Staat, Justiz und Knäste entsichern! Aufruf zum Entsichern Kongress und zur Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress 2020

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Auch dieses Jahr treffen sich auf dem „Europäischen Polizeikongress“ wieder internationale politische und polizeiliche Entscheidungsträger*innen wie der Verfassungsschutz, die Waffenlobby, Forensiker*innen, Grenzabschottungsfirmen, Mitglieder des Bundestags und der Bullerei, um sich über die verschärfte Schließung und Militarisierung von Grenzen, Cyber-Überwachung, Künstliche Intelligenz (KI), die „ektronische Strafakte“, digitale Spuren, Bullenausrüstung und die Auswertung von Massendaten mit KI und Machine Learning auszutauschen. Laut öffentlicher Bewerbung soll es darum gehen, sogenannte „Rechtsstaaten wieder zu verfestigen“ und ein funktionierendes Sicherheitsnetzwerk zu etablieren. Mit „Sicherheit“ meinen sie dabei das Verschwinden oder Wegsperren von Menschen und mit „Rechtsstaat“ lediglich Rechte für eine weiße deutsche Elite. Es geht darum, mit analogen wie digitalen Mitteln die absolute Überwachung und Kontrolle auszuweiten und diejenigen zu bestrafen, abzuschieben und zu ermorden, welche sich unangepasst verhalten, „falsch“ aussehen oder von „woanders“ als aus der BRD oder Europa kommen. Ziel ist dementsprechend die Ausweitung des faschistischen autoritären Staates.

Dass die BRD, aber auch ganz Europa, parlamentarisch und gesellschaftlich immer faschistischer und autoritärer wird, zeigt sich auf vielen verschiedenen Ebenen: bei den Landtagswahlen in Sachsen 2019 konnte die AfD 27,5 % der Stimmen erzielen, die CDU schaffte 32,1 %. Zwei Drittel der Gesellschaft in Sachsen wählen also rechts/konservativ. Auch auf bundes- und europäischer Ebene sind solche Wahlergebnisse zu beobachten oder abzusehen.

Gleichzeitig erstarkt eine außerparlamentarische Rechte. Auf den Straßen der BRD und Europas finden sich mehr und mehr Faschist*innen zusammen, viele von ihnen schrecken nicht mehr davor zurück, Anders-Denkende, Schwarze, PoC’s, Wohnungslose, Migrant*innen, von ihnen als Ausländer gelesene und alle, welche nicht in ihr Bild einer weißen (deutschen) Gesellschaft passen, anzugreifen oder gar zu ermorden.

Die außerparlamentarische Rechte ist dabei nicht losgelöst von der parlamentarischen zu sehen, im Gegenteil: beide Kräfte bedingen sich nicht nur, sondern arbeiten Hand in Hand für den Ausbau eines komplett faschistischen Systems. So besteht beispielsweise ein Nazi-Prepper Netzwerk, welches u.a. die Massentötung von politischen Gegner*innen abzielt, aus aktiven und pensionierten Bullen, Mitgliedern der Bundeswehr und Sondereinsatzkräften. Diese sind nicht zufällig zu einem beträchtlichen Teil Mitglieder der AfD.

Faschistische und autoritäre Entwicklungen lassen sich auf institutioneller, parlamentarischer sowie gesamtgesellschaftlicher Ebene erkennen und sind miteinander verflochten. Deswegen sollte es auch nicht wundern, dass der gesamte Staatsapparat immer faschistischer und autoritärer wird. Gefahrengebiete werden konstruiert, um die totale Überwachung und Kontrolle auszuweiten und einer bestimmten Gruppe von Menschen Schuld an allem Übel in der Gesellschaft zu geben. Dabei wird u.a. Racial Profiling genutzt. Menschen werden aufgrund ihres Aussehens in die Schublade der angeblich „Kriminellen“ gesteckt und der Gesellschaft anschließend als „Bösartig“ vorgeführt. Kameraüberwachung, wie zum Beispiel Scanner für Gesichtserkennung, wird ausgebaut und technisch verfeinert, um keinen Schritt unbeobachtet zu lassen. Deutsche wie europäische Außengrenzen werden militarisiert, um niemanden reinzulassen, der*die nicht weiß, deutsch oder europäisch genug ist. Auf parlamentarischer Ebene wird überhaupt kein Hehl mehr daraus gemacht, offensichtlich faschistisches von sich zu geben: während Politiker*innen und Leitmedien 2015 über eine angebliche „Willkommenskultur“ schwadronierten, fordert ein Maizière beispielsweise mittlerweile nurnoch schnellere Abschiebungen. „Willkommen“ war gestern, rausschmeißen gilt jetzt. Und wenn der Rausschmiss nichts wird, kommt immer mal wieder der Freund und Helfer des Staates um die Ecke und ermordet einfach diejenigen, die nicht in eine weiße deutsche Elitegesellschaft passen. Es war kein zufälliges Unglück, dass Oury Jalloh, Rooble Wasame und Ahmed Amad durch Bullen-Gewalt und/oder bewusstes Nichtstun in Zellen gestorben sind, dass William Tonou-Mbobda an den Folgen von Psychiatrisierung stirbt und Hussam Fadl Hussein von Bullen erschossen wird.

