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Eine Reihe gegen Autos und die imperiale Lebensweise – für eine gerechte Mobilität und eine solidarische Gesellschaft.

Wir setzen den Fokus auf das Thema Auto nicht nur, weil wir lieber Fahrrad fahren, sondern weil sich hier viele Verknüpfungslinien ziehen lassen und sich im gemeinsamen „Gegen die Gesamtscheiße kämpfen“ treffen. Hier überlagern sich ökonomische und ökologische Linien. Hier zeigen sich rassistische und antifeministische Aspekte.

Lagebericht

Wir erleben in immer kürzeren Abständen Temperaturrekorde und Wetterextreme, sehen mediale Bilder von Waldbränden und verheerenden Überflutungen, Plastikmüllbergen an Land und Plastikmüllinseln auf dem Meer, abbrechenden Gletschern, sich ausbreitenden Wüsten, trockengefallenen Flüssen und Seen. Allerdings sind die Auswirkungen des Klimawandels in Ländern des Globalen Südens deutlich gravierender. Trauriges Beispiel ist das Sturmtief „Daniel“, das im September 2023 erst über Griechenland und schließlich über Libyen hinwegfegte, wo es weit mehr als 10.000 Menschen in den Tod riss. Zwar richtete das Tief auch in Griechenland verheerende Schäden an und es starben mindestens sieben Menschen. Doch mit dem dramatischen Ausmaß in Libyen oder auch der Überschwemmungskatastrophe in Pakistan 2022 lässt es sich nicht vergleichen. In Folge werden es immer mehr Menschen, die sich aufgrund der Zerstörung ihrer Existenzgrundlage auf die Flucht begeben müssen.

Und es ändert sich nix?!

Angeheizt von einer sich global intensivierenden imperialen Produktions- und Lebensweise (IPLW) verschärfen sich die vielfältig vorhandenen und weltweit verbreiteten Krisenprozesse. Immer mehr Staaten und Gesellschaften driften ins Autoritäre ab. Gleichzeitig ist es schon jetzt absehbar, dass die im globalen Norden zahlreich propagierten Klimaziele nicht eingehalten bzw. erreicht werden. Und auch das individuelle Verhalten vieler Menschen steht im Widerspruch zu einer ökologischen Lebensweise: War noch vor Corona von Flugscham und während der Pandemie vom Ende der Flugbranche die Rede, steigen die Flugzahlen wieder. Endlich wieder frei sein, endlich wieder in den Pauschalurlaub fliegen. Auch die Zahl der weltweit produzierten Automobile im Jahr 2022 nähert sich mit 85 Millionen gebaute PKW, LKW und Bussen dem Vor-Corona-Niveau an.

Die IPLW beruht auf der Ausbeutung von Menschen und Mitwelt, wobei der globale Norden überproportional auf Arbeit und Ressourcen im Globalen Süden zugreift und Kosten wiederum zu einem großen Teil in den Globalen Süden externalisiert. Sie verspricht unbegrenzten Reichtum und Konsum, bleibt aber notwendig exklusiv, da sie ökonomisch wie physikalisch nicht für alle realisierbar ist. Dass die IPLW trotz des zunehmenden Krisenbewusstseins selten ernsthaft infrage gestellt wird, liegt an ihrer hegemonialen Stellung: Sie ist in individuellen Handlungen, politischen Institutionen und materiellen Infrastrukturen tief verankert. Kulturelle Leitbilder normalisieren die Vorstellung eines Lebens auf Kosten anderer als Vorstellung eines ‚guten Lebens‘, welches alltägliches Handeln und Denken prägt und gleichzeitig alternative Lebens- und Produktionsweisen verdrängt. Gesetze, nationale Abkommen und andere politische Strukturen beruhen ebenfalls hierauf. In der gebauten Welt der Autobahnen, Kohlekraftwerke oder Pipelines ist sie materialisiert. So wird an den Grundfesten eines vermeintlich modernen Lebens festgehalten, dass sich insbesondere an den Idealen des Fortschritts und des Wachstum orientiert. Die Folgen erleben wir gerade: Die Nachfrage nach Energie, Akkus (für mehr digitale Geräte und Smart-everything) und ökologischen Baustoffen wie Holz oder Sand hat zu einem weiteren, weltweiten Wirtschaftsboom geführt. Damit setzen sich der exponentiell ansteigende Ressourcenverbrauch, das Massensterben der Arten und die Klimaerwärmung ungebremst fort.

