Aufruf für einen schwarzen 9. November

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Der 9. November ist ein Tag des Kämpfens. Denn da die Wurzeln des Faschismus niemals ausgerissen wurden, gedeiht er weiter und ist heute wieder stark. So bedarf es heute auch unserer Stärke. Da es auf jeden einzelnen und somit auch auf uns ankommt im Kampf gegen den Faschismus, müssen wir uns der Verantwortung stellen und den Kampf gegen den Faschismus führen mit aller Kraft, die wir haben. Dabei müssen wir stets beides schaffen: Unser Kampf muss sich immer gegen den Faschismus als gesellschaftlichen Auswuchs wenden, wie auch gegen den Staat, der die Bedingungen für den Faschismus schafft und beschützt.

 

 

Am 9. Nomveber 1938 war es soweit. Von den Nationalsozialisten schon lange geplant, überfiel die SA in der Nacht auf den 10. November 1400 Synagogen, jüdische Beträume, Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe. 14.000 Juden und Jüdinnen wurden in den nächsten Tagen gefangen und in Konzentrationslager gebracht. Dort wurden sie von den Nazis gezwungen, sich zu Tode schuften, dort verreckten sie an ihren nicht behandelten Krankheiten, dort wurden sie von den Nazis gequält und gefoltert und dort wurden sie in großen Duschräumen vergast und anschließend verbrannt. Viele verließen die Kzs aufgelöst in Rauch durch die Schornsteine der Krematorien. Die Nationalsozialisten wollten nicht nur jeden einzelnen Juden und jede eine Jüdin ermorden. Sie wollten sie vernichten. Sie wollten, dass nichts von ihnen übrigbleibt, jede Erinnerung an den einzelnen Menschen, den sie in ihren Vernichtungslagern umbrachten, verloren geht. Insgesamt ermordeten die Nationalsozialisten über 6 Millionen Menschen.

 

 

 

Dies alles hatte eine lange Vorbereitung gebraucht. Damit der Plan der Massenvernichtung umgesetzt werden konnte, mussten jene Kräfte beseitigt werden, die ihn hätten verhindern können. Sowohl der jüdische als auch der nicht-jüdische Widerstand musste ausgeschaltet, die Verteidigungskräfte der Gesellschaft beseitigt werden. Nach etlichen Saal- und Straßenschlachten mit den Kräften der Antifaschistischen Aktion und den anarchistischen, Kommunistischen und sozialistischen Kampfbünden der Arbeiter_innen, hatten die Nationalsozialisten mit der Übernahme und Übergabe des Staates alle legalen und ihnen bekannten Widerstandsstrukturen zerschlagen, ihre Organisationen verboten, deren Anhänger unterworfen, gefangengenommen oder ermordet. Geschwächt und in die Illegalität gezwungen, leistete der Widerstand zwar was er konnte, die entsetzliche Mord- und Vernichtungsmaschine der Nationalsozialisten hatten sie jedoch nicht mehr aufhalten können.

 

 

 

Heute stehen wir erneut dem faschistischen Feind gegenüber. Wir sehen, wie er stärker wird. In einigen Ländern Europas sind sie an der Regierung beteiligt, sie sitzen in den Landes- und Stadtparlamenten, sie verbreiten ihre Propaganda und Hetze auf allen ihnen zugänglichen Kanälen. Sie ernähren sich von der vergifteten Stimmung und vergiften sie weiter. Zugleich sehen wir, dass die Widerstandskräfte der Gesellschaft gegen die faschistische Bedrohung schwach sind. Manipuliert und Verblödet durch einen Staat, der durch seine menschenfeindliche Politik die Erde salzt und damit den Nährboden für den Faschismus bereitet, glauben die Menschen, dass der Staat dem Faschismus Einhalt gebieten kann, wenn es sein muss.

