A²F: Aktionswochen Gegen Antisemitismus in Köln

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Veranstaltungsreihe im Dezember 2017

Vom Antijudaismus zum sekundären Antisemitismus
in Kooperation mit SJ – Die Falken Köln
30.11. – 19h // Bottmühle, Severinswall 32

Aus einer historischen Perspektive soll die Entwicklung des Antisemitismus und seiner Ausformungen vermittelt werden. Dazu gehören Antijudaismus, sekundärer Antisemitismus sowie Formen des Antizionismus. Dabei geht es um die Klärung von Grundbegriffen und den Wandel der diskriminierenden Ideologie. Ebenfalls soll flexibel auf die Fragen und Interessensschwerpunkte der Teilnehmer*innen eingegangen werden um sie auf die restliche Veranstaltungsreihe vorzubereiten.

Let’s talk about the War – Zum Konflikt von Queer-Feminismus und Marxscher Antisemitismuskritik
Vortrag und Diskussion mit Felix Kronau
01.12. – 19h // Ludolf-Camphausen-Str.36

Verstehen wir das Versprechen einer Einheit in Nation und Volk – die Herkunft des Antisemitismus – sowohl als reaktionäre Abwehr kapitalistischer Gesellschaftsverhältnisse, als auch als Begehren formierendes Prinzip; eine Unvereinbarkeit von Antisemitismus-Kritik und Feminismus schiene absurd. Dennoch scheint es, da wo sich diese beiden Thematiken begegnen, gegenwärtig vor allem zu Konflikten zu kommen.

Auf der einen Seite stehen die Beobachtung eines ‚Rollbacks‘ hinsichtlich sogenannter Israelkritik und ggf. der Wunsch nach einem ‚guten altem Queer-Feminismus‘ ohne Debatten über Privilegien und Standpunkte. Gerade letzteres scheint sich aber allzu oft mit einer Sorge darüber zu mischen, was passierte, würde eine Kritik sexistischer Verhältnisse und Praktiken zu sehr zugespitzt. Auf der anderen Seite steht der Ansatz eines Versuchs, alle Formen von Unterdrückung als verbunden zu denken, der jedoch dabei zu scheitern schein der Spezifik des Antisemitismus Rechnung zu tragen. Es folgt eine Entsolidarisierung bei welcher Jüd*innen, mit jenen Formen der Herrschaft die es zu überwinden gelte, identifiziert werden.

Doch ist dieser Konflikt mit solch einer polarisierenden Gegenüberstellung ausgeschöpft und wie steht es um die Möglichkeit einer Queer-feministischen Kritik des Antisemitismus?

„Antisemit, das geht nicht unter Menschen!“
Anarchistische Positionen zu Antisemitismus, Zionismus und Israel, Vortrag und Diskussion mit Jürgen Mümken
02.12. – 19h // AZ Köln, Luxemburger Str.93

Zum Thema „Antisemitismus in der Linken“ wurde so viel geschrieben, dass man meinen könnte, es wäre alles gesagt. Gleichwohl bestehen nach wie vor große Forschungslücken, zum Beispiel zur Haltung der anarchistischen Bewegung. Mit „Antisemit, das geht nicht unter Menschen“. Anarchistische Positionen zu Antisemitismus, Zionismus und Israel legen Jürgen Mümken und Siegbert Wolf eine Textsammlung vor, um die ausstehende Debatte zu dieser Frage anzustoßen.
Die Herausgeber des vorliegenden Bandes sind zutiefst davon überzeugt, dass eine freiheitliche, sozial gerechte Gesellschaft nur dann erreicht werden kann, wenn zuvor auch eine der ältesten Gruppenfeinschaften der Menschheitsgeschichte, der Antisemitismus, der im letzten Jahrhundert durch den deutschen Nationalsozialismus zum schlimmsten Menschenverbrechen der Geschichte geführt hat, in den Köpfen und Herzen aller Menschen dauerhaft beseitigt wird.
Vor allem für radikale, gesellschaftsverändernde Bewegungen wie der anarchistischen ist eine intensiv, anhaltende Auseinandersetzung mit gesellschaftlich produzierten Vorurteilen wie Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Antiziganismus Grundlage dafür, diese Ressentiments im eigenen Denken und Fühlen und ebenso im öffentlichen, alltäglichen Handeln grundlegend zu überwinden.

Antisemitische Haltungen in historischer Frauenbewegung und aktuellem Feminismus
Ein Workshop von about:fem
04.12. – 18h30 // Café Fatsch, Josephkirchstr. 25

Anhand von theoretischen Inputs der Referentin und diversen Medienausschnitten soll leicht verständlich vermittelt werden, welche antisemitischen Motive in der historischen Frauenbewegung, sowie in aktuellen Feminismen zu finden sind. Verschiedene antisemitische Bilder des Feminisimus können dabei repräsentativ für antisemitische Haltungen allgemein betrachtet werden. Dazu kommt jedoch eine spezifisch antipatriarchale Argumentationsweise. Diskriminierende Haltungen im Feminismus müssen entlarvt und konfrontiert werden, damit dieser seiner intersektionalen Verantwortung gerecht werden kann. Bezogen wird sich unter anderem auf die (mangelnde) Aufarbeitung des NS-Regimes in der deutschen Frauenbewegung nach 1945, auf Antijudaismus in der feministischen Religionskritik sowie aktuelle Debatten über die Unterstützung der BDS-Kampagne durch Feministinnen wie Judith Butler oder Laurie Penny.

