Am 1. Mai wird Flagge gezeigt. In Solidarität mit Rojava.

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In verschiedenen deutschen Städten ist geplant, Flagge zu zeigen und die Fahnen der kurdischen Befreiungsbewegungen auf den lokalen 1. Mai-Demonstrationen mit sich zu führen.

Berlin ruft sogar zu einem Fahnenmeer während der Revolutionären 1. Mai-Demonstration, die um 18 Uhr am Oranienplatz beginnen wird. Diese Demonstration ist nicht angemeldet und kann nicht mit Auflagen und Fahnenverboten belegt werden. Die existierenden Aufrufe zur 18-Uhr-Demo in Berlin finden sich auf dieser Homepage: https://1mai.blackblogs.org/?page_id=259

Die bürgerliche Presse ist über die Ankündigung, verbotene Fahnen zu schwenken, empört.
Ein Pressespiegel: https://de.indymedia.org/node/19540
Noch ein Pressespiegel: https://1mai.blackblogs.org/?page_id=264

Wie die Berliner Demo ablaufen könnte (und welchen Weg sie nimmt), ist in einem aktuellen Interview mit der Tageszeitung "Neues Deutschland" nachzulesen. Es soll über das Myfestgelände gehen und man soll auf der weiteren Route den Görlitzer Bahnhof und später auch das Schlesische Tor sehen.
Die Teilnehmer*innen werden aufgerufen, sich kreativ zu kleiden. Außerdem wird in dem ND-Gespräch ausgeführt, dass verschiedene Fahnen gezeigt werden - als Aktion des zivilen Ungehorsams gegen das PKK-Verbot. Das PKK-Verbot gibt es in Deutschland seit fast 25 Jahren. Es ist Grundlage für zahlreiche Ermittlungsverfahren.
Quelle: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1086373.mai-ihre-kaempfe-sind-a...

Interessant könnte sein, was die Berliner Morgenpost "aus gewöhnlich gut informierten Sicherheitsbehörden" angeblich weiß: "Es wird zudem davon ausgegangen, dass in diesem Jahr mehr Autonome nach Berlin reisen werden. Hintergrund sind fehlende größere Mobilisierungen in anderen Städten an diesem Tag."
Aber so gut ist die Morgenpost nicht informiert. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass sie die Gewalt herbeischreiben will. In anderen Medien wird seriöser und näher an der Wahrheit berichtet.
Allerdings wird die Revolutionäre Demo von der Zeitung angemessen gewürdigt: "Die 18-Uhr-Demonstration am ­1. Mai in Kreuzberg ist nach wie vor die größte linksradikale Veranstaltung Deutschlands und eine der größten in Europa."
Quelle: https://www.morgenpost.de/berlin/article214104985/Nervositaet-vor-dem-1-...

Auch die Berliner Zeitung glaubt an eine "größere Unruhe". Als Beleg führt sie zwei Brandanschläge an (vergleichbare Anschläge gab es auch in den vergangenen Jahren). Die Zeitung im Wortlaut: "Zu zwei Brandanschlägen in der Nacht zum Dienstag bekannte sich im Internet eine Gruppe von Linksextremisten. Sie hätten zwei Transporter von französischen Firmen in Berlin-Lichtenberg „verbrannt“, hieß es auf einer Seite der linksextremen Szene. Laut Polizei waren das ein Mercedes-Transporter in der Dorotheastraße und ein ähnlicher Transporter in der Sangeallee. Die Linksautonomen bezogen sich in ihrem Schreiben auch auf den 1. Mai und die üblichen Krawalle der Extremisten."
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/berlin/polizei/1--mai--staatsschutz-ermi...

Ganz üble Hetze allerdings kommt vom Berliner Kurier: "Unwetter und Frost möglich! Fällt der 1. Mai komplett ins Wasser?" ;-)
Quelle: https://www.berliner-kurier.de/berlin/kiez---stadt/unwetter-und-frost-mo...

