Klage gegen Straffreiheit
Bei der Untersuchung von Verbrechen während der spanischen Diktatur geht die spanische Justiz neue Wege. Um dem Klageweg über die argentinische Richterin Servini den Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte das Madrider Sondergericht Audiencia Nacional die beiden angeklagten Folterer selbst vorgeladen. Das hatte Überraschung ausgelöst, weil Vergleichbares nie zuvor geschehen war. Doch schon bald zeigte sich die Qualität des Schachzugs. Bei der Anhörung – keine Anklage – ging es gar nicht erst um die Klagepunkte, die sind so klar, dass nicht einmal die Beschuldigten sie noch leugnen. Es ging lediglich um die Frage der Auslieferung der Angeklagten nach Argentinien, wie Servini dies beantragt hatte. Vor Gericht wurden die Folterer gefragt, ob sie bereit sind, ins südamerikanische Land ausgeliefert zu werden! Die Antwort können wir uns selbst geben, dabei ist nur zu hoffen, dass nicht bald auch Vergewaltiger gefragt werden, ob sie verurteilt werden wollen. Das Gericht beruft sich nach wie vor auf die Amnestie von 1977, die dem faschistischen Pack komplette Straffreiheit zusichert. Nie wurde auch nur einer vor Gericht gestellt. Dass die Amnestie für Verbrechen gegen Menschlichkeit die Regeln der international vereinbarten Menschenrechte mit Füssen tritt, interessiert die Madrider Richter wenig.
Doch ist mit der vor 4 Jahren erfolgten Klage ein Stein ins Rollen gekommen, der immer mehr in Fahrt kommt und möglicherweise doch noch ein paar faschistische Täter mitreißen wird. Wegen der Unmöglichkeit, vor der spanischen Justiz etwas zu erreichen, hatten verschiedene spanische und baskische Opfer den internationalen Klageweg beschritten und ausgerechnet im Ex-Diktaturland Argentinien eine Rechtsvertreterin gefunden, die sich die Klage aufgrund der internationalen Menschenrechts-Konvention zu eigen machte.
Richterin Servini lässt jedenfalls nicht locker und ist erneut in den spanischen Staat gereist, um sich ein Bild zu machen und Faschismus-Opfer zu befragen. Dieses Mal ohne juristische Form, ohne Erlaubnis von den spanischen Behörden einzuholen. Zwar sind solche Befragungen juristisch bedeutungslos, doch der politische Wert der Reise steht außer Frage. Im Baskenland machte Servini eine Reihe von Interviews, die baskischen Medien berichten durchweg positiv. Danach sind Stationen in Andalusien vorgesehen, wo sie unter anderem das größte (bekannte) Massengrab aus der Zeit des Krieges besuchen will.
Sie kenne die Situation, sagt Servini vor der Presse, in Chile habe sie Ähnliches erlebt, dieselbe Zurückweisung wie im spanischen Staat. Doch schließlich mussten die Behörden nachgeben, weil internationales Recht zu eindeutig gegen sie sprach. Die Situation wiederholt sich. “Wir werden sehen, was sich machen lässt“, sagt Servini mit vorsichtigem Optimismus. (http://baskinfo.blogspot.com.es)