Athen: Öffentliche Stellungnahme von Dimitris Chatzivasileiadis

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Seit Samstag, den 9. November, in Folge der Razzia in der Wohnung und langjährigen Meldeanschrift eines Mannes, sitzen dieser und ein Weiterer, der ein verfolgter Kämpfer und ehemaliger politischer Gefangener ist, mit schweren Vorwürfen in den Zellen des griechischen Staates. Die Propagandamedien des Regimes, die die Verbreitung der Inszenierungen der Repressionsbehörden übernehmen, stellen die zwei Festgenommenen und mich als Mitglieder der bewaffneten Organisation Revolutionäre Selbstverteidigung dar, die den „Anti“-Terror-Behörden zufolge verdächtigt werden, neue Angriffe geplant zu haben. Mit den Festnahmen und zusätzlich unter dem Vorwand der Suche nach mir, hat der Staat eine massive Operation gegen Anarchist*innen und die breitere soziale Bewegung vom Zaun gebrochen. Für derartige Maßnahmen, Stützpfeiler der zeitlosen konterrevolutionären Strategie der Herrschenden, hat die Bewegung schon viele Male einen Umgang gefunden; durch ihre Ausdauer,ihre breite Solidarität und durch die Kontinuität und Intensivierung des Kampfes. Als derjenige, der im Epizentrum dieser Operation steht, sehe ich mich dazu veranlasst, ein öffentliches Statement abzugeben über meine politische Haltung und die Charakteristik der aktuellen Aggressionen des Regimes, welche sich gegen die Gesellschaft und die Bewegung richtet.

 

 

 

Zusätzlich drängt mich die Lage der zwei Inhaftierten (die im Rahmen dieser Operation verfolgt, folglich politische Gefangene sind), meine persönlichen Verantwortlichkeiten, und die Gerechtigkeit dazu, öffentlich über die wahren Hintergründe der Fakten zu sprechen.

 

 

 

Per Definition benötigt eine Organisation des bewaffneten Widerstands Waffen. Die Waffen an sich jedoch konstituieren nicht eine solche Organisation. Nicht einmal eine Waffe, die als Werkzeug einer bestimmten Organisation identifiziert wurde und der somit zusätzlich zum praktischen Nutzen einer jeden Waffe, auch ein symbolischen Wert zukommt, genügt alleine für das Bestehen einer politisch aktiven Organisation. Unabdingbar dagegen ist die Notwendigkeit eines kollektiven Körpers, der das öffentliche Auftreten der Organisation durch Taten trägt.

 

 

 

Fakt ist, dass die Organisation Revolutionäre Selbstverteidigung seit Jahren inaktiv ist. Liest man die veröffentlichten Texte, insbesondere die spezifische politische Zielsetzung, so kommt man zum unzweifelhaften Ergebnis, dass besagte Organisation seit langem ihr Kampffeld verlassen hat. Sicherlich mangelte es nicht an Anlässen, aktiv zu werden. Ununterbrochen wurde die kapitalistische Aggression durch sämtliche Regierungen intensiviert. Die niederen Klassen werden zum Wohl der Banken seit mehr als zehn Jahren ausgesaugt. Das Töten in den Händen der staatlichen Mörder und Bosse geht weiter. So wie die Polizei Zak Kostopoulos und Ebuka Mamasubek ermordet, wie sie mittelbar die Gefangenen in den Knästen und die Migranten in den Konzentrationslagern an der Grenze tötet. Squats, die die offene Basis der antikapitalistischen Bewegung sind, diese Orte in denen die Welt der Solidarität, Gleichheit und Freiheit im Hier und Heute geschaffen wird, sind einem Angriff nach den anderen ausgesetzt – vom Beginn der Syriza-Regierung bis heute. Die auf der ganzen Welt kämpfenden und revoltierenden Unterdrückten stehen mörderischen, konterrevolutionären staatlichen Mechanismen gegenüber. In Lateinamerika werden Anarchist*innen und Indigene auf Befehl multinationaler Konzerne entführt und umgebracht.

 

 

 

Viele Jahre nun schon stellt sich die Organisation Revolutionäre Selbstverteidigung nicht mehr der zunehmenden staatlichen Gewalt entgegen. Nichts deutet darauf hin, dass die Revolutionäre Selbstverteidung als Organisation Fortbestand hatte. Allein die Menge und Bandbreite an Gegenständen, die die Repressionsmaschine durch Zufall am 9. November gefunden hat, ist ohne das Vorhandensein gezielter politischer Aktionen nicht ausreichend für die Konstituierung einer Organisation und kann auch nicht belegen, dass die Vorbereitungen zu einer konkreten Aktion im Gange waren. Nebenbei gesagt entspricht die von der „Anti“-Terrorismusbehörde selbst abgegebene Beschreibung – der übereilte Transport der mutmaßlichen Infrastruktur in ein legales Haus als Folge der möglichen Wiedererkennung einer Person, zu einem Zeitpunkt als das legale Haus möglicherweise schon aufgeflogen war – nicht der Achtsamkeit, den Sicherheitsmaßnahmen und der Sorgfalt, die eine Organisation charakterisieren. Sicherlich würde eine Organisation auch keinen unbedeutenden Raubüberfall in der Nähe eines Hauses planen, in dem diese Organisation, den Szenarien der „Counter“-Terroristen zu folge, aktiv war.

 

 

 

Natürlich hat jemand die Verantwortung für den Besitz dieser Dinge. Ausschließlich ich übernahm die Entscheidung und praktische Verantwortung diese Gegenstände zu besitzen, mit dem Wissen was ich da in meinem Besitz hatte. Es handelte sich um eine persönliche politische Entscheidung zum Bewahren der Geschichte sozialen Widerstands und um einen Beitrag zu den Notwendigkeiten der Verteidigung der sozialen Kämpfe wann auch immer dies nötig und möglich sein würde, inmitten dieses rohen, mörderischen Angriffs, der endlos gegen die Ausgebeuteten, die Ausgeschlossenen und die Bewegungen entfesselt wird. Die Werkzeuge des Widerstands können nicht dem Gegner übergeben oder ins Meer geworden werden – auch nicht in Zeiten des Rückzugs, des Verfalls, der Zersplitterung und Stagnation. Jemand muss die Verantwortung dafür übernehmen. Damals war ich es ganz allein, der die Pflicht übernahm, verschiedene in meinen Besitz gelangte Materialien, aufzubewahren. Dies entspricht meinem politischen Auffassung sowie meiner Ethik.

 

 

 

In meiner Rolle als derjenige, der die Verantwortung für den Verbleib der Vorzeige-Waffe einer Widerstandsgruppe übernommen hat, informiere ich die Bewegung darüber, dass Revolutionäre Selbstverteidigung schon seit 2017 aufgehört hat als politischer Körper, organisatorische Struktur und praktisch zu existieren. Es steht mir persönlich nicht zu, über die Zeit und das Ende dieser Organisation zu sprechen. Was ihre Aktionen angeht, so sprechen die Texte für sich selbst. Was die Geschichte ihres Aufbaus, ihrer Entwicklung und ihres Endes angeht, so gehört diese Diskussion der Widerstandsbewegung und vor allem jenen, die den bewaffneten Kampf weiterführen werden. Sicherlich kann diese Diskussion nicht im Kontext des durch Repression geschaffenen Settings stattfinden.

