[S] Unsere Solidarität ist ihr Kontrollverlust! Gegen Kapitalismus & Polizeistaat! Silvester auf zum Knast nach Stammheim
Dein Wecker klingelt. Du stehst auf, machst dir einen Kaffee. Bevor
du zur Arbeit gehst, schreibst du noch kurz einer Freundin. Dein Messenger
zeigt dir an, dass sie deine Nachricht gelesen hat. Am Bahnhof
schaust du nach oben. Waren da schon immer so viele Kameras?
Vermutlich schon. Du rennst zum Bahnsteig. Doch als du
ankommst gehen die Türen schon zu, deine Hand schlägt resigniert
gegen den anfahrenden Zug. Plötzlich kommt ein Streifenwagen
angefahren. Zwei Polizisten steigen aus, gehen auf dich zu und
fragen, was du hier machst.
Was dir dein Messenger nicht angezeigt hat, ist, dass auch noch
andere mitgelesen haben. Was du bei den vielen Kameras auch
nicht bemerkst, ist, dass im Hintergrund dauerhaft ein „intelligentes“
Programm deine Schritte verfolgt und beschlossen hat, dass du dich
auffällig verhältst...
Was sich nach Krimi oder düsterer Zukunftsvision vom Überwachungsstaat
anhört, ist seit November 2017 in Baden-Württemberg
möglich. Dank dem neuen Polizeigesetz, dass diese Landesregierung
still und leise – noch vor der bayrischen – einführte. Es erlaubt
der Polizei oder den Geheimdiensten unabhängig von möglichen
Straftaten deine Telekommunikation zu überwachen. Allein der
bloße Verdacht einer Straftat reicht aus, um Überwachungsmaßnahmen
einzuleiten.
Auch die Kameraüberwachung von öffentlichen Plätzen, mit gleichzeitiger
automatischer Auswertung von Verhaltensmustern wird
dadurch ermöglicht. Rennen, Hinfallen oder Hin- und Herlaufen
reichen aus, damit das Überwachungsprogramm das Verhalten als
verdächtig einstuft. Nebenbei wurden noch „Banalitäten“, wie der
Einsatz von Sprengmitteln, z.B. Handgranaten gegen Menschen
erlaubt!
In Bayern und NRW gab es 2018 anlässlich der dortigen Einführungen
neuer Polizeigesetze riesige und breite Proteste.
Von linken Gruppen, über Gewerkschaften, den Grünen bis
hin zur SPD, beteiligten sich Zehntausende an den Protesten.
Das zeigt vor allem, dass diese Verschärfungen nicht nur eine
Minderheit betreffen, sondern für uns alle eine Bedrohung
darstellen. Bayern hat jetzt das schärfste Polizeiaufgabengesetz.
Die anderen Bundesländer ziehen nach, so ist auch in
Baden Württemberg eine weitere Verschärfung des Polizeigesetzes
für 2019 geplant.
Warum?
Der viel erwähnte Rechtsruck ist mehr als AfD und rassistische
Hetze. Er ist auch Abschottung, Überwachung und Militarisierung
– sowohl nach Inneren als auch nach außen. Die Polizeigesetze
sind ein Teil dieser inneren Aufrüstung.
Aus Angst, der Unmut eines Großteils der Bevölkerung über
zunehmende soziale Probleme, könnte zu einem Kontrollverlust
der Herrschenden führen, werden schon im Voraus die
schweren Geschütze aufgefahren. Ein Blick nach Frankreich
genügt, um einen Vorgeschmack für Ansätze solcher Entwicklungen
zu bekommen. Wohnungsnot, steigende Lebenshaltungskosten,
Sozialabbau, Verunsicherung der Arbeitsverhältnisse
sind auch hier an der Tagesordnung. Wer dabei die
Korken knallen lässt ist kein Geheimnis: Unternehmer, Manager,
Lobbyisten, hohe Staatsbeamte und ihre geladenen Partygäste.
Kurzum: die Klasse der Herrschenden.
Kein Widerstand ist auch keine Lösung
Wer sich dagegen zur Wehr setzt, bekommt die Härte des
Staates zu spüren. Das ist auch der Grund, warum jetzt schon
versucht wird Ansätze linker Organisierung im Keim zu ersticken.
Den Kopf in den Sand zu stecken wäre aber nicht nur ein
Freifahrtschein für diese Entwicklungen, es hieße auch, die
erfolgreichen Proteste, die es in den letzten Jahren eben auch
gab, zu ignorieren.
Zigtausende sind in diesen Zeiten regelmäßig auf der Straße
und das nicht nur, um gegen diese oder jene Verschärfung zu
protestieren. In den Kämpfen, die wir führen, stellen wir schon
jetzt die Weichen für den radikalen Umsturz des kapitalistischen
Systems hin zu einer befreiten Gesellschaft. Ob Proteste
gegen Rechte, Aktionen gegen Krieg und Militarisierung, der
Aufbau von internationaler Solidarität oder der Kampf in den
Betrieben: All das sind Bausteine auf dem Weg zur Überwindung
des Kapitalismus hin zu einer besseren, einer solidarischen
Welt. Einer Welt, die organisiert wird im Interesse der
Mehrheit der Bevölkerung und nicht um die Profitgier der wenigen
Herrschenden zu befriedigen.
Der Weg dorthin ist alles andere als leicht. Diese Perspektive
ernstzunehmen und entsprechend zu handeln, muss immer
auch heißen, sich gegen diejenigen zu wehren, die alles daran
setzen, ihr System aufrecht zu erhalten.
Unsere Waffe heißt Solidarität – Auf nach Stammheim!
Knast ist hierzulande eines der härtesten Mittel, gegen all jene,
die sich nicht in dieses System integrieren lassen. Nach dem
„Antiterrorparagraphen“ §129b inhaftiert die deutsche Justiz
aktuell 4 Menschen wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in
der PKK im Stammheimer Hochsicherheitsknast. Ihr legitimer
Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung und gegen einen
immer faschistischer werdenden türkischen Staat ist auch
Deutschland und seinen Wirtschaftsinteressen ein Dorn im
Auge. Demokratisches Deutschland ermahnt die diktatorische
Türkei? Heuchelei! Denn auch die PKK steht für eine bessere
Welt, in der die Interessen der Massen über dem Profitstreben
einer Minderheit stehen.
Doch die Mehrheit der Inhaftierten sind keine politischen
Gefangenen, sondern eine Vielzahl von Menschen, die im
Sinne des Systems „rechtswidrig“ gehandelt haben, um aus
einem Leben in ständiger Abhängigkeit und Unsicherheit auszubrechen,
oder um einfach ein paar mal mit dem Bus in die
Stadt zu fahren – ohne Ticket.
Diesen Menschen gilt erst einmal unsere Solidarität, auch
wenn wir nicht mit allem einverstanden sind, was sie anstellen.
Unser Maßstab sind eben nicht bürgerliche Gesetze, die eine
grundsätzlich ungerechte Ordnung aufrecht erhalten. Vielmehr
geht es um die Perspektive einer solidarischen Gesellschaft, an
der wir uns orientieren. Wir kämpfen nicht nur gegen den Kapitalismus
an, sondern praktizieren schon heute im Kleinen, was
in Zukunft die Grundlage für gesellschaftliches Handeln sein
soll.Unsere Stärke ist, dass wir nicht alleine sind.
Im Konkreten heißt das für uns auch in diesem Jahr: An
Silvester zum Knast!
31.12.2018
17:30 Haltestelle "Stammheim"