4. Prozessbericht – Wer stoppt die Rüpelkontrolleure? #weilwireuchhassen

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Zum vierten Tag wurden 8 ZeugInnen geladen, wovon einer, Orhan Yagmur der Rüpelkontrolleur, wieder einmal nicht auftauchte. Nun wurden gegen diesen 200 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise 4 Tage Haft und die polizeiliche Vorführung  für den 20. Februar angeordnet.

Als erstes kam Dana Voss von der Kriminalpolizei der Direktion 5 und schilderte detailgetreu nach ihrem aufgenommenen Vorgang die Situation, die sie erlebte. Dabei lag ein kleiner Aktenordner vor ihr, den sie mehrfach als Gedächtnisstütze nutzte. Sie gab an, dass sie Yagmur befragte und beschrieb, wo das Geschehen stattfand und dass Leute anschließend in den Laden geflüchtet seien. Sie war zuständig für die Koordinierung der Tatverdächtigen und schilderte dramatisch was passierte. Erst auf dem Abschnitt wurden konkrete Tathandlungen den Angeklagten zugeordnet. Sie vernahm die Nachbarin aus dem letzten Prozesstag und erhielt das Video als Beweismittel. Da es die Anordnung gab, auf Eigensicherung zu achten, hielt sie sich die meiste Zeit im Hofdurchgang auf, damit sie keinen Steinwurf abbekommt. Erst konnte sie sich nicht an die Person erinnern, die auf dem Gehweg festgenommen wurde, schilderte aber im weiteren Verlauf, dass diese Person “der Initiator der Gewalttaten” gewesen sei. Auch wurden alle anderen Kontrolleure geschlagen und weitere Maßnahmen in Verbindung mit dem Kalabal!k durch die Schichtleitung abgelehnt. Sie klassifiziert Personen in Bezug auf die Vernehmungsfähig indem sie schaut, ob sie der deutschen Sprache mächtig sind.

Zwischendurch meckerte der werte Herr Brete (Richter), da eine Person seiner Meinung nach schlief und drohte sie nach Hause zu schicken, wenn sie nicht die Augen öffne.

Zwei ehemals Tatverdächtige, die mittlerweile als ZeugInnen geladen wurden, konnten nach 1-minütiger Vernehmung gehen, da sie sich nach §55 StPO (Aussageverweigerungsrecht) nicht äußern mussten.

Die vierte Zeugin war eine Bewohnerin des Hauses, die dasselbe Recht in Anspruch hätte nehmen können, aber sie teilte mit, dass sie auf dem Weg zum Sport von den Bullen aufgehalten und von einem Kontrolleur beschuldigt wurde, beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin wurde ihre Tasche kontrolliert und ihre Personalien festgestellt und sie konnte gehen. Als sie kurz darauf noch vor dem Haus stand, kamen dieselben Bullen und haben ihr erklärt, der Straftatbestand hätte sich geändert und sie daraufhin nochmals festgenommen. Als sie dann in einem ihrer Autos saß, wurde sie von einem verärgerten Kollegen wieder entlassen, da sie nicht die Beschuldigte sei. Die Identifizierung basierte auf schwarzen Klamotten und blondem Haar.

Der fünfte Zeuge wurde ebenso belehrt, dass er nicht aussagen müsse, da er zunächst auch verdächtigt wurde. Er berichtete dann, dass er nur sein Auto holen wollte, was von den Bullen eingeparkt war. Zudem hatten sie Absperrband an seinem Spiegel befestigt und der bat die Verantwortlichen Platz zu machen, damit er wegfahren kann. Stattdessen nahmen sie seine Personalien auf und hielten ihn für ca. 30 Minuten neben seinem Auto fest. Dann konnte er gehen.

Der sechste Zeuge konnte sich an nichts mehr erinnern, da er keine falschen Angaben machen wollte. Er sprach von Vermummten, ganz vielen Leuten und viel Polizei. Er konnte sich weder an den Tag selbst noch an die Vernehmung im Nachhinein erinnern. Im Laufe der Befragung und nachdem ihm das Video gezeigt wurde, konnte er sich erinnern, dass ein vermummter Mann dem Kontrolleur den Ausweis entrissen und in den Laden gebracht hatte und ein weiterer Beteiligter weggelaufen sei.

Vinzenz Weinert, Funkwagenfahrer aus Berlin, 31 Jahre alt, kam als siebter Zeuge. Er wurde zu einer Körperverletzung vor einem linken Szeneobjekt gerufen. Angekommen gingen sie in die erstbeste Tür des Wohnhauses, da das Kalabal!k verbarrikadiert war. Er ging mit aufs Dach, wo vier Personen festgenommen wurden. Er hat dort nach bestem Gewissen die Festnahme getätigt und die Personen auf dem breiten Dach durchsucht, im Gegensatz zu seinen Kollegen scheint er keine Höhenangst zu haben, da er die Situation nicht als gefährlich einschätzte. Er konnte sich genau an die Angeklagte erinnern, da sie sich von ihren Handfesseln lösen konnte und diese in eine Tasche an ihrem Körper steckte. Es folgte eine kleine Lehrstunde der Berliner Polizei für den Richter: Er lernte, dass es nur einen Festnahmebericht pro Person gibt, den kann aber auch jemand verfassen, der oder die niemanden festgenommen hat. Daraus hofft er zu lernen, wen er zukünftig vorladen muss, um Informationen über die Festnahme zu erhalten.

Es bleibt spannend, da zum 20. Februar 12 Uhr die beiden Rüpelkontrolleure Hamdi und Yagmur, die bis heute nicht auftauchten, kommen sollen. Als Specialguest wird Philipp Warmuth als vernehmungsführender Beamter vom LKA 521 (StaatSSchutz) aussagen.

1. Verhandlungstag/Prozessbericht August 2019
1. Prozesstermin 2020
2. Prozesstermin 2020
3. Prozesstermin 2020
Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung 

 

Pressespiegel:

Tagesspiegel - „Weil wir euch hassen“ Linke Szene wendet sich gegen die BVG

Morgenpost - „Weil wir dich hassen“: Angriff auf Kontrolleure vor Gericht

Welt - Linke erklären den Berliner Verkehrsbetrieben den Kampf

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