Top'n'Drop: Anarchistischer Boulder- und Banner-Spaß auf dem Rathaus Köpenick

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Wilhelm Voigt, bekannt als der Hauptmann von Köpenick, erlaubte sich 1906 einen Streich, mit dem er in die Geschichte einging: Als Hauptmann verkleidet verhaftete er mit Unterstützung einiger Soldaten den Köpenicker Bürgermeister und beschlagnahmte die Rathauskasse. Jetzt hat eine Gruppe von Anarchist*innen ihm eine Würdigung am Rathausdach angebracht, um der Aneignung dieser Persönlichkeit durch die rechte Politik entgegenzuwirken.

Der Hauptmann von Köpenick - Wilhelm Voigt. Er ist nicht nur eine historische Figur sondern auch eine literarische und sein wir mal ehrlich, er ist auch eine mythologische geworden. Wenn Nichtberliner einmal von Köpenick gehört haben, ist es in der Regel auf diese Figur zurückzuführen, die jeden Köpenicker täglich mehrmals angrinst. Ob als Statue, Wandmalerei, Fotografie eines Darstellers oder eines tatsächlichen Darstellers auf der Straße. Er ist in unserem kollektiven Gedächtnis tief verankert. Und was sagt die Welt der Politik dazu? "Meiner!". Jeder will ihn für sich vereinnamen, ihn zum eigenen Posterboy machen.

"Meiner!", dachte sich wohl der NPD-Nazi Fritz Liebenow, als er anfing sich als diese Rolle zu verkleiden und somit die Altstadt Köpenick ein wenig peinlicher machte.
"Meiner!", dachte sich wohl die AfD, als sie die Figur in einem Wahlwerbecomic als Vermittler rechter Ideologie nutzen wollte.
"Meiner!", dachte sich wohl das Rathaus und die etablierte Politik, als man dem guten Herren Statue und Gedenktafel widmete - direkt an seinem Tatort, dem Ort regionalpolitischer Macht.

Uns ist auf diesen Schwachsinn nur eine sinnvolle Antwort eingefallen. Wir sagen jetzt: "Meiner!". Der Unterschied zwischen unserer Beanspruchung dieser Figur und den oben genannten ist, dass wir Recht haben.

Wilhelm Voigt nutzte die Symbole der Macht und Autorität, um die tatsächliche Macht und die tatsächliche Autorität hinters Licht zu führen und beschritt so seinen eigenen Pfad der individuellen Enteignung des Staates. Mit Militarismussatire den Staat verarschen - es ist schwer, sich etwas auszudenken, mit dem man das Herz einer Anarchist*in höher schlagen lassen könnte.

War der gute Herr nun ein Anarchist? Wer weiß, vielleicht war er es, vielleicht hatte er nur einen witzigen Plan, um an Kohle zu kommen. Doch eines ist sicher: wenn wir anfangen den Hauptmann zu politisieren, dürfen wir nicht klein bei geben, denn bei niemandem hätte er sich mehr unter Gleichgesinnten gefühlt als bei uns.

Während einem Schlitzohr wie ihm völlig zurecht Statuen gewidmet werden und Politiker nervös versuchen zu zeigen, wie sympathisch sie einen Menschen finden, der ihnen auf dreisteste Art die Kasse leerräumen würde, werden die bösen Buben und Mädels von heute nicht mit ähnlicher Wertschätzung empfangen. Hausbesetzungen, Blockaden, Demos, Flyerverteilen, Adbustings, bestimmte Pressetexte: all das sollen linksextremistische Verbrechen sein. Wir zeigen uns geduldig und freuen uns auf den Tag, an dem auch die "Kriminellen" von heute ihre eigene Form der Würdigung erhalten.

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