 

Wir aber wissen, dass der Staat keine Lösung im Kampf gegen den Faschismus sein kann, genausowenig wie es die Parteien sein können, die den Staat erhalten, genausowenig wie es die Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte sein können. Wir wissen, dass es immer auf jeden einzelnen Menschen ankommt. Und damit auch; Wir wissen, dass es auf uns ankommt.

 

 

 

Der 9. November ist ein Tag des Gedenkens. Wir gedenken der Opfer des Nationalsozialismus. Dies ist sehr wichtig. Denn damit erst verhindern wir, dass die Nationalsozialisten durch die Geschichte und Zeit hinweg nachträglichen Erfolg haben können. Sie hatten das Ziel, die Menschen zu vernichten und um dieses zu erreichen bauten sie ihre Fabriken, die aus Menschen Rauch gemacht haben. Wir aber holen mit unserem Gedenken die Menschen aus dem Rauch zurück. Wir können sie nicht mehr lebendig machen, aber wir können ihnen in unserem Gedenken ihren Körper zurückgeben. Ihren Tod können wir nicht mehr verhindern, aber wir können ihre Vernichtung verhindern, indem wir sie in unserer Erinnerung lebendig werden lassen. Wenn dieser Prozess enden sollte, haben die Nationalsozialisten nachträglich ihr Ziel erreicht.

 

 

 

Er ist auch ein Tag der Reflexion. Denn es waren nicht irgendwelche Menschen, die den Nationalsozialismus an die Macht brachten und auch die Nationalsozialisten waren nicht irgendwelche Menschen. Es waren unsere Großeltern und Urgroßeltern und wir sind ihre Enkel. Durch ihr inneres Aufgeben brachten sie den Nationalsozialismus an die Macht, durch ihre Zustimmung brachten sie den Nationalsozialismus an die Macht und durch ihre eigene Beteiligung brachten sie den Nationalsozialismus an die Macht. Das wir heute hier sind, liegt häufig nicht daran, dass sie so unerbittlichen Widerstand leisteten, sondern dass sie sich den Mördern nicht in den Weg stellten oder sogar selbst zum Mörder wurden. Wenn wir uns bei unseren Freund_innen umhören, werden wir feststellen, dass fast niemand Nazieltern gehabt haben will, Doch wie soll das gehen? Wer sollen die Mörder gewesen sein? Wer seine Familienangehörigen in Schutz nimmt, selbst jetzt, selbst bald 90 Jahre später, der unterstützt durch die Zeit hindurch die Macht der Nationalsozialisten. Diese Unterstützung spiegelt durch die Geschichte hindurch und gibt den heutigen FaschistInnen neue Kraft. Es ermöglicht den nachträglichen Sieg des Nationalsozialismus durch eine Verwirklichung des Faschismus heute.

 

 

 

Der 9. November ist ein Tag des Kämpfens. Denn da die Wurzeln des Faschismus niemals ausgerissen wurden, gedeiht er weiter und ist heute wieder stark. So bedarf es heute auch unserer Stärke. Da es auf jeden einzelnen und somit auch auf uns ankommt im Kampf gegen den Faschismus, müssen wir uns der Verantwortung stellen und den Kampf gegen den Faschismus führen mit aller Kraft, die wir haben. Dabei müssen wir stets beides schaffen: Unser Kampf muss sich immer gegen den Faschismus als gesellschaftlichen Auswuchs wenden, wie auch gegen den Staat, der die Bedingungen für den Faschismus schafft und beschützt.

 

 

 

Das Vernichtete kann erst zurückkehren, wenn die Wurzeln des Faschismus vollständig ausgerissen sind.

 

Die gute Welt der freien Menschen kommt nicht – sie ist das Ergebnis und Resultat unserer Kämpfe gegen das Schlechte.

 

Wenn wir in Gedenken kämpfen, kämpfen in uns und mit uns die Geister der Ermordeten.

 

Für einen schwarzen 9. November – Tod dem Faschismus

 

 

 

 

 

 

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