 

 

 

Die Person, in deren Haus die vorgenannten Waffen und weitere Materialien gefunden wurden, war weder politisch engagiert noch hatte sie jedwede Verbindung zu früheren oder zukünftigen illegalen politischen Aktivitäten. Dass er hineingezogen wurde ist tragisch. Bei ihm handelt es sich um einen persönlichen Freund, der bereit war in einem schwierigen Moment zu helfen. Nachdem er mich aufnahm, akzeptierte er ohne jeglichen Eigennutz, dafür mit großem Risiko, die durch meine schwierige Situation unvermeidlich gewordene Notwendigkeit, meine Sachen übergangsweise in sein Haus zu bringen, ohne den genauen Inhalt des Gepäcks zu kennen. Das gesamte Material wurde nach meiner Verwundung auf meine eigene Initiative hin in sein Haus verbracht, da ich mich dort wiederfand und dort die unschätzbare Solidarität eines von da an verfolgten Freundes gegenüber einem Verwundeten erhielt. Leider schaffte ich es nicht, den Menschen, der seine Freiheit für mich riskierte, rechtzeitig aus der Verstrickungen zu lösen.

 

 

 

Die zweite Person, der früher politisch inhaftierte Gefährte, wusste ebenso wenig, was in das Haus meines Freundes gebracht wurde. Keiner von beiden und auch niemand sonst wusste davon oder trägt irgendeine Form der Verantwortung für die von mir verwahrten Gegenstände, für ihre Herkunft und für die politische Geschichte der einen Waffe, die von einer bewaffneten Widerstandsgruppe verwendet wurde. Hätte es auch nur eine weitere Person oder gar eine Organisation gegeben, die mit mir die Verantwortung für dieses Material teilte, wäre es nicht nötig gewesen, alles in das Haus der Person zu bringen, die ich für medizinische Hilfe aufsuchte.

 

 

 

Insbesondere mit der Lage, in die mein Freund ohne eigene Schuld gebracht wurde, trage ich eine persönliche Bürde. Meine Entscheidung, das Material zu verschieben, setzte Personen der Repression aus, die weder Wissen noch Verantwortung besaßen und verschlimmerte gleichzeitig meine eigene Position gegenüber der konterrevolutionären Repression, da deren Organe für das Basteln von Konstrukten mit Stoff versorgt wurden. Es ist eine schmutzige Taktik des Staats, in eine derartige Situation politisch zu investieren.

 

 

 

Der einzige „Fehler“ der Person, die mich aufnahm, war ihre freundschaftliche Ergebenheit. Jener, der aufgrund reinster Vorsätze, dem Risiko trotzend, einen Freund beschützte, sollte von der Bewegung nicht abgeschrieben werden. Im Gegenteil sollten diejenigen, die verstehen, dass er ein Beispiel der sozialen Solidarität ist, ihn unterstützen.

 

 

 

Im Bewusstsein über diefolgendenSchwierigkeiten, Beweise zu finden für die Beteiligung an einer bewaffneten Widerstandsgruppe, die inaktiv ist und ohne Anhaltspunkte für Vermutungen über das stattfinden von Vorbereitungen, beschwören die Repressionskräfte Szenarios von kommenden Angriffen herauf. Ihre Leistungen sind jedoch derart dürftig dass sie auf die lächerlichste Propaganda zur Stimmungsmache zurückgreifen müssen. Bis zu dem Punkt, dass sie ihre journalistischen Organe mit der „Information“ fütterten, ich sei bei meiner letzten Meldung¹ auf der lokalen Polizeistation aggressiv gewesen und hätte einen Polizisten bedroht! So werden bewaffnete Angriffe vorbereitet! Ein mutmaßliches Mitglied einer klandestinen politischen Organisation spricht zeitgleich zu den Planungen eines bewaffneten Angriffs persönliche Warnungen aus! Wen soll eine derart unglaubliche Geschichte überzeugen?

 

 

 

Dennoch sind diese Szenen einer Seifen-Oper alles andere als lustig. Die frei erfundene Beschreibung eines flüchtigen Anarchisten als jemanden, der entschlossen ist, jeder Zeit zu schießen, schafft die Grundlagen für eine mögliche Exekution indem diese Variante vorsorglich normalisiert und legalisiert wird. Die „Anti“-Terror-Behörde, ihre Sprecher und ihre politischen Berater treiben die Repressionsorgane in Richtung einer politischen Exekution und sie übernehmen im Voraus die Verantwortung dafür.

