Mobiaktion für die Frauen*kampftagsdemo am 10.03. in Rostock
In der Nacht zum 08.März wurden auf der Autobahn A20 mehrere Transparente entdeckt. Zu lesen war: "Stadt, Land, Fluss, Emanzipation ein Muss!" "Stadt, Land, Meer, FLTI* und libertär" sowie "10.03.Frauen*tagsdemo Rostock 13uhr HBF"
One struggle One Fight!
Solidarität mit Frauen*kämpfen weltweit!
Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf der Frauen*kampftagsdemo am 10.03. in Rostock:
Jeden Tag dasselbe.
Es sind Frauen*, Lesben*, Trans*- und Inter*personen (kurz flti*) jeglichen Alters und jeglicher
sozialer Herkunft tagtäglich von sexistischen Diskriminierungen betroffen: ob Mädchen* und
Frauen* Freitagnacht auf der Straße belästigt oder gegen ihren Willen angefasst werden, ob
lesbische Liebe nur okay ist, um Männerphantasien zu bestätigen, nicht-männliche Arbeiter*innen
schlechter bezahlt werden, Trans-Männer verprügelt werden, sobald sie „auffliegen“, ob
migrantische flti*-Personen keine Wohnung bekommen oder ob uns spätestens im Alter die Armut
droht. Wir ALLE sind in irgendeiner Form von patriarchalen Strukturen betroffen. Einige von uns
werden mehrfach diskriminiert.
Gemeinsame Kämpfe
Deswegen wollen wir heute gemeinsam für die Rechte aller flti*-Personen kämpfen. Unabhängig
von unserem Aufenthaltsstatus, ob wir eine Arbeit haben oder nicht, unabhängig davon, wen wir
lieben, wie wir aussehen, welchen Glauben wir haben, ob wir alleinerziehend sind oder ob wir
gesellschaftlich gesetzten "Normen" körperlich oder psychisch entsprechen: Heute nehmen wir uns
die Straße! In den USA demonstrieren tausende Frauen auf den women's marches gegen Trump und
andere Arschlöcher. Im Iran rebellieren Feminist*innen aktiv gegen das Regime. In Chile gingen
Tausende laut, kreativ und radikal gegen die alltäglichen Frauenmorde auf die Straße. Überall auf
der Welt kämpfen flti*Personen gegen Sexismus und für ihre Freiheit.
Migrant*innen und Women* of Color
Hautfarbe, „Rasse“, nationale oder kulturelle Herkunft und Geschlecht sind wirkmächtige
Konstrukte, die insbesondere für migrantische Frauen* zur doppelten oder mehrfachen
Diskriminierung führen. Meistens wird Haushalts- und Pflegearbeit an Migrantinnen* delegiert. Sie
müssen in prekären Verhältnissen arbeiten und häufig illegalisiert. Damit sind sie in höherem Maße
von Sexismus und Rassismus betroffen. Uns als Women of Color wird keine Stimme gegeben, um
unsere Stories und Erfahrungen mitzuteilen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um sie uns zu holen!
Geschlecht & Zuschreibung
Die sittsame, tugendhafte Frau haben Aufklärung & Bürgertum aus uns machen wollen: Schön,
schwach, artig, passiv, fleißig und sparsam. Demgegenüber sollte der starke, aktive und mutige
Mann jedes Recht haben, von "seinem Besitz" (Tochter oder Gattin) Gehorsam einzufordern. Im 19.
Jahrhundert und auch in den gesellschaftlichen Umbrüchen der 60er und 70er Jahre haben Frauen*
diese ihnen zugeschriebenen Rollen angegriffen; zum Teil weltweit und international vernetzt. Doch
immer noch können uns wirkmächtige Arschlöcher vorschreiben, wie wir uns kleiden sollen (kein
Minirock / kein Kopftuch), wie unser Körper aussehen soll (nicht dürr / nicht fett), wie wir uns
verhalten sollen (nicht zu schüchtern / nicht zu dominant)... Frauen* sind auch heute noch zwischen
den Stigmata "Hure / Heilige" gefangen und jeder nächste Schritt wird bewertet und könnte eine*
zu Fall bringen. Dennoch erheben immer mehr von uns ihre Stimmen, nehmen sich die Räume, die
Patriarchatsprofiteure* uns nicht zugestehen wollen und haben einvernehmlichen Sex wo, wie und
mit wem wir wollen.
"Genderterror" gegen rechts.
Der aktuelle Rechtsruck macht auch vor dem Liebesleben nicht halt: Frauen*, die keine oder nicht
ausschließlich cis-Männer begehren (also Personen, die der Selbstzuschreibung nach und vom
Körper her "als Mann" gelesen werden) passen nicht in das Bild der heterosexuellen Kleinfamilie.
Menschen, die alle, niemanden oder viele lieben, werden diskriminiert und Personen, die nicht indie wirkmächtigen Kategorien "Mann" und "Frau" passen (wollen) werden abgewertet, ausgegrenzt
& angegriffen. Sogenannte besorgte Eltern machen gegen geschlechtergerechte Lehrpläne mobil,
die sie „Verschwulung“ an Schulen nennen und die Politik lässt sie gewähren (wie in Baden-
Württemberg). Rechte hetzen gegen Gender-Mainstreaming und nennen ihn „Terror“ – und im
Fernsehen bekommen sie dafür bereitwillig eine Bühne. Wir haben keine Lust, dass unsere Freiheit
ob deren konservativen Zuschreibungen von Geschlecht und Liebe erstickt wird. Intersexualität ist
keine Krankheit, Frauen*liebe kein Verbrechen und Transgender keine pornographische Kategorie.
