Berlin: Antimilitarist*innen üben Adbusting gegen Veteranentag

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Das Antimilitaristische Aktionsnetzwerk in der DFG-VK war in Berlin unterwegs. Die Aktivist*innen veränderten im Rahmen eines Skillshares zu Kreativprotest Werbe-Plakate der Berliner Verkehrsgetriebe (BVG) mit Farbe und Schablonen. Nach der künstlerischen Bearbeitung trugen die BVG-Plakate die Aufschrift: „Nahverkehr statt Bundeswehr!“ Diese platzierten die Teilnehmenden unerlaubt in Werbevitrinen des Nahverkehrs. Zum Öffnen der Vitrinen verwendeten sie handelsübliche Rohrsteckschlüssel aus dem Baumarkt. „Das gemeinsame Erstellen echter Adbustings war ein Highlight!“ freut sich eine der Teilnehmenden des Skillshares. Mehr Bilder von der BVG-Adbusting-Aktion gibt es auf der Seite der Werkstatt für Antifaschistische Aktionen (w2a).

 

 

Üben für Protest

 

Die Aktiven aus dem Antimilitaristischen Aktionsnetzwerk nutzten das erste Maiwochenende, um in Berlin zusammen bei einem viertägigen Skillshare miteinander Kreativprotest zu lernen und vorzubereiten. Denn im Juni werden sie mit Adbustings gegen den zum ersten Mal stattfindenden "Nationalen Veteranentag" der Bundeswehr protestieren.

 

 

 

Aufruf zum Protest gegen den Veteranentag

 

 

Das Antimilitaristische Aktionsnetzwerk in der DFG-VK ruft anlässlich des „Nationalen Veteranentags“ am 15. Juni zu Protesten auf. Das Netzwerk stellt Adbusting-Plakate im Design der Bundeswehr zur Verfügung und ruft dazu auf, diese bundesweit unerlaubt in Werbevitrinen in den Innenstädten zu platzieren. Die Aktiven des Antimilitaristischen Aktionsnetzwerks präsentieren im Rahmen des Skillshare zum allerersten Mal der Öffentlichkeit ihre Entwürfe für Protestposter zum Veteranentag.

 

 

 

Protestposter

 

 

Die Poster sind im Tarnfleck-Polygon-Design der Bundeswehr gehalten. Doch die Sprüche haben es in sich: „Abhängen mit Nazi-Preppern?“ und „Deutscher Mix: Nazis, Patronen, Einzelfälle.“ Darüber prangt ein pinker Störer mit der Aufschrift „Nein zum Veteranentag!“ samt QR-Code und der Netzadresse jugend.dfg-vk.de. Du und Deine Gang möchten mitmachen und die Poster in Werbevitrinen in eurer Stadt platzieren? „Gerne schicken wir euch die Poster zum Aufhängen per Post zu“, sagt Kai N. Krieger. „Hier könnt ihr die Poster bestellen: jugend.dfg-vk.de“

 

 

 

Das Programm

 

 

Im Zentrum des Programms des Skillshares standen Methodentrainings zu kreativen Aktionsformen wie der Workshop „Kommunikationsguerilla“ und eine Einführung in die Möglichkeiten und Grenzen der Aktionsform „Adbusting“. Außerdem fanden inhaltliche Workshops wie „Saufen, ballern, abhitlern“ zu den Nazinetzwerken in Veteranen-, Soldaten- und Reservistenverbänden statt. Mit einer Einführung in das Konzept der Sozialen Verteidigung diskutierten die Teilnehmenden Alternativen zur militärischen Verteidigung und die Abschaffung der Bundeswehr. Der aktuellen Weltlage trug die Veranstaltung Rechnung mit Diskussionen zu „Wie gewaltfrei Druck auf die Kriegsursache in Moskau machen?“ und „Die Drei Ds: Antisemitismus in der Friedensbewegung erkennen“.

 

 

 

Freiheit für die Frauen in Afghanistan

 

 

Auf dem Skillshare gibt es einen spontanen Input von einer der Teilnehmer:innen zu der Lage von Frauen in Afghanistan. Seitdem die Taliban dort an der Macht sind, dürfen Frauen sich nicht mal mehr ohne männliche Begleitung auf öffentlichen Straßen bewegen. Trotz der Repression leisten afghanische Frauen mit unterschiedlichen Mitteln Widerstand. "Ihre Stimmen sind Stimmen des Widerstands, der Hoffnung und der Gerechtigkeit – und sie verdienen es, weltweit gehört zu werden" so die Referent:in.

 

 

 

Solidarität mit Frauen in Afghanistan

 

 

Der Workshop motivierte spontan Teilnehmende, ein Soli-Poster für die Frauen in Afghanistan in Werbevitrine der Bushaltestelle vor dem Berliner Hauptbahnhof zu platzieren. Auf dem Plakat ist ein Bäcker zu sehen, dem die Aktivist*innen eine Sprechblase mit der Forderung „Freiheit für die Frauen in Afghanistan“ verpassten. Weiter unten steht auf dem Plakat: „Brot, Arbeit, Freiheit“ und „Freiheit zu lernen, zu lieben, zu sein“. Mehr Infos hier.