 

 

 

Diese offensichtlichen, haltlosen Versuche des Staates, die Verhafteten und mich als eine bewaffnete politische Organisation darzustellen, sind ein Ausdruck von historischem Revisionismus. Ungeachtet dessen, dass die Revolutionäre Selbstverteidigung für eine bedeutende Zeitspanne kein Lebenszeichen von sich gab, versuchen die Verfolger jetzt die Gelegenheit, die nicht im Geringsten ein Erfolg ihrer Arbeit war, zu nutzen, um ihre Macht über die Vergangenheit zu zeigen. Denn die Erinnerungendes Widerstands sind gefährliche Symbole für die Zukunft. Die politische Zielsetzung der Autorität ist einerseits das Demonstrieren der Auflösung einer revolutionären Organisation, die bis heute kein einziger Schlag getroffen hat, andererseits die längstmögliche Inhaftierung von Kämpfer*innen, die in ihre Hände fallen.

 

 

 

In dieser Zeit ist es für den Staat noch notwendiger uns mit Ehrfurcht vor ihrer militärischen und gesetzlichen Macht anzufüllen, die Widerständigen bewegungsunfähig zu machen, soziale Bewegungen zu entwaffnen, das Aufkommen von neuen kollektiven Strukturen des Kampfes zu verhindern. Wir finden uns in einer Zeit wieder, in der die Mörder wie die von Zak und Ebuka nicht identifiziert werden, obwohl die politisch Verantwortlichen bekannt sind, aber auch in der Zeit in der die identifizierten und bekannten Mörder von Alexis Grigoropoulos frei herumlaufen. Jener Zeit, in der gleichzeitig der Islam-Faschist Erdogan den griechisch-christlich-faschistischen Staat bewaffneter Angriffe auf Migranten in der Ägäischen See beschuldigt, während die griechische Regierung mit derartigen Angriffenwirbt. Jenem Moment, da der Jahrestag der Revolte von 73 von den Agenten der Junta mit der militärischen Besetzung von Universitäten und Nachbarschaften, mit Prügeln vor laufender Kamera, Massenfestnahmen, Vorträgen an Schulen und Mitteilungen in den Medien gefeiert wird. So also ob sie uns sagen wollen: „Verarscht euch nicht selbst! Wir waren es, die damals gewonnen haben!“

 

 

 

Folglich wird das politische Ziel des „Erfolgs“ gegen eine bewaffnete Organisation durch den Revisionismus gegen einen früheren politischen Gefangenen ergänzt, der der Teilnahme an einer anderen revolutionären Organisation, dem Revolutionären Kampf, einer Organisation mit großer Geschichte und nach wie vor aktiven Gefangenen, beschuldigt war. Alle Kämpfer*innen, die jemals Gefangene waren, bleiben für immer in Geiselhaft. Dies macht einen Teil der konterrevolutionären Strategie des Staates aus, um diejenigen zu zerstören, die den Kampf nicht aufgeben.

 

 

 

Die schlimmste, unmoralischste und antisozialste Praxis des Staates um mich zu erpressen, war die Festnahme und Verfolgung meiner Partnerin sowie die Wegnahme unseres Kindes von seinen Eltern, auch wenn nur für drei Tage, so dennoch als Drohung. Das ist schamlose Heuchelei. Die Gefährtin wurde mitgenommen und des Waffenbesitzes beschuldigt, da in unserem Haus „Messer gefunden wurden“ (ich vermute, dass damit die Outdoormesser gemeint sind, die sich im Geräteraum befanden). Diese Werkzeuge wurden auch vom Staatsschutz inspiziert, als dieser am 26. August im Beisein eines Staatsanwalts direkt nach den ersten Häuserräumungen durch die neue Regierung mein Haus durchsuchte. Damals wurden sie nicht als Waffen bewertet. Wer könnte anbetracht der neuerlichen Durchsuchung und meiner jetzigen Flucht die Darstellung glauben, dass in meinem Haus Waffen waren? Was wird der Staatsanwalt noch erfinden um mich und mein soziales Umfeld unter Druck zu setzen?

