Deutschland halt's Maul? Das war vorgestern.

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Deutschland halt's Maul? Das war vorgestern. Heute, gerade mal 25 Jahre nach der Widervereinigung, ist der deutsche Imperialismus zur Höchstform aufgelaufen. Deutsche Kapitalisten haben die größte Klappe von allen und aktuell tobt in Europa die heftigste mediale Propagandaschlacht seit dem Überfall auf Polen 1939: Es geht um das Referendum in Griechenland, dessen Frage lautet: Wollt ihr die Politik des europäischen Kapitals, also Austerität, oder eine andere?

 

Neoliberale Think Thanks, kapitalistische Spindoktoren und andere Lobbyisten in Berlin und Brüssel haben dazu die schwersten Schütze in Stellung gebracht. In der öffentlich-rechtlichen ARD darf Parlamentspräsident Martin Schulz 10 Millionen Zuschauer offen belügen: Die Institutionen seien Griechenland weit entgegen gekommen, „auf Mehrwertsteuererhöhungen wurde verzichtet, keine Rentenkürzungen sollten vorgenommen werden.“ In den dokumentierten Vorschlägen der Eurogruppe steht jedoch genau das Gegenteil, gefordert werden neben einigen anderen Unzumutbarkeiten: Mehrwertsteuererhöhungen auf Lebensmittel, Medikamente, Gastronomie, sowie Abschaffung der MwSt.-Reduzierung auf allen Inseln, außerdem weitere Einschnitte bei den ohnehin geringen Renten, die in Griechenland zudem neben den Krankenkassen das komplette Sozialsystemen darstellen.

 

Frank Walter Steinmeier ist „fassungslos“ über den „Zickzackkurs“ der Syriza, doch welchen Zickzackkurs meint er? Das Programm der Syriza steht lange fest, genauso wie die Ablehnung der gescheiterten Austeritätspolitik. In den Verhandlungen hat Syriza immer genau darauf abgezielt, allerdings unter dem Druck der Eurogruppe einige neoliberale Zugeständnisse gemacht - dieses Entgegenkommen im Würgegriff der Erpresser wird nun als „Zickzackkurs“ verkauft, und praktischerweise soll dieser beispielhaft sein für einen angeblichen „Dilettantismus der Linksregierung“.

 

Die Springerpresse warnt schon vor „sozialen Unruhen“ in Griechenland, und wünscht sich dabei klammheimlich ein Maidan-Szenario auf dem Syntagma. Seit Wochen werden gezielt Berichte über einen möglichen Zusammenbruch des Finanzsektors durch massenhafte Bargeldabhebungen gestreut, Fotos von langen Schlangen an Banken und Tankstellen sollen wie eine Self-Fulfilling-Prophecy wirken.

 

 

Ziel des Kapitals ist es, die Politik eines anderen Europas zu verhindern. Mit dem nun einberufenen Referendum gibt es einen weiteren großen Showdown: Neoliberalismus JA oder NEIN? Sollte diese Abstimmung mit JA enden, wäre das eine Absage an die Politik von Syriza und es käme zu Neuwahlen, deren Ausgang trotz der aktuell positiven Syriza-Umfragewerte fraglich ist. Denn ein Scheitern des Referendums könnte zu Zerwürfnissen im sehr heterogenen Syriza-Bündnis führen und anderen Kräften Auftrieb verleihen. Denkbar ist eine Abspaltung des sozialdemokratischen Parts und eine Koalition der „Nationalen Einheit“ mit Potami, Pasok und ND, womit wieder die alten pro-Austeritätskräfte an der Macht wären – genau darauf zielt die Kampagne der Eurogruppe nun ab.

 

 

Die aktuelle Situation Griechenland zeigt ein massive Zuspitzung der kapitalistischen Krise in Europa und es ist nun auch an der radikalen Linken in Deutschland, sich deutlich zu positionieren und auch praktisch zu intervenieren. Es geht nicht nur um einen Konflikt zwischen Griechenland und Deutschland oder dem restlichen Europa. Es geht um EURE Zukunft, um die Frage: in welchen Verhältnissen wollt ihr leben, arbeiten, feiern, sterben. Sollte die griechische Alternative scheitern, wäre das ein massiver Gewinn für den Kapitalismus und der Weg geebnet für einen weiteren neoliberalen Umbau der europäischen Gesellschaften: „Konkurrenzfähige“ Niedrigstlöhne, Abbau der staatlichen Sozialsysteme und Krankenkassen, TTIP, Reaktivierung der Atomenergie, Abschottung gegen Flüchtlinge und ein rigoroser Umgang mit Asylsuchenden - das alles und vieles mehr wird uns erwarten. An die GenossInnen diverser „Antifa“-Gruppen sei zudem folgender Hinweis gerichtet: Intervention gegen Nazis (z.B. in Freital) ist notwendige Symptombekämpfung, insgesamt muss das Problem jedoch bei der Wurzel gepackt werden, es gilt: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“.

 

 

 

Am kommenden Freitag wird es in mehreren europäischen (auch deutschen Städten) Proteste und Solidaritätsaktionen geben. Stay informed!

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Ergänzungen

um 18 Uhr am Oranienplatz. Kommt ALLE!!!!

.. kann es sein, daß ihr "antiimperialistische gruppe charlottenburg" heisst? denn anarchist*innen haben eigentlich ne etwas differenzierte haltung auch zur griechischen regierung egal , setzen, solidarisieren und verstärken die schon in griechenland vorhandenen ansätze , besetzte fabriken, selbstorganisation in den stadtteilen, wiederaneignugsaktionen --- alles ganz praktische dinge, die sich jetzt und auch in naher zukunft noch ausbreiten müssen