Militant mit Sonnenbrand, mein Erleben nach dem 1. Mai in Paris

Regionen: 

Auch nach dem 1. Mai und der Demo gegen Macron ist viel los, bei der Vorbereitung fuer einen moeglichen Generalstreik am 22. oder 25.  geht einiges, ich hab einige Beispiele gesammelt.

 

Haaaaaallo und Aloha

 

Es is etwas weit zum Strand aber trotzdem laeuft es hier recht gut. Ich bin nach dem 1. Mai noch etwas in Paris geblieben und besuche gerade die Leute in La Brèche, einem kleinen Gebauede in den Sozialwissenschaften der EHESS im Boulevard Raspail 95. Je laenger ich bleibe, um so mehr komme ich in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutscher und franzoesischer Protestkulturen, ich hoffe, dass meine lockere erzaehlweise gefaellt, auch wenn es nicht der Gonzojournalismus Hunter S. Thomsons is, der auf Acid ins Weisse Haus ging um fuer den Rolling Stone zu schreiben.

 

 

 

 

 

Als ich aufgewacht bin konnte ich in dem Kuechenraum keinen Kaffee bekommen, weil das Seminar ueber soziale Bewegungen in Syrien gerade ueberlegt haben wie sie sich in die Proteste einbringen. Eben gab es einen Besuch von Studierenden bei dem Streik der Eisenbahner_innen am Bahnhof Montparnasse, von wo die Leute spontan weitergezogen sind, um am Gare de L’est, dem Ostbahnhof, weiter Radau zu machen ! Leute haben fast vor den Augen der Bullen Soli Graffiti gesprueht, das schien kein Problem gewesen zu sein.

 

 

 

Vor 2 Tagen war eine Streikabordnung der Post hier und hat eine Party veranstaltet, sowas gefaellt mir sehr.

 

 

 

 

fEs gibt auch einige andere Unibesetzungen in der Paris VIII sollen noch 50 Leute grad sein, in Nanterre im Westen von Paris gab es am Wochenende eine Frankreichweite Vollversammlung mit 1200 Besuchern, aber den Rekord haelt Rennes mit angeblich 5000, wie vorhin jemand berichtete.

 

 

 

Es gibt ueber viele Sachen nicht so einen Ueberblick und Sachen sind nicht so mega organisiert, aber sie laufen. In mehreren Unis gibt es Besetzungen, u .a.

 

 

 

 

 

 

 

::: Limoge

 

::: Lyon II

 

::: Lille

 

 

 

 

 

Leider ist es so, dass die Unileitungen die Universitaeten komplett absperren, aus Sorge vor politisierten Streiks. Die Eliteschulen wie die Sorbonne haben vor ein paar Tagen nur noch einen Eingang offen gehabt, die Science Po laesst dich nicht mal rein, selbst wenn du spontan deinen Ausweis zeigst, ohne Formulare darst du da nicht mal aufs Klo gehen.

 

 

 

Der Ausnahmezustand geht schon angeblich seit den 90ern und wurde seit dem Klimagipfel der COP21 komplett hochgefahren, du hast im Touriviertel CRS Bullen mit Gewehren die laenger als ein Meter lang sind. Im Grunde ist es ja egal, ob du von der Patrone einer Dienstpistole oder so nem grossen Gewehr erschossen wirst, aber es ist dennoch mies. Vor einigen Tagen haben wir die ENS mitbesetzt, einer Eliteschule fuer alte Sprachen und Naturwissenschaften in der 45 rue d’Ulm und eine Genetikerin (Epigenetik, relativ neues Feld, fuer das Verdrehen ganzer Chromosomen, ihr Credo war: nicht die Gentechnik sondern die geringe Auswahl an Praktiken durch kapitalistsche Unternehmen sei doof)... die sich es leisten kann die Angebote von Monsanto abzulehnen erzaehlte mir, dass Studierende dort vor einiger Zeit friedlich Protestierten und die DrecksCRS Schweine die Kommilitonen mit Gewehrlaeufen im Ruecken rausbegleiteten ! Und dass, wo die Partnerschule, die ENA die Uni stellt, aus der viele Praesidenten kommen, oder gerade da.

