Wir bleiben gefährlich! Aufruf und Route der Demo gegen den europäischen Polizeikongress

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Am 04./05. Februar jährt sich der Europäische Polizeikongress in Berlin. Der jährlich stattfindende Kongress ist Treffpunkt des who is who der europäischen Sicherheitsbehörden, Politik und Verwaltung. Gerahmt wird dieses Treffen durch die Ausstellung neuster Systeme der Waffen- und Sicherheitsfirmen, wie Bosch, Heckler & Koch, Jenoptik und SAP. Die Industrie wirkt mit ihren neusten Entwicklungen in die politische und polizeiliche Entscheidungsfindung.Durch das Joint Venture von Politik, Industrie und Behörden werden auf europäischer Ebene die Wege geebnet die Interessen der Herrschenden durchzusetzen. Die Behörden betteln nach mehr Befugnissen und Techniken, die Industrie stellt ihre neuen Unterdrückungssysteme vor und die Politik setzt für jene Mittel dann die Gesetzesgrundlagen durch. So werden schon beim Kongress selbst die Zeichen für den Ausbau des Polizeistaates gesetzt.

Mit dem diesjährigen Motto des Europäischen Polizeikongresses "Rechtsstaat durchsetzen" steht die Bekämpfung arabischer Großfamilien, moderne Überwachung aka die "Digitale Polizei" und der Kampf gegen die Entstehung rechtsfreier Räume im Fokus. Es wird von der "Erosion des Rechtstaates" gesprochen, das Feindbild der "Parallelgesellschaften" konstruiert und dann der Bizeps angespannt und jedes noch so kleine Shisha-Café auseinander genommen. In medialer Bestinszenierung wird daraufhin ein Erfolg gegen kriminelle Clans und deren Strukturen gefeiert. Dabei ist egal, ob es Anhaltspunkte (auch wenn uns die herrschaftliche Sichtweise darauf egal ist) für eine Verstrickung zur "Unterwelt" gibt.

Der Feind steht unter der rot-rot-grünen Regierung nicht mehr nur am Chaosgebiet Rigaer Straße, sondern am ehemaligen Arbeiter*innenviertel Neukölln und Wedding. Der "einfache Deutsche" an sich, hat zu arbeiten, seinen krummen Rücken gerade zu machen und für sein Eigentum lange zu sparen. In der Gegenüberstellung zu der stigmatisierten Kategorie Clan, Sippe und Araber, die wie "wilde" Menschen Goldmünzen klauen, ist offensichtlich, was der Staat dadurch probiert: Eine Teilung der "guten Deutschen" und dem Rest, anhand von Rassismus und Konkurrenz. Die Definition des Hauptfeindes orientiert sich hierbei an dem faschistischen Rollback der Politik.

Die Aufwertung ganzer Stadtteile spielt dabei sicher auch eine wichtige Rolle. Abseits von Berlin, in Connewitz, lassen sich die Ausmaße staatlicher Herrschaftsstrategien gut beobachten und sind in einem Text über die Medienstrategie der Bullen nachzulesen. Die als politischer Akteur auftretende Polizei hängt sich seit Jahren immer weiter aus dem Fenster. Drohbriefe, zugespielte Dokumente, Weitergabe von sensiblen Daten an politische Gegner*innen, hier ausschließlich faschistische Strukturen, offenbaren welcher Geist innerhalb dieser Strukturen vorherrscht. Aus diesem Grund wollen wir keine Skandalisierung dieser Strukturen, sondern begreifen es als weiteres Kampfgebiet für unsere Agitationen gegen den Staat.

Dieser Kampf bleibt allerdings nicht unbeantwortet. Im Zuge des G20 wurde unser Sprachrohr linksunten.indymedia vom Bundesinnenministerium verboten. Der Prozessauftakt beginnt am 29. Januar in Leipzig, gefolgt von den Prozessen um den Rondenbarg und die drei Freund*innen von der Parkbank. Das Händeschütteln der Staatsschützer*innen, Richter*innen und Minister*innen geht also in die nächste Runde. Auf lokaler und doch so bedeutsamer Ebene ziehen sich im Januar die Prozesse um die räumungsbedrohten Projekte, die wir als direkten Angriff auf unsere Strukturen werten. Durch die rhethorische Aufrüstung und der stets wachsenden Verlinkung revolutionärer Politik und "terroristischer" Handlungen sollen unsere emanzipatorischen Kämpfe im vorhinein diffamiert werden. Dem Staat bleibt also nichts anderes übrig, als kleinste Aktionen, die von symbolischer Tragfähigkeit erscheinen könnten, in die Ecke einer neuen bzw. alten Stadtguerilla zu stecken, um eine Legitimation für das eigene repressive Vorgehen herzustellen.

<strong>In diesem Sinne sind und bleiben wir gefährlich!</strong>

Am 31.01. wird eine Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress stattfinden. Die Demo wird am Richardplatz starten. Dieser Ort ist nicht zufällig gewählt, sondern orientiert sich an den Kämpfen, die in den vergangenen Jahren vor Ort ausgetragen wurden bzw. werden. Am Richardplatz selber befindet sich das Restaurant Louis, welches als regelmäßiger Veranstaltungsort der AFD genutzt worden ist und des öfteren Glasbruch erleben durfte. Nach eigenen Angaben lehnt das „Louis“ nun politische Gäste ab. (vgl. Broschüre - Wer ist die Berliner AFD, Seite 5; Chronik; linksunten.archiv)
Gegenüber befindet sich ein weiteres, eher unscheinbares Restaurant, die Villa Rixdorf mit dem neustem Kameraequipment, was teils nur an Behördeneinrichtungen zu sehen ist. Aber warum eigentlich? In der Villa finden regelmäßig Mitgliederversammlungen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) der Direktion 5 statt. Die letzte am 9. Januar diesen Jahres. Hier nur ein paar Zitate des Vorsitzenden Rainer Wendt, die die zunehmenden Militarisierungstendenzen innerhalb der Polizeiapparate darstellen: „Polizeiliche Einsatzmittel müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken sie.“ (Stuttgart 21). „Sicherer für die Einsatzkräfte wäre eine Waffe, die bereits aus der Distanz eingesetzt werden könnte. Wenn Wasserwerfer nicht mehr reichten, müssen die Beamten Gummigeschosse einsetzen.“ (G20 Hamburg). Im Zuge der Auschreitungen zu Connewitz fabuliert dieser alte weisse Mann von einer Ausbildung linksterroristischer Strukturen wie in den Siebzigerjahren. Er wiederholt sich hierbei alle 10 Jahre in der Boulevardpresse der Großstädte, zum Beispiel 2009: "[...] er Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fühlt sich an die Anfangsjahre der Roten Armee Fraktion erinnert. „Berlin droht eine neue RAF“, sagte er der B.Z. „Die Bereitschaft zu töten, ist klar zu erkennen.“ (vgl. Autonome Antifa Freiburg)

Ein weiteres "Reizobjekt" entlang der Demo ist der Jobpoint in Neukölln, in der Unterführung zur Neuköllner Oper. Er fungiert als Rekrutenschule für Objektschützer*innen der Berliner Polizei: "Zielgruppe sind insbesondere migrantische und perspektivlos erscheinende Jugendliche und Langzeitarbeitslose, die hier mit Autorität und der Macht einer Waffe gelockt werden sollen. Die Strategie der Bullen in diesem Zusammenhang ist offensichtlich: Mit der verstärkten Anwerbung migrantischer Personen für den Streifendienst soll eine steigende Sympathie mit den uniformierten Mörder*innen auch in Vierteln wie Neukölln, Wedding und Moabit erreicht werden." (Autonomes Blättchen Nr. 27 S. 5; Chronik; linksunten.archiv)

Weiter geht es entlang zum Rathaus Neukölln. Im Januar 2015 fand eine wilde Sponti anlässlich des 10. Todestages vom Mord an Oury Jalloh statt. Dieser wurde 2005 in einer Dessauer Polizeizelle an Händen und Füßen gefesselt und lebendig verbrannt: "Nachdem sich noch vereinzelt Menschen angeschlossen hatten, erreichte die Demo schließlich das Rathaus Neukölln, in dem unter anderem der Populärrassist Buschkowsky residiert und hetzt und welches aus der Demo heraus mit Steinen und Farbflaschen angegriffen wurde. Die letzten Flyer verteilten sich auf dem Rathausplatz und anschließend bekam noch das nahegelegene Amtsgericht ebenfalls Farbe und Steine ab. Bevor sich die Demo auflöste und sich in alle in die Nacht verstreuten, gingen noch eine Securitas-Streife und die in ihrer Obhut stehenden Banken kaputt." (Interim Nummer 767, Seite 5 / Februar 2015; chronik; linksunten.archiv)

Aber auch weitere Momente des Widerstandes bleiben uns in Erinnerung. Die Demo wird außerdem durch die Weserstraße gehen, wo in letzter Zeit vermehrt linke Kulturstätten von Neuköllner Nazistrukturen angegriffen wurden, so im Dezember 2016 das K-Fetisch (Antifa Friedrichshain; linksunten.archiv). Als auch durch die Friedelstraße, wo kurz vor dem G20-Gipfel im Mai 2017 der Kiezladen Friedel54 geräumt wurde(linksunten.archiv). Statt des Kiezladens gibts dort jetzt einen schicken Goldschmiedeladen, der sich neben hippen Cafés in den zunehmend gentrifizierten Kiez einreiht.

<strong>Die Demo wird am Schlesischen Tor enden.</strong>

Wie bei allen Demos gilt das Motto, die Demo wird das, was ihr draus macht! Seid also vorbereitet und kreativ. Falls es die Situation erfordert, sind wir bereit, die Demo vorzeitig aufzulösen. Im Falle, dass sich die Bullen entscheiden unsere Demo anzugreifen rufen wir zu einem entschlossenen Handeln auf!  Die Demo reiht sich ein in ein ereignisreiches Januarende, wir werden am 30. Januar die Räumungsverhandlung über die Liebig34 und am 29. Januar den Prozess über linksunten über uns ergehen lassen. Unsere Wut lässt sich nicht bändigen! Auch bei Festnahmen sollten wir nicht tatenlos zuschauen, was mittlerweile zu einem Ritual geworden ist, sondern den Gefangenen unsere direkte Solidarität kundtun.

<strong>Zeigt euch kämpferisch und solidarisch!</strong>

<strong>Kommt zur gemeinsamen Demonstration am 31.01.2020 am Richardplatz, Neukölln. Um 19 Uhr wird es eine halbstündige Auftaktkundgebung geben, nach der wir um 19.30 Uhr starten wollen. Kommt entschlossen, solidarisch und vorbereitet, für eine kraftvolle Demonstration!.</strong>

<strong>Liebig34 bleibt!.</strong>
<strong>Linksunten lebt!</strong>
<strong>Polizeikongress entsichern!</strong>

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