[KA] Stellungnahme zu den Geschehnissen diese Woche in Bezug auf die Palästina-Demo am Samstag in Karlsruhe

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Aufgrund der Geschehnisse diese Woche in Bezug auf die Palästina-Demo am Samstag in Karlsruhe sehen wir, der Arbeitskreis Palästinasolidarität und SDS Karlsruhe, es als notwendig an, uns zu gewissen Themen politisch zu äußern.

Was ist passiert?

Wir, der Arbeitskreis Palästinasolidarität und der SDS Karlsruhe, haben uns an der Organisierung der Demo diesen Samstag beteiligt.

Zur Mobilisierung zu dieser Demo wurde von Arabic Speaks Karlsruhe ein Video auf Instagram veröffentlicht, in dem unter anderem Eva Rosen und Nina Maleika die Demo beworben haben. Hier wurde der Instagram-Account des Barrio.137 fälschlicherweise verlinkt und als "unterstützende Organisation" genannt. Gemeint war der Arbeitskreis Palästinasolidarität.

Nach einem längeren internen Diskurs wurde das betreffende Video gelöscht. Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich.

Denn Nina Maleika veröffentlicht auf ihrem Instagram-Kanal neben palästinasolidarischen Beiträgen auch solche, die trans- und queerfeindlich sind, in denen der menschengemachte Klimawandel geleugnet wird und in denen ganz klar rechte Narrative bedient werden.

Eva Rosen war während der Corona-Zeit ein aktiver Teil der Querdenken-Proteste. So ist sie in diesem Zusammenhang auch u.a. mit Jürgen Elsässer gemeinsam auf einer Demonstration aufgetreten. Elsässer ist ein zentraler Akteur der rechtsextremen und faschistischen Szene und Chefredakteur der klar faschistischen Zeitschrift "Compact", welcher Eva Rosen auch zwei Interviews gegeben hat.

Des Weiteren war sie stellvertretende Bundesvorsitzende der aus der Querdenker-Bewegung stammenden Kleinstpartei "WIR2020". Ebenfalls war sie, zumindest zeitweise, Mitglied der Partei "Die Basis", welche rechts offen ist. Funktionäre dieser Partei fielen mehrfach durch antisemitische Äußerungen und Relativierung des Holocausts auf. In dem auf ihren Social-Media-Seiten verlinkten Telegram-Channel "Eva Rosen Offiziell und Team" wurden AfD-nahe Inhalte, Beiträge mit AfD-Abgeordneten sowie Beiträge und Inhalte von "Compact" geteilt. Außerdem wurden Inhalte und Beiträge von AUF1, einer rechtsextremen Plattform, zuletzt im März diesen Jahres mit einem an diese Website gerichteten Spendenaufruf, dort verbreitet.

Kurz vor der ursprünglich geplanten Veröffentlichung dieser Stellungnahme hatte Eva Rosen nach einer Aufforderung durch @musafuad auf Instagram ein Video veröffentlicht, in dem sie sich zumindest von der rechten Gesinnung der Akteure auf den Querdenken-Protesten distanziert. Wir begrüßen dies als einen ersten Schritt. Eine ausreichende Aufarbeitung ihrer Zusammenarbeit und Verstrickungen mit rechten, rechtsextremen und faschistischen Kräften stellt das jedoch nicht dar.

​Über den Aufbau internationaler Solidarität

Wir wollen uns nicht als Vorreiter in einem palästinensischen Befreiungskampf darstellen und wissen, dass wir nicht alle Antworten und Lösungen haben. Uns ist bewusst, dass wir, auch wenn wir uns als Teil dieses Kampfes sehen, nicht die notwendige Expertise und Erfahrung haben, um Palästinenser*innen vorschreiben zu können, wie sie diesen Kampf vor Ort zu führen haben. Jedoch haben wir durch unsere Analysen und Erfahrungen bestimmte Grundpfeiler entwickelt, auf denen jede Solidarität mit und jedes Mitwirken an internationalistischen Kämpfen fußt. Rechte Akteure stellen sich aktiv durch Rassismus, Sexismus und andere Diskriminierungsformen gegen den Aufbau internationaler Solidarität.

Ebenfalls haben wir, als Teil der deutschen radikalen Linken, teils jahrelange Erfahrung im Umgang mit, bzw. dem Kampf gegen rechte und reaktionäre Kräfte in Deutschland, haben Fehler gemacht, falsche Analysen mitgetragen und sehen uns in der Verantwortung, aus gemachten Fehlern zu lernen. Das wird am Beispiel der Coronakrise deutlich, in der bundesweite linke Aktionsfelder irgendwo zwischen einer sonderbaren Querfront und einer kompletten Diskursverweigerung standen. Wir dürfen rechten, reaktionären und verschwörungsideologischen Kräften nicht das Feld und die Deutungshoheit bei sich aufzeigenden sowie aufbrechenden sozialen Widersprüchen überlassen.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, Deutschland als Waffenlieferant für Genozid und einen Jahrzehnte andauernden Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung konkret anzukreiden und anzugreifen, aber auch internationalistische Perspektiven aufzuzeigen und zu organisieren. Unser Anspruch liegt darin, auf der Basis einer konkreten Analyse der aktuellen Verhältnisse, welche auf der Arbeit von Vordenker*innen auf der ganzen Welt und eigenen Analyse- und Erfahrungswerten fußt, zu kämpfen. Und deshalb ist für uns klar, dass ein Frieden, wie wir ihn uns vorstellen, also eine Welt ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Kriege, in einem kapitalistischen System nicht erreichbar ist.

Hinter dem Genozid steckt also viel mehr als ein moralistisches Versagen; dahinter stehen handfeste geostrategische und wirtschaftliche Interessen. Deshalb ist es auch nicht damit getan, Netanjahu in den Knast zu sperren oder rein moralisch zu verurteilen.

Was getan werden muss, um die Kriege der Herrschenden ein für alle Mal zu beenden, ist ein Bruch mit dem kapitalistischen und imperialistischen System. Ein Bruch mit den ökonomischen Verhältnissen, die sie hervorbringen.

Kein Fortschritt von rechts.

Und genau dieser Bruch mit der Ausbeutung des Mensch durch den Menschen fordern reaktionäre Kräfte, wie Faschisten und Rechte, eben nicht. Im Gegenteil: Sie verschleiern durch ihr Agieren die grundlegende Ursache, die hinter all dem steht und wollen am Beispiel von AfD und Co. diese Ursachen in ihrem neoliberalen Kurs noch bestärken. Deshalb können wir auch im palästinensischen Befreiungskampf nicht auf sie vertrauen und dürfen uns von ihrem Opportunismus nicht täuschen lassen. Die Rechten liefern keine Lösung des Problems, sie sind Teil davon und versuchen die vorherrschenden Kämpfe für ihre Sache zu instrumentalisieren.​​​​​​​ Aber es wird noch perfider: sie fordern die Anerkennung des Staates Palästina, um ihr rassistisches Programm der strikten Trennung von Ethnien und „Rassen“ in bestimmten nationalen Grenzen in die Tat umzusetzen.

Keine Befreiung mit reaktionären Kräften.

Genau deshalb kann der Kampf für ein befreites Palästina und für ein Ende des Mordens nicht mit reaktionären und rechten Kräften gemeinsam geführt werden. Durch ihre Integration in unsere Kämpfe bieten wir ihnen nur eine Bühne für ihre rassistische Hetze und fördern die Strukturen und Systeme, die den Genozid erst hervorbringen.

Für die Befreiung aller unterdrückten Völker, für die Befreiung Palästinas und eine internationalistische, sozialistische Perspektive.

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