Pandemie „künstlich geschaffen“?

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Die sächsische AfD verbreitet auf offiziellen Parteiwebsites eine wirre Verschwörungserzählung zur Corona-Pandemie: Demnach seien der Ausbruch und die Bekämpfung des Virus geplant worden. Die Rede ist von einflussreichen „Initiatoren“ und gezielten Infektionen. Belege? Gibt es nicht. Die Fake-Geschichte stammt offenbar aus dem Umfeld eines Landtagsabgeordneten.

Auf die Corona-Krise hat die sächsische AfD erst staatstragend reagiert, sie forderte die Ausrufung des Notstands und die Stilllegung des öffentlichen Lebens. Neuerdings vertritt sie das Gegenteil und will die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie rasch beenden. Heute kam eine weitere Variante dazu: Auf offiziellen Onlinepräsenzen der Landespartei wird eine Verschwörungstheorie verbreitet. „Der Ausbruch des Corona-Virus wurde geplant“ – so ist ein Beitrag überschrieben, der auf der Website des Landesverbandes abrufbar ist. Der gleiche Text erschien auch bei der „Blauen Landespost“, dem offiziellen Online-Magazin des Sachsen-AfD. Dort wurde der Text sogar auf der Startseite verlinkt.

Pandemie und Opfer geplant?

In dem Artikel wird behauptet, dass sowohl der Ausbruch der Pandemie, als auch die Maßnahmen zu deren Eindämmung einem vorbereiteten Plan entsprechen würden. Selbst Todesopfer seien durch die „Initiatoren“ bewusst eingeplant worden. Als angebliche Urheber*innen werden der ehemalige US-Präsident Barack Obama, der Software-Unternehmer und Philantrop Bill Gates sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel namentlich benannt. Insgesamt handle es sich um eine „künstlich geschaffene Corona-Krise“.

Derzeit gäbe es zudem Versuche, „die weit hinter dem Plan zurückliegenden Infiziertenzahlen zu erhöhen“, heißt es weiter. Einleitend wird bemerkt, man solle zu dem Thema „selber recherchieren und eine eigene Meinung bilden“. Zu den weitreichenden Behauptungen werden etliche Internet-Quellen angegeben, darunter auch Beiträge sogenannter Alternativmedien. Belege ergeben sich daraus nicht. Der Text endet mit der Aufforderung, man solle „sich überlegen, was hier veranstaltet wird, zu welchem Zweck und wer dahintersteckt!“ Treppenwitz: Mit der Idee, eine „Herdenimmunität“ herbeizuführen, war es zuletzt die sächsische AfD, die sich bereit zeigte, die Infiziertenzahl absichtlich hochzutreiben.

Verfasst wurde der Beitrag, der nicht namentlich gekennzeichnet ist, im AfD-Kreisverband des Landkreises Leipzig. Auf der Facebook-Seite des Verbandes war der Text am Donnerstagmittag zuerst erschienen, versehen mit einer Grafik („Corona wurde geplant!“), die das offizielle AfD-Logo trägt. Auf der Facebook-Seite waren in der jüngsten Zeit gehäuft verschwörungsideologische Inhalte verbreitet worden, die im extrem rechten Spektrum zirkulieren – darunter eindeutig antisemitische Inhalte. Zuletzt war es auch mehrfach um die Pandemie gegangen, die als „politischer Schwindel“ bezeichnet wird. In dem Zusammenhang wird vor angeblichen „Zwangsimpfungen“ gewarnt.

„Deutlich aufgebauscht“

Medienanfragen, wer das Facebook-Profil betreut, ließ die Partei bislang unbeantwortet. Nach idas-Informationen handelt es sich um Torsten Klemmer. Sein Name wird auch einem Autorenprofil bei der „Blauen Landespost“ zugeordnet. Für diese Website zeichnet insgesamt Andreas Harlaß verantwortlich, der im AfD-Landesvorstand sitzt und Pressesprecher für die sächsische AfD sowie deren Landtagsfraktion ist. Klemmer, der auf Landesebene keine Funktion hat, ist seit 2016 Mitglied im Kreisvorstand, fungiert dort aktuell als regionaler „Medien- und Mitgliederbeauftragter“, tritt gelegentlich auch als Pressesprecher auf.

Der 48-Jährige lebt in Rötha, südlich von Leipzig, und bezeichnet sich als Inhaber einer Werbeagentur. Tatsächlich betreibt er ein entsprechendes Einzelgewerbe („tokledesign“), sponsert darüber unter anderem einen örtlichen Sportverein. Seit vergangenem Jahr sitzt er im Röthaer Stadtrat, an der Seite des AfD-Landtagsabgeordneten Jörg Dornau. Mit einer eigenen Kandidatur für das Landesparlament war Klemmer gescheitert, die Delegierten seiner Partei hatten ihn nicht nominiert. Den Einzug in den Kreistag hat er ebenfalls verpasst.

Innerparteilich kann er dem verfassungsfeindlichen Flügel zugeordnet werden, genau wie der Abgeordnete Dornau. Auch er hatte sich zuletzt mehrfach zur Pandemie geäußert und unter anderem behauptet, dass die Gefahren der Covid-19-Erkrankung „deutlich aufgebauscht“ seien. Vor einer Woche bezeichnete er die aktuell geltende Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln als „Zwangsregulierung“. Das Tragen von Masken würde „gar nichts bringen“, behauptet Dornau. Er ist landwirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion. Die Fraktion hatte zurückliegend selbst gefordert, dass in der Öffentlichkeit Mundschutz getragen wird.

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