„Wie Lämmer zur Schlachtbank?“
Jüdischer Widerstand gegen den NS, Vortrag und Diskussion mit Michael Fehrin (Antirassistisches Bildungsforum Rheinland)
06.12. – 19h // AZ Köln, Luxemburger Str.93

„Sie haben sich wie Lämmer zur Schlachtbank treiben lassen!“: So oder ähnlich konnte man es an deutschen Stammtischen viele Jahrzehnte lang hören. Eine perfide These, die insbesondere den jüdischen Opfern der NS-Vernichtungsmaschinerie Passivität angesichts des Todes, wenn nicht sogar eine Mitschuld an ihrem Schicksal unterstellt. Ganz im Gegenteil haben sich jüdische Menschen, wenn es irgendwie möglich war, gegen den NS-Terror gewehrt. Der Vortrag bietet einen Überblick über den jüdischen Widerstand: Von mutigen Einzelkämpfer_innen, organisierten Widerstandsgruppen, kompletten Militäreinheiten und Partisan_innenverbänden bis hin zu Aufständen in Konzentrations- und Vernichtungslagern wird die Bandbreite des jüdischen Antifaschismus vorgestellt. Zudem wird die Frage erörtert, was eigentlich Widerstand während des NS-Regimes bedeutete und welche realen Spielräume für Nazi-Gegner_innen vorhanden waren.
Das Antirassistische Bildungsforum Rheinland (ABR) ist ein im Jahr 2000 gegründeter Verein, der politische Bildungsarbeit organisiert und koordiniert. Das Schwerpunkthema ist die fortschreitende Rechtsentwicklung in Politik und Gesellschaft. Das ABR kooperiert u.a. mit dem Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus der Hochschule Düsseldorf, dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz), der LOTTA – antifaschistische Zeitung aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen sowie den Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus in NRW. Es verfügt über einen Pool an Referent/inn/en, die in verschiedenen Berufsfeldern mit den Themen Rassismus, Antisemitismus, extreme Rechte, Jugendkulturen und Zeitgeschichte beschäftigt sind.

Israelsolidarität als Strategie der extremen Rechten
Vortrag und Diskussion mit Dennis Pesch – Journalist aus Düsseldorf, in Kooperation mit dem Bündnis gegen Antisemitismus Köln
12.12. – 19h // AZ Köln, Luxemburger Str.93

„Israel ist unsere Zukunft […]“ sagte Marcus Pretzell, AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Nordrhein-Westfalen, Germany, als er am 21. Januar 2017 in Koblenz bei der Konferenz der ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) des Europa-Parlaments die Eröffnungsrede hielt. Diese Aussage löste eine Debatte über das Verhältnis von extrem rechten Parteien zum jüdischen Staat aus, inner- und außerhalb der Alternative für Deutschland. Oft wurde dieser Satz isoliert betrachtet, obwohl es wichtig ist ihn zu Ende zu bringen: „Israel ist unsere Zukunft in der Form wie man mit dem Islam umgeht“. Hier wird das strategtische Moment der Aussage deutlich. Die extreme Rechte ist seit ihrem Bestehen antisemitisch, aus ihr ging das größte Verbrechen der Menschheit hervor: Der Holocaust (Die Shoa). Seit vielen Jahren vollziehen Teile der extremen Rechten nun einen strategischen Wandel. Eine unglaubwürdige Abgrenzung von Antisemitismus um sich in der politischen Mitte zu etablieren und nicht als extrem rechts zu gelten. Der Vortrag liefert einen geschichtlichen Überblick zum Verhältnis von extrem rechten Parteien und Organisationen zu Jüd*innen und zum jüdischen Staat, warum sich Teile der europäischen extremen Rechten heute als israelsolidarisch labeln, welche Strategie hinter diesem Vorhaben steht und welche Auswirkungen das auf den Aufstieg des europäischen Rechtspopulismus hat.
Referent: Dennis Pesch – Journalist aus Düsseldorf und schreibt für die akduell – Studentische Zeitung für Duisburg, Essen und das Ruhrgebiet im Ruhrgebiet, die Jungle World und den Sechel Blog. Dort schreibt er über Politik, soziale Bewegungen, (Anti-)Diskriminierung, Antisemitismus, die extreme Rechte und Fankultur.

„Die wilden Schafe“
Werner Portman über jüdisches Leben und jüdischen Anarchismus im 20. Jahrhundert
16.12. – 19h // Ludolf-Camphausen-Str. 36

Das Buch „Die wilden Schafe“ erinnert an zwei fast vergessene radikale jüdische Aktivisten und Theoretiker: Siegfried und Max Nacht, die sich später Stephen Naft und Max Nomad nannten, gehören in der Geschichte der europäischen und amerikanisch/jüdischen ArbeiterInnenbewegung – und nicht nur dort – zu den interessantesten Figuren. Ihre Texte, teilweise unter Pseudonym geschrieben, sind Bestandteil eines gesellschaftskritischen Diskurses geblieben, der sich gegen jede Art von Totalitarismus wendet. Das Buch ist ein erstmaliger Versuch, die Biographien von Max Nomad und Siegfried Nacht nachzuzeichnen. Es untersucht ihre Lebenswege, die von Buczacz, einem ostgalizischen Schtetl über Zürich, Paris und London nach New York führten und zeigt ihren praktischen und theoretischen Einfluss auf verschiedene Bewegungen. Dabei wird dokumentiert, wie Siegfried Nacht im deutschen Sprachraum einen wesentlichen Beitrag leistete zur Bekanntmachung und Verbreitung des Syndikalismus, inspiriert von der spanischen und französischen syndikalistischen ArbeiterInnenbewegung. Ebenso wird die damit verbundene antimilitaristische Propaganda in verschiedenen Ländern untersucht.
Werner Portmann, geb. 1958, Publizist, lebt in Zürich. Etliche Publikationen zur ArbeiterInnenbewegung und Filmgeschichte, u.a. Texte zu Carl Einstein, Oskar Maria Graf, Luigi Luccheni und Heiner Koechlin.

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