Es wird Zeit! Join our queer-feminist fight!
Wir sind der Dolchstoß...
Bei den nationalen Bewegungen der Zeit marschieren wir nicht mit. Wir treten ihnen entgegen: den
Identitären, der AfD, den Pegidist*innen und all jenen, die versuchen, weibliche Körper für ihre
völkische Hetze zu vereinnahmen. Wir widersetzen uns der Tendenz, dass im Namen von
Frauen*rechten eine rassistische Asylpolitik bekräftigt wird. Wir revoltieren dagegen, wenn wir zu
Opfern stilisiert werden (die nur von weißen Rittern gerettet werden können). Es geschieht nicht nur
zu Sylvester in Köln, sondern genauso jedes Jahr auf jedem x-beliebigem "Volksfest". Sexualisierte
Gewalt ist keine Frage der Hautfarbe, der Religion, oder der Herkunft, sondern eine Fragen
patriarchaler Zustände. Die meisten Übergriffe und Vergewaltigungen geschehen im Kreis der
Familie und der (auch Ex-) Hetero-Zweierbeziehung. Wir sind der Dolchstoß – hinterrücks ins Herz
des Patriarchats und der "Heimatfront".
Glitzer & Gebrüll
Es gibt also genug Gründe zum heutigen Frauen*kampftag 2018 in Rostock gemeinsam auf die
Straße zu gehen. Lasst uns laut und kreativ sein und zeigen, dass wir solidarisch mit allen flti*-
Personen in ihren und unseren täglichen emanzipatorischen Kämpfen sind! Lasst uns in kleinen
Gesten, in deutlichen NEINs oder in politischen Aktionen daran arbeiten, die gläsernen Decken
dieser Welt endlich zu zersprengen. Dabei sagen wir nein zu rassistischer Vereinnahmung von
feministischem Kämpfen, nein zu antisemitischen Bündnissen auf women's marches und überall,
nein zur Ausspielung der Heiligen gegen die Hure. Deswegen lasst uns gemeinsam die Stimme
erheben, Räume erkämpfen und solidarisch leben!
Glossar:
Patriarchat: männliche Herrschaft
cis: Als Cis-Mann/Cis-Frau können jene bezeichnet werden, deren Geschlechtsidentität dem
Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
*: Das "Sternchen" dient in diesem Text dazu, auf die Konstruiertheit der Geschlechter hinzuweisen
& auf jene, die Männern und Frauen zugeordnet werden, sich selbst aber nicht in diesen
Konstrukten wiederfinden.
queer: Ursprünglich ein Schimpfwort aus dem Englischen (in etwa: störend; treffender: pervers),
wurde sich "queer" von den Beschimpften als positive Selbstbezeichnung angeeignet.
*** Charakter der Demonstration ***
Wir wünschen uns eine lautstarke Demonstration mit klaren politischen Aussagen an Passant*innen.
Wir wollen kein unnötiges Gepöbel und Rumgemacker. Wir wollen die Leute erreichen und nicht
abschrecken. Bei der Gelegenheit möchten wir darauf hinweisen, dass der vorderste Demoblock
FLTI* sein wird, also nur für FrauenLesbenTrans- und Interpersonen* zugänglich ist.
*** Kreative Beteiligung ***
Eine gute und eindrucksvolle Demonstrationen ist auf ihre Teilnehmer*innen angewiesen. Deshalb
könnt ihr euch gerne kreativ einbringen. Bringt Fahnen, Transparente, Luftballons – einfach alles
mit, was thematisch passt und das Anliegen der Demonstration unterstützt. Wer nichts zumMitbringen hat, für den haben wir auch selber noch was gebastelt. Die Sachen werden von uns vor
Ort verteilt oder können am Lautsprecherwagen abgeholt werden. Wir freuen uns, wenn ihr den
Kram auch nutzt, damit wir nicht umsonst gewerkelt haben.
*** National- und Parteifahnen ***
Wir wünschen uns weder National- noch Parteifahnen auf der Demonstration. Auch wenn
Menschen mit ihren Nationalfahnen vielleicht deutlich machen wollen, aus welchen Regionen der
Welt sie kommen, sehen wir diese Fahnen dennoch als Hoheitssymbole von Staaten. Unserer
Auffassung nach sind Staaten eher Teil als Lösung des Problems. Das Gleiche gilt auch für
Parteifahnen. Bitte respektiert das!
*** Gefahrenquellen ***
Auch wenn wir eine offene und bunte Demonstration wollen, die viele Mitmenschen erreicht, kann
es auch Gefahrenquellen am Demonstrationstag geben. Deshalb achtet bitte gut aufeinander, lasst
euch nicht von einzelnen Idiot*innen provozieren und leistet Notwehr, falls ihr angegriffen werdet.
Entdeckt ihr Neonazis und anderes rechtes Pack, dann weist eure Mitmenschen darauf hin und sagt
notfalls den Ordner*innen Bescheid. Störaktionen durch rechte Gruppen, vor allem
propagandistischer Natur, sind leider ebenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen.