„Das Camp wird stattfinden!“ – Rheinmetall Entwaffnen lässt sich nicht verbieten

Regionen: 

Die Polizei Köln will antimilitaristischen Protest und das Rheinmetall-Entwaffnen-Camp untersagen. „Dieser politische Angriff der Kölner Polizeibehörden reiht sich ein in autoritäre politische Maßnahmen im Zuge des Rechtsrucks, den die Regierung und staatliche Stellen maßgeblich vorantreiben“, erklärt dazu Jonah Fischer von „Rheinmetall Entwaffnen“. 

Die Mobilisierung zum Rheinmetall-Entwaffnen-Camp geht unverändert voran. Es wird vom 26. bis zum 31. August im Kölner Grüngürtel stattfinden, sind sich Bewegungsforschende einig: "Die Erfahrungen mit Campverboten aus der Vergangenheit zeigen, dass sie letztlich keinen Bestand haben." Camps wurden politisch erkämpft, man denke nur an das bunte Protestcamp gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg-Altona. Damals erlitt die Stadt einen großen Ansehensverlust, weil Kritiker*innen die Verantwortlichen aus Politik und Politik als "Feinde der Versammlungsfreiheit" bezeichneten, die aus Hamburg eine "Demokratiefreie Zone" machen wollen. Das hat nicht funktioniert: Tausende sind angereist und haben protestiert - auch in der Roten Zone.

Wieder wird - nun in Köln - einem Camp der politische Charakter abgesprochen: Es sei "unfriedlich". Die Veranstalter*innen von Rheinmetall Entwaffnen zeigen sich jedoch gelassen und betonen die Legitimität ihres Protests. Natürlich muss Protest und Widerstand gegen die Aufrüstungspläne von Friedrich Merz (CDU) und Boris Pistorius (SPD) möglich sein. Auch mit einem mehrtägigen Camp in einer Metropolenstadt. Das inhaltliche Programm des Rheinmetall-Entwaffnen-Camps belegt die politische Intention der Organisator*innen. Spannende gesellschaftliche Fragen werden behandelt und Verknüpfungen zu antirassistischen und antipatriarchalen Themen geknüpft. Und das alles auf internationaler Ebene, siehe: https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/programm-2025-koeln/

Jonah Fischer von „Rheinmetall Entwaffnen“ kommentiert: „Die Polizei Köln versucht, unseren legitimen Protest zu kriminalisieren und konstruiert dazu ein absurdes Bedrohungszenario. Das Camp dient seit Jahren dem internationalen Austausch und der praktischen Solidarität, wie immer haben wir zahlreiche Workshops und Vorträge mit Aktivist*innen aus unterschiedlichen Ländern der Erde geplant, die sich gegen Krieg, Militarisierung und den katastrophalen Folgen einsetzen. Zusammen wollen wir uns austauschen, voneinander lernen und unsere Perspektive einer solidarischen Welt auf die Straße tragen.” Das Bündnis sei entschlossen, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen, um das Camp durchzusetzen, bekräftigt Fischer.

Auch Jurist*innen verurteilen das Vorgehen der Kölner Behörden: „Das angedrohte Verbot des Camps entbehrt einer ernsthaften, durch Tatsachen gedeckten Grundlage und ist eher ein Zeichen der aktuellen Erosion der Grundrechte, der es deutlich entgegenzuhalten gilt“, so Rechtsanwalt Nils Spörkel. Dabei gehe es nicht nur um das konkret in Köln geplante Camp, sondern auch um Protestcamps allgemein.

