4. Prozesstag: Wer stoppt die Rüpelkontrolleure? #weilwireuchhassen

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Am 20. Februar fand ein weiterer Termin im BVG-Verfahren statt. Der an dem Tag geladene Zeuge: Phillipp Warmuth, Mitarbeiter des LKA 521 (Staatsschutz), 29 Jahre alt und Ermittlungsführer in diesem Verfahren.

Zunächst lagen die Ermittlungen bei der Direktion 5 – K1, bis sie an den Staatsschutz übergingen. Phillipp konnte hierbei nicht erklären, warum es ausgerechnet auf seinem Tisch landete. Der Staatsschutzanteil bei diesem Verfahren liegt in den Personalien der Beschuldigten, die ihm auch alle bekannt sind. Auf die Nachfrage, ob einer der Beschuldigten als Gefährder geführt wird, antwortetet er mit „Weiß ich nicht“. Er könne angeblich lediglich in den polizeilichen Informationssystemen (neben den Personalien) nur personengebundene Hinweise abfragen. Diese seien positiv gewesen, da die Festgenommenen mehrheitlich einen PMK-links (politisch motivierte Kriminalität – links) Bezug hätten und gewalttätig seien.

Zudem erstellte er die Wahllichtbildvorlagen selbst. Kritisch hieran ist, dass eine Beschreibung der vermeintlichen Täter*innen auf eine Person mit Piercings weist, in der nun erstellten Vorlage finden sich jedoch sieben Menschen ohne Piercings und die Angeklagte als einzige mit eben diesem Körperschmuck. In der Vernehmung der Zeugen durch den Polizeiangestellten Warmuth beschrieb er daraufhin die vermeintlichen Täter*innen, bevor er die Fotos vorlegte. Dabei nutzte er ausschließlich Vergleichsbilder von Personen, die einen PMK-links Hinweis haben.

In seinem Schlussbericht vermerkte er, dass die jetzt Angeklagten zweifelsfrei wiedererkannt wurden und schrieb ihnen bestimmte Tathandlungen zu. Was er jedoch nicht berücksichtigte, waren die widersprüchlichen Aussagen eben jener Kontrolleure oder eben entlastende Aussagen von weiteren Zeug*innen. Auch Identifizierungen, die anhand der Wahllichtbildvorlagen getätigt wurden und nicht die damals Festgenommenen betreffen, interessierten ihn nicht, da er die Täter*innen ja bereits kannte. Er schrieb die für sich „plausibelste Variante“ in seinen Schlussbericht, da für ihn gewisse Zeug*innenaussagen, vor allem entlastende, keinen Wert hatten, da diese zu unsicher seien. Auch Bilder, die er zu Ermittlungszwecken verwendete, schredderte er, bevor er diese der Akte beilegte. Dabei handelte es sich um ED-Bilder, die einem Zeugen vorgelegt wurden.

Anschließend wurde noch über die politische Motivation aufgeklärt, um zu erklären, warum denn der Staatsschutz am Ende zuständig gewesen sei. Die politische Tat, so Warmuth, liegt im Themenbereich der Antirepression. Er erläuterte, dass für den Staat operierende Behörden oder Firmen den Bürger aus Sicht der vermeintlichen Täter*innen vermutlich einschränken. Diese konkrete Kontrolle, die durch Mitarbeiter der BVG durchgeführt wurde, schränkte nach ihm den Bürger ein. Manchmal ist es eben schwierig, die politische Motivation zu erkennen, aber dafür sei er da.

Auf die Nachfrage, was denn ein Ladendiebstahl sei, erklärte er, dass es darauf ankommt, auf was die Täter*innen abzielen, es könnte ja eine Vorbereitungshandlung für andere Straftaten sein. Aber im generellen sei ein Ladendiebstahl nicht per se politisch motiviert.

Im Vorfeld zum heutigen Verfahren wurde ihm bekannt, dass einer der Angeklagten nicht mehr erscheint, da dieser abgetrennt wurde. Die Info gelangte über die Dienststelle zu ihm, er fragte nicht proaktiv nach. Er weiß nicht mehr, durch wen er die formelle Information bekam, sie war irgendwann einfach da. Das LKA trifft sich regelmäßig zu frühmorgendlichen Gesprächsrunden und die einzelnen Angestellten teilen mit, was sie gerade bewegt. Dabei bewegt Phillipp, dass er zu diesem Verfahren geladen wurde. Das Hauptthema dabei war dann, warum er überhaupt geladen wurde, da er ja nur die ermittelnde Person gewesen sei. Weil die Information, dass es mehrere Verhandlungstage geben wird, auch durchgedrungen ist, war das Verfahren immer wieder ein Thema in ihren Runden.

Am Ende ging es nochmal um die Frage der Personalien dieses Verfahrens, ob ihm gewisse Personeneinstufungen als Gefährder nicht doch bekannt seien, da dies ja ebenso Thema in den Morgenrunden und bei der Motivation bezüglich der Ermittlungen sein dürfte. Es sei ihm nicht bekannt, da dies nicht in den Runden entschieden wird. Die Einstufungen übernimmt eine andere Dienststelle. Auch führte Warmuth zuvor kein anderes Verfahren gegen die hier Angeklagten, trotzdem seien sie ihm wegen der Morgenrunden bekannt. Er weiß dabei aber nicht, in welchem Zusammenhang er die Namen gehört hat, ihm sind dabei auch keine konkreten Verfahren bekannt.

So endete der 4. Verhandlungstag mit dem Zeugen Warmuth. Für selbigen Tag war der Rüpelkontrolleur Hamdi geladen. Da er nicht kam, wird er zum nächsten mal polizeilich vorgeladen und ein Ordnungsgeld von 150 Euro gegen ihn verhängt.

Bei Orhan Yagmur wurde festgestellt, dass das hohe Gericht die Ladung falsch verschickte und somit die polizeiliche Vorführung und das Ordnungsgeld vom letzten Prozesstag, am 20. Februar, zurückzog.

Der nächste und bis jetzt letzte Termin findet am Donnerstag, den 12. März, um 9 Uhr im Hochsicherheitssaal statt.

Turmstraße 91, Saal 101.

1. Verhandlungstag/Prozessbericht August 2019
1. Prozesstermin 2020
2. Prozesstermin 2020
3. Prozesstermin 2020
Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung 

 

Pressespiegel:

Tagesspiegel - „Weil wir euch hassen“ Linke Szene wendet sich gegen die BVG

Morgenpost - „Weil wir dich hassen“: Angriff auf Kontrolleure vor Gericht

Welt - Linke erklären den Berliner Verkehrsbetrieben den Kampf

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