Solidarität statt Spaltung

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Stadtteilaufruf von Zusammen Kämpfen

In Zeiten, in denen das kapitalistische System in seiner bisherigen Form an Grenzen stößt und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst, werden von verschiedenen Seiten Lösungen und Auswege präsentiert.

Die Antwort der Herrschenden: Spaltung, Rassismus, Krieg

Unsere Antwort: Solidarität und die befreite Gesellschaft

Das Jahr 2018 begann mit der seit langem erwarteten Regierungsbildung. SPD und CDU/CSU erlangten Einigkeit darüber, dass es wieder zu einer Großen Koalition kommen wird. Nach Monaten ohne Regierung endlich eine gute Botschaft. Auch ökonomisch läuft es erstaunlich gut und die Tarifverhandlungen brachten bisher ein deutliches Lohnplus für die Beschäftigten. Ein Ende der wirtschaftlichen Boomphase ist zurzeit nicht absehbar. Alles gut in der Bundesrepublik!

Alles gut? Wirklich? Wenn wir die letzten Monate und Jahre analysieren, dann ist diese Behauptung sehr leicht widerlegbar. Die Unzufriedenheit wächst, die Angst vor der Zukunft steigt und eine tiefe Verunsicherung macht sich in der Gesellschaft breit. Denn die Realität der meisten Menschen ist eben nicht, dass der gesellschaftlich erwirtschaftete Reichtum gerecht verteilt wird und so bei ihnen ankommt, sondern sie sind die VerliererInnen einer Systematik, in der sie früher scheinbar einmal zu den GewinnerInnen zählten. Vom Kapitalismus aber profitiert nur ein kleiner Teil der Bevölkerung, denn es geht nicht um die Bedürfnisse der Menschen, sondern einzig und allein um die Sicherstellung der Profite.

Gerade in einer industrialisierten Auto-Stadt wie Stuttgart tritt dies deutlich zu Tage und zeigt auf, wer die GewinnerInnen der bestehenden Verhältnisse sind: Durch Feinstaubalarm, Dieselfahrverbote und E-Mobilität sollen neue – aus einem ökologischen Gesichtspunkt heraus längst überfällige – Maßnahmen eingeläutet werden, die dem Kapitalismus einen neuen Absatzmarkt schaffen werden. Betroffen von diesen neuen Vorgaben sind aber vor allem diejenigen, die sich vermeintlich nicht wehren können: Die E-Mobilität wird erheblichen Einfluss auf die Arbeitsplätze von tausenden von Menschen haben, die für Daimler oder Zulieferer arbeiten. Auch das Dieselfahrverbot wirkt sich direkt auf die Menschen aus, die sich nur einen alten Diesel leisten können: denn um mobil zu bleiben, müssen neue Autos gekauft werden und das führt gerade bei Geringverdienern zu Verschuldung.

Fakt ist, dass der Kapitalismus die Schere zwischen arm und reich nur weiter öffnet und die Widersprüche zu Gunsten des Profits und zu unseren Ungunsten verschärft. Denn innerhalb des Kapitalismus steht der Profit immer über den Menschen. Das Recht des ökonomisch Stärkeren regiert.

 


Kasten: Lebenssituation in Stuttgart

Zwar steigt das Durchschnittseinkommen in der Stadt stetig, aber auch die Anzahl der überschuldeten Haushalte nimmt beständig zu und erreichte 2016 einen erneuten Höchststand. Zu den Hauptgründen für Überschuldung zählen Arbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigung bei steigenden Lebenshaltungskosten.

Gleichzeitig erhöhten sich die Mietpreise in Stuttgart in den letzten 8 Jahren um knapp 20%, sodass sich viele ein Leben in der Stadt nur schwerlich bis gar nicht mehr leisten können. Gleichzeitig ist Stuttgart die Stadt mit den meisten Einkommensmillionären in der BRD, was deutlich zeigt, dass der Reichtum der Konzerne, ihrer Aktionäre und Teilhaber immer größer wird, während immer mehr Menschen keine Ahnung mehr haben, wovon sie ihre Rechnungen bezahlen sollen oder wie sie bezahlbaren Wohnraum finden können.


 

Doch damit nicht genug: Die kapitalistische Verwertungslogik – also die Unterwerfung jedes Lebensbereichs unter die Profitlogik, sowie die Maximierung des Profits – hat noch viel weitreichendere Folgen, denn er ist Ausgangspunkt für Kriege, den Rechtsruck und die verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung.

So ergibt sich ein düsteres Bild, wenn wir uns die aktuell herrschenden Verhältnisse anschauen:

 Kriege...

…werden unter dem Deckmantel der „Demokratisierung“ oder anderer scheinheiliger Begründungen begonnen. Tatsächlich werden diese jedoch geführt um sich geostrategisch besser zu positionieren, Rohstoffe abzuschöpfen oder schlicht und einfach neue Absatzmärkte zu erschließen. Ein zerbombtes Land muss schließlich wieder aufgebaut werden.

Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Krieg in Rojava / Nordsyrien, der seit Januar 2018 von der türkischen Armee zusammen mit dschihadistischen Milizen völkerrechtswidrig geführt wird.

Einerseits geht es bei dem Krieg darum die Gebietsansprüche der türkischen Regierung in Syrien zu verwirklichen und andererseits darum die kurdische Bewegung zu schwächen bzw. zu zerschlagen. Mit der Invasion in Afrin und dem Einsatz eines türkischen Gouverneurs vor Ort sind die ersten Schritte dahin bereits unternommen und medial so inszeniert, dass die türkischen Unternehmen Afrin demnächst wieder aufbauen können.

Die Bundesrepublik Deutschland führt ihrerseits seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten wieder offensiv Kriege in aller Welt, baut die Bundeswehr zu einer global einsatzfähigen Interventionsarmee um und will sich auch zukünftig als Militärmacht etablieren.

Nicht zu vergessen die Rolle der Rüstungsindustrie: Die weltweiten Militärausgaben stiegen von 2001 bis 2015 um rund 50 % auf rund 1.7 Billionen Dollar (1.56 Billionen Euro).

 Stuttgart KRIEGt mit

Auch Stuttgart spielt in den weltweit geführten Kriegen eine zentrale Rolle: Hier befindet sich die Militärbasis „EU-COM“, die US-amerikanische Kommandozentrale für Europa und den asiatischen Teil Russlands, unter deren Kommando rund 72 000 SoldatInnen stehen. Außerdem ist in Stuttgart das „AFRICOM“ zu finden, die US-amerikanische Kommandozentrale für Afrika.

Diese beiden Zentralen sind unter anderem für den weltweiten und unbegrenzten Kriegseinsatz unter dem Deckmantel der „Terrorismusbekämpfung“ zuständig. Koordiniert und unterstützt wurden von Stuttgart aus der Angriffskrieg gegen Jugoslawien in den 90er-Jahren, der immer noch andauernde Krieg gegen Afghanistan und der Krieg gegen den Irak.

Nicht zu vergessen der Daimler Konzern, der durch Unterfirmen und Sub-Unternehmen einer der größten weltweiten Akteure im Bereich der Waffenproduktion und des Waffenhandels ist.

 Fluchtursachen bekämpfen

Durch die geführten Kriege wird die Lebensgrundlage von abertausenden von Menschen vernichtet, die aus Perspektivlosigkeit zur Flucht gezwungen sind und den Weg nach Europa auf sich nehmen. Hier werden sie dann mit dem Begriff der „Flüchtlingskrise“ willkommen geheißen, in Lager gepfercht und durch Gesetzesverschärfungen wird ein Bleiben für die meisten Geflüchteten immer weiter erschwert.
Das heißt, dass die von internationaler und deutscher Hand geschaffenen Kriege, aber auch die Ausbeutung ganzer Länder und deren Rohstoffen, die Ursachen für die Flucht von Menschen sind, die dann im Mittelmeer ertrinken bzw. ertränkt werden. Gleichzeitig werden milliardenschwere Deals mit der türkischen Regierung abgeschlossen, um die Geflüchteten aus Europa fern zu halten. Den größten Teil der EU-Gelder investiert die Türkei dann wieder in den Krieg in Rojava, welcher wiederum neue Flüchtlingsströme schafft.