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Ergänzungen

Die Strecke der Revoluitionären 1. Mai-Demonstration ist inzwischen bekannt (Quelle: https://1mai.blackblogs.org/?page_id=276)

Oranienplatz (Startpunkt: 18:00 Uhr), Oranienstraße, Adalbertstraße, Naunynstraße, Manteuffelstraße, Wiener Straße (unter der Hochbahn durch), Skalitzer Straße, Schlesisches Tor.
Es wird dazu aufgerufen, mobile Soundsysteme, Transparente und gute Stimmung mitzubringen, damit der Demo ein entsprechend kämpferischer Ausdruck gegeben wird.

Kurt Wansner, CDU-Abgeordneter im Berliner Parlament, gibt seinen Plan auf, und sagte die CDU-Kundgebung am 1. Mai gegen linksradikale Gewalt ab - aus Sicherheitsgründen.
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-kreuzberg-zu-heikel-doch-keine...

5300 Polizisten sollen am 1. Mai in Berlin im Einsatz sein. Innensenator Andreas Geisel (SPD) lobte am Freitag die linke Szene, da sie einheitlicher auftrete. Der türkische Angriffskrieg auf Afrin durch Diktator Erdogan verschärfe auch die Situation in Berlin. Im Berliner Kurier heisst es weiter: "Gleichwohl sei in diesem Jahr die Stimmung wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien etwas angeheizt. Sei einigen Woche seien die Behörden deshalb mit kurdischen Verbänden und Vereinen im Gespräch, um einen friedlichen 1. Mai zu gewährleisten.Hintergrund ist die türkische Offensive gegen die mehrheitlich von Kurden bewohnte nordsyrische Stadt Afrin. Der Militäreinsatz sorgt für erhebliche Spannungen zwischen Türken sowie Kurden. In Deutschland gab es in den vergangenen Wochen mehrere Angriffe auf türkische Einrichtungen, bei denen die Täter zum Teil in den Reihen extremistischer Kurden vermutet werden. Zudem gab es wiederholt Demonstrationen von Kurden."
Quelle: https://www.berliner-kurier.de/berlin/polizei-und-justiz/demos-am-1--mai...

Und die "BILD" ergänzt: "Einsatzleiter der Polizei ist wie in den vergangenen Jahren der Chef der Direktion Einsatz, Siegfried-Peter Wulff. Man werde dann nicht die Demonstration stoppen, aber die Delikte filmen und an geeigneten Stellen Fahnenträger festnehmen."
https://www.bild.de/regional/berlin/tag-der-arbeit/mehr-als-fuenftausend...

Die Organisatoren der Revolutionären 1. Mai-Demonstration geben sich gelassen und professionell: Wir werden unsere Strecke laufen und dabei lautstark unsere Inhalte vermitteln. Solidarität mit Rojava ist dringender denn je.
Unterstützung erhalten sie direkt aus Rojava: https://internationalistcommune.com/revolutionare-kommunen-aufbauen-und-...

Eines muss man der Revolutionären 1. Mai Demo lassen: Sie schafft es, über Tage die eigenen politischen Inhalte in die Medien zu bekommen. In der Berichterstattung geht es um den türkischen Angriffskrieg gegen das nordsyrische Afrin in Rojava. Aus diesem Grund, so die Medien, sollen auch verbotene Symbole der kurdischen Bewegungen gezeigt werden, darunter eventuell auch PKK-Fahnen. Das ist das Neue und damit der Aufreger 2018.

 

*Fahnenmeer*

Neu und unwägbar sei in diesem Jahr das Fahnenmeer, so der Einsatzleiter der Berliner Polizei. Die taz schreibt: "Es gibt den Aufruf, bei der abendlichen Revolutionären 1.-Mai-Demonstration in Kreuzberg ein Fahnenmeer mit verbotenen Symbolen zu zeigen. Wie berichtet, ist die Demonstration wie im Vorjahr nicht bei der Versammlungsbehörde angemeldet worden. Im Netz wurde dazu aufgerufen, aus Solidarität mit syrischen Kurden verbotene PKK-Fahnen mitzubringen."

"Wegen der PKK-Fahnen habe die Polizei in den letzten Wochen intensive Gespräche mit Kurdenverbänden geführt, sagt Innensenator Andreas Geisel (SPD). Wenn es am Dienstag Versuche geben sollte, verbotene Symbole zu zeigen, werde das eher aus Richtung der linksextremistischen Szene kommen, vermutet er. Der Einmarsch der Türkei in Afrin und die schwierige Lage der Kurden heize die Stimmung am 1. Mai an."

