I don't like Mondays - "Corona-Spaziergänge" in Neubrandenburg (04.05 & 11.05.2020)

 

I dont like Mondays 

 

Der Nordkurier berichtete am Montag Abend zunächst von einer Anti-Corona-Demo in Neubrandenburg, welche mit einer Teilnehmerzahl von etwa 100 Leuten durch die Innenstadt und um den Friedrich-Engels-Ring zog. Später korrigierte die Zeitung die Zahl nach oben. Daran, dass an der Demonstration (die um 19.00 Uhr am Kulturfinger startete), in Wirklichkeit circa 250 Menschen teilnahmen, ist das Lokalblatt nicht ganz unbeteiligt.

 

 

 

I dont like Mondays

 

Der Nordkurier berichtete am Montag Abend zunächst von einer Anti-Corona-Demo in Neubrandenburg, welche mit einer Teilnehmerzahl von etwa 100 Leuten durch die Innenstadt und um den Friedrich-Engels-Ring zog. Später korrigierte die Zeitung die Zahl nach oben. Daran, dass an der Demonstration (die um 19.00 Uhr am Kulturfinger startete), in Wirklichkeit circa 250 Menschen teilnahmen, ist das Lokalblatt nicht ganz unbeteiligt. Machte es doch mit einem Artikel vom 10.05. potenzielle Interessent*Innen erst auf das Event aufmerksam, welches bis dato in Sozialen Medien und Messengern beworben worden ist.

 

Unter den Teilnehmer*Innen der Demonstration befand sich auch eine skurrile Mischung aus extremen Rechten, Reichsbürgern, Impfgegnern, Verschwörungsphantasten und Esoterikern. Ähnlich einem „Spaziergang“, welcher bereits eine Woche zuvor rund 30 Personen anzog.

 

Für den 11. Mai 2020 teilte der Nordkurier mit, dass Polizei und Ordnungsbehörden keinerlei Anmeldung für die Veranstaltung vorlag, obwohl diese mit primitiven Online-Flyern bereits 2 Tage vorher beworben wurde. Offensichtlich wurden über 200 Menschen durch öffentliche Werbung in sozialen Medien, Chatgruppen in diversen Messengern sowie durch die Berichterstattung der örtlichen Tageszeitung mobilisiert.

 

Erdacht und geplant wurde diese (sowie die vorherige) Veranstaltung in einschlägigen Chatgruppen, deren Teilnehmer*Innen sich permanent unter Verwendung von Hass und Hetze mit der Tagespolitik, Gott und der Welt auseinandersetzen und verschrobene Weltsichten miteinander wetteifern lassen. So sei zum Beispiel die Chatgruppe „Patrioten NB“ genannt. Einer der Köpfe dieser Initiative ist Martin Skroch, ein exponierter Vertreter der Identitären Bewegung in Norddeutschland. Dieser war auf beiden Veranstaltungen anwesend und koordinierte offensichtlich Abläufe.

 

Und auch wenn in dem Pulk der Spaziergänger wenige „Durchschnittsbürger“ mitliefen, setzte sich das Gros der Teilnehmenden aus einer skurrilen Melange von extrem (Alt- und Neu)Rechten, AFDlern, verschwörungsaffinen Wutbürger*Innen, Motorradclub-Rockern und anderen „Herrenmenschen“ zusammen, und weist eine erschreckende Überschneidung zu den zurückliegenden PEGIDA-Veranstaltungen auf. Viele der Teilnehmenden liefen auch bereits auf deren Veranstaltungen mit.

 

Bekannte Gesichter, welche die Unterwanderung der angeblichen Corona-Proteste durch die extreme Rechte veranschaulichen, sind zum Beispiel, der oben genannte, Aktivist der Identitären Bewegung, Martin Skroch oder der NPD-Anhänger und HDJ-Mitglied* Steve Neitzel. Doch dies sind keine Ausnahmen oder Einzelfälle von Teilnehmer*Innen mit rechten Einstellungen auf dem Spaziergang. So fanden sich hier auch Marco Boldt (der seit Jahren regelmäßig an NPD Demos teilnimmt), David Piskorski (der 2012 auf Facebook einen „autonom böck“ in Neubrandenburg gründen wollte und bis heute aktiver Neonazi ist), Siegbert Piskorski (MV-GidA Teilnehmer mit Hakenkreuztattoo), Jan „Borsti“ Wegner (Neonazi, MV-GidA Teilnehmer und beteiligt an einem Angriff auf linke Jugendliche in Neubrandenburg am 5. Mai 2016) sowie Matthias Gaedke (gewaltbereiter Neonazi, Stammgast auf rechten Aufmärschen und unter anderem beteiligt an einem Angriff auf eine Jugendgruppe in Burg Stargard im August 2015).

 

Wo der Nordkurier die Anwesenheit des Ratsherrn und Gastronomen/Hotelier Marco Messner (CDU) auf dieser Demo noch benennt, vergisst er die Teilnahme von AFD Mitgliedern und Sympathisanten zu erwähnen. Mit dabei waren unter anderem Peter Fink (Sprecher AfD-Kreistagsfraktion MSE), Andreas Rösler (AfD-Stadtvertreter Burg Stargard & Mitglied AfD-Kreistagsfraktion MSE), Kurt Kadow (Kandidatur auf AfD-Liste für die Stadtvertretung Neubrandenburg), Christian Rogge (AfD-Sympathisant & Wahlkampfhelfer), Maik Ohlenforst (AfD-Mitglied), und noch ein bunter Strauß von Leuten die immer wieder bei AfD-Veranstaltungen, MV-GidA oder Fridays gegen Altersarmut auftreten . Das AFD-Mitglied des Bundestages, Enrico Komning, bedauerte später auf seiner Facebook-Seite, dass es nicht dabei sein konnte, da er in Berlin war. Er nimmt es sich für die nächste Woche aber ganz feste vor.

 

Und sonst? Auch wenn man so etwas einen Spaziergang nennt, handelt es sich um eine öffentliche Demonstration, die dem Versammlungsrecht unterliegt. Wie der Nordkurier berichtete, war die Demo bis zum Schluss nicht angemeldet, niemand zeichnete verantwortlich. Dennoch entschied sich die Polizei dazu, wie sie der Tageszeitung gegenüber äüßerte, die Demo nicht abzubrechen, solange sie friedlich bleibt und die Hygieneregeln eingehalten werden. Die Polizei muss eine andere Veranstaltung beobachtet haben. Denn, wie Nordkurier- und NDR-Reporter beobachten und dokumentieren konnten, wurde eine Stadtvertreterin der Partei Die Linke durch Demonstrant*Innen bespuckt und verletzt. Eine Anzeige wurde durch die Polizei aber doch aufgenommen. Zudem trug kein einziger der Teilnehmenden einen vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz, Abstände zwischen den circa 250 Teilnehmern waren im Verlauf der Demo nicht auszumachen. Ohne Anmelder*In und Absprachen zu Routen o. ä. konnten sich die Teilnehmer*Innen frei Schnauze durch die Stadt bewegen, während die Polizei die passierten Kreuzungen sperrte und Wege freimachte. Ein Privileg, dass sicher nicht jeder unangemeldeten Veranstaltung zu Teil werden dürfte.

 

Nun finden diese von Rechten unterwanderten Corona-Demos auch in anderen Städten statt und die Adressat*Innen sind überall ähnlich krude. Doch die Umstände in Neubrandenburg sind schon besonders. Die (hoffentlich wenigstens ungewollten) Annehmlichkeiten, die Nordkurier und Polizei den lokalen Demonstrant*Innen zugestanden haben, werden einer rasanten Zunahme der zukünftigen Teilnehmer*Innenzahlen sicher nicht entgegenstehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Art von „Spaziergängen“ zeitnah enden wird. Die Parallelen zu den Entwicklungen von Pegida-Aufmärschen in unserer Stadt sind nicht nur personeller Art. Das Thema ist den rechten Hetzern dabei wirklich egal, der Aktionismus und die Öffentlichkeit zählen.

 

 

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Ergänzungen

Noch etwas Zusatzinfos zu genannten  AfDlern:

Peter Fink ist derzeit auch Fraktionsvorsitzender der AfD in der Neubrandenburger Stadtvertretung und Ohlendorf war sachkundiger Einwohner für die und wurde gerade abgerufen.