 

 

 

Diese Praktiken sind nicht neu. Die erpresserischen Anklagen gegen Familienmitglieder haben eine lange Geschichte. Das Zerstörung von Familien ist eine Erbe des griechischen Faschismus. Vom Bürgerkrieg bis zum heutigen Tage. Ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit dafür war die Entführung des Kindes der anarchistischen Gefangenen und Mitgliedern des Revolutionären Kampfes, Pola Roupa und Nikos Maziotis, welche den Massenentführungen von Kindern in Zeiten von Königin Frederice ebenbürtig ist.

 

 

 

Die auf die zwei Festnahmen folgenden und immer noch andauernden massenhaften Hausdurchsuchungen sind selbstverständlich Ausdruck des selben totalitären Terrorismus. Zusätzlich zu meinem sozialen Umfeld ist eine komplette politische widerständige Szene im Visier der Terroroperationen. Der faschistische Minister im Dienst von Novartis², vor dessen Haus von anarchistischen Gefährten Flyer geworfen wurden, redet von einem „Gewaltakt gegen den Familiären Frieden“, während der Staat dutzende von Wohnungen stürmt und befreundete Kämpfer*innen verschleppt. Kann die Jagd auf einen Menschen ein Alibi darstellen für das gewaltsame Eindringen in das soziale Leben, für die Verschleppungen, die Bedrohungen und die Anklagen gegen Viele? Die Nazis haben den selben Weg beschritten. Das ganze Dorf an die Wand. Seit damals haben sie ihre Methoden nicht verändert.

 

 

 

Im selben Kontext stellen die Medien einen Bezug zum GARE Squat her. Dabei handelt es sich um die Kriminalisierung der sozialen Bewegung auf einem neuen Niveau. Ich will daran erinnern, dass das GARE Squat bereits drei mal von der Polizei gestürmt wurde. Das erste Mal war im November 2017, kurz nach der letzten politischen Aktion der Organisation Revolutionäre Selbstverteidigung. Das zweite Mal war gleichzeitig mit der Razzia in zwei anderen Squats im Februar 2018.

 

 

 

An diesem Punkt sollte ich das Wiederauftauchen der Regenschirm-Anschuldigungen in Bezug auf die Epanastatiko Tamio³ kommentieren. Dabei handelt es sich um eine Anschuldigung die in der jüngeren Vergangenheit erfunden wurde, um verschiedene Gerichtsverfahren zusammenzuwerfen, um politische Aktionen und Organisationen mit Aktivitäten von persönlichem Interesse zusammenzuwerfen, und so verfolgte Kämpfer mit zusätzlichen Vorwürfen und noch mehr Jahren Gefängnis zu belasten. In unserem Fall ist dies das Sahnehäubchen auf dem Konstrukt der Aufdeckung einer revolutionären Organisation.

 

 

 

Anlässlich dieses Kommentars bezüglich der Enteignungs-Aktion in einem Casino von OPAP in Cholargos, gebe ich meine Verwundung durch mich selbst bekannt. Im Video wird deutlich, dass mir das Gewehr übergeben wurde, was nicht der Fall gewesen wäre, wäre ich bereits verwundet worden. Die Verantwortung für diese achtlose Handhabung liegt ausschließlich bei mir. Die Geschichte, einer hätte den anderen verletzt, zielt darauf, die Anschuldigungen zu bekräftigen und Misstrauen unter Kämpfenden zu schüren. Und definitiv gibt es nichts, was den Gefährten Stathopoulos mit dem Raubüberfall in Verbindung bringt.

