Über die Begriffe der sexuellen und sexualisierten Gewalt 

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Seit einigen Jahren scheint der Begriff der sexuellen Gewalt aus linken Diskursen immer weiter zu verschwinden. Awareness Konzepte, öffentliche Statements oder Publikationen sprechen lieber von sexualisierter Gewalt. Obwohl dieser Wechsel vielleicht auf den ersten Blick nur wie eine Begriffsschärfung erscheinen mag, impliziert die Verwendung des einen oder eben anderen Begriffs doch gewisse Annahmen über Grundlagen dieser Übergriffe. Es geht uns nicht darum, Leuten vorzuschreiben, welchen Begriff sie zu nutzen haben, jedoch scheint uns kaum ein Diskurs darüber zu bestehen warum nun ein Begriff durch den anderen ersetzt werden soll.

 

Seit einigen Jahren scheint der Begriff der sexuellen Gewalt aus linken Diskursen immer weiter zu verschwinden. Awareness Konzepte, öffentliche Statements oder Publikationen sprechen lieber von sexualisierter Gewalt. Obwohl dieser Wechsel vielleicht auf den ersten Blick nur wie eine Begriffsschärfung erscheinen mag, impliziert die Verwendung des einen oder eben anderen Begriffs doch gewisse Annahmen über Grundlagen dieser Übergriffe. Es geht uns nicht darum, Leuten vorzuschreiben, welchen Begriff sie zu nutzen haben, jedoch scheint uns kaum ein Diskurs darüber zu bestehen warum nun ein Begriff durch den anderen ersetzt werden soll.

 

 Im Grundsatz möchte der “neue” Begriff der sexualisierten Gewalt unterstreichen, dass es sich bei Übergriffen dieser Art in erster Linie um Machtausübung handelt, die Sexualität wird dabei lediglich Mittel zum Zweck der Machtausübung. Hier deutet sich die Idee an, sprachlich klar trennen zu können, was Sexualität und was Machtausübung über das Instrument der Gewalt ist. 

 An diesem Punkt möchten wir Kritik daran üben, diese Form der Gewalt ausschließlich als sexualisiert zu bezeichnen. Grundsätzlich geht es uns darum, das Augenmerk auf die Konstitution männlicher Sexualität unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse zu legen. Was soll das heißen? 

Wir wollen unterstreichen, dass die Ausübung von Macht und Kontrolle kein Ausnahmefall männlicher Sexualität darstellt, sondern Einlagerungen hierfür in den allermeisten männlichen Subjekten zu finden sind - wenn sich auch unterscheidet, wie diese im Einzelnen ausgestaltet werden. Cis-geschlechtlich, heterosexuelle Männer leben (wie wir alle) in einer Gesellschaft männlicher Vorherrschaft. Ein “echter Mann” zu sein bedeutet hier, erfolgreich Autonomie, Kontrolle und Souveränität beanspruchen zu können. 

 Frauen stellen in dieser Logik eine besondere Gefahr für das männliche Subjekt und den wahnhaften Anspruch auf Autonomie, Kontrolle und Souveränität dar. Frauen sind zum einen das “Objekt” der (cis-hetero) männlichen Begierde. Jedoch dadurch zum anderen auch eine Bedrohung für Autonomie und Souveränität, wird die Begierde nicht, oder nicht mehr, erwidert.Die Frau wird im Ergebnis zum Feindbild der brüchigen männlichen Identität, sie wird herabgesetzt, erniedrigt oder im schlimmsten Fall mittels Gewalt bekämpft. All dies geschieht nicht außerhalb des Feldes der männlichen Lust und Sexualität. Genau wie andere Handlungs- und Denkweisen patriarchal geprägt sind, ist auch die Sexualität nichts “natürliches”, sondern geformt durch gesellschaftliche Verhältnisse. 

Nun sind glücklicherweise nicht alle Männer übergriffige Sexualstraftäter, das Subjekt hat durchaus selbst die Möglichkeit und Verantwortung seine Handlungen so anzupassen, dass diese keine Gefahr für andere darstellen. Es soll uns aber darum gehen, Übergriffe nicht als “dunkle Seite” zu mystifizieren oder Ausnahmefall männlicher Sexualität zu verstehen, sondern ernst zu nehmen, dass auch die Sexualität der “Normalmännlichkeit“ frauenfeindliche und teilweise gefährliche Einlagerungen aufweist.

 

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Ergänzungen

In einem Satz: "Sexuell" wird durch "sexualisiert" ersätzt, weil es bei der beschrieben Gewalt nicht um Sex geht, sondern um Gewalt als direkte Form der Herrschaft und das sexuelle nur ein Mittel ist, diese auszuüben.