 

 

 

Poster machen

 

 

Die Poster erstellten die Teilnehmenden aus alten Werbe-Plakaten. Mit Sprühfarbe aus Dosen überdeckten sie die bisherigen Slogans und Design-Elemente, für die sie in ihren neuen Entwürfen keine Verwendung hatten. In einem weiteren Arbeitsschritt brachten sie neue Slogans auf die Poster. Dazu verwendeten sie Schablonen oder Pumpstifte.

 

 

 

Arbeiten mit dem Winkelschleifer

 

 

Die Poster platzierten sie in Werbevitrinen im Nahverkehr. Diese lassen sich mit handelsüblichen Rohrsteckschlüssel öffnen. Mitunter sind die Schlüssellöcher der Öffnungsmechanismen derart verbaut, dass sie sich nur mit sehr kurzen Schlüsseln erreichen lassen. Deswegen macht es mitunter Sinn, die handelsüblichen Schlüssel zu kürzen. Deswegen führte ein Workshop auch in das sicher Arbeiten mit dem Winkelschleifer ein.

 

 

 

Exkursion ins Museum

 

 

Eine Exkursion führte ins Deutsch-Russische Museum in Karlshorst. Dort beschäftigten sich die Teilnehmenden mit den bis heute anhaltenden Folgen des deutschen Vernichtungskrieges in der Sowjetunion von 1941-1944. In der dortigen Sonderausstellung setzten sich die Teilnehmenden mit dem Kriegsende vor 80 Jahren auseinander.

 

 

 

Aktionsidee?

 

 

Zur Armee der Sowjetunion, die in Berlin 1945 Zwangsarbeiter, Juden und alle anderen, die Deutschen und ihre Nazis nicht mochten, befreite, gehörten auch Soldat*innen aus der Ukraine. „Deswegen ist uns anlässlich des russischen Angriffskrieges noch keine sinnvolle Aktion mit den sowjetischen Panzer-Denkmälern eingefallen“ berichtet Kai N- Krieger. „Vorschläge bitte gerne an jugend@dfg-vk.de!“

 

 

 

Russenhäuser

 

 

Außerdem besuchte die Gruppe die sogenannten „Russenhäuser“. Diese gehören der Russischen Föderation und stehen leer und gammeln seit dem Abzug der Roten Armee 1994 vor sich hin. Verschiedene Initiativen kämpfen darum, diese Häuser zu enteignen, zugunsten der Ukraine in Wert zu setzen und sie wieder bewohnbar zu machen. „Wir haben im Jahr 2022 leider das Momentum verpasst, diese einfach zu besetzen…“ beklagt Kai N. Krieger.

 

 

 

Dabei sein!

 

 

Doch vorerst steht für das Antimilitaristische Aktionsnetzwerk der 15. Juni im Vordergrund. „Ich kann es kaum abwarten, den Nazi-Preppern ihren Veteranentag zu versauen!“ sagt eine der Teilnehmer*innen: „Ich werde das hier gelernte meiner Gang weiter geben und dann sind wir auch dabei!“

 

 

 

 

Eindrücke der Teilnehmenden:

 

 

 

Informativ

 

 

"Das erste Maiwochenende 2025 haben wir als Jugendnetzwerk der DFG-VK in Berlin viele schöne und wichtige Dinge getan, gelernt und diskutiert. Wir haben Poster gegen die Bundeswehr gebastelt, aber auch gegen die schlimmen Dinge, die in Afghanistan passieren, wie die Frauenunterdrückung, die leider ein präsentes Thema ist. Es gab mehrere Workshops, in denen man sich über den Krieg, Kriegsursachen, Widerstände und Widerstandsbewegungen informieren und mehr dazu lernen konnte. Insgesamt war das Wochenende aber sehr schön und informativ und man hat viele Möglichkeiten zum Widerstand kennenlernen und auch praktizieren können."

 

 

 

 

Kontakte knüpfen

 

 

"Das Wochenende bot eine tolle Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen und Wissen zu teilen. Mir gefiel die Grundstimmung und Offenheit, da verschiedene Teilnehmende die Gelegenheit nutzten und spontane Vorträge/Inputs hielten. Es war mega cool, mal auf einem Weiterbildungswochenende zum Friedensthema zu sein, auf dem nicht nur ältere Menschen teilnehmen sondern der Großteil mit Mitte 20 in meinem Alter war."

