56 Jahre FARC-EP: Eine Diskussion zum bewaffneten Widerstand

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Der Name Marquetalia, der Name FARC, steht für ein revolutionäres Projekt, dass sich heute in unterschiedliche Richtungen entwickelt hat. Und doch lässt sich nicht abstreiten, dass durch den Verrat der Regierung an dem Friedensabkommen die Frage nach der Legitimität eines bewaffneten Kampfes zur Durchsetzung seiner politischen Ziele in einem höchst aggressiven und repressiv agierenden Staate, mehr denn je aktuell geworden ist. Anbei dokumentieren wir Auszüge aus den Erklärungen der Partei FARC und der aufständischen Organisation FARC-EP, Zweites Marquetalia, die sich genau damit auseinandersetzen.

Der militärische Angriff auf die Region Marquetalia mit 16.000 Soldaten der kolumbianischen Armee und mit Unterstützung durch das Pentagon der Vereinigten Staaten markierte den Anfang und den Aufstieg der FARC-EP am 27. Mai 1964. Auch wenn die FARC-EP heute geteilt ist, in eine politische Partei aus dem Friedenabkommen heraus entstanden, in mehrere sich wiederbewaffnende Organisationen, und jede Partei von sich behauptet, legitimer Nachfolger des revolutionären Projektes zu sein, so kann die große Geschichte der aufständischen Bewegung nicht geleugnet werden.

Die damalige kolumbianische Regierung unter Álvaro Gómez Hurtado wollte die sogenannten „unabhängigen Republik“ von Bauern gewaltsam unterwerfen. Die Bauern hatten sich mit ihren Familien in entlegene Regionen des Landes zurückgezogen, geflüchtet von der Gewalt des Staates und seiner paramilitärischen Helfershelfer. Hier, in den Bergen, wollten sie ihren selbstverwalteten Traum eines gleichberechtigten und demokratischen Lebens verwirklichen. Marquetalia war ein kleiner kommunistischer Mikrokosmos von Bauern, der sich durch die staatliche Repression in eine der größten aufständischen Organisationen der Welt entwickelte.

Dieser 27. Mai, Jubiläum des 56. Jahrestages der Gründung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee (FARC-EP), ist zugleich die Erinnerung und Hommage an einfache Menschen, die mehr als ein halbes Jahrhundert mit ihren Ideen und Waffen für die Emanzipation und für die soziale Gerechtigkeit kämpften. Unter einfachen Bedingungen wollten sie sich der Schmach des Ausbeuter- und Diebesregime widersetzen, sich von Armut, Elend Korruption, Ungleichheit, politischer Ausgrenzung und Unterdrückung befreien.

Wurde dieses Ziel mit dem Abschluss des endgültigen Friedensabkommens von Havanna erreicht, in welchem die FARC-EP die Waffen niederlegten und in eine politische Partei konvertierten? Sicher nicht! Davon zeugen nicht nur die Erklärungen der politischen Partei FARC in ihren Erklärungen, sondern vor allem die politische und wirtschaftliche Situation im Land. Davon zeugen die Arroganz und die Tücke des kolumbianischen Staates, wie es mit dem zwischen beiden Akteuren des bewaffneten und sozialen Konfliktes vereinbarten Abkommens umgeht. Davon zeugen die ermordeten Guerillakämpfer nach dem Abschluss des Friedensabkommens, ihre ermordeten Familienmitglieder und die Hunderten Toten an sozialen Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger. Davon zeugen auch die Hunderten politischen Gefangenen im Land, unter ihnen noch 300 Gefangene der ehemaligen FARC-EP.

Kein Wunder also, dass der bewaffnete der Kampf der aufständischen FARC-EP mit dem Friedensabkommen nicht aufgehört hat. Zu den damaligen Kritikern und sogenannten Dissidenten der 1. Front Armando Ríos unter Gentil Duarte haben sich unzählige weitere Personen und Gruppen gebildet. Neue Strukturen sind im Westen mit dem Westlichen Koordinationskommando oder der medial und durch ihre Führungspersonen um Iván Márquez und Jesús Santrich sehr stark politisch agierenden Struktur „Zweites Marquetalia“ entstanden. Und auch aufgrund der Unzufriedenheit mit Ausrichtung und Führung der politischen Partei FARC, sind neue Strukturen entstanden, die neben der Partei auf friedlichem Weg für ein anderes, ein neues Kolumbien kämpfen.

Der Name Marquetalia, der Name FARC, steht für ein revolutionäres Projekt, dass sich heute in unterschiedliche Richtungen entwickelt hat. Und doch lässt sich nicht abstreiten, dass durch den Verrat der Regierung an dem Friedensabkommen die Frage nach der Legitimität eines bewaffneten Kampfes zur Durchsetzung seiner politischen Ziele in einem höchst aggressiven und repressiv agierenden Staate, mehr denn je aktuell geworden ist. Anbei dokumentieren wir Auszüge aus den Erklärungen der Partei FARC und der aufständischen Organisation FARC-EP, Zweites Marquetalia, die sich genau damit auseinandersetzen.

 

Hier die ersten Absätze des Kommuniqués der Partei FARC, mit einem historischen Grundriss, aber auch den Herausforderungen und der Nichteinhaltung der Regierung bezüglich des Friedensabkommens:

„Zu dem historischen Kampf um den Besitz des Landes, der zu der abscheulichen politischen Gewalt der 1940er und 1950er Jahre geführt hatte, wurde im Laufe der Jahre ein ausländischer Bestandteil hinzugefügt. Ein antikommunistischer Kreuzzug der Vereinigten Staaten auf dem Kontinent, der in der Militärdoktrin der Nationalen Sicherheit Gestalt annahm, machte Karriere für alle lateinamerikanischen Armeen und einen großen Teil der Regierungsparteien.

Jeder Ausdruck politischer Nichtübereinstimmung war eine subversive Aktivität zugunsten der kommunistischen sowjetischen Expansion. Es war daher ein Angriff auf die nationale Souveränität, der von getarnten Agenten, wahren inneren Feinden, durchgeführt wurde, in der zum Wohl des Landes, die Demokratie und die Freiheiten ausgerottet werden mussten. Die bescheidenen marquetalischen Bauern waren Ziel einer Kriegserklärung zum Tod.

Die achtundvierzig Bauern hatten keine andere Wahl, als mit Waffen um ihr Leben zu kämpfen und fügten ihrem Widerstand ein weiteres Banner hinzu, nämlich die Machtergreifung für das Volk. Dies beinhaltete eine weitreichende militärpolitische Arbeit, die in einem strategischen Plan umgesetzt wurde. Gleichzeitig erwogen sie jedoch auch die Möglichkeit, das Land durch eine Lösung des Dialogs, die das nationale Leben demokratisieren würde, vor den Schrecken des Krieges zu retten.

Nach 52 Jahren des bewaffneten Kampfes wurde endlich das Friedensabkommen abgeschlossen, in dem sich Staat und Aufständische auf tiefgreifende politische und soziale Reformen einigten, die das Niederlegen der Waffen und die Umwandlung der revolutionären Armee in eine legale politische Partei ermöglichten. Der Konflikt hinterließ mehr als 8 Millionen Opfer, Hunderttausende Tote, Verschwundene, Eingesperrte, Vertriebene und Exilierte. Ein Horror, den nur verrückte Menschen in Kolumbien wiederholen wollen.

Heute sind wir eine Partei, die sich für den Frieden mit sozialer Gerechtigkeit einsetzt, überzeugt davon, dass ihre beste Waffe das Wort ist und sich völlig von den gewalttätigen Formen politischer Aktivität distanziert. Nicht weil wir glauben, dass der kolumbianische Staat friedlich ist oder seine Doktrin der nationalen Sicherheit aufgegeben hat, sondern weil wir uns darüber im Klaren sind, dass nur eine gigantische Massenbewegung, die sich aus nationalen Mehrheiten zusammensetzt, eine tiefgreifende Transformation des Landes erreichen kann.

Eine politische Partei, die mit Widrigkeiten konfrontiert ist, aber die nötige Entscheidung und Entschlossenheit besitzt, um sie zu überwinden und in ein Gut für die Nation zu verwandeln. Wir sind Opfer mehrerer Feindseligkeiten, täglich ermorden, bedrohen und verdrängen sie Friedensunterzeichner. Wir leben in einer Regierung, die die Erfüllung der Vereinbarungen simuliert und ihre Absicht ankündigt, sie entsprechend ihren Bedürfnissen zu ändern. Wir werden von der Regierungspartei im Kongress und von Presseständen verleumdet.“ (…)

 

Anbei dokumentieren wir Teile des Kommuniqués der sich unter Waffen befindlichen FARC-EP, Zweites Marquetalia, welches ebenso mit einem historischen Teil beginnt, wir aber vor allem auf den Teil eingehen, der sich mit der Legitimität zur Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes befasst:

(…) „Die FARC wurden aus dem Verrat des Staates an dem im Jahr 58 vereinbarten Frieden und aus dem Mord an dem bemerkenswerten Guerilla-Führer von Marquetalia, Jacobo Prías Alape, dem Verhandlungsführer dieses Friedens, geboren. Er wurde im Januar 1961 in Gaitania aus politischen Gründen Kommunist zu sein getötet.

Der kolumbianische Staat ist ein verräterischer Staat; schlechte Gewohnheiten, errichtet als verfluchtes Erbe von Santander dem Symbol der Oligarchien, die seit 200 Jahren die Macht innehaben. Der Staat betrügt und hält sich nicht an das Versprechen. Es respektiert keine Friedensabkommen; er verrät sie. Guadalupe Salcedo, Jacobo Prías, Carlos Pizarro und Alfonso Cano, alle Guerillakommandanten, sind im Rahmen von Friedensprozessen gefallen, wie die 5.000 Toten der Unión Patriótica nach dem Abkommen von La Uribe und die 200 Guerillakämpfer, die nach der Unterzeichnung des Abkommens von Havanna getötet wurden.

Ein Staat, der ein Friedensabkommen nicht respektiert, verdient nicht den Respekt der Regierungen oder der Völker der Welt.

Der Verrat war nicht so sehr für die FARC, sondern für das kolumbianische Volk, das mit der Nichteinhaltung und der Tücke des Staates das Recht auf Frieden mit sozialer Gerechtigkeit, würdigem Leben, politischer Partizipation, physischer Sicherheit, Zugang zur Wahrheit und Freiheit, das Ende des schmutzigen Krieges verweigerte, der weiterhin die schönsten Leben von sozialen Führerinnen und sozialen Führern, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte von Gemeinschaften einsetzen, verfälscht. (…)

Die FARC-EP, Zweites Marquetalia, wurden aus dem Verrat und der Tücke des kolumbianischen Staates geboren. Marquetalia ist nur eins, einverstanden. Und das zweite ist die Kontinuität des im Mai 1964 begonnenen bewaffneten Kampfes, der ohne Waffenstillstand und ohne Ruhe fortgesetzt wird, bis wir völligen Frieden haben, als Verpflichtung einer neuen Regierung, einer breiten demokratischen Koalition, die es den Kolumbianern ermöglicht, das Land in vollem Umfang zu genießen mit den höchsten aller Rechte.“ (…)

Vollständiges Kommuniqué der Partei FARC

Vollständiges Kommuniqué der FARC-EP, Zweites Marquetalia

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