Dass diese Entwicklungen sich dementsprechend auch im Knastapparat abzeichnen, liegt auf der Hand. Gefangene sind vermehrt von Übergriffen durch faschistische Justizschweine betroffen, was vor allem an der Verstrickung, ja sogar bewussten Platzierung von Nazis im Justizapparat liegt. So hat es das sächsische Justizministerium bis Januar 2019 nicht interessiert, dass in der JVA Leipzig ein am „Sturm auf Connewitz“ beteiligter Fascho als Wärter mit den inhaftierten Kameraden die bestehenden rechten Netzwerke ausbauen konnte. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Faschistische Strukturen im Justizapparat haben System. Denn wo die Reise des sich ausbauenden faschistischen Staates hingeht, lässt sich an seinen Institutionen ablesen.

So braucht es beispielsweise einen Justizapparat, der rassistische, faschistische und jegliche diskriminierende Vorstellungen konsequent umsetzt. Ohne diesen könnte sich sonst kein Staat dieser Welt aufrechterhalten. Knast ist an und für sich schon eine faschistische Institution. Weggesperrt werden diejenigen, sie sich nicht angepasst verhalten, welche die kapitalistische Logik missachtet haben oder die einfach „falsch aussehen“. Dass Knast den faschistischen Entwicklungen draußen immer einen Sprung voraus ist, ist deswegen nur logisch und derzeitig auch nochmal mehr erkennbar. Während außerhalb der Knastmauern meist von „Einzelfällen“ die Rede ist und die faschistischen Entwicklungen nicht als systemisch begriffen werden, wird über einen zunehmenden faschistischen Justizapparat und die Auswirkungen für z.B. als „Ausländer“ gelesene Gefangene fast überhaupt nicht gesprochen. Das Schweigen darüber aber auch die Konsequenzen, die daraus folgen, wie zum Beispiel die Ermordung von Schwarzen Menschen und Menschen of Colour in polizeilichen Gewahrsamsituationen, zeigen eindeutig, dass „Rechtsstaat“ lediglich das Recht für eine weiße deutsche Elite meint. Für den Rest wird Unrecht gesprochen – sie werden weggesperrt, abgeschoben oder ermordet. In diesem Kontext können faschistische Bullen, Justizschweine und deren Unterstützer*innen auch immer selbstbewusster auftreten, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Hinter ihnen steht mehr als der gesamte Staatsapparat: die gesamte Gesellschaft ist durchzogen von faschistischen Vorstellungen und Strukturen. Wir schauen dabei zu, manchmal regen wir uns auf, oft schweigen wir aber auch und lassen dadurch vieles zu.

Mit jeder Abschiebung, jedem Wegsperren, jedem Mord wird es dringender denn je, Gegenstrategien zu entwickeln und handlungsfähig zu werden. Das Rad muss dafür sicherlich nicht neu erfunden werden. Widerstand gegen den Faschismus, den Staat, seine Bullerei, Justizschweine, Knäste und Unterstützer*innen gab und gibt es schon. So wurde beispielsweise das Unternehmen „Hentschke Bau“, welches den neuen Riesen-Knast in Zwickau-Marienthal mitbaut und deren Geschäftsführer ein bekennender Nazi und größter Spender der AfD ist, mehrmals angegriffen. In Anbetracht zunehmender autoritärer faschistischer Entwicklungen bleibt aber offensichtlich, dass der Widerstand ausgeweitet werden muss.

Wir müssen zusammenkommen, uns austauschen, Strategien diskutieren und handlungsfähig werden. Die Lösung kann nur eine offensive antistaatliche, antikapitalistische und antifaschistische sein. Wir wollen eine Gesellschaft ohne uns spaltende Kategorien, eine Gesellschaft ohne Kapitalismus und eine Gesellschaft ohne Knäste. Der Weg dorthin ist weit, unser größter Feind ist der sich ausbauende faschistische Staat. Deswegen rufen wir dazu auf, am Gegenkongress „Entsichern“ und an der bundesweiten Demonstration gegen den „Europäischen Polizeikongress“ teilzunehmen. Lasst uns am Freitag, den 31.01.20 unsere Wut auf die Straßen tragen und den Bullen zeigen, was wir von ihrem Zusammentreffen halten. Lasst uns am 01. und 02.02.20 beim Entsichern Kongress diskutieren, austauschen, vernetzen und mit gemeinsam entwickelten Ideen und Strategien dem Staat jeden Tag aufs Neue die Hölle heiß machen.

Gegen den europäischen Polizeikongress, gegen ihre Pläne und Vorstellungen eines autoritären faschistischen Staates.

Für eine Gesellschaft ohne Staat, Kapital, Faschismus und Knäste.

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Ergänzungen

Eine derart offen speziesistische ("Bullen", "Schweine") Sprache bezeugt leider nur eine geistige Verrohung und Hierarchiebereitschaft wie sie im "Aussen" einer Amok-Kapitalistischen Hierarchiegesellschaft vermeindlich bekämpft werden soll. Ich sehe da keinen Unterschied, diese Sprache spricht Bände ..!