Kiel: Kundgebung „Kreuzfahrt? Nein, danke!“ provoziert Hafenmitarbeiter*innen

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Die Kreuzfahrt-Saison in Kiel beginnt – da darf Protest gegen die stinkenden Pötte nicht fehlen. Heute haben wir zeitgleich zum Anlegen des ersten Schiffes eine Kundgebung veranstaltet und damit die „Port of Kiel“-Mitarbeiter*innen gehörig verärgert.

Gegen 9 Uhr versammelten wir uns mit 30 Personen am angemeldeten Kundgebungsort. Wir waren direkt dort, wo die Passagier*innen vom Schiff in die Busse verfrachtet wurden und haben Flyer verteilt. Nach kurzer Zeit kam ein Security und versuchte uns dort zu verscheuchen. Wir haben ihm dann erklärt, dass das Ordnungsamt und nicht er, über unseren Versammlungsort zu entscheiden hat. Kurze Zeit später hatte er sich dann 20 Polizist*innen zur Verstärkung geholt, die uns zum anderen Ende des Terminals begleitet haben. Anscheinend hatte die Versammlungsbehörde Auflagen erlassen, aber versäumt uns dies rechtzeitig mit zu teilen.

Auch auch auf der Fläche, die uns die Ordnungsbehörden zugewiesen haben konnten wir die Versammlung nicht ungestört fortsetzen. Erst versuchte die Polizei zwei Menschen – unter anderem der Versammlungsleitung – einen Platzverweis zu erteilen. Nach längerer Diskussion stellten sie dann aber selber fest, dass das rechtlich nicht so schlau ist. Die neue Strategie bestand dann darin, dass ein „Port of Kiel“-Mitarbeiter vehement darauf bestand, dass sein Hausrecht über unserem Versammlungsrecht steht und er somit die ganze Versammlung vom Platz entfernen darf. Die Polizei unterstützte ihn dabei und nach längerer Diskussion zogen wir dann ein zweites Mal um, diesmal auf den Bürgersteig direkt an der Straße. Dieses Verhalten der Polizei und des Seehafens ist eine Verletzung unserer Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit, offensichtlich hatte die Polizei keinerlei Ahnung vom Versammlungsrecht.

All das zeigt, dass selbst kleine Proteste dem Kreuzfahrt-Unternehmen ein ziemlicher Dorn im Auge sind. Diese sind auf das gute Image ihrer Schiffe angewiesen und wenn das erstmal angekratzt ist…

Eigentlich sollte die Saison schon eine Woche früher los gehen. Das erste angekündigte Schiff, die „Viking Sky“, geriet jedoch in einen Sturm bei Norwegen in Seenot und musste deshalb die Fahrt absagen. Natürlich wünschen wir keinem ein Schiffsunglück, aber wir freuen uns über jedes Kreuzfahrtschiff weniger. Denn Kiel ist jetzt schon überlastet mit Schiffen und Passagier*innen: 2018 waren es knapp 600.000 auf 170 Schiffen. Das wird sich in diesem Jahr noch steigern. Bisher sind knapp 180 Schiffe angemeldet. Und gerade wird sogar noch ein weiteres Terminal gebaut, welches 2019 fertig gestellt werden soll.

Wir bleiben dabei: Jedes Schiff ist eines zu viel! Es gibt keine saubere Kreuzfahrt!

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Ergänzungen

 

Die Schattenseite der Kreuzfahrtschiffe müsste sich inzwischen bis in jedes Wohnzimmer (in Deutschland, Österreich und der Schweiz) herumgesprochen haben, daß die Kreuzfahrtschiffe totale Drecksschleudern sind und die Arbeitskräfte massiv ausgebeutet werden.

 

"Das Gros der Schiffe pustet große Mengen Schwefeloxide, Stickoxide, Ruß, Feinstaub und Schwermetalle weitestgehend filterlos in die Umwelt.

 

Auf hoher See wird weiterhin hochgiftiges Schweröl verbrannt, in den Häfen laufen die Schiffe rund um die Uhr mit Schiffsdiesel, der die Grenzwerte der Autoindustrie deutlich überschreitet. Auch die CO2-Emissionen einer Kreuzfahrt sind beträchtlich."

 

"Nur wenige Schiffe sind mit Rußpartikelfilter ausgestattet. Ohne Filter stößt ein Kreuzfahrtschiff laut Nabu pro Kilometer so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Pkw. Im Gegensatz zur Straße gibt es auf See keine gesetzlichen Regelungen für die Filter. Hinzu kommt: viele Kreuzfahrtschiffe fahren noch mit Schweröl. Auch in den Häfen brauchen die Schiffe viel Energie. Um zum Beispiel Klimaanlagen, Licht, Gastronomie, am Laufen zu halten, läuft ein Kreuzfahrtschiff im Liegebetrieb mit Schiffsdiesel."

 

"Hochsee-Kreuzfahrtschiffe sind in aller Regel nicht in den Ländern registriert, in den die Reedereien operieren. Alle deutschen Hochsee-Kreuzfahrtschiffe fahren unter fremder Flagge, sie sind in Steueroasen wie Malta oder Ländern wie Italien, US-amerikanische Schiffe z.B. auf den Bahamas oder in Panama registriert. Dort gelten Arbeits- und Sozialstandards, die weniger streng sind als die deutschen Vorschriften. Auch steuerlich bietet das Ausflaggen den Reedereien Vorteile."

 

makro: Kreuzfahrt Fieber - Zwischen Traum und Albtraum Doku (2018)

 

https://www.youtube.com/watch?v=0A5nxF5RaZM

 

"Ich bezeichne sie als Monster"

 

Früher waren sie ein Millionärsprivileg. Heute sind Kreuzfahrten ein gefährliches Massengeschäft. Wolfgang Meyer-Hentrich hat darüber mehrere Bücher geschrieben.

 

https://www.zeit.de/entdecken/reisen/2019-03/wolfgang-meyer-hentrich-wah...