We don’t need no governance!

Wir glauben an keine Regierung. Auch an keine Grüne. Wir denken nicht, dass sich die Erderwärmung allein durch technischen Fortschritt aufhalten lässt. Doch wenn selbst grüne Parteien kaum den Mut haben, in der Nachhaltigkeitspolitik über technologische Innovationen hinauszugehen, dann signalisiert das sehr deutlich, wo gesellschaftliche Mehrheiten stehen und welche Ängste sie hegen: nämlich NICHT bei den sich zuspitzenden Folgen des Klimawandels, sondern beim Verlust der Freiheiten, Annehmlichkeiten und Lebensstile, die als unverhandelbar gelten. Die hier gemeinte Freiheit ist aber eine beschränkte: Hierbei geht es um die Freiheit des Konsums, des Entertainments und des individualisierten Reisens. Also um genau die privaten Lebensstile und konsumgesellschaftliche Normalität, deren Nicht-Nachhaltigkeit eigentlich unstrittig ist.

E-Autos sind keine Lösung! Für eine solidarische Lebensweise und Mobilität

Im globalen Norden steht das Auto im Mittelpunkt der Gesellschaft. Ohne Auto geht nix. Gerade hier in der BRD ist das Auto wirtschaftlich wie kulturell tief verankert. Der individuelle Traum nach einem schnellem, sicheren Auto als Statussymbol hängt unmittelbar mit der gesellschaftlichen Norm von Wachstum zusammen. Davon profitiert in erster Linie die Automobilindustrie, zu derem Erhalt staatliche Subventionen und bereits vorhandene Infrastruktur (Straßen und Autobahnen) beitragen. Nicht überraschend, dass das jetzige Mobilitätssystem dabei auf Kosten Anderer beruht: auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen und zukünftiger Generationen und auf Kosten der Biosphäre. Für eine ernstgemeinte Mobilitätswende fehlt bisher jeder politische Wille. Um am Fundament unserer autozentrierten Gesellschaft (weiter) zu rütteln, zeigen wir dem automobilen Kapitalismus den Mittelfinger und starten mit einer (kleinen) Veranstaltungsreihe zum Auftakt für Aktionen, um gegen diesen zu intervenieren.

Und wir fragen nach dem Wie? Wie sieht ein schönes Leben ohne Autos aus? Wie eine gerechtere Gesellschaft, eine solidarische Lebensweise? Wie bekämpfen wir die autozentrierte Mobilität? Wie sieht eine Mobilität aus, die nicht hegemonial männlich geprägt ist? Und wie kommen wir dahin? Wie können unsere sozial-ökologischen Kämpfe und Transformationen gelingen

Einladung zum Dabeisein

In unser ersten Veranstaltung beleuchten wir die Automobilindustrie, beschäftigten uns mit Autos und Autobahnen im Allgemeinen und im Speziellen mit ihrer Verknüpfung zum Nazi-Faschismus und wie dieser mit dem Hassobjekt SUV zusammenhängt. (14.11.23 - Kukoon, Bremen - 19Uhr)

In der zweiten Veranstaltung zeigen wir, warum durch den Fokus auf E-Autos eine Verkehrs- oder Mobilitätswende nicht gelingt, neokoloniale Ausbeutung weitergeht, der Energieverbrauch weitersteigt und der Klimakollaps nicht endet. (5.12.23 - Infoladen, Bremen - 19Uhr)

In der dritten Veranstaltung versuchen wir  aufzuzeigen, wie unsere Lebensweise mit der autofokussierten Gesellschaft zusammenhängt, wie sehr sie auf Kosten anderer beruht und wie stark sich Männlichkeit in ihr widerspiegelt (Januar24 - Ort t.b.a.)

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