Der Kölner Stadtregierung von Grünen, SPD und CDU sind antimilitaristische Proteste nicht willkommen. Köln ist einer der größten Bundeswehrstandorte in der Bundesrepublik Deutschland und zahlreiche Rüstungsunternehmen haben in Köln und angrenzenden Städten ihren Sitz. Köln profitiert wie kaum eine andere Großstadt von der massiven Hochrüstung der Bundeswehr. Deshalb verbieten die Behörden unter der Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Protestcamp, das die Milliardenausgaben für Rüstung und Krieg kritisiert und dagegen ungehorsame Protestaktionen angekündigt hat. Neben Reker sind die Kölner Bürgermeister*innen Andreas Wolter (Grüne), Dr. Ralf Heinen (SPD), Dr. Ralph Elster (CDU) und Brigitta von Bülow (Grüne) verantwortlich für die angekündigte Außerkraftsetzung des Versammlungsrechts in der Rheinmetropole. 

Aber die Kölner Politik hat zu kurz gedacht: Nicht nur 2017 in Hamburg, auch 2012 in Frankfurt am Main ist ein Verbot nach hinten losgegangen: Als Frankfurt 2012 nach der Ankündigung von Blockupy zu Protesten ein Totalverbot verhängt hat, kamen trotzdem Tausende nach Frankfurt auf die Straßen. Das war die Geburtsstunde der größten Bewegung gegen das europäische Krisenregime. Köln kann der Beginn des Widerstands gegen das herrschende Kriegsregime werden. Verfolgt man die Reaktionen auf Social Media auf die Verbotsdrohung, scheint diese eher mobilisierenden Charakter zu haben. So schreibt beispielsweise die Antifa Westberlin: "Kommt vom 26. bis zum 31. August nach Köln. Verweigern wir uns kollektiv dem Kriegsregime!" Und auch die ersten Medien problematisieren die versuchte Abschaffung demokratischer Rechte: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193180.friedensbewegung-rheinmetall-e...

Die Ankündigung von Rheinmetall Entwaffnen, Ende August einen Skandal zu organisieren, hat die Stadt Köln bereits erreicht: Geht es nach der Stadtverwaltung und Stadtregierung, wird ganz Köln zu einem militärischen Sperrbezirk: Betreten Verboten! Und dagegen ist es tatsächlich angebracht, sich zu verweigern, sich zu widersetzen, das Verbot zu missachten, den Ordnungshüter*innen den Gehorsam zu verneinen. Das Verbot gehört zu den Versuchen, die Gesellschaft für die Aufrüstungspläne zu rekrutieren. Die Kriegstüchtigmachung hat begonnen. Sogar bei uns in Köln! Wir müssen sie angreifen, indem wir gegen das Verbot auf die Straße gehen.

Die Aktivist*innen von Rheinmetall Entwaffnen schreiben über ihre Motivation folgendes: "Wir sind diejenigen, die sich ein anderes Leben vorstellen als für ein Vaterland zu kämpfen und zu sterben. Wir sind diejenigen, die auf ein kollektives Angstgefühl in einer zerbrechenden Welt nicht mit einem Sicherheitsversprechen reagieren, das nur noch mehr Unterwerfung bedeutet. Wir stehen gemeinsam für eine andere Form von Freiheit und Sicherheit: entschlossen, solidarisch, selbstermächtigend.  Wir tragen hunderte Farben und Geschlechtsidentitäten – und bringen auch die Widersprüche in uns selbst mit. Wir repräsentieren genau das Gegenstück zur Bundeswehr und der deutschen Außenpolitik mitsamt ihren Normen und Werten. [...] Wir laden euch ein, mit uns Teil der Vielen zu sein, die sich ein Leben ohne Krieg und Militarisierung wünschen, die ihre Zukunft nicht in Abschottung und Autoritarismus verbringen wollen. Wir laden ein, sich während der Aktionswoche an vorbereiteten Aktionen zu beteiligen und an verschieden Orten und Zeiten selbst kreativ zu werden."

Von diesen Menschen und ihrem Engagement braucht es mehr: In Köln, in Deutschland, in Europa. Wenn die jungen Menschen von Rheinmetall Entwaffnen keine Räume für ihren Protest bekommen, dann müssen sie ihn sich nehmen. Und wir müssen mit ihnen zusammen die Demokratie verteidigen. Des Friedens und der Friedfertigkeit wegen. 

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen