[TUE] Kletteraktion gegen Abschiebung

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Turm mit einem Transparent

In der Nacht zum Pfingstmontag erklettereten Aktivist_innen den Turm der Walter-Erbe-Schule und brachten ein Transparent, mit der Aufschrift "Folter ist Abschiebung ist Mord. Grenzen töten", in 15m Höhe an.

Während sich der öffentliche Diskurs nach rechts verschiebt und der eigentlich selbstverständliche Widerstand Asylsuchender gegen Abschiebungen in Ellwangen als "Kapitulation des Rechtstaats" getitelt wird, ertrinken Menschen tagtäglich im Mittelmeer. Oder sie erreichen dieses gar nicht erst, da sie auf Sklav_innenmärkten in Lybien verkauft werden. Während die Bundesregierung "sichere Herkunfstländer" herbei fantasiert, sind abgeschobene Menschen dort Folter, Vertreibung, Vergewaltigung, Diskriminierung und Perspektivlosigkeit ausgesetzt.
In Tübingen arbeitet Boris Palmer (Bürgermeister) währenddessen mit all seiner Kraft daran, Rassismus zu normalisieren, Inklusion und Integration zu verhindern, sowie Angst und Hass gegen Menschen zu schüren, die hierher geflohen sind. Mit seiner Hetze auf sozialen Medien schafft er es schon seit langem bundesweit Aufmerksamkeit zu bekommen und die Rechtsverschiebung des Diskurses weiter voranzutreiben.

Seit 2015 sind die Kämpfe von Aktivist_innen gegen Grenzen zu passivem Widerstand und teils reiner Symptombekämpfung übergegangen. Das mag im Sommer der Migration 2015 eine akzeptable Notlösung angesichts einer massiven, von der EU Grenzpolitik ausgelösten, humanitären Katastrophe gewesen sein. Doch wenn es zum Dauerzustand wird, führt das zu einer Instrumentalisierung und Befriedung unseres Widerstandes und das gerade in Zeiten, in denen dieser so verdammt nötig ist. Wir können die tödlichen Grenzen nicht grundsätzlich in Frage stellen, wenn wir ausschließlich Essen und Decken entlang von menschenfeindlichen Fluchtrouten verteilen oder  Menschen in Seenot retten. Gäbe es sichere legale Fluchtrouten gäbe es all dieses Leid nicht. Das sollten wir nicht vergessen. Der eigentliche Skandal sind nicht die miserablen Zustände entlang der Fluchtrouten oder die fehlende Seenotrettung, sondern die militärische Abschottung und rassistische Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
Wenn wir uns in Symptombekämpfung und Kompromissen verlieren, anstatt radikale Kritik und Widerstand zu artikulieren, helfen wir längerfristig niemensch. Das soll nicht heißen, dass solidarische Unterstützung der Betroffenen nicht notwendig und richtig ist. Sie ist aber niemals eine alleinige Lösung.
Die massive Repression, gegen all diejenigen, die das Grenzregime in Frage stellen, zeigt wie effektiv die Proteste sein können. Sie wirken und das passt der Staatsmacht nicht. Überall in der EU werden absurde Prozesse mit unglaublicher repressiver Härte geführt.
Von den Moria35 in Griechenland und den Röszke11 in Ungarn, zur absurden Repression nach Protesten gegen eine Abschiebung an einer Nürnberger Berufsschule. Wer es wagt gegen die Logik des EU Grenzregimes zu protestieren, riskiert massive Repression.

Auch hier in der Region gibt es derzeit unzählige Prozesse gegen Aktivist_innen, die 2016 die A5 zwischen Freiburg und Basel blockierten, um gegen das EU Grenzregime und für Bewegungsfreiheit zu protestieren. Die Staatsanwaltschaft verschickt seit Ende letzten Jahres zahlreiche Strafbefehle mit überzogenen Forderungen. Die meisten legten Einspruch ein, sodass es nun vor dem Amtsgericht Lörrach zu den ersten Prozessen kam. Dabei wurden mehrere Aktivist_innen bereits zu Geldstrafen zwischen 200€ und 1800€, meist wegen Nötigung, verurteilt.
Ein wichtiger Bestandteil unseres Widerstandes sollte auch die solidarische Unterstützung aller von Repression Betroffenen sein. Ob Soli-Aktion, Soli-Kohle sammeln oder Unterstützung im Gericht organisieren. All das ist wichtig, damit wir alle längerfristig aktiv und subversiv bleiben können. Infos zu den Prozessen, kommenden Gerichtsterminen und Soli-Kampagnen findet ihr auf dem Soli-Blog nobordersolidarity.

Jede Abschiebung ist eine zu viel!
Widerstand muss unbequem bleiben.

 

Weiterführende Links zu Flucht, Migration und Grenzen:

- Bordermonitoring: Politiken, Praktiken, Ereignisse an den Grenzen Europa

- Women in Exile: Eine Initiative von Flüchtlingsfrauen, die sich 2002 in Brandenburg zusammen gefunden haben, um für ihre Rechte zu kämpfen.

- Proasyl: NGO. Selbstbestimmte und unabhängige Stimme für die Menschenrechte und den Schutz von Flüchtlingen in Deutschland und Europa

- Refugee Support: Kollektiv für solidarische Unterstützung für Menschen auf der Flucht und Recherche zu Grenzen

- Oplatz: The Refugee Movement is a diverse group of refugees who chose not to accept their disfranchisement by the German state any more and are carrying out a self-organized protest.

- Moving Europe: Documents the situation on the Balkanroute, provides independent information for people on the move, and aims to strengthen political networks along the route.

- Watch The Med: an online mapping platform to monitor the deaths and violations of migrants’ rights at the maritime borders of the EU.

- City Plaza Squat: Besetztes ehemaliges Hotel in Solidarität mit Geflüchteten.

- Alarmphone: Hotline für Menschen auf See in Not. Dabei wird von Seenot Betroffenen eine zweite Möglichkeit gegeben, ihren Hilferuf an die Küstenwachen zu tragen. In Echtzeit wird ein Fall dokumentiert und ggf. weitere Unterstützung mobilisiert. Auf diese Weise wird – soweit wie möglich – auf die jeweiligen Verantwortlichen Druck ausgeübt Menschenrechtsverletzungen wie Pushbacks zu verhindern.

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