 

 

 

 

Basteln mit Dose

 

 

„Beim Skillshare-Wochenende des Antimilitaristischen Jugendnetzwerks drehte sich alles ums Thema Kreativprotest. Das Basteln mit Spraydosen und Pumpstiften hat mir am meisten Spaß gemacht, da ich so etwas vorher noch nie gemacht habe. Am eindrucksvollsten fand ich den Workshop zum Thema Reservisten- und Veteranenverbände in der Bundeswehr. Es ist schockierend, wie Neonazis sich hier einen unkontrollierten staatlich subventionierten Raum geschaffen haben, um beispielsweise Schießübungen durchzuführen und sich auf den „Tag X“ vorzubereiten. Gut, dass wir Möglichkeiten besprochen haben, wie mensch gegen den Veteranentag am 15. Juni vorgehen kann. Neben dem thematischen Programm hatten wir auch schöne Momente beim gemeinschaftlichen Kochen. Außerdem waren wir illegal baden im See.“

 

 

 

 

Besichtigung russische Häuser:

 

 

„Am Samstag Nachmittag sind einige von uns nach Beerlin-Karlshorst gefahren um sich die russischen Häuser anzuschauen, die seit Jahrzehnten leerstehen, aber rechtlich nicht genutzt werden können, da sie Eigentum des russischen Staates sind. Diese Häuser bieten dennoch eine gute Möglichkeit für Besetztungen durch Aktivisten oder anderweitige Verwendung, wie zum Beispiel Flüchtlingsunterkünfte für ukrainische Flüchtlinge, da in Zeiten des Krieges in der Ukraine der russische Staat wichtigere Dinge zutun hat, als Aktivisten aus leerstehenden Häusern zu schmeißen.“

 

 

 

 

Exkursion ins deutsch-russische Museum

 

 

„Danach sind wir ins deutsch-russische Museum gegangen. Dort git es eine umfangreiche Ausstellung zum Zweiten Weltkrieg, sowie Vor- und Nachkriegszeit. Außerdem ist dieser Ort auch ein historisch bedeutender Ort, da dort die Kapitulation des Deutschen Reiches nach dem Zweiten Weltkrieg unter Anwesenheit der Aliierten Mächte unterzeichnet wurde.“

 

 

 

 

Gedanken nach dem Museums-Besuch

 

 

„Vor 80 Jahren wurde in Berlin-Karlshorst die Kapitulation unterschrieben. Heute saß ich genau in dem Raum, in dem das passierte. Darin wurden Filmaufnahmen davon gezeigt, in denen man viele Leuten in Uniformen sehen konnte. Die Nazis darunter waren an ihren niedergeschlagenen Gesichtsausdrücken und den eisernen Kreuzen auf ihrer Brust erkennbar. Das Kreuz habe ich zuletzt gestern in dem Logo eines Veteranenverbandes gesehen.

 

 

 

Danach schauen wir uns die Ausstellung zu Deutschland und der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg an. Mal wieder wird die Grausamkeit Deutschlands im Dritten Reich klar. Da sind zum einen die abstrakten Zahlen wie die 60% der Menschen in deutscher Kriegsgefangenschaft starben. Aber auch Einzelschicksale, wie das einer Mutter ihrem Kind, die sich retten, indem sie es in eine Erschießungsgrube stößt und sich selbst hinter herfallen lässt, bevor die Schüsse fallen – so dass beide dem Tod entkommen, während die Leichen der Erschossenen auf sie herabstürzen.

 

 

 

Ich frage mich, warum man sich bei dem Wissen über all die Verbrechen der Nazis in irgendeiner weise positiv auf sie, ihre Ideologie oder Symbolik beziehen will. Wieder muss ich an die Logos der Veteranengruppen denken, mit ihren Eisernen Kreuzen und verdächtig nach SS-Runen aussehenden Blitzen.“

 

 

 

 

Disclaimer: Kein Raum für Rechtsoffenheit

 

 

In Teilen der Friedensbewegung ist Antifaschismus leider keine selbstverständliche Position. Viel zu viele Friedensbewegte haben kein Problem damit, selber munter mit Rechten abzuhängen. Deswegen zum Schluss einmal der Disclaimer: Wer z. B. gerne mit „dieBasis“ kumpelt oder findet, findet dass es in der AfD „auch ganz vernünftige Leute“ gäbe, mit denen man „gut zusammenarbeiten“ könnte oder mit Antisemitismus kein Problem hat der*die bleibe am 15. Juni bitte einfach zuhause. „Ihr müsst nicht ausgerechnet mit eurem anti-emanzipatorischem Scheiß unseren Aktionstag ruinieren!“ sagt Kai N. Krieger.

 

 

 

 

Wer ist das Antimilitaristische Aktionsnetzwerk in der DFG-VK?

 

 

Das Antimilitaristische Aktionsnetzwerk ist eine Vernetzung von Engagierten in der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsgegner*innen. Es ist aus dem Jugend-Netzwerk der DFG-VK hervorgegangen. Das Netzwerk eint die Ablehnung des Militärs, die Lust auf wilde kreative Aktionen und ein rotzfrecher Umgang mit Autoritäten. Auch in den eigenen Reihe: Das Engagement des Netzwerkes gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die selbstkritische Thematisierung von Antisemitismus, Sexismus und Rassismus auch in den eigenen Reihe stößt in der DFG-VK und in der Friedensbewegung vor allem auf Ablehnung.

 

 

 

 

Mehr Informationen:

 

 

 

Aktionsaufruf des Antimilitaristischen Aktionsnetzwerks:

 

 

 

https://jugend.dfg-vk.de/

 

 

 

 

 

Bericht im nd zum Skillshare:

 

 

 

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191007.antimilitarismus-antimilitarismus-kreativ-gegen-heldenkult.html

 

 

 

 

 

 

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