Verbot des Bloc Lorrain: Auf die Straße am 5. November

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Kennen Sie den Bloc Lorrain?

- Ein Verein, der Selbsthilfe betreibt und sich an den antikapitalistischen Kämpfen in Ostfrankreich beteiligt -

Die libertäre Vereinigung ist in Lothringen sehr aktiv und organisiert sowohl Solidaritätsaktionen als auch Lebensmittelverteilungen und Demonstrationen. Sie betreibt auch ihre eigenen Medien in sozialen Netzwerken. Der Bloc Lorrain ist seit einiger Zeit im Visier der Behörden. Jetzt geht die Regierung einen Schritt weiter: Vor einigen Tagen wurde ihnen per Post ein Auflösungsverfahren zugestellt. Erklärungen mit dem Sprecher der Vereinigung.

 

 

 

April 2022, ein "Marsch für die Zukunft" vereint Hunderte von Menschen in Nancy, um auf die ökologische Notlage zu reagieren. An der Initiative beteiligt ist der Bloc Lorrain. Am 4. September werden in Metz, Nancy und Commercy Hunderte von Werbetafeln, die die ganze Nacht über eingeschaltet bleiben, ausgeschaltet. Hinter dieser Umweltaktion: der Bloc Lorrain. Ende September werden im Kohlekraftwerk von Saint-Avold im Département Moselle Transparente entrollt. Die Demonstranten waren in diese Anlage eingedrungen, um gegen die Wiedereröffnung dieses stark umweltverschmutzenden Kraftwerks zu protestieren und zum Ausstieg aus dem Kapitalismus aufzurufen. Der Bloc Lorrain beansprucht den Coup für sich. Das Kollektiv war während der Gelbwesten oder gegen den „pass sanitaire“ sehr aktiv.

 

 

Die Struktur ist ein Verein nach dem Gesetz von 1901, der "etwa 200 Mitglieder aller Altersgruppen umfasst", erklärt uns sein Sprecher. Das Kollektiv bezeichnet sich als libertär, globalisierungskritisch, ökologisch und fördert anarchistische Ideen. An der Basis ist es "eine Gruppe von FreundInnen, einige von ihnen sind seit 20 Jahren aktiv". Nach den Gelbwesten und der Rentenbewegung beschloss die Gruppe, ernst zu machen. "Wir haben uns im März 2021 als Verein konstituiert, um bestimmte Aktionen rund um die soziale Gerechtigkeit durchzuführen."

 

 

Und der Bloc Lorrain scheut keine Mühen. Jede Woche werden in Nancy, Metz und ganz Lothringen „Maraudes“ (Suppenküchen) organisiert. Mittlerweile gibt es "überall in der Region AktivistInnen" und sogar "SympathisantInnen anderswo". Innerhalb von zwei Jahren hat der Bloc Lorrain mehr als 20.000 Mahlzeiten verteilt.

 

 

Das Kollektiv führt auch jedes Semester Essensverteilungen an Studierende durch und hilft Familien mit Fluchterfahrung. "Wir machen auch Umweltaktionen", erklärt uns der Sprecher. Zum Beispiel geht die Gruppe raus, um Tonnen von weggeworfenem Müll in der Natur einzusammeln. Das sind heilsame Initiativen, die dem Gemeinwohl dienen.

 

Es ist ein echtes "alternatives Kampfsystem", das sich entwickelt. Der Bloc Lorrain praktiziert konkrete gegenseitige Hilfe und kämpft auf der Straße. "Wir demonstrieren natürlich auch, wir halten die Transparente", oder "wir kämpfen auch in Bure gegen die Einlagerung von Atommüll". Der Bloc Lorrain war auch in Paris bei großen Demonstrationen oder in Nantes bei Musikfesten zu Ehren des von der Polizei ermordeten Jugendlichen Steve unterwegs.

 

Für seine solidarischen und freiwilligen Aktionen wurde der Bloc Lorrain nie gelobt, sondern im Gegenteil stark unterdrückt: "Viele Festnahmen, aber nie wegen Gewalttaten oder Sachbeschädigungen". "Ich selbst wurde oft wegen Pressedelikten verurteilt, also wegen der Dinge, die man schreibt, wenn man Polizeigewalt anprangert, wenn man von Milizen spricht, um Polizisten anzuprangern, zum Beispiel", erzählt der Sprecher.