 

 

 

Die Repressionsmaschinerie hat eine Gelegenheit ergriffen, die sich ihnen unverhofft geboten hat. Vom ersten Tag der Rechtsaußen-Regierung an jedoch läuft eine neue Operation zur politischen Auslöschung von Kämpfern und allgemein der sozialen und anarchistischen Bewegung. Neben den allgemeinen gesetzlichen und exekutiven Schritten (die Abschaffung des Universitäts-Asyls, das neue Strafgesetz, Häuserräumungen, die Repression und die Festnahmen bei Versammlungen, die militärische Besetzung Exarchias und des populären Zentrums von Athen, die Anklagen und Internierungen ohne Vorwand, die Verlängerung von Haftstrafen für politische Gefangene), gab es eine Reihe von personalisierten Angriffen. Ich habe ein öffentliches Statement abgegeben, direkt nachdem ich am 26. August offiziell von Sicherheitspolizei und Staatsanwaltschaft eine Drohung erhalten hatte, dass sie mir bei Gelegenheit „Drogen und Waffen“ anhängen werden. Von diesem Zeitpunkt an haben sie nicht aufgehört mir zu signalisieren, dass jetzt jederzeit ich „an der Reihe sein“ könnte. Es ist offensichtlich, dass diese Drohungen sich nicht auf diejenigen Gegenstände bezogen haben, die jetzt gefunden wurden, denn hätte die „Anti“-Terror-Behörde nur eine leiseste Ahnung davon gehabt, hätten sie sofort gehandelt. Dies war eine politische Direktive.

 

 

 

Der Staat zögert nicht, paramilitärische Methoden anzuwenden. Sie werden alles tun um den Widerstand zu zerschlagen, um einen kommenden Aufstand sofort niederzuschlagen, um die revolutionären Aussichten zu entwurzeln. Die Vertiefung des generalisierten kapitalistischen Angriffs ist der Zustand der zur Entfesselung der Repression führt. Unter diesen Bedingungen ist es zu erwarten, dass die Repressionsmechanismen versuchen werden, eine aufgelöste Organisation zu konstruieren und dabei nichts unversucht lassen um ihre erfundenen Verbindungslinien zu ziehen.

 

 

 

Diese Bedingungen sind es, die Kämpfer in die Klandestinität treibt. Auge in Auge mit dem Ansturm des Faschismus des Regimes, ist das Aufrechterhalten der Möglichkeit zum kämpfenden Widerstand trotz der Schwäche und der Fehler die ich begangen habe, ein Ausdruck von Besonnenheit.

 

 

 

Unbestreitbar wurden Fehler begangen, die zu Geschenken für die Geier der Repression wurden. Ungeachtet der Details trage ich persönlich die Verantwortung für all die ab dem Zeitpunkt meiner Verletzung gemachten Fehler, denn ich alleine wusste um der immanenten Risiken. Zu gegebener Zeit wird eine öffentliche analytische Selbst-Kritik geben. Das Szenario des allmächtigen Staates, der alle von Beginn an in der Falle hat und der dann angreift, wenn die „bösen“ zum Schlag ansetzen, ist jedenfalls unrealistisch und sollte nicht geglaubt werden. Dieses Szenario dient willkürlichen/beliebigen Vorwürfen, pauschalen/extensiven Anklagen und genereller Einschüchterung.

 

 

 

Wir stehen einem oligarchischen System gegenüber, dass sich kontinuierlich der endgültigen Ausplünderung entgegenbewegt. Faschismus entfaltet sich ohne jede Scheinheiligkeit. Wenn wir die Fahne der Freiheit und Solidarität nicht hoch halten, wird alles der Korruption und der Plünderung anheimfallen, die vom oberen Ende der kapitalistischen Pyramide ausgeht. Wir tragen eine Verantwortung für die Welt, die wir für die Kinder dieser Erde schaffen. Anarchist*innen waren in ihrer gesamten Geschichte in der ersten Reihe des sozialen Widerstands. So und nicht anders soll es bleiben. Für das einzige, dass die Menschheit vereint.

 

 

 

Für die soziale Revolution, die die Ausbeutung und die kannibalistische bürgerliche Gesellschaft abschaffen wird, für eine Welt in der die Menschen sich füreinander aufopfern.

 

 

 

Die Kämpfe im Rücken der Front, die wir in den letzten Jahren auf griechischem Territorium gekämpft haben, werden von den Aufständischen dieses Planeten beleuchtet, die im Angesicht der mörderischen Kräfte des Staates nicht zurückweichen. So wie heute in Chile, im Irak und Iran, sogar in Frankreich, immer in Palästina und in Indien,

 

 

 

sie werden beleuchtet von den neuen zapatistischen Communities in Chiapas,

 

 

 

sie werden von den tausenden Märtyrern des konföderalistischen Widerstands in Nord Syrien, in Bakur, in Bashur und Rojilat, von den Einheimischen und den solidarischen Internationalist*innen, die Serecane gegen die von all den imperialistischen Staaten unterstützten Islam-Faschisten verteidigten, die frei und mit hoch erhobenen Waffen abgezogen sind.

 

 

 

Dimitris Chatzivasileiadis

 

22.11.2019

 

 

 

 

 

 

 

 

 

¹ eine der möglichen Auflagen gegen strafrechtlich Verfolgte ist die Pflicht zur regelmäßigen Meldung bei der Polizei

 

 

 

² siehe Novartisskandal

 

 

 

³ επαναστατικού ταμείου; Revolutionäre Kasse zur Unterstützung politisch Verfolgter

 

 

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Ergänzungen

 

Moin, einige Hintergrundartikel zur aktuellen Situation in Athen und zum Ultimatum der konservativen Regierungspartei ND, bis zum 6.Dezember (der Todestag von Alexis Grigoropoulos) alle besetzten Häuser in Griechenland zu räumen.

 

Griechenland: Der neue Krieg gegen Migrant*innen und Anarchist*innen Ein Interview

 

https://de.crimethinc.com/2019/08/29/griechenland-der-neue-krieg-gegen-m...

 

Exarchia – Mon amour
https://non.copyriot.com/exarchia-mon-amour/

 

First they take Exarchia…
https://revoltmag.org/articles/first-they-take-exarchia/

 

Der griechische Staat eskaliert: 15 Tage Ultimatum an die Hausbesetzer*innen – Migrant*innen auf griechischen Inseln werden bald inhaftiert.
https://enough-is-enough14.org/2019/11/21/der-griechische-staat-eskaliert-15-tage-ultimatum-an-die-hausbesetzinnen-migrantinnen-auf-griechischen-inseln-werden-bald-inhaftiert/

 

Was geht eigentlich in Griechenland? Neue Demokratie: Das neue Gesicht der staatlichen Gewalt in Griechenland
Ein Ausblick aus Exarchia im Angesicht des sich anbahnenden Showdowns

 

https://endofroad.blackblogs.org/archive/8643

 

Die besetzten Häuser Notara 26 in Athen und Rosa Nera in Chania/Kreta drehen den Spieß um, sie haben der Regierung auch ein Ultimatum gestellt:
Notara 26: https://enough-is-enough14.org/2019/11/24/exarcheia-notara26-squat-stellt-ultimatum-an-griechische-regierung/
Rosa Nera: http://candiaalternativa.info/2019/11/23/chania-15-meres-prin-to-telos-toy-kosmoy-opos-ton-thelete/

 

Demoaufruf für den 5. Dezember in Athen: https://stekiantipnoia.espivblogs.net/2019/11/28/kalesma-se-panelladiki-...