Leipzig: „Bullenschweine raus aus dem Viertel!“

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"Tatort"

Seit ein paar Wochen hat der neue Leipziger Polizeipräsident seine Einheiten auf Connewitz los gelassen. Es patrouillieren Bereitschaftspolizisten zu Fuß durch die Straßen, die Pferdestaffel reitet durch die Gegend und auch die Fahrradpolizei ist jetzt zu sehen. Manchmal gibt es auch einen Mix aus Ordnungsamt und Polizei, die im Rudel auftreten. An den Hubschrauberlärm wurde sich als feste Institution über den Stadtteil schon fast gewöhnt. Vergessen sind auch nicht die Misshandlungen von Jugendlichen im örtlichen Polizeiposten (https://de.indymedia.org/node/21847).

Eine erneute Bedrohung seitens der Polizei gegen die Bewohner*innen von Connewitz wurde am vergangenen Samstag entsprechend beantwortet. An jenem Abend fanden sich Menschen, wie eigentlich fast immer auf den Straßen im Stadtteil zusammen um die Zeit miteinander zu verbringen. In der Nähe vom Herderpark wurde sich unterhalten, Musik gehört, getrunken und Fußball und Frisbee gespielt. Für die Bereitschaftspolizei wieder Grund genug als „ krasseste Gang“ die Straßen rauf und runter zu fahren, wussten sie doch nach dem Neonaziaufmarsch in Chemnitz und einer Demonstration in Leipzig nichts mit ihrer Zeit anzufangen.

 

Als ein Wanne dann Schwierigkeiten hatte durch eine Gruppe von Menschen zu fahren, wurde die Verstärkung angefordert und mehrere Wannen tauchten auf der Wolfgang-Heinze-Straße auf, machten den Weg frei und kassierten alle Bälle ein. Ein Teil der Wannen rückte ab, zwei postierten sich gegenüber vom Park. Als eine Person versuchte sich auf einem dieser Fahrzeuge zu verewigen und dabei von den Polizisten gehindert wurde, flogen Steine, Flaschen und Pyro auf die Autos.

 

Die Polizei zog sich kurz zurück um später aufzutauchen und „den Tatort“ zu sichern und spuren zu nehmen. Die Straße wurde für den Verkehr gesperrt. Immer wieder wurden Bewohner*innen an ihren Heimweg auf dem Gehweg gehindert und von der Polizei bedrängt. Ein Mensch, der nach Hause gehen wollte, wurde von der Polizei zu Boden gerungen und verhaftet. Solidarisches eingreifen anderen Menschen wurden mit Bedrohungen und Gewalt von der Polizei beantwortet.

 

Ein paar Stunden später soll es in einer anderen Straße noch zu einem Angriff auf Polizeiautos gekommen sein, auch hier sperrte die Polizei die Straße bis zum Mittag des nächsten Tages und „sicherte den Tatort“. Es wurde eine Hundertschaft aus Hannover angefordert (kam sicherlich eher aus Chemnitz vom Neonaziaufmarsch), die am Sonntag um 6 Uhr früh in Leipzig eintraf und natürlich in der Stö geparkt werden musste.

 

Wie immer gibt es nur eine Pressemeldung dazu von der Polizei, die ohne das Geschehen richtig wieder zu geben von allen möglichen Medien und anderen übernommen wird.

 

Zu erwähnen wäre hier die Bundestagsabgeordnete der Grünen für Leipzig, Monika Lazar, die auf Twitter schreibt: „unnötig und unsinnig, vor allem wenn man vorher für eine solidarische Gesellschafft demonstriert... #Connewitz“

 

Sie schlägt hier einen Bogen von der Demonstration „Fight for your Future!“ (https://fightforyourfuturele.noblogs.org/) #LE0106 zu den Ereignissen am Abend. Dabei zogen 500 hauptsächlich junge Menschen durch Leipzig und wurden während der Demonstration von Faschos und türkische Nationalisten bedroht und provoziert. All dies wurde zum Glück solidarisch und konsequent von der Demo beantwortet.

 

Eine Politikerin der Grünen im Bundestag, die nicht auf der Demo oder Abends im Viertel war, die Teil eine Partei ist, die Kriege führt und jedes rassistische Gesetz in diesem Land mit unterstützt und trägt, sollte beim Thema „solidarische Gesellschaft“ einfach die Fresse halten. Im Viertel gibt es nur eine solidarische Politikerin, die kennen alle und auch sie wird nicht wegen, sondern trotz der Partei gewählt in der sie ist.

 

Im Stadtteil müssen sich die Menschen langsam überlegen, wie sie mit der permanenten Bedrohung durch die Polizei und deren Schikanen umgehen wollen. So notwendig die Reaktion am Samstag war, kann dies nicht alles sein.

 

Beim Angriff auf die Polizeiautos wurden auch andere Fahrzeuge beschädigt, hier wäre es sicherlich nicht das schlechteste, wenn den Betroffenen bei etwaigen Problemen mit der Reparatur geholfen werden würde. Wir leben alle in diesem Viertel, müssen alle die Repression ertragen und werden nur gemeinsam dagegen vor gehen können, hierzu gehört auch, dass wir alle aufeinander achten und uns helfen.

 

Eine Parole am Abend war „Bullenschweine raus aus dem Viertel“ und dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Bewohner*innen aus Connewitz

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Ergänzungen

Randale im Leipziger Stadtteil Connewitz – Vermummte bewerfen Polizisten

Nach einer friedlichen Demonstration ist die Stimmung im Leipziger Stadtteil Connewitz umgeschlagen. Vermummte griffen in der Nacht zum Sonntag mehrfach Polizisten an.

Leipzig

Randale im Leipziger Stadtteil Connewitz: Im Anschluss an die friedliche Demonstration unter dem Motto „Fight for your Future“ sind am Samstagabend Einsatzkräfte der Polizei von Vermummten angegriffen worden. Der Übergriff sei gegen 23.30 Uhr am Herderplatz erfolgt, teilten die Beamten mit. Eine unbekannte, größere und vermummte Gruppe habe Polizeiautos mit Steinen beworfen. Die Randalierer hätten Sturmhauben getragen. „Hierbei wurden zwei Polizeiautos und ein drittes unbeteiligtes Fahrzeug beschädigt“, erklärte Polizeisprecherin Katharina Geyer.

Nebeltopf platziert

Die Einsatzkräfte hätten den Tatort anschließend weiträumig abgesperrt. Die Angreifer ließen trotzdem nicht locker und hätten mehrfach weiter versucht, die Polizei mit Flaschen zu bewerfen und einen Nebeltopf an der Wolfgang-Heinze-Straße anzuzünden.

Vermummte griffen schließlich um 3 Uhr die Beamten abermals an. Sie warfen den Angaben zufolge im Bereich Hammerstraße/Biedermannstraße mit Steinen auf die Polizisten.

Eine Festnahme

Zwei Tatverdächtige wurden von den Ordnungshütern gestellt. Einen von ihnen nahmen die Polizisten vorläufig fest. Ermittelt wird nun wegen des Verdachts auf Landfriedensbruchs, mehrerer versuchter gefährlicher Körperverletzungen, versuchter Körperverletzung und Beleidigung. Zudem wurde das Hantieren mit dem Nebeltopf als Ordnungswidrigkeit eingestuft.

Durch die Angriffe sei kein Polizist verletzt worden. Die Höhe des entstandenen Schadens ist noch unklar, die Ermittlungen dauerten auch am Sonntag noch an.

Die Ermittler bitten Zeugen, sich bei der Kriminalpolizei, Dimitroffstraße 1 in 04107 Leipzig,

Von Matthias Roth

"Solidarisch" also... strategisch geniale Schachzüge im Name und Interesse der Kiezbewohner. Für den Erhalt des Stückchens Freiheit, die wir noch geniessen können. In einem inklusiven und progressiven Mikrokosmos voller regenbogenkotzender Einhörner. Durch stichfest argumentierte und kreativ vorgetragene Fundamentalkritik, die dem System keine Angriffsfläche für Repressionserweiterungen bietet, sondern Nachsicht und Zugeständnisse im Interesse unseres Fortbestands erzwingt.

Manchmal fühlt es sich an, als hingen die neuen Macker-Kids mit ihren pseudoantifaschistischen Beissreflexen auch nur wie ein Damokles-Schwert über Connewitz. Es mangelt ja in der Welt eigentlich nicht gerade an Anlässen, bei denen triebgesteuertes Draufhauen nachvollziehbar und angebracht wäre. Ob das jetzt so eine applaudierenswerte Nummer war?