Versandet: Ein bisher der Öffentlichkeit unbekanntes linksunten-Ermittlungsverfahren
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat preisgegeben, daß sie ein bisher der Öffentlichkeit nicht bekanntes Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem 2017 verfügten Verbot des „Vereins ‚linksunten.indymedia‘“ führte.
Ansonsten gibt sie nicht viel preis…
So kann sich der ermittelnde Staatsanwalt (angeblich) weder genau erinnern, ob er das Verfahren am Ende einstellte oder an eine andere Staatsanwaltschaft abgab, noch ist ihm (angeblich) das Aktenzeichen noch bekannt, mit dem sich die erste Unklarheit aufklären ließe.
Wortlaut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft:
„Das [linksunten-]Archiv selbst war [der Staatsanwaltschaft Karlsruhe] bereits vorher [vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den RDL-Journalisten Fabian Kienert] bekannt. Der exakte erstmalige Zeitpunkt lässt sich aber nicht mehr feststellen. Nach Erinnerung des zuständigen Dezernenten gab es in diesem Zusammenhang einmal ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Unbekannt. Diese wurde entweder nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt oder (wohl eher) an eine andere Staatsanwaltschaft abgegeben. Dies war dem Dezernenten nicht mehr erinnerlich, ebenso wenig das Aktenzeichen o.ä. (mit dessen Hilfe ich die Frage Einstellung vs. Abgabe hätte klären können). Zeitlich war dies aber vor dem RDL-Verfahren.“
Anlaß der Antwort?
Ich versuchte herauszufinden, warum sich der Staat jahrelang (von Januar 2020 bis Juli/August 2023) nicht sonderlich für das linksunten-Archiv zu interessieren schien – und dann doch. Dies könnte aus zwei Gründen interessant sein:
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Das, was bis zum Sommer 2023 dazuführte, daß kein Ermittlungsverfahren wegen der Archiv-Veröffentlichung eingeleitet wurde (so jedenfalls der bisherige Informationsstand), könnte auch dagegen sprechen, daß dann im Sommer 2023 doch eines eingeleitet wurde; und erst recht dagegen sprechen, daß Fabian Kienert angeklagt wurde – denn: Wenn die Veröffentlichung des Archivs keine Straftat war, wie soll dann die Verlinkung des Archivs eine Straftat darstellen, Staatsanwaltschaft Graulich?
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Selbst, falls sich ein derartiger unmittelbarer pragmatischer Nutzen für das Kienert-Verfahren nicht ergeben sollte, wäre interessant, herauszufinden, nach welchen Kriterien Strafverfolgungsbehörden Sachverhalte, die grundsätzlich für Strafverfahren in Betracht kommen, tatsächlich verfolgen oder ignorieren.
Einen ausführlich Bericht über meinen Versuch, Antworten auf diese Fragen zu finden, bei dem ich aber nicht sonderlich weit vorgedrungen bin, gibt es bei den taz-Blogs:
Ergänzungen
Neuigkeiten und Korrektur
1.
Im Artikel hieß es:
Inzwischen habe ich versucht herauszufinden, ob das fragliche Verfahren tatsächlich an eine andere Staatsanwaltschaft abgegeben wurde und wie dort sein weiteres Schicksal war. Bisher haben 22 von 24 Generalstaatsanwaltschaften und zahlreiche untergeordnete Staatsanwaltschaften mit Staatsschutz-Zuständigkeit geantwortet: Bisher hat keine einzige die Übernahme des fraglichen Verfahrens bestätigt; von den Staatsanwaltschaften, die in die bereits vorliegenden Antworten einbezogen sind, hat – als einzige neben der Karlsruher Staatsstaatsanwaltschaft – die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ein weiteres Verfahren im linksunten-Zusammenhang bestätigt – das gegen Peter Nowak, Achim Schill und mich selbst [LG Berlin: (502 KLs) 231 Js 3168/18 (5/19)]; selbst das gegen mich allein [wegen meiner Spiegelung des linksunten-Archivs], zu dem ich bisher auch nur eine LKA-Vorgangs-Nr. [220401-1220-360056], aber kein staatsanwaltschaftliches Aktenzeichen habe, wurde nicht gefunden…
Erläuterung der Generalstaatsanwaltschaft dazu:
2.
a) Eine Zusammenstellung aller Antworten, die ich bisher erhalten habe, gibt es dort:
https://archive.org/details/anfragen-antworten-gst-a-linksunten-verfahre....
b) Insbesondere über die Antwort der Kölner Staatsanwaltschaft hatte ich in der „jungen Welt“ von Donnerstag (30.05.) berichtet:
Abweichende Beurteilung im Fall K.
Kölner Staatsanwaltschaft sieht bei Verlinkung auf Linksunten-Archiv keine Anhaltspunkte für Straftat.
https://www.jungewelt.de/artikel/476269.repression-gegen-alternativmedien-abweichende-beurteilung-im-fall-k.html.
(Satz 1 und 2 in der online-Fassung sind korrekt:
In der gedruckten Fassung war Satz 2 dagegen aufgrund Kürzung meines zu langen Textes ungenau geraten.)
3.
Zu meinem o.g. taz-Blog-Artikel vom 25.05.2024 ist folgende Korrektur nachzutragen: