Gedanken für eine zeitgemäße politische Praxis

 

Dies sind Gedanken, ein Versuch, grob eine linke Praxis zu entwerfen, die sowohl kurzfristig den Rechtsruck bzw. die Machtübernahme rechtsradikaler Kräfte verhindern als auch langfristig eine Revolution ermöglichen sollen.

I.

Versteht sich erstmal von selbst: Sich radikal, konsequent und notfalls militant der AfD und anderen rechtsradikalen entgegen stellen. Überall: Auf der Straße im Alltag widersprechen, in social media dagegen halten und einerseits die Antifaszene und -Demos unterstützen, aber: unbedingt andererseits auch bürgerliche Aktionen und Demos von bürgerlichen Nazigegnern unterstützen, so dass da möglicherweise ein antifaschistisches Bündnis aus linken/linksliberalen und bürgerlichen Kräften entsteht. (Hier sollte man ähnlich wie Trotzki agieren, mehrgleisig fahren und gleichzeitig in linksradikalen als auch in bürgerlichen bzw. linksliberalen Antifa-Bündnissen aktiv sein bzw. diese unterstützen.) Das Parteiverbot der AfD ist natürlich das kurzfristige Ziel, was wir erreichen müssen.

II.

Man sollte sich nur in Kleinstgruppen organisieren, aber davon unzählige, die überall wirken und die Idee weiter säen. Sollte nämlich die AfD wirklich nicht zu stoppen sein und die Staatsgewalt übernehmen (oder die Merz-Regierung weiter den Kurs verschärfen), wird sie massiv die Polizei und Geheimdienste gegen Antifaschisten und die linke Szene einsetzen und diese kriminalisieren. Deswegen sollte man auch möglichst anonym aktiv sein. Sollte eine Gruppe auffliegen, kann sie andere gar nicht unter Druck oder Folter verraten. Dies war eine Taktik von Antifaschisten und oppositionellen linken Gruppen/Parteien während der NS-Zeit. Alle großen oder erfolgreichen linken Organisationen, von kommunistischen Parteien und der Linkspartei über antifaschistische NGO's bis hin zu Organisationen wie der FAU müssen mit einem Verbot rechnen und all' die Zeit, Mühe und organisatorische Hoffnung (sowie Gelder) die man da rein gesetzt hat, wäre umsonst gewesen, man steht möglicherweise plötzlich hilflos da. Der digital hochgerüstete Überwachungsstaat wird keine linke Organisation, die ihm gefährlich wird, agieren lassen, sondern er wird sie unterwandern, ausspionieren und zerschlagen. Personenkult in Form von Anführern sollten unbedingt vermieden werden, denn es sollte ebenso klar sein, dass linke Promis schnell ins Visier von rechtsradikalen oder Behörden geraten werden. Die Idee muss daher im Vordergrund stehen, die lässt sich nicht einfangen.

III.

Die langfristige Strategie: Gramscis Theorie umsetzen. Die Idee des italienischen Kommunisten wurde spätestens seit den 90'ern von Rechtsradikalen kopiert und angewendet, wie man sieht, sehr erfolgreich, sie sind dabei, eine kulturell führende Rolle einzunehmen. Gramsci schrieb, vor einer Regierungsübernahme bzw. Revolution müsse über Jahre eine kulturelle Hegemonie aufgebaut werden. Es muss hip und angesagt sein, links und antifaschistisch zu sein, bevor es möglich wird, eine Revolution durchzuführen. Die Leute werden es dann unbedingt wollen. Also linke Kulturarbeit fördern, linke Medien supporten, linke Musik verbreiten, bis hin zu Satire und linken Memes, selbst im Sport linke Vereine unterstützen. Das ist es, was rechtsradikale seit Ewigkeiten getan haben, ihr politischer Erfolgt beweist, es funktioniert also selbst mit so einer menschenverachtenden Ideologie wie die der rechtsradikalen. Wir müssen der Welt eine sympatische linke Szene präsentieren und uns mit Gramsci's Werkzeug die Zukunft zurück holen.

 IV.

Politische Betriebsarbeit organisieren (außerhalb der Gewerkschaften und Betriebsräte), Direkte Aktionen, Sabotage, Streiks mit dem Ziel Generalstreik. Jedoch: keine Propaganda der Tat! Diese dienst nicht selten lediglich als Produktdesign für das Kapital. Anarchistische Ideen werden sehr oft ideologisch entkernt und in ein blankes Produkt, eine Ware, verwandelt. Zwar werden manche Ideen hip, aber die späteren Anhänger kennen oftmals nicht mal mehr die politische Intention dahinter, warum eine Errungenschaft erkämpft wurde (Beispiel: Die vegane Szene). Linksradikale sollten sich nicht in Subszenen zurück ziehen, da sie dort nicht mehr nennenswert von der Arbeiter:innenklasse wahrgenommen werden. Zudem entsteht das Problem einer politischen Atomisierung; je weiter linksradikale Gruppen von der Arbeiter:innenklasse entfernt wirken, desto stärker sind sie auf sich selbst bezogen, schießen sich politisch ins Nirvana mit sich entwickelnden Thesen, denen kein:e Arbeiter:in mehr folgen kann und mag (Beispiel: Critical Whiteness-Diskurs). Der Bezug linksradikaler Aktivist:innen zur Arbeiterklasse geht dann früher oder später komplett verloren, je länger eine Revolution ausbleibt bzw. unmöglich erscheint. Die politische Atomisierung der Szene schreitet außerdem dadurch voran, es scheint kaum noch ein Thema zu geben, wo es nicht sich spinnefeind gegenüberstehende linke Gruppen bzw. Ideen gibt, die komplett gegensätzliche Positionen vertreten.

 

Wir haben die Theorien, werfen wir das beste daraus zusammen: Die Militanz der Anarchisten und Autonomen im Kampf um die Straße, eine Priese Trotzkismus, Rätekommunismus und eine ordentliche Portion Gramsci. Vergesst die linken Dogmen. Für eine progressive, moderne Praxis!

 

 

 

 

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