Man werde keine Straftaten tolerieren und deshalb bei der Demo frühzeitig mit Videoaufzeichnungen beginnen, so Wulff. Wann und wo bei Straftaten eine Festnahme erfolge, sei „der Kunst des Polizeiführers überlassen“. Wegen der nicht angemeldeten Demo vom Vorjahr werde im Übrigen gegen zwei Personen ermittelt.

 

*Die Demo wird laufen*

Die Polizei will die Demo wie im vergangenen Jahr laufen lassen, wenn das MyFest nicht überfüllt ist: "Wulff verweist darauf, dass es eine Straftat sei, eine Versammlung nicht anzumelden. Denkbar sei aber, die Demonstration wie im Vorjahr durch den westlichen Teil des Myfestes – Oranienstraße bis Adalbertstraße – und dann durch die Naunynstraße weiterlaufen zu lassen. Abhängig sei das davon, wie voll das Myfest sei. Mehr als zwei Personen pro Quadratmeter seien problematisch."

Quelle: https://www.taz.de/!5499315/

 

*Route*

"Revolutionäre Mai-Demo will wieder übers MyFest laufen. Die Veranstalter der "Revolutionären 1.-Mai-Demonstration" gaben am Freitag bekannt, welche Strecke der Zug nehmen soll. Demnach beginnt die Demo um 18 Uhr am Oranienplatz. Dann soll es - wie im vergangenen Jahr - durch das Straßenfest "MyFest" auf der Oranienstraße, die Adalbert-, Naunyn- und Manteuffelstraße zur Skalitzer Straße gehen - und von dort dann weiter zum Schlesischen Tor. Die Polizei kündigte an, die Demonstranten erst einmmal loslaufen zu lassen, auch wenn die Kundgebung wie im vergangenen Jahr nicht angemeldet ist. Ob es tatsächlich auch wieder quer durchs "MyFest" geht, ist allerdings noch nicht ganz klar. Das hänge von der aktuellen Lage ab, sagte Einsatzleiter Wulff. "Ich kann nicht zulassen, dass man durch eine Oranienstraße zum Beispiel einfach durchläuft, wo wir sagen, da sind Massen an Menschen dabei und wir haben Gefahrensituationen"."

Quelle: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/04/polizei-einsatz-berlin-1-ma...

 

*Solidarität mit der Revolutionären 1. Mai Demo*

Das MyFest hat nicht gegen die Revolutionäre 1. Mai Demonstration. Ein MyFest-Organisator begrüsst gegenüber der Berliner Zeitung die Demo sogar: "„Die 18-Uhr-Demo gehört zu Kreuzberg“. Um 18 Uhr soll die nicht angemeldete revolutionäre 1. Mai-Demo am Oranienplatz starten. Sie soll laut Ankündigung über das Myfest durch die Oranien-, Adalbert-, Naunyn-, Manteuffel-, Wiener und Skalitzer Straße zum Schlesischen Tor ziehen. „Wenn die Polizei aufzieht, stoppen wir die gesamte Demonstration, was dann passiert, liegt in der Verantwortung der Berliner Polizei“, tönen die Veranstalter. Halis Sönmez kann sich daran erinnern, wie die Demo in früheren Jahren in Chaos und Krawall endete. Doch er sagt: „Die 18-Uhr-Demo gehört zu Kreuzberg.“ Er habe nichts dagegen, dass sie im Bereich vom Myfest starten und enden wird – „solange es friedlich bleibt“, wie er sagt. Relativ friedlich ist es in den vergangenen Jahren tatsächlich gewesen. Aber eine Vorhersage wagt niemand."

