrag leisten. Wir werden alle »Extremist*innen« zusammentrommeln, denen es wie uns ein Herzensanliegen ist, dass Image jener Leute mit Dreck zu bewerfen, die mit Krieg, Rassismus, Gentrifizierung und Umweltzerstörung ihr Geschäft machen. Wir stehen für eine Organisierung von unten, die Autoritäten ablehnt und sich an den sozialen Interessen der Bevölkerung orientiert. Ein Leben ohne Kapitalismus, dafür treten wir ein. Und so wollen wir mit der Losung enden, die die Fassade des Ex-besetzten Hauses in der Kastanienallee 85 ziert, denn selbstentlarvenderweise wurde dieses Motiv als Titelblatt der Verfassungsschutztagung gewählt:

»Kapitalismus normiert, zerstört, tötet!«

Genau so sieht es aus. Wir sehen uns am 26. März am Rosenthaler Platz!


Kundgebung:

Di, 26.03.2019 | 18:00 Uhr | U-Bhf. Rosenthaler Platz (Torstraße 164 / Mitte)

Onlinemobilisierung: Facebook-Event - Ladet euche Leute ein!

Material abholen: Im »Buchladen zur schwankenden Weltkugel« (Kastanienallee 85, 10435 Berlin) könnt ihr Plakate und Aufrufe abholen. Öffnungszeiten: Mo. - Fr.: 11:00 Uhr - 19:00 Uhr, Sa. 11.30 - 18:00 Uhr

Hintergrundtext: Hintergrundtext zu Strukturen und Redner*innen der Tagung



Aufrufende Gruppen:

- Antifaschistische JugendOrganisation Charlottenburg [AJOC]  |  twitter
- Antifaschistisches Kaffekränzchen [AKK]
- Berlin Leftist Youth [BLY]  |  twitter | facebook
- Black Pond Antifa [BPA] twitter | facebook | website
- Interventionistische Linke Berlin [IL] (Klima AG)  |  twitter | facebook | website
- North East Antifa [NEA] twitter | website
- SJB-Solidarische Jugendbewegung [SJB] twitter | facebook
- Aktivist*innen aus den Hausprojekten in Prenzlauer Berg und Mitte

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Ergänzungen

US-Präsident Donald Trump will jene Länder, wo amerikanische Truppen stationiert sind, für die gesamten Stationierungskosten aufkommen lassen – zuzüglich eines Aufschlags in Höhe von 50 Prozent.

Die Trump-Administration erwägt derzeit laut Bloomberg eine neue Formel  – „Cost plus 50“. Dadurch sollen Länder, in denen sich US-Militärbasen befinden, die Kosten für die Stationierung der amerikanischen Truppen komplett übernehmen und obendrein noch 50 Prozent draufzahlen.

 Zu den Ländern mit den meisten stationierten US-Soldaten zählen Japan (rund 40.000), Deutschland (33.000) oder Südkorea (28.000). Derzeit bestreitet Deutschland  28 Prozent der durch die Stationierung der US-Truppen entstehenden Kosten – also eine Milliarde Dollar pro Jahr, schreibt Bloomberg unter Berufung auf David Ochmanek, einen Militär-Experten bei der Denkfabrik Rand Corp. Sollten Trumps Pläne Wirklichkeit werden, würden die Kosten für Berlin explodieren.

Das von Trump gewünschte Modell kann dazu führen, dass in einigen Fällen US-Verbündete künftig fünf bis sechs Mal mehr Geld für US-Truppen ausgeben müssen.

Diesen Plänen liegt laut Bloomberg Trumps Idee zugrunde, dass Länder durch die Präsenz von US-Truppen aufgewertet werden. Die Staaten sollen daher für dieses Privileg zahlen.

Trump zieht laut der Agentur schon seit dem Amtsantritt die „Cost-plus-50“-Formel in Erwägung. Der US-Präsident ist bekanntlich der Auffassung, dass die Nato-Länder viel zu wenig Beiträge zahlen und ruft sie dazu auf, ihre Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP zu erhöhen.