[B] PlanW-Kongress und digitaler Kapitalismus

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 Am 5. und 6. Juni findet in der Factory Görlitzer Park (Lohmühlenstr. 65) der PlanW-Kongress statt. Dieser Kongress wird vom Süddeutschen Zeitungs-Supplement "PlanW - Frauen verändern Wirtschaft" in Kooperation mit der global agierenden Unternehmensberater:innen von A.T. Kearney im Digitalisierungs- und Gentrifizierungsmotor Factory organisiert. Eingeladen ist allerlei Politprominenz von Annegret Kramp-Karrenbauer bis Sahra Wagenknecht, die dort auf Stars und Sternchen der Start-Up- und Influencer*innen-Szene treffen. Der Kongress steht unter dem Motto "Wie können Frauen und Männer zusammen Wirtschaft innovativer, kreativer und erfolgreicher machen?". Besonderes Highlight ist die Talk-Runde mit dem Survival-Experten Rüdiger Nehberg, die am Mittwoch, den 05.06.2019, um 19:00 Uhr stattfinden wird. Hauptthema dürften dort die effizientesten Überlebensstrategien im digitalen Kapitalismus für Jungunternehmer:innen im modernen, digitalen und angeblich ach-so-smarten Großstadtjungel sein. Inspiriert zu diesen kurzen Überlegungen hat uns der Facebook-Event „#KEINPlan – Just Feierabend“ (https://www.facebook.com/events/1091720604357417/). Der Ironie des Ganzen sind wir uns durchaus bewusst.

Digitaler Kapitalismus – Leisure isn‘t working

Unter Digitalisierung verstehen wir umfassende gesellschaftliche Veränderung durch sogenannte disruptive Technologien. Diese tiefgreifenden Veränderungen äußern sich unter anderem dadurch, dass sich Wertverhältnisse verändern. Hinter dem Slogan „Daten sind das neue Gold“ verbirgt sich, was damit gemeint ist: Es geht um Information. Information darüber, wer was mit wem wann getan hat. Wenn diese Informationen mit Hilfe von digitalen Endgeräten erfasst und in großen Server-Farmen gespeichert werden, ergibt sich daraus ein virtuelles Beziehungsgeflecht, das ausgewertet werden kann. Diese so entstandenen Daten sind Gold wert, dann anhand ihrer lassen sich Profile erstellen, die Auskunft über die teilweise privatesten Vorlieben einzelner Menschen geben, von der Lieblingsschuhmarke bis zu sexuellen Vorlieben. Diese Informationen sind deshalb für Marketingzwecke hochinteressant und lassen sich für teuer Geld verkaufen. Letzten Endes bedeutet das auch, dass unsere privatesten Wünsche und Gedanken und unsere Beziehungen zu anderen Menschen in Wert gesetzt werden.

Und wo Geld zu machen ist, da gibt es auch einen Markt, der bedient und erweitert werden will. Dass das umfassend geschieht, sehen wir am Beispiel der aufploppenden Start-Up-Szene. Mit Hilfe von Risikokapital werden reihenweise kleine Unternehmen gegründet, deren einziger Zweck ist, die letzten Winkel dieses Marktes zu erforschen und mit entweder neuen Produkten zu fluten oder neue Technologien zu entwickeln, die die digitale Ausbeutung weiter perfektionieren sollen.

Dass dabei die Arbeitsbedingungen in den Start-Up-Klitschen alles andere als rosig sind, sollte mittlerweile bekannt sein. Geregelte Arbeitszeit gibt es nicht mehr. Das ganze wird noch gefördert durch omnipräsente digitale Endgeräte, die uns erlauben 24/7 verfügbar zu sein. Verkauft wird uns das alles als freie Zeiteinteilung. Wenn wir jetzt überall und jederzeit arbeiten können, sind wir selbst verantwortlich dafür, wann und wo wir das machen, solange wir machen, was wir machen sollen. Dass dabei die Grenze verschwimmt zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen dem, was getan werden muss, und dem was wir tun wollen, scheint vielen wegen der neu gewonnenen „Freiheit“ egal geworden zu sein.

Der Grund dafür spiegelt sich auch im Motto des PlanW-Kongress‘. Wir sollen „innovativ, kreativ und erfolgreich“ sein. Wer spricht schon von Arbeit, wenn es darum geht, sich innovativ und kreativ auszutoben? Und wenn wir so sind, dann brummt die Wirtschaft. Dass da vor erfinderischer Kreativität keine Zeit mehr bleibt mehr für Muse bleibt, für Einfach-Mal-Die-Füße-Hochlegen, mit Freund:innen schnacken und Bierchen trinken, wen juckt‘s?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir denken nicht, dass unser Leben wie früher weiterhin im geregelten 8-Stunden-Arbeitstakt ablaufen sollte. Wir denken vielmehr, dass es angesichts der voranschreitenden Digitalisierung und ihrer zersetzenden Wirkung auf soziale Beziehungen höchste Zeit ist, laut darüber nachzudenken wie wir in Zukunft miteinander leben wollen.

 

Nieder mit dem Wertgesetz!

Prokrastinateur:innen unite!

 #ReclaimtheFeierabend

 Wir sehen uns am 05.06.2019 um 19:00 Uhr vor der Factory am Görlitzer Park.

 

 

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