 

*Angriffskrieg des Diktators Erdogan verschärft Situation in Berlin*

Und auch die Berliner Zeitung hebt den türkischen Angriffskrieg gegen Afrin/Rojava hervor: "Der diesjährige 1. Mai in Kreuzberg steht auch im Zeichen der türkischen Invasion in den syrischen Kurdengebieten. Das hat die Stimmung aufgeheizt. „Wir sind mit den kurdischen Organisationen im Gespräch“, sagt Einsatzleiter Wulff. Die Aufrufe, verbotene PKK-Fahnden zu zeigen kämen weniger von Seiten der Kurden sondern aus der linksextremen Szene. „Ich bin guter Hoffnung, dass die Kurden sich nicht dafür missbrauchen lassen“, sagt Wulff. Die Polizei will durchgreifen, wenn verbotene Symbole gezeigt werden. Festnahmen sollen laut Wulff an taktisch günstiger Stelle erfolgen und nicht dort, wo die Lage eskaliert."

Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/berlin/kontrolliertes-feiern-so-bereitet...

 

*Tolle Ergänzung: Grunewald-Demo*

Schön auch die Demo der Hedonisten am frühen Nachmittag. Sie wurde extra so gelegt, dass die Teilnehmer*innen pünktlich um 18 Uhr am O-Platz sein können. Die Morgenpost hat der Demo "Wo eine Villa ist, ist auch ein Weg" einen ganzen Absatz gewidmet: "Eine linke Gruppierung will zudem auch im Grunewald demonstrieren. Der Aufzug soll unter anderen an den Wohnhäusern von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Joschka Fischer (Grüne), ehemaliger Außenminister, vorbeiführen. Diesen Protestzug sieht Einsatzleiter Wulff aber weniger problematisch. Angemeldet seien bis zu 200 Menschen."

 

*Kein Polizeispalier während der 18 Uhr Demo*

Und die Morgenpost berichtet auch über eine weitere Ankündigung der 18 Uhr Demo. Die will und wird nämlich nicht im Wanderkessel durch Kreuzberg ziehen: "Die Route führt weiter vom Oranienplatz über die Naunynstraße, die Wiener Straße und die Skalitzer Straße bis zum Schlesischen Tor. In einer Pressemitteilung kündigen die Organisatoren außerdem einen Abbruch der Demonstration an, "wenn die Polizei aufzieht". "Was dann passiert, liegt in der Verantwortung der Berliner Polizei", heißt es in der Mitteilung weiter."

Quelle: https://www.morgenpost.de/1-mai-berlin/article214141545/1-Mai-in-Berlin-...

Bilder: 

 

Auf der 1. Mai-Demonstration in Berlin sollen Flaggen der kurdischen Bewegung getragen werden. Gab es solche Solidaritätsbekundungen auch 1993, als die PKK verboten wurde?

An derartige Aufrufe in diesem Jahr kann ich mich nicht erinnern. Wir zeigten jedoch 1994 Flagge, als in Hannover der 16-jährige kurdische Jugendliche Halim Dener von der Polizei erschossen wurde, weil er Plakate für die Nationale Befreiungsfront Kurdistans plakatierte. Wir hatten damals in München diese Symbole mit einem Bild von Dener plakatiert.

Der Staat geht derzeit hart gegen linke Kurden und ihre Unterstützer vor. Wie sah die Repression in den 1990er Jahren aus?

Es war sehr heftig. Eine Razzia löste die andere ab, im wirklich großen Stil wurden Versammlungen verboten. Wenn wir Mitte der 1990er Jahre auf eine legale Demo fahren wollten, wurden die Busse bei der Abfahrt plötzlich von Polizisten mit Maschinenpistolen umstellt. Es war eine Zeit, in der wir beim Schlafengehen ständig damit rechneten, am nächsten Morgen um fünf durch eine Hausdurchsuchung geweckt zu werden.

Wie war die Repression im Vergleich zu heute?

Heute erleben wir Festnahmen alle paar Monate, damals waren es mitunter mehrere Leute die Woche. Die Repression, die wir im Moment sehen, ist jedoch schärfer als alles, was wir bisher in Deutschland in diesem Jahrtausend hatten.

Dutzende Deutsche kämpften jüngst in Rojava gegen den IS. Inwiefern beteiligten sich in den 1990er Jahren Deutsche am bewaffneten Kampf der PKK?

Ich kenne einige, die sich dem bewaffneten Kampf angeschlossen hatten. Niemand ist damals jedoch primär in die Berge gegangen, um zu kämpfen. Man wollte lernen, wie man sich revolutionär organisiert, revolutionäre Politik betreibt. Auch die 1998 von türkischen Soldaten nach ihrer Gefangennahme ermordete Andrea Wolf hatte das immer wieder betont. Dieser Lernprozess war aber nur möglich in einem Umfeld, in dem man gleichzeitig auch die Waffe in die Hand nahm.

Ende der 1990er nahm die Solidarität mit der kurdischen Bewegung ab. Woran lag das?

Die beschriebene Repression war ein wesentlicher Punkt. Sie nahm aber auch aufgrund gegenseitiger Missverständnisse ab. Kurdische Organisationen hatten damals noch ein eher instrumentelles Verhältnis zu den deutschen Genossen. Diese wurden etwa vorgeschickt, um die Demo anzumelden oder in den Vereinsvorstand gewählt, damit er schwerer verboten werden kann. Einige Deutsche hatten wiederum die Illusion, dass die PKK ihnen in Deutschland die kommunistische Partei aufbaut. Sie verkannten dabei, dass es sich in erster Linie um eine nationale Befreiungsbewegung handelte, wenn auch von Seiten ihrer Führung ein sozialistisches Selbstverständnis bestand.

Welche Rolle spielten bei der Entfremdung umstrittene Maßnahmen der PKK wie die Liquidierung von vermeintlichen Verrätern oder Selbstverbrennungen?

Solche Gewalttaten gab es bis zur ersten Hälfte der 1990er Jahre, auch Geheimdienste waren darin verwickelt. Die PKK hatte dann auf einem Parteikongress scharf die Gewalt gegen abtrünnige Organisationsmitglieder zurückgewiesen. Der inhaltliche Grund für eine Entfremdung war eher, dass einigen Solidaritätsanhängern die PKK plötzlich als zu gemäßigt erschien. Abdullah Öcalan suchte 1998 nach einem Ausgleich mit der Türkei, nach seiner Verschleppung rief er zu einem Ende des Guerillakampfes auf. Viele deutsche Linke verstanden nicht, dass die Bewegung auch zu Kompromissen bereit sein muss.

2005 übernahm die PKK das von Öcalan entworfene Konzept des »Demokratischen Konföderalismus«. Statt einem Staat wird nun Selbstverwaltung angestrebt. Wie akzeptiert ist dieses Konzept?

Es musste sich erst durchsetzen. Ich habe selbst erlebt, wie das neue Paradigma zuerst in Zentren der Bewegung, den Guerilla-Camps in den Kandil-Bergen und im unter PKK-Kontrolle stehendem Flüchtlingslager Machmur in Nordirak, griff, bevor es sich verbreitete und auch in kurdischen Städten in der Türkei Volksräte gebildet wurden. Es mag uns komisch vorkommen, dass von oben ausgehend Basisdemokratie gelernt wird, aber die Praxis zeigt, dass es klappt.

Und erst mit dem Kampf um Kobane 2014 wurde dieses Modell der breiten deutschen Linken bekannt?

Bereits 2007 gab es in Berlin die erste Neugründung eines Kurdistan-Solidaritätskomitees seit den 1990er Jahren. Es gab zu jener Zeit Überfälle von türkischen Faschisten auf Kurden. Das hatten auch deutsche Antifaschisten bemerkt, die daraufhin in Kontakt mit der kurdischen Freiheitsbewegung traten. Mit dem Kampf um Kobane wurde die Bewegung jedoch allgemeiner anerkannt. Das neue Paradigma der Kurden, aber auch die Haltung von einer nun eher im Geiste der Sozialforen libertär geprägten deutschen Linken erleichterten ein Zusammenkommen.

Heute vereinen sich verschiedene linke Strömungen in der Rojava-Solidarität. Besteht die Gefahr einer Revolutionsromantik?

Die Gefahr ist definitiv da. Rojava ist nicht das kunterbunte sozialistische Musterland, dort werden unter größten Problemen für diese Region revolutionäre Errungenschaften geschaffen. Das beste Gegensteuern ist es, selbst nach Rojava zu reisen, um zu sehen, wie die Bewegung unter widrigen Umständen in einer feudal geprägten Umgebung revolutionäre Politik betreibt. Zudem kann man auch in Deutschland die linken kurdischen Vereine besuchen. Dort sitzen nicht nur Musterrevolutionäre, sondern normale Leute, die ihren Tee trinken.

Deutsche Linke sind von der Öcalan-Verehrung irritiert. Ist die kurdische Bewegung zu unkritisch?

Man muss die Rolle des PKK-Mitgründers vor den Realitäten des Mittleren Ostens erklären. Es ging darum, eine in Clans und verschiedene Länder gespaltene Gesellschaft zu einen. Öcalan wurde dafür zu einer Art Überchef aufgebaut. Durch die Inhaftierung kann er in der Praxis jedoch kein aktiver Parteiführer mehr sein. Er sagt frei heraus, dass die Bewegung selber denken muss und er nur Ideen geben kann.

Warum ist das Ende des PKK-Verbots für deutsche Linke wichtig?

Wenn »unser« Staat eine Befreiungsbewegung in den Untergrund treibt, ist es unsere Pflicht, uns zu solidarisieren. Dieses Verbot betrifft darüber hinaus aber auch nicht nur die PKK und ihre Unterstützer. Der staatliche Umgang mit der Partei wurde und wird immer wieder benutzt, um Grundrechte abzubauen.

 

Quelle: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1086813.solidaritaet-mit-kurdis...

Ausführlich äußert sich auch die Berliner Polizei zu den 1. Mai Demonstrationen:

https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/fakten-hintergruende/arti...

"Der Kapitalismus ist keine Lösung"
Mustafa Karasu, Mitglied des Exekutivrates der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans), äußert sich gegenüber ANF zum 1. Mai 2018, dem Kampftag für Freiheit und Demokratie: "Wir rufen alle Arbeiter*innen und Völker auf, am 1. Mai mit dem Kampfgeist von Einheit und Solidarität ein Verständnis für den gemeinsamen Widerstand gegen den AKP-Faschismus zu entfalten. Gründet gemeinsame Plattformen für euren Kampf und hebt ihn in diesem Sinne weiter an."
Quelle: https://anfdeutsch.com/aktuelles/karasu-akp-mhp-regierung-wird-untergehe...

"PKK-Verbot unterlaufen"
ANF hat ein Interview zum Fahnenmeer geführt. Menschen aus der Vorbereitungsgruppe der Demo sagten: "Der deutsche Staat ist Kriegspartei in Efrîn. Deswegen ist die radikale Linke in Deutschland Teil des Efrîn-Widerstands. Aus Solidarität tragen wir am 1. Mai die verboten Fahnen. Und mit dieser Aktion des zivilen Ungehorsams werden wir das in Deutschland immer noch bestehende PKK-Verbot massenhaft unterlaufen und weltweit zeigen, dass wir uns der Verbotspolitik der deutschen Bundesregierung widersetzen." Und nach dem 1. Mai ist es noch nicht vorbei: "Am Thema Rüstungsexporte werden wir auch nach dem 1. Mai weiterarbeiten."
Quelle: https://anfdeutsch.com/aktuelles/fahnenmeer-am-1-mai-in-berlin-4161

Und das registriert auch die türkische Presse: https://turkishpress.de/news/panorama/29-04-2018/berlin-fahnenmeer-der-p...

"Alleiniger Unsicherheitsfaktor ist die Polizei"
Nüchtern, sachlich und deeskalierend schreibt die taz: "Bei genauerer Betrachtung sprechen beide Punkte nicht für die große Randale. Die angekündigte Route birgt sogar deutlich weniger Konfliktpotenzial als möglich schien. Entgegen einer ersten Ankündigung verzichtet die Demo darauf, am Google Campus vorbeizuziehen, und auch der Berührungspunkt mit dem in der Kritik stehenden Bezirksfest „MaiGörli“ ist nur ein kurzer." Und: "Bleibt der Unsicherheitsfaktor Polizei. Innerhalb des MyFestes wird die Polizei der Demo kaum zu Leibe rücken. Danach aber könnte sie sich zum Einschreiten veranlasst sehen: Auf der Demo sollen massenhaft verbotene kurdische Symbole gezeigt werden."
https://www.taz.de/!5499388/

Miltanz vor dem 1. Mai
Außerdem gab es erneut verschiedene militante Angriffe. In veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben wenden sich die vermeintlichen Urheber gegen den türkischen Angriffskrieg auf Afrin und beziehen sich positiv auf den Revolutionären 1. Mai in Berlin. Das schaffte es sogar in dei Istanbuler Presse: https://www.dailysabah.com/deutsch/politik/2018/04/29/fight-4-afrin-berl...