Denjenigen, die trotz aller Widerstände in Deutschland bleiben dürfen, werden weiter Steine in den Weg gelegt. So werden Berufsqualifikationen aus den Heimatländern meist nicht anerkannt und den Geflüchteten bleibt, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, nur die Möglichkeit im Billiglohnsektor zu arbeiten.
Dabei werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Es werden billige Arbeitskräfte generiert, um den Profit zu erhöhen, gleichzeitig wird so auch eine Spaltung innerhalb der Arbeiterschicht erreicht. Es entsteht eine Konkurrenzsituation um Arbeitsplätze und Niedriglöhne, die den gemeinsamen Feind verschleiert und die Wut aufeinander lenkt.

 Rechtsruck & Rechte Hetze

Gerade der AfD aber auch anderen rechten Kräften ist er gelungen, die Angst vor einer vermeintlichen „Überfremdung“ zu schüren und dabei immer auch auf die (bereits erläuterte) verschärfte Situation auf dem Arbeitsmarkt hinzuweisen. Mit der Beschwörung der „guten alten Zeit“, ohne die Konkurrenz durch die Geflüchteten, wird gezielt von den eigentlichen Problemen innerhalb des kapitalistischen Systems abgelenkt. Schuld an der Situation ist, laut der Darstellung der Rechten, nicht die Ausbeutung, der Krieg oder das krankende System an sich, sondern es wird eine fiktive Ursache geschaffen, die außerhalb des kapitalistischen Apparats steht.  Durch das Feindbild „Flüchtlinge“ werden Schuldige benannt und um so die generelle Unzufriedenheit der ArbeiterInnen zu kanalisieren und umzulenken.
Auch hier zeigt sich wieder eine Spaltung: Geflüchtete wären diejenigen, die den Druck erhöhen würden und für die zunehmende Belastung verantwortlich seien. Sie werden benutzt um ein „Wir gegen Sie“-Verhältnis aufzubauen und mit Hilfe einer nationalistischen Abgrenzung ein „Wir zuerst“-Gefühl erschaffen, das sich dann in Parolen rund um Grenzschutz, Begrenzung der Zuwanderung oder dem viel beschworenen vermeintlichen Kulturverlust zeigt.

In der BRD konnte die sogenannte Alternative für Deutschland, als die Hauptkraft der Rechten, mit diesen Inhalten einige Erfolge einfahren und sind sowohl im Bundestag, als auch in 14 Landtagen vertreten, in Baden-Württemberg mit einem Stimmenanteil von 15,1%.

Die rechte Hetze ist aber auch auf der Straße sichtbar: Mehr als 2200 Angriffe gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte im Jahr 2017 sprechen Bände.

 


Kasten: Stimmanteil der AfD in Stuttgart Ost

Die AfD hat in Stuttgart Ost bei den Bundestagswahlen 7,2% Stimmen bekommen. Bundesweit erhielt sie 12,6%.


 

Die Inhalte der rechten Kräfte beschränken sich jedoch nicht nur auf Rassismus. Im Fokus stehen vor allem gesellschaftliche Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, die in ihrem rückwärtsgewandten Weltbild keinen Platz haben.

So spielt für die AfD, wie auch für Teile der CDU / CSU, das traditionelle Familienbild eine große Rolle: Vater, Mutter, Kind(er). Dabei soll die Mutter möglichst zu Hause bleiben und die Kinder und die Küche hüten. In Stuttgart zeigte sich dieses Weltbild in der homophoben „Demo für Alle“, an der sich u.a. auch Mitglieder der Stuttgarter CDU, wie beispielsweise Karl-Christian Haußmann, beteiligt haben.

Auch hier finden wir ein weiteres Spaltungselement. Mit der Trennung zwischen Geschlechtern und einer privilegierten Rolle für Männer innerhalb der Gesellschaft soll der grundlegende Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten verschleiert werden.

 


Kasten: Bozkurts

Seit Jahren sind AnhängerInnen der türkischen faschistischen Partei MHP mit einem großen Essenstand bei dem Stadtteilfest Lange Ost-Nacht vertreten. Seit letztem Jahr gibt es die Initiative einiger Organisationen gegen diesen Stand vorzugehen, so dass Faschisten auf der Langen Ost-Nacht künftig keinen Platz mehr haben.


 Zunehmende Verschärfung der Arbeitssituation

Neben all dem verschärft sich aber auch die Arbeitssituation jedes Einzelnen: Vollzeitbeschäftigung garantiert schon lange nicht mehr, dass man damit die Miete zahlen und die Familie ernähren kann. Der Trend geht zum Zweitjob und aufstockenden Zahlungen. Durch die ständige Bedrohung durch die Krise werden von den ArbeiterInnen auch Lohnkürzungen, Kurzarbeit oder gar der Lohnverzicht in Kauf genommen – aus Angst andernfalls den Job zu verlieren. So ist jeder 4. Job mittlerweile im Niedriglohnsektor. Die Tendenz ist steigend.

 Solidarität statt Spaltung

So weit, so schlecht. Wir haben gesehen, dass die Auswirkungen der bestehenden Verhältnisse fatal sind: Kriege, Rassismus, verschärfte Ausbeutung und eine geschlechterspezifische Unterdrückung sind nur einige Ausdrücke dieses Systems.

Es ist aber nicht die vermeintliche Gier der Herrschenden oder der „Egoismus des Menschen“ die Ursache dieser Politik ist, sondern die kapitalistische Logik, Profit zu maximieren bzw. Kapital zu verwerten. Das ist die immanente Logik dieses Systems, der unsere ganze Gesellschaft unterworfen ist und die das bestimmende Element sein wird, solange der Kapitalismus existiert.

Dabei wird seitens der Herrschenden auf die erwähnten Spaltungsmechanismen gesetzt, welche isolierend wirken und verhindern, dass wir uns zusammenschließen, um unserem gemeinsamen Interesse nach einem Ende der Ausbeutung und Unterdrückung Ausdruck zu verleihen.

Alleine werden wir gegen diese Systematik und gegen die Verwertungslogik, die sich durch alle Lebensbereiche zieht, nichts ausrichten können. Wir müssen die Spaltung und die forcierte Vereinzelung überwinden und solidarisch zusammenstehen. Denn nur gemeinsam mit unseren KollegInnen, den Mit-MieterInnen, unseren FreundInnen und allen anderen, die unter den Verhältnissen zu leiden haben, können wir die Kraft entwickeln, gegen das System zu kämpfen und für eine Gesellschaft zu streiten, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht am Profit von einigen Wenigen.

Für uns muss es daher heißen, uns den Verhältnissen auf allen Ebenen in den Weg zu stellen und uns dort zu organisieren, wo wir leben und arbeiten. Sei es in basisgewerkschaftlichen Ansätzen gegen die alltägliche Lohnschinderei, prekäre Beschäftigung, Arbeitsplatzabbau oder im Kampf für höhere Löhne, sei es in Frauenorganisierungen gegen Sexismus und die herrschenden patriarchalen Verhältnisse, sei es in antifaschistischen Gruppen gegen rechte Hetze und den Rechtsruck, sei es in Wohn- und Mieterinitiativen für bezahlbaren Wohnraum und gegen Luxussanierungen oder sei es in unabhängigen Stadtteilzentren, um Solidarität und Kollektivität aufzubauen und erlebbar zu machen.

In all diesen Kämpfen muss sich die Perspektive jenseits der herrschenden Verhältnisse, jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung und die Perspektive für eine klassenlose Gesellschaft widerspiegeln, in der wir nach unseren Interessen und Bedürfnissen leben und arbeiten können und in der der die Produktionsmittel, also die Mittel zur Erwirtschaftung gesellschaftlichen Reichtums, in den Händen aller liegen.

Um diesem gemeinsamen Kampf Ausdruck zu verleihen gehen wir gemeinsam und solidarisch am 1. Mai auf die Straße – nicht für eine Restauration des Kapitalismus, sondern für die Umwälzung der kapitalistischen Verhältnisse.

Heraus zum revolutionären 1. Mai!
Für die Umwälzung der Verhältnisse!

Zusammen Kämpfen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung!
Für ein solidarisches Miteinander!

Es rufen auf:

Termine

Dienstag, 1. Mai 2018

11:30 Uhr
Revolutionäre 1. Mai Demo
Schloßplatz

14 Uhr
1. Mai Fest
Stadtteilzentrum Gasparitsch

Auch im Linken Zentrum Lilo Herrmann findet ab 14 Uhr das internationalistische Fest statt.

www.zk-stuttgart.tk

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