 

Ein weiteres Beispiel nach einer angemeldeten Demonstration in Nancy: "40 Personen wurden vorgeladen, weil man angeblich den Verkehr behindert hat". Es gibt viele weitere "völlig absurde Situationen", z. B. eine Flut von Strafzetteln gegen Aktivisten während der Einkesselung, "Gewahrsamnahmen ohne Begründung oder Prozess dahinter"...

 

In den letzten Monaten "wurden wir von seltsamen Leuten verfolgt, sogar während der Maraudes. Wir wissen nicht, ob es der Geheimdienst, die Polizeipräfektur oder eine Zelle für die Ultralinke war. Versteckte Typen, die Fotos von uns machen. Wir haben alles auf unserer Facebook-Seite dokumentiert und uns über sie lustig gemacht".

 

Das Innenministerium, das seit zwei Jahren in einen Auflösungsrausch verfallen ist, hat darüber offensichtlich nicht gelacht. In einem Schreiben vom 21. Oktober 2022, das wir einsehen konnten, wird der Bloc Lorrain beschuldigt, "zu bewaffneten Demonstrationen oder zu Handlungen gegen Personen und Güter" zu provozieren. Geht’s noch etwas dicker?

 

Wie bei den Versuchen der Regierung, Nantes Révoltée, die Antifaschistische Gruppe Lyon et Environ oder Vereinigungen zur Verteidigung Palästinas aufzulösen, handelt es sich nur um schwammige Anschuldigungen, die auf vermeintlichen Absichten beruhen. Beispielsweise wirft die Regierung der Struktur vor, auf ihrer Facebook-Seite "Ausschreitungen aufzuwerten" oder ein Video zu verbreiten, das "Flüchtlingsbewegungen und kataklysmische Ereignisse" zeigt, um den Kapitalismus anzuprangern. Die Wahrheit zu sagen ist in Frankreich mittlerweile verboten.

 

Jede Veröffentlichung oder jeder Kommentar auf Facebook scheint untersucht und durchleuchtet zu werden, um daraus abzuleiten, dass das Kollektiv zu "gewalttätigen Handlungen" "anstiftet". Die Absichtserklärung steht außer Frage: "Ihr desavouiert zu keinem Zeitpunkt die Worte oder Taten eurer Aktivisten, ihr ermutigt sie sogar, wie eure Verurteilung von Polizeigewalt zeigt". Wieder einmal wird das Anprangern einer realen und dokumentierten Tatsache, nämlich der Repression, zu einer Straftat. Die Auflösungsverfahren sind in erster Linie Verfahren gegen die Meinungsfreiheit.

 

Im Übrigen wirft das Schreiben die "Verunglimpfung" der Ordnungskräfte und die Verwendung des Akronyms "ACAB" vor. Wie bei den anderen Auflösungsverfahren scheint die Polizei zu einer unantastbaren Körperschaft geworden zu sein, die man nicht in Frage stellen darf, da man sonst aufgelöst wird.

 

Noch absurder ist, dass "die Schaffung von Demosani-Strukturen innerhalb des Bloc Lorrain eindeutig eine echte Vorbereitung auf die Konfrontation demonstriert", wie man lesen kann. Die Behandlung von Verletzten bei Demonstrationen wäre also mit einer Auflösung bedroht, obwohl es sich dabei im Prinzip um eine Pflicht der Behörden handelt!

 

Vier Seiten lang ist alles chimärenhaft, bis hin zur Unterschrift von Pascale Léglise, der "Direktorin für öffentliche Freiheiten und Rechtsangelegenheiten" des Innenministeriums. Man glaubt zu träumen. Der Darmanin-Clan scheint fest entschlossen zu sein, alle lokalen Gegenkräfte zu zerstören. Gestern war es Nantes Révoltée, ein kleines unabhängiges Medium aus dem Westen, das von diesem Verfahren betroffen war. Heute ist es eine freiwillige Selbsthilfeorganisation in Lothringen. Und was ist morgen? Wie weit wird der repressive Wahn noch gehen?

 

Der Bloc Lorrain hat nicht vor, aufzugeben: "Wir haben ein Kollektiv von Anwälten, die uns vor dem Staatsrat verteidigen werden". Und für den 5. November ist bereits eine Demonstration in Nancy geplant.

 

Schließlich wurde ein Online-Pool ins Leben gerufen, um die Gerichtskosten zu decken. "Wir haben keine Finanzen, das Geld, das wir sammeln, investieren wir in unsere Maraudes oder in die Unterstützung von Flüchtlingen", erklärt der Sprecher. Die Mitglieder brauchen also Unterstützung.

 

 

Sie können ihnen hier helfen: https://www.helloasso.com/associations/le-bloc-lorrain/

 

 

 

 

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