Einen generellen Überblick zum Stand der Dinge liefert rbb24: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/04/berlin-kreuzberg-mai-feiert...

Bilder: 

Allen gesellschaftlichen Depolitisierungstendenzen zum Trotz steigt der Zuspruch zur Revolutionären 1.-Mai-Demonstration. Von verschiedenen Seiten immer wieder als verzichtbare Folklore verschrien, gelingt es den OrganisatorInnen zunehmend, mit Bezug auf aktuelle soziale und politische Konflikte auf den Oranienplatz zu mobilisieren. Dieses Jahr liegt ein Schwerpunkt auf der dramatischen Situation der KurdInnen in der Türkei und Syrien. Die nicht angemeldete Demo soll die Fahnen der kurdischen Bewegungen präsentieren, explizit auch jene von in Deutschland verbotenen Organisationen. Hüse­yin Dersim, Vertreter des kurdischen Verbandes Nav-Dem, sieht diese Solidarisierung der deutschen Linken positiv. „Es ist gut, dass der deutschen Ver­bots­politik hier gesellschaftlicher Druck entgegengesetzt wird. So wird gezeigt, dass die Diskreditierung der kurdischen Kämpfe immer weniger akzeptiert ist.“

Quelle: https://www.taz.de/!5499343/

Die Kriminologen melden sich zu Wort:

Versammlungsrecht und Umgang mit 18-Uhr-Demo:

In Berlin hat sich die Meinung durchgesetzt, dass die 18-Uhr-Demonstration auch ohne Anmeldung laufen darf. Einsatzleiter Siegfried-Peter Wulff sagt, dass eine Anmeldung vor allem dazu diene, dass die Polizei informiert sei. Und das sei man – ob mit oder ohne Anmeldung. Verbieten oder verhindern könnte man die Demonstration ohnehin nicht. Die Polizei beruft sich auf den "Brokdorf-Beschluss" des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1985. Darin heißt es, dass die Nichtanmeldung einer Versammlung nicht automatisch zum Verbot oder zu der Auflösung der Versammlung führt.

https://www.morgenpost.de/berlin/article214180507/Darum-blieb-der-1-Mai-...

 

Nicht nur Politiker und Polizei sind zufrieden, auch die Veranstalter der 18-Uhr-Demo, die 15.000 Teilnehmer gezählt haben wollen: „Die Teilnehmerzahl hat unsere Erwartung erfüllt“, erklärten sie. „Wir sind zufrieden mit der Demonstration. Es war ein starkes Zeichen der internationalen Solidarität.“ Die Menschen hätten ihre Wut gegen die herrschenden Verhältnisse, die Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg bedeuteten, auf die Straße gebracht. Im Gegensatz zu den Erklärungen früherer Jahre äußern die Demo-Organisatoren keinerlei Kritik an der Polizei.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/bilanz-des-1--mai-ein-kriminologe...

 

Tatsächlich haben die Veranstalter die Polizei kritisiert und einen Unterschied herausgearbeitet. Sie nehmen auf Twitter wiefolgt Stellung: "Auch in diesem Punkt unterscheiden wir uns von der @PolizeiBerlin. Wir bleiben unzufrieden mit den herrschenden Verhältnissen und sogar mit unseren Demos und Aktionen. Nur so behalten wir unsre Fähigkeit zur Selbstkritik. Im nächsten Jahr muss alles anders und neu werden. #R1MB"

https://twitter.com/Rev1MaiBerlin/status/991544464085831681

 

Und, naja, eine Überschrift lautete: "20 Polizisten am 1. Mai verletzt: niedrigster Wert seit 1987". Nur zwei Polizisten konnten nicht weiterarbeiten - wegen eines Knalltraumas und einer Handverletzung. Mal schauen, ob das so bleiben muss...

https://www.morgenpost.de/berlin/article214174623/1-Mai-Polizeigewerksch...