Tempelhofer Feld wird bebaut

Das Tempelhofer Feld wird bebaut, irgendwann, unaufhaltbar. Wieso das so ist, wird immer offensichtlicher.

Das Schlagwort Gentrifizierung taugt hier nicht wirklich, da die Sache noch an ihrem Anfang ist. Was hilft sind andere Schlagworte, die immer hipper werden, auch und insbesondere in Linken und Grünen Kreisen. Soweit, dass sie nicht nur bis zu mir vordringen, sondern sich mir aufdringen. Widerstand wird schon fast als Anti-Links und Anti-Grün gehandelt.

Das Tempelhofer Feld ist ein Begriff, den selbst ich nicht gerne verwende. Auch weil er mit Schmerzen verbunden ist, zugefügt durch willkürliche Polizeigewalt, damals, bei der Demo mit den hässlichen Shirts in grasgrüner Schrift. Doch genau diese Erinnerungen und viele weitere Informationen veranlassen mich diesen Artikel zu verfassen. Das Tempelhofer Feld wird bebaut. Nein. Es ist schon bebaut worden! Der erste Spatenstich wurde schon getätigt. Nicht von amtierenden Politikern, sondern von denen die da meinen das Tempelhofer Feld vor der Bebauung zu schützen. Wie ist das möglich?

An der HU Berlin wird bereits darüber geforscht, wie die Bebauung gelingen kann. Nicht direkt, sondern völlig indirekt. Und hier die Schlagworte woran die HU Berlin forscht und die zutreffen:

- urban agriculture
- urban gardening
- urban farming
- aquaculture

"urban gardening" --- wäre hätte es gedacht, fast schon eine Erfindung der Linken Szene. Ich kann mich noch genau erinnern, an den Aufruf, damals bei der Demo am Tempelhofer Feld, mit Bällen aus Samenkörnern den Anfang zu machen, den ersten Spatenstich. Dort wo mein Samen hinfällt, dort ist mein Garten. Garten, das ist nicht Wildnis, das ist Bewirtschaftung, das ist Landwirtschaft.

Diese aufgelisteten Schlagwörter landen immer häufiger in den Nachrichten. Hauptsächlich hippe Start-Ups stehen damit in Verbindung, in den Städten.

Nachdem die intensive Landwirtschaft auf dem Land nicht mehr aufzuhalten ist und in den Städten jedes grüne Ecke, und sogar schon die Friedhöfe(!), zur Ausgleichsfläche von intensiver Landwirtschaft (und CO2?) zertifiziert wurden, soll nun jedes Stück Land in den Städten, das nicht für den Zertifikatehandel taugt, landwirtschaftlich genutzt werden. Doch wer will sich schon als Politiker selbst die Hände schmutzig machen? Bei der Festsetzung von Geschützen Grünanlagen in den Städten sind die Links-Grünen ganz vorne dabei. Doch hier betrifft es kein mögliches Bauland. Hier geht es um Zertifikatehandel zur Legitimierung von intensiver Landwirtschaft auf dem Land, und mittlerweile auch um Bebauung in der Stadt. Denn das geht soweit, dass dort schon das Wort Komprimierung Einzug gehalten hat. Es werden mehrere unbebaute Grünflächen zu einer komprimiert. Wo früher weite wilde Wiese war werden Steinhaufen und Teiche gebaut, weil dort nun auch die Eidechsen von woanders wohnen sollen, ob sie wollen oder nicht. Wer anstelle eines Steinhaufes oder Teichs wohnte... ach wer denkt den an sowas! Da wohnte doch keiner, war doch nur wilde Wiese!

Der erste Spatenstich am Tempelhofer Feld ist schon lange getan, und wird anderswo immer öfter getan. Die Urbanisierung ist der erste Schritt. Sie legitimiert eine spätere Bebauung, gegen allen Widerstand. Warum wohl ausgerechnet Kleingartenanlagen nicht (aber Friedhöfe) zum Zertifikatehandel taugen? Weil dort der erste Spatenstich bereits getan wurde, die Urbanisierung durch Gartenbau. Wobei ungenutzte Friedhöfe zwiespältig betrachtet werden, weil sie mehr Potential als Bauland als als Ausgleichsfläche bieten.

Welcher Links-Grüne wird schon einem Start-Up urban agriculture auf dem Tempelhofer Feld verbieten? Der muss doch Rechts sein, oder ein Arschloch! Zudem gibt es doch schon Gemeinschaftsgärten auf dem Tempelhofer Feld!

Wenn ihr nicht wollt, dass das Tempelhofer Feld bebaut wird, auch als Protest gegen die asoziale Wohnungspolitik, dann beißt euch selbst in den Arsch und rührt das Tempelhofer Feld nicht an! Aber dafür ist es schon zu spät dank Gemeinschaftsgärten. Gentrifizierung beginnt ganz unten und extrem schleichend.

Dankt lieber denen, die die Kleingartenanlagen im Süden vom Tempelhofer Feld zugunsten des Flughafens dem Erdboden gleich gemacht haben, denn diese wären sonst potentielles Bauland. Die Ironie: Das war um 1936.

Wenn ihr keine Bebauung vom Tempelhofer Feld wollt, dann reißt eure Gemeinschaftsgärten ab, und alles was irgendwie urbanisiert. Scheißt auf urban agricultur, denn das ist der Anfang. Die Bebauer werden jeden Grashalm nutzen, an dem sie ihre Bebauung hochziehen können, permanent, penetrant, bis der Stein ausgehöhlt ist. Wo ein Gemeinschaftsgarten ist, da kann auch ein Haus gebaut werden.

Das Tempelhofer Feld steht hier stellvertretend für alles vergleichbare.

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Public Domain (cc0): Weiternutzung ohne Einschränkung. Gemeinfrei im Sinne der Public Domain