3. Prozessbericht: Wer stoppt die Rüpelkontrolleure? #weilwireuchhassen

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Die Besucher*innen dürfen nur noch mit Ausweis und maximal einem einzelnen Taschentuch den Saal betreten. Ein Kaugummi kann nur im Mund transportiert werden. Stifte und Zettel werden durch die Justiz-Angestellten im Raum ausgeteilt. Stifte müssen beim Verlassen des Saals wieder abgegeben werden, Notizen können die Zuschauer*innen mitnehmen. Nur für die Austeilung und die Kontrolle gab es extra zwei weitere Anstellungen. Die Dichte der Angestellten nimmt kontinuierlich zu. Das PMS war heute morgen nicht wie gewohnt vor Ort, vermutlich hatten sie keine Lust auf die Leute in der Kälte zu warten.

Zu Beginn des 3. Prozesstages wurden durch eine Anwältin 4 Anträge nach §257 StPo verlesen, die die Zeug*innenaussagen des letzten Prozesstages zusammenfasste.

Heute kamen 4 Bullen, teils mit Verspätung und telefonischer Nachfrage wo sie denn bleiben.  Zwei Zeugen, davon auch ein Kollege der ersten, tauchten nicht auf und wurden zum 28.01. umgeladen. Der ersten Intention des werten Herr Brete (Richter) heute die Kontrolleure zu hören, konnte nicht entsprochen werden, da diese telefonisch nicht erreicht wurden.

Der erste Bulle, Dennis Hellmann aus Schönefeld, zur Tatzeit 22 Jahre alt, befand sich in einer Brennpunktstreife für den Görlitzer Park. Nachdem der Funkspruch Schlägerei kam, brachen sie ihre Fahrt zur Wache ab. Das verdächtige Verhalten des im Kiez spazierens und sich von einem Tatort entfernen war Grund genug eine Person festzunehmen. Ein engagierter junger Mann, der nichts Aussagekräftiges beisteuern konnte, außer dass der korpulente Kontrolleur nach 150 Metern rennen außer Atem war.

Als zweites wurde Tobias Malchewski, 29 Jahre alt, bei der zivilen Brennpunktstreife für den Görli eingesetzt, gehört. Diese Zivistreife war als erstes vor Ort und begann mit der Lagebereinigung. Zur Körperverletzung an sich konnte er nichts beisteuern und wollte auch nicht im ersten Anlauf mitteilen, ob sein Fahrzeug ein ziviler PKW, Van oder Bus war. Auf dem Dach, wo 4 Leute festgenommen wurden, fühlte er sich nicht so wirklich wohl, da sich die Personen nach seiner Aussage absolut unkooperativ verhielten. Eine der Personen verbrachte er in seinen dunkel vertönten Pkw, da ihm nun doch einfiel, dass er “mit dem Komfortablen” unterwegs war. Prinzipiell kannte er das Objekt, bis dato aber nicht die Bibliothek, aber hat in der Situation auch nicht gecheckt wo er ist.

Danach ist einer der Zeugen nicht aufgetaucht und es gab eine Mittagspause von knapp 1,5 Stunden.

Lars, mit einer markant zerbeulten Nase, zum Tatzeitpunkt 23 Jahre alt, wurde mit seiner Besatzung zum Einsatzanlass Schlägerei gerufen, weil vermummte Personen vier Kontrolleure angegriffen haben sollen. Vor der Verhandlung laß er nochmal seine zeugenschaftliche Äußerung. Er merkte auch an, dass die Kripo vom K1 vor Ort war und sie mit der Schichtleitung die Weisung hatten. Im Hof der Reichenberger Str. 63A nahm er vorläufig eine Hausbewohnerin, die auf dem Weg zum Sport war, fest. Sie wurde beschuldigt, den Dienstausweis geklaut zu haben. Aufgrund eines Fehlers entließen sie die Person wieder. Zu einem späteren Zeitpunkt ließ allerdings die Kripo diese Person nochmal festnehmen. In beiden Fällen teilte ein Kontrolleur mit, diese Person wieder erkannt zu haben. Der Dienstausweis konnte bei ihr zweimal nicht gefunden werden.
Es hatten sich mittlerweile um die 20 Schaulustige vor dem Haus versammelt, Geschädigte sowie Passant*innen. Es waren Kripobeamte, Brennpunktstreifen, Fahrzeuge vom Abschnitt und Zivilfahrzeuge vor Ort.

Lennart, damals 24 Jahre alt, traf zur Schlägerei als 5. Funkwagen ein. Seine Ladung hatte er verlegt und musste telefonisch erinnert werden. Er brachte seinen Streifenkollegen mit, der vorerst ohne Sicherheitskontrollen den Saal betreten konnte. Da aber der ehrenwerte Brete eine Sicherheitsverfügung für alle Verfahrensbeteiligten und Zuschauer*innen erlassen hat, musste der Kollege den Rückweg antreten und durch die Schleuse den Raum betreten. Daran hatte er allerdings kein Interesse und blieb als Zuschauer fern. Er konnte es nicht verstehen, dass er als Polizeibeamter nicht einfach einen Prozess ohne Kontrollen anschauen darf und war erbost darüber.
Lennart berichtete von kooperativen Personen auf dem Dach, mit denen man in derselben gefährlichen Situation sei und gemeinsam runter gehen sollte. Vor dem Haus waren nur Bullenwagen, keine Zuschauer*innen, keine Zeug*innen und auch keine Geschädigten, da die im Hof waren. Die Kontrolleure sind selber auf Täter*innen-Jagd gegangen. Ins Kalabalik konnte man nicht, war nicht vom Schichtleiter vorgesehen, außerdem war es ja verbarrikadiert. Den Festgenommenen wurden Handschellen angelegt, da die Streifen Angst hatten und es ja eine gewalttätige Lage gewesen sein soll. Zur Möglichkeit einer Flucht sagte er, es sei machbar über den hüfthohen Zaun im Hof zu entkommen.
Die Festgenommenen konnten nach Vorbeiführen von einem der Kontrolleure zweifelsfrei wiedererkannt werden, wie alle weiteren auch.
Alle Festgenommenen wurden auf unterschiedliche Fahrzeuge aufgeteilt und dann zur Gesa gebracht.
Alle Bullen beschrieben den identifizierenden Kontrolleur mit „südländischer Phänotyp“, Lennart jedoch hat betont, er sei kleiner als ein Mann, etwa 1,75 Meter.

Während des Prozesses kam es mal wieder zu kleineren Unterbrechungen. Brete missfiel unteranderem eine etwas zu laute Kaugummiblase.

Weitere Termine:
28.01. - 09:00 Uhr Zeugen Yagmur und Hamdi (Kontrolleure)
06.02. - 08:45 Uhr (Schiebetermin für 10 Min.)
20.02. - 12:00 Uhr
16.03. - 09:00 Uhr

 

1. Verhandlungstag/Prozessbericht August 2019
1. Prozesstermin 2020
2. Prozesstermin 2020
Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung 

 

Pressespiegel:

Tagesspiegel - „Weil wir euch hassen“ Linke Szene wendet sich gegen die BVG

Morgenpost - „Weil wir dich hassen“: Angriff auf Kontrolleure vor Gericht

Welt - Linke erklären den Berliner Verkehrsbetrieben den Kampf

 

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