In Rage and Solidarity with the Uprising in Indonesia

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Angriff auf das indonesische Honorarkonsulat in Bremen. Gegen den Aufstieg von Militarismus und Neo-Faschismus in Indonesien und überall!

 

 

 

 

 Am 07.09.2025 gegen 02:15 Uhr griffen wir das indonesische Honorarkonsulat in der Überseestadt, Bremen großflächig mit Farbfeuerlöschern an. Mit der Parole „Tantang Tirani!¹“ verschwanden wir in der Nacht.

Am 25. August begannen massive Proteste und Unruhen in vielen Teilen des indonesischen Archipels, ausgelöst durch die geplante massive Erhöhung der Gehälter der parlamentarischen Eliten. Die Proteste hatten von Beginn an einen kämpferischen Ausdruck, aber nachdem die Bullen am 28. August den 21 jährigen Delivery-Arbeiter Affan Kurniawan überfuhren und töteten, explodierten die Proteste in einen massiven Aufstand. Delivery-Arbeiter*innen, Anarchist*innen und Jugendliche plünderten Polizeistationen, die Häuser von Politiker*innen sowie Regierungsgebäude und brannten sie nieder. Präsident Prabowo Subianto ließ das Militär aufmarschieren, mindestens sechs Personen wurden durch Bullen und Militär bisher ermordet.

 

Gegen Militarismus und Unterdrückung in Indonesien und überall

Mit großer Sorge und Wut verfolgen wir die autoritäre Wende in Indonesien hin zu einer verstärkten und fortlaufenden Militarisierung der Regierung. Gleichzeitig finden wir im entschlossen Kampf der Menschen gegen diese Entwicklung und für ein Leben in Freiheit Inspiration und Kraft für unsere Kämpfe hier.

Der jüngste Aufstand gegen Korruption und Polizeigewalt steht in einer langen Reihe von Mobilisierungen und offensiven Auseinandersetzungen. Bereits zwischen Februar und April diesen Jahres organisierten sich überregional verschiedenen Gruppen, Organisationen und Aktivist*innen von Studierenden und Gewerkschaften über Ultras und Anarchist*innen und kämpften, randalierten und demonstrierten gegen das im März verabschiedete und Gesetz der indonesischen nationalen Streitkräfte (UU TNI). Das Gesetz ist Wegbereiter für eine wiederkehrende und gefährliche Wende hin zum Militarismus und dem Aufstieg neofaschistischer Kräfte indem es dem Militär (wieder) eine enorm wichtige, einflussreiche Stellung in zivilen Lebensbereichen zusichert. Militärangehörige haben nun Zugang zu öffentlichen Ämtern und können staatliche und zivile Dienste massiv kontrollieren und beeinflussen. Es ist einer von vielen Schritten hin zu einer Normalisierung autoritärer Praktiken und der Verschärfung staatlicher Autorität.

Wenn wir weiter zurückschauen gab es 2019 eine ganze Reihe großer Mobilisierungen gegen Korruption und autoritäre Änderungen des Strafgesetzbuches. Im Jahr 2020 haben wir eine ähnliche Bewegung gegen das „Omnibus-Gesetz“ gesehen. Ein Gesetz welches Arbeitsrechte, Umweltschutz und indigene Rechte massiv zugunsten einer neoliberalen Reform beschneidet. 2022 gab es dann große Proteste gegen das extrem repressive neue Strafgesetzbuch, steigende Lebensmittelpreise und eine mögliche dritte Amtszeit Widodos. 2024 sahen wir massive Proteste und Krawalle gegen das neue Wahlgesetz in Indonesien. All dies vor dem Hintergrund der Riots die 1998 31 Jahre Militärdiktatur unter Suharto beendeten und die tief in das kollektive Bewusstsein eingeschrieben sind.

 

Die Beziehungen zwischen der BRD und dem indonesischen Staat

Suharto war nach einem Militärputsch 1965-1966 an die Macht gekommen. In diesem Zuge sind bei Massakern zwischen 500.000 und 3 Millionen Menschen getötet worden. Der Putsch wurde wegen seines explizit anti-kommunistischen Charakters von westlichen Regierungen nicht nur positiv wahrgenommen, sondern auch unterstützt. 2014 wurden Dokumente öffentlich die bewiesen, dass die Deutsche Botschaft in Indonesien und der BND frühzeitig von den Putschplänen und Massakern wussten, diese guthießen und wirtschaftliche Exporte für die Militärs freigaben. Bereits in den 70ern begannen deutsche Rüstungskonzerne den Export von Kriegswaffen nach Indonesien, in den 90ern wurde Indonesien sogar zum größten Importeur deutscher Waffen. Auch heute unterstützt die Bundeswehr direkt die Ausbildung indonesischer Militärs.

In einem Aufruf (https://tumulte.org/2025/03/articles/indonesia-rises-up-againt-militarism/#) zu Internationaler Solidarität mit dem Kampf gegen Militarismus in Indonesienvom 20. März 2025 wird der offensichtliche Vergleich zu den Militärbefugnissenin den 1960er Jahren unter der Diktatur von Präsident Suharto, derdurch den vom Westen unterstützten Militärputsch an die Macht kam, gezogen. Damals kam es zu unzähligen Menschenrechtsverletzungen, antidemokratischen Handlungen, Polizei- und Staatsgewalt und Unterdrückung von Minderheiten. Die Angst im kollektiven Bewusstsein vor einer wiederholenden Dynamik und ähnlichen Repression innerhalb einer Militärdiktatur wareinAntrieb für viel Menschen, die gegen das UU TNI gekämpft haben.

Insgesamt sind die Parallelen zu der hiesigen und sich weltweiten formierenden Autoritarismus offensichtlich und besorgniserregend. Deutschland rüstet auf, Militär, Staat und Rüstungsunternehmen zwacken Milliarden Pakete an Steuergelder ab. Die schrittweise Einführung der Wehrpflicht ist inzwischen keine Phantasie alter Kriegstreiber mehr, sondern hat in dem verpflichtenden Fragebogen einen ersten Ausdruck. Deutschland möchte wieder bei den ganz großen Playern im Wettrüsten mithalten.

Der jüngste Besuch von Außenminister Wadephul zeigt, dass der deutsche Staat in Indonesien eine Quelle für günstige Rohstoffe sieht und eine starke strategische Beziehung zwischen den Staaten anstrebt.

 

Die Bremer Tabakbörse

Mit unserem Angriff trafen wir auch das Gebäude der Bremer-Tabak-Börse. Die Bremer-Tabak-Börse handelt seit 1959 Indonesischen Tabak und war ein wichtiger Faktor in den entstehenden diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Indonesien. Auch zum Militärapparat gab es gute Beziehungen aus der BRD und somit auch von Beginn an gute Beziehungen zur Militärdiktatur Suhartos. So unterhielt Helmut Kohl eine enge Männerfreundschaft mit dem Diktator und betonte oft wie gut die Zusammenarbeit der beiden Länder funktioniere.

Es wird deutlich, dass wir internationalistische Antworten auf Repression, Menschenrechtsverletzungen, Überwachung, Unterdrückung und das zum Schweigen bringen durch Tötung, Entführung oder wegknasten von linken, antiautoritären, zivilgesellschaftlich Engagierten und marginalisierten Personengruppen, brauchen.

Wir schicken solidarische Grüße an die Kämpfer:innen nach Indonesien!

Gegen den Aufstieg von Militarismus und Neo-Faschismus in Indonesien und überall!

Tantang Tirani!

 

Aus dem Aufruf:

We rise, not in silence, but in raging fire.

A wildfire of defiance, fueled by the love of freedom,

and the unyielding spirit of those who refuse to kneel.

This is not just a fight for Indonesia,

but a battle cry for every soul who dares to dream

of a world unchained, unbowed, unbroken.

We reject the chains of militarism,

the cold steel of authoritarianism,

and the suffocating grip of neo-fascism.

We are the voices of the oppressed,

the hands that build barricades,

the hearts that beat for anarchy—

the chaos, and the beautiful disorder of liberation.

We will not let the shadows of Suharto’s regime

darken the skies of tomorrow.

We will not let Prabowo’s militaristic dreams

trample the gardens of democracy.

We are the storm, the reckoning,

the ungovernable force that says:

Enough is enough.

To the tyrants, the enforcers, the architects of oppression:

Your walls will crumble,

Your laws will burn,

Your power will dissolve like ash in the wind.

For we are the people,

wild, untamed, and free.

And we will fight,

not just for Indonesia,

but for the boundless, anarchist love of freedom

that lives in us all.

 

1. Tantang Tirani – deu: “Tyrannei bekämpfen” eng: “challange tyranny” Parole im Kampf gegen Militarisierung und Neofaschismus

Quellen: Wikipedia: Indonesische Massaker/ deutsch-indonesische Beziehungen

 

 

 

 

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