 

 

 

Krass. Genauso schnell wie die besetzung ging, so schnell wurde sie auch wieder geraeumt, sie funktionierte z.T. als Internat, so dass es viele Irritationen gab, zwischen Leuten die die Waende bespruehten und denen die sich nicht auf ihr Examen in Altgriechisch vorbereiten konnten, weil aus sorge vor Verwuestung die Bibliothek geschlossen wurde. Jemand erzaehlte mir, dass Giogio Agamben eine Rede auf der Versammlung hielt, die die Besetzung einleitete, Agamben ist als Autor ueber den politischen Ausnahmezustand auch in Schland bei vielen Studierenden und Linken /… bekannt.. Frueh morgens nach einem tollen Gespraech ueber tuerkische Sprachentwicklung ueber die letzten 2000 Jahre und die aehnlichen Tabus der linken ueber die Kurden in Paris und Berlin, deren teils erzkonservtive Lebensweise und das Versagen mit der HDP zusammenzuarbeiten, ohne die paar Prozente staedtischer westtuerkischer Intellektueller offenbar zu verprellen, ging ich dann und erlebte Kids, wie sie das Lycée Henry 4, besetzen wollten, ein tieftriefend buergerliches Gymnasium am Pantheon, die haben sich Muelltonnen und Baustellenabsperrungen geschnappt und haben den Eingang verbarrikadiert und ferdich!!!! Es war geil zu sehen aber wieder tauchte im nu die Nationalpolizei CRS auf und hohlte alle Gegenstaende wieder zurueck fuer den Hausgebrauch, sie schubsten auch junge Schuelerinnen und Schueler, was zum kotzen aussah !

 

 

 

 

 

Aber das ist nicht alles. Es sind Ferien, und die Unis sind vor allem wegen der Pruefungen noch belegt, danach sind hier ewig lange Ferien. Das Ding is, dass es um den 22. oder 25. Mai herum es einen riesigen Streik in Frankreich geben wird, um den sich wahrscheinlich vieles buendelt.

 

 

 

Aber da bitte ich euch selbst nachzulesen und gegebenenfalls schon im Vorfeld Sachen zu schreiben. Unterschiede, Gemeinsamkeiten….

 

 

 

 

 

Ich will mal kurz dabei bleiben. Neulich sass ich auf dem Montmartre und quatschte mit 2 Maedels deren Franzoesischkurs gerade auf Parisreise war. Waehrend Dani Cohn Bendit noch in der klassischen deutschen Medienlandschaft herumgereicht wurde, war es diesem Franzoesischlehrer absolut nicht wichtig was ueber das 50. jubilaeum der Revolte Frankreichs zu berichtet, einer Sache die so selbstverstaendlich ist wie das kiffen in Amsterdam – sogar die scheiss Bullen haben eine Ausstellung ueber die Gewalt im Mai 68 in Paris, auch wenn die Banane ist und nur die Waffen gegen die Polizei interessant erscheinen, den Rest wie die Poster der streikenden Arbeitenden in Toulouse, Caen oder anderen Staedten finden sich in so so vielen Buchlaeden etc oder eben in mehr oder weniger aktuellen Riotvideos die sie da zeigten.

 

 

 

Ce foux ! How can you not talk about it ?

Die deutschen haben wohl das Problem, dass sie Militanz nicht sozialen kaempfen verbinden, das laeuft in Frankreich so lala gut, es gab sogar Postangestellte die in der Z.A.D. sich vorgestellt haben, und das wo selbst ich mir so erst dachte «oh goddohgodd, die Post streikt, das geht aber nicht, die muessen doch funktionieren » oder so. Neee das geht alles, wenn man nicht so auf Details achtet und eben nicht wie das eben in Westdeutschland so der Fall war, hart antikommunistisch ist, auch wenn man sagen sollte, dass der Antikommunismus des alten Frontstaates eben nicht der selbe ist, wie der des jetzigen Ostblockes.

 

 

 

Ohhhh Gott, das ist auch so ne Nummer, Bulgarien oder die Ukraine scheinen hier niemanden zu kratzen, es gibt die Frankophone Sphaere und das is es halt. Rassistische Laendliche Leute geben migrantisches Proletariat aus den ehemaligen Kollonien, gegen die chinesischen Touris hat ja kaum jemand was. Kleiner Einschub : An der Metrostation des Louvre gibt es chinesische Warnhinweise auf Taschendiebe vom Band.

 

 

 

Dieses Ausklammern der postsozialistischen Staaten passiert hier oft, die Leitkultur ist Franzoesisch und damit hat man sich abzufinden ! Auf mein mehrmaliges bitten verdammtnochmal englisch zu reden wie in Schweden, Polen oder wie jeder normale bulgarische LKW Fahrer am Arsch der Welt erfuhr ich selbst auf der Anti-Macron Demo viele bizarre Ressentiments, etwa, dass ich die US-Globalisierung vorantreiben wuerde oder mich doch gefaelligst fuer arabisch spanisch italienisch und chinesisch einsetzen solle, kurz man ist mitten in der EU und weigert sich mit ihr zu kommunizieren, hauptsache ist, dass die Bretagne und Korsika unabhaengig von Paris sind, und selbst Projekte wie die ZAD sind wichtiger als irgend ein Streik in den ehemaligen Kollonien wo die Armut vielleicht lebensbedrohlich ist! Dass Sarko den Libienkrieg mitzuverantworten hat… nirgendwo ein Wort, franzoesische Nuklaerexporte nach Indien, unwichtig !

 

 

 

Leute sagten mir auch, dass dat andere ist, dass offenbar der Perfektionismus so hoch ist oder mit einer Faulheit korreliert, dass man lieber nichts als was falsches sagt. Gute Frage was da Projektion und Gegenprojektion ist. Angeblich werden Leute in der Schule im Englischunterricht von der Klasse oft ausgelacht wenn sie was falsch artikulieren, und mein Gott, bei allen Freiheiten die die Eltern den Kindern hier geben, wie oft habe ich in den wenigen Tagen Eltern gesehen die ihren Kids fast eine scheuern! Jedenfalls sieht es so aus, aber so wie die Leute hier Auto fahren gibt es ne menge Interpretationsspielraum.

 

 

 

 

 

Die Eindruecke passeln halt stark auf mich ein, neulich gab es eine Veranstaltung ueber Globale Entwicklungen 1968 u.a. zu Entwicklungen der kommunistischen Dritten Welt, fuer die Europa nicht so ausschlaggebend war 1968. Alle moeglichen Leute waren da u.a . Angela Davis, Tariq Ali, Oscar Guardiola Rivera, Sylvie Robic ; Marcus Rediker, Francoise Vergès!

 

 

 

Wer mehr wissen will, www.fmsh.fr vom 2. bis 6. Mai die « Global 68 Conference », falls es zu diesem Thema nicht irreviele Filme auf youtube gibt. Angela davis hat uebrigens ein neues Buch herausgebracht.

 

 

 

Nur um auf eins der vielen Projekte zu verweisen. Paris laedt stark ein ueber Europa hinaus zu denken und vieles in der Welt kennenlernen zu wollen. Wer kann moege ruhig mal Europa verlassen, wer nicht kann sich wenigstens in Europa oder Frankreich umschauen.

 

 

 

 

 

Projekte in Frankreich sind, das einfachste ist selbstredend das franzoesische Indymedia,

 

 

 

Proteste in

 

 

 

Roybon

 

die Gonesse

 

Valtolosa

 

den Ausbau der A45 zwischen Lyon und …

 

und einen weiteren Ausbau einer Autobahn der GCO

 

 

 

klar, es gibt BURE, wo die AREVA ihr Atomklo hinbaut, das franzoesische Gorleben.

 

 

 

und eine Bewegung gegen das Abbagern von Sand an Straenden in Nordfrankreich, denn nur bestimmte Sandarten lassen sich fuer das Betonmischen nutzen, der Saharasand ist wirtschaftlich absolut wertlos, auch fuer Glasherstellung oder Siliciumchips taugt der meiste Sand auf der Welt nicht so viel. Mehr kann ich in der Kuerze der Zeit nicht sagen.

 

 

 

Allright.

 

 

 

 

 

Der Mangel an Organisation bringt den Vorteil, dass die Leute hier etwas mehr experimentieren, als sich allein auf die Interventionistische Linke beispielszeise zu verlassen. Schon dafuer lohnt es sich anzureisen, nur bitte Vorsicht mit dem trampen, da haben sich die Pariser ein wenig komisch, siehe hitchbase.com oder hitchwiki.

 

 

 

Waere nett, wenn Leute Sachspenden wie Laptops mibraechten, bei einem Mindestlohn von 1200 Euro und 1000 Miete in fuer ne kleine Bude in Paris ist fuer vieles echt kein Geld da, allein ein Kilo neuer Kartoffeln Supermarkt : 4 bis 6 euro !!!!!!!!!!!!! Das is schade und macht mich traurig und wuetend, Die Leute hier sind manchmal so dankbar, du verschenkst dein Feuerzeug und du bekommst schon dafuer manchmal so viel Freundlichkeit entgegengebracht. Obwohl es eben Paris ist.

 

 

 

An sonsten ist und bleibt es Basisarbeit franzoesische und deutsche gleichheits- und freiheitsfoerdernde kaempferische Bewegungen zu verbinden, leider sind das oft nur einzelne Leute wie der Journalist Bernard Schmid, oder Cecile Lecomte fuer die Anti Atom Sachen.

 

 

 

Vielleicht wuerden gemeinsame Entertainmentkanaele fuer Trap Rap Electro verbinden, oder eben ueber Arte und das Riot-Kino hinausgehende Videos im Netz, vielleicht sollten sich mehr als Bewegungsgurus wie Dani Cohn Benditt eingeladen werden, und Fahrten in die Nachbarlaender viel normaler werden, ohne das allein den Jugendorganisationen der Parteien zu ueberlassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

A bientôt et….. bisous !!!!!!!!

 

 

 

wait, koennt ihr euch vorstellen mehr kuesschen fuer eure militanten genoss_innen zu geben ???

 

waere mal ein experiment fuer die topcheckerantifa

 

;)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

Tiptop Artikel und Zusammenfassung. Ob Berlin, Sachsen oder Baden-Würtemberg, deutsche Provinz bleibt deutsche Provinz.

Ein französisches Zeitungsblättchen hat sich der Verarbeitung des französischen Hammertrends gewidmet und behauptet der Guru des Black-Blocks sei wirklich ein gewisser Schlagersänger mit dem Namen Claude Francois. Der hatte nämlich ein Lied "Si j'avais un marteau...", übersetzt "Wenn ich einen Hammer hätte...". https://www.youtube.com/watch?v=ErewTTq9KrQ Text: Wenn ich einen Hammer hätte.../ Würde ich den ganzen Tag durchschlagen / Würde ich die ganze Nacht durchschlagen / Würde ich mein ganzes Herz geben / Ich würde eine Farm bauen / Eine Scheune und eine Barriere / ... / Ohoh es wäre ein Glück. .... Hammer der Courage / Glocke der Freiheit...Aber eben nur so unwichtige Infos fürs Amüsement Freunde